Pillen aus der Drogerie: Wirksam oder unnötig?

Hin und wieder beschäftige ich mich hier im Blog ja auch mit einer besonderen Form des Konsums – nämlich dem von Medikamenten und Ähnlichem. Denn wenn es um die Gesundheit geht, ziehen Unternehmen den Menschen mit teils abenteuerlichen, teils ausgesprochen windigen bis unseriösen Reklameversprechen das Geld aus der Tasche. Die NDR-Sendung Markt hat neulich einige dieser frei erhältlichen Nahrungsergänzungsmittelchen unter die Lupe genommen und kam zu wenig schmeichelhaften Ergebnissen. Sehr schön zu sehen, wie sich die Hersteller da herauszureden versuchen – „Pillen aus der Drogerie: Wirksam oder unnötig?

160 Millionen Euro Umsatz haben Supermärkte und Drogerien innerhalb eines Jahres in Deutschland mit freiverkäuflichen Arzneimitteln und Nahrungsergänzungsmitteln gemacht. Ob schwere Beine, Rheuma oder Gedächtnisstörungen – für viele Leiden scheint es die richtigen Pillen zu geben. Aber wie gut sind die Mittel tatsächlich?

Es ist so bequem, neben dem Shampoo auch gleich eine Pille für das Gedächtnis oder die Blase zu kaufen. Was ist an den Werbeversprechen von Pillen aus der Drogerie dran?

(…) Karin Riemann-Lorenz von der Verbraucherzentrale Hamburg sieht insbesondere im Zulassungsverfahren von Nahrungsergänzungsmitteln einen Missstand: “Wir sehen da viel Wildwuchs. Im Prinzip kann jedes Lebensmittel in Pillenform gepresst werden und als Nahrungsergänzung mit einer Gesundheitswirkung belegt und verkauft werden, ohne dass der Hersteller bislang Nachweise dafür bringen musste.” Darauf ist auch die Europäische Behörde für Lebensmittelsicherheit, kurz EFSA, aufmerksam geworden. Sie untersucht zurzeit die sogenannten Health Claims, also gesundheitsbezogene Angaben auf den Verpackungen, und überprüft, ob ein Wirkstoff hält, was die Verpackung verspricht.

Untersucht wurden zum Beispiel Cranberry-Produkte, die die Blasenfunktion unterstützen sollen, oder Produkte gegen schwere Beine mit Rutin. Für beide Wirkstoffe reichen die wissenschaftlichen Belege für einen medizinischen Nutzen laut EFSA nicht aus. Hier hat die Behörde die “Health Claims” abgelehnt. Im nächsten Schritt leitet die EFSA die Ergebnisse an die EU-Kommission weiter. Diese muss dann eine Liste mit “Health Claims” für einen Wirkstoff veröffentlichen, die weiter verwendet werden dürfen. Rein formalrechtlich ist es im Moment noch legal, mit abgelehnten “Health Claims” zu werben. Einen nachweisbaren Nutzen sollten Verbraucher aber nicht erwarten.

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10 Kommentare

  1. Funktional Food

    Der Witz an der Sache ist, das kleine Internet-Unternehmer erbarmungslos vor Gericht zerfleischt werden, aber große Konzerne u.s.w. strafffrei davon kommen.

  2. Hachja, die gute alte EFSA. Die soll doch auch die Versprechen und Angaben auf “Functional Food” überprüfen… leider sitzen die Lobbyisten meistens am längeren Hebel.

  3. Viator

    Ich finde die Berichterstattung ziemlich einseitig. Wirkung oder nicht, es wird eine Nachfrage bedient und so lange seitens der Hersteller keine bewusste Schädigung in Kauf genommen wird, soll doch jeder selbst entscheiden, wofür er sein Geld rauswirft. Nicht zuletzt darf man den sog. Placeboeffekt keinesfalls unterschätzen. Vielen Menschen mögen die Produkte tatsächlich helfen. Die Überzeugung ist mächtig.

    Dass wirklich gesunde Nahrung und ausreichende Bewegung sowie Stressvermeidung das alles – und auch die meisten Therapien – überflüssig macht, steht auf einem anderen Blatt.

  4. Ich glaube, Ihre Fragestellung ist nicht genau genug formuliert worden. Es geht nicht darum, wo man die Pillen kauft, sondern die Frage ist, ob die jeweiligen Pillen auch wirklich wirken. Viele von den Pillen, die in Supermärkten oder Drogerien angeboten werden, sind auch in Apotheken erhältlich.

  5. Bernd L.

    “…so lange seitens der Hersteller keine bewusste Schädigung in Kauf genommen wird, soll doch jeder selbst entscheiden, wofür er sein Geld rauswirft.”

    Problematisch ist, dass diese Ergänzungsmittel teilweise als akzeptable Alternative zu einer gesunden Ernährung genommen werden und die “unbewussten” Schädigungen letztendlich zu Lasten der Allgemeinheit gehen. Ich bezweifle, dass der Placeboeffekt groß genug ist, um einen dauerhaften Missbrauch dieser Wundermittel zu kompensieren.

  6. idealistin

    Der Placeboeffekt ist nicht nur groß genug – er ist immens, das beweisen mehrere wissenschaftliche Studien. Der Glaube versetzt Berge – dieser Satz ist bei diesem Thema- von großer Bedeutung.
    Das freiverkäufliche pflanzliche Mittel nicht wirken ist eine Lüge- gesät von Lobby-Vertretern der Pharmazie. Allerdings gibt es auch unter den Wald-/ Wiesen- Arzneien Betrüger, die das große Geld machen wollen – keine Frage. Aber solche gibt es überall, auch in der Pharmaindustrie die Forschungsergebnisse türkt, um hohe Kosten durch den Verkauf wieder einzufahren.…alles schon dagewesen.

    Placebostudien sind dagegen hochinteressant. Bisher war es so, dass man die Wirkungsgrade untersuchte. Eine neuere Studie untersuchte aber Nebenwirkungen. Genaugenommen, was es bei einer Studentengruppe auslöst, wenn sie den Beipackzettel lesen. Erstaunliches Ergebnis: Bei vollkommen harmlosen und wirkungslosen Placebos wurden auf Nebenwirkungen hingewiesen, die immer auftreten. Prompt trafen diese dann auch ein. Die Psyche ist also von sehr großer Bedeutung.

    Die chemischen Medikamente gegen Alzheimer, die ständig gegeben werden sind enorm teuer und ihr Wirkungsgrad sehr fraglich – die Nebenwirkungen aber brisant und u. U. lebensverkürzend. Ein Heilpraktiker der eine interessante Beobachtung machte wurde abgewürgt, weil mit dieser Erkenntnis kein Geld zu machen ist!
    Er hat festgestellt, dass Personen mit rheumatischen Erkrankungen die seit Jahren entzündungshemmende Mittel einnehmen fast nie von Alzheimer betroffen sind- sie widersprechen allen Statistiken! Er sagte folgerichtig – das kann kein Zufall sein. Weiterhin sagt er, die Plaque die bei Demenz auftritt ist nicht die Ursache – sondern die Folge – denn diese Ablagerungen wirken ähnlich wie Antibiotika. Bei Untersuchungen mit Mäusen stellte sich auch heraus, dass nicht alle Mäuse gesund wurden, deren Plaques mit Lithium entfernt werden konnten.

    Die ganze Hetzerei gegen pflanzliche Mittel ist nichts weiter als die Interessenwahrung einer Lobby die mit chemischen Mitteln – die zum Teil mehr schaden als Nutzen – abzusichern.

    • @ idealistin: es geht mir hier nicht um eine “Hetzerei gegen pflanzliche Mittel”, denn das Naturmedizin wirkt, ist ja nun bekannt. Jedoch springen hier Firmen auf den Zug auf und verkaufen ihre Sachen in teils viel zu geringen Dosierungen bzw. sagen ja sogar selbst, dass sie gar nicht wirklich wirken (wie in dem Beitrag zu sehen). NUR auf den Placeboeffekt zu setzen, ist schon etwas grenzwertig, wenn man solche Dinge für viel Geld an den Mann bringt. Dass die Pharmachemie-Industrie und -Lobby ebenfalls viel Nutzloses bis Schädliches unter die Leute bringt, steht auf einem anderen Blatt und wird ja auch von mir des öfteren kritisiert.

  7. chapultepec

    wer mehr über Manipulation von Studien erfahren möchte, der lese folgenden Artikel

    Falsches Spiel
    Technology Review, Januar 2011
    Weltweit arbeiten Medizinstatistiker daran, in den unterlagen von klinischen Studien Scheinargumente von soliden Beweisen zu trennen. Ihre Ergebnisse haben dabei eine
    Schummelkultur großen Stils zutage gefördert
    http://www.thieme.de/viamedici/static/pdf/schummelkultur.pdf

  8. Je mehr Pillen, desto weniger besteht die Chance auf Heilung. Pillen passen einfach in unsere moderne, expansive Zeit … http://www.gold-dna.de/update3.html#up53

    Und Vitaminpillen können allemal das natürliche Gefüge von Wirkstoffen, z. B. in einem Apfel, nicht ersetzen, ganz im Gegenteil, schaffen Pillen doch mehr Unordnung im Körper, als sie eigentlich beseitigen sollen.

    Gruß IP

  9. Idealistin

    Hallo Peter,

    mit Hetzerei meinte auch nicht deinen Beitrag, sondern den allgemeinen Trend auf dem gewinnträchtigen Arzneimarkt.

    Markt sehe ich eigentlich gerne, aber gelegentlich frage ich mich, ob nicht auch dort subjektiv eingefärbte Beiträge gezeigt werden. (Genau wie die Sendungen Lidl-Check und Co., die viel zu oberflächlich sind.)

    Was ich noch vermisse, sind handfeste Studien, die eindeutig beweisen, dass diese Mittel nicht wirken. Die gibt es genauso wenig, wie wissenschaftliche Studien, die einen Wirkungsgrad bestätigen. Es ist also offensichtlich niemand in der Lage, das Für und Wider in der Streitfrage mit Beweisen zu untermauern. Beide Seiten berufen sich auf Erfahrungswerten oder Meinungen. Am Ende geht man nach der Sendung genauso schlau heraus wie vorher. Was bleibt sind unbeantwortete Fragen.

    Als Verbraucher sollte man sich eh kritisch mit Werbeaussagen auseinandersetzen – das gilt für alle Produkte – ganz besonders aber für medizinische. Es gibt nur einen vernünftigen Rat – man geht zu einem Homöopathen (im Gegensatz zu einem Heilpraktiker hat dieser ein Medizinstudium) Dort wird man gut beraten und erhält Mittel die wirken und kaum teuerer sind als in der Drogerie! Auf Antrag sind viele Krankenkassen bereit die Konsultationskosten zu zahlen – zumindest einen Anteil zu übernehmen. Ich mache das gelegentlich und fahre sehr gut damit! Vor allem wenn man ohne Antibiotika genauso schnell gesund wird und das Immunsystem stärkt, anstatt mit chemischen Hammermitteln zu schwächen.

    Wir sollten eines nie aus den Augen verlieren – alles was ist – kommt aus der Natur. Krankheiten sind Zustände, die zumeist auf natürliche Faktoren beruhen. Alles was an chemischen Produkten in unsere Körper kommt, ist unnatürlich, daher auch die breite Palette von Nebenwirkungen (oder umweltbedingte Erkrankungen) . Dabei will ich „offizielle“ Arzneien nicht verteufeln – oft geht es ohne sie nicht, da wir (noch) keine Alternativen haben – aber wo- da sollte man natürliche Produkte vorziehen.

    LG
    Idealistin

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