RTL und die asoziale „Super Nanny“

„Mein Mülleimer”

Ich will mal stark annehmen (oder doch zumindest hoffen), dass nur die wenigsten meiner Stammleser sich den Quatsch anschauen, den Sender wie RTL tagtäglich in die Welt rotzen – vor allem die ganzen „Doku“-Formate, in denen manipuliert und getrickst wird, um die erwünschten Aufreger zu produzieren, sind seit jeher unter aller Kanone. Gerne wird da unter dem Deckmäntelchen der vermeintlichen Hilfe für in Not geratene Zuschauer und Familien mit gefaketen Inhalten Quote gemacht, ohne Rücksichtnahme auf die Würde der Beteiligten. Von daher ist die Aussage „Scheiß RTL“ nach wie vor unumstößlich gültig. Ich selbst schaue seit längerem kein Privatfernsehen mehr, da ich von dem bunten, kommerzdurchsetzten Geblubber nur Pickel kriege. Mein einziges Fenster in diese Abgründe ist deshalb (wie ich auch schond es öfteren hier schrieb) Holger Kreymeiers fernsehkritik.tv, ein Video-Podcast mit einem kritischen Auge auf den Blödsinn, der den Leuten tagein, tagaus als televisionärer Abraum in die Wohnzimmer gebeamt wird.

Ein ganz besonders perfides Sendeformat ist die „Super Nanny“ – hier nistet sich ein Fernsehteam und eine „Diplom-Pädagogin“ (Katharina Saalfrank, die auch gerne durch Talkshows tingelt und sich für ihren Einsatz feiern lässt) ein oder zwei Wochen bei einer Familie ein, die Probleme mit der Erziehung ihrer Kinder hat und hält bei allem, was so passiert, immer voll mit der Kamera drauf. Das wäre an sich schon abartig genug, aber es sind mehr als nur leise Zweifel angebracht, ob das, was dann in der endgültigen Sendung über den Äther geht, wirklich der Realität entspricht, oder ob RTL (und gleiches gilt sicherlich auch für andere Sender) hier nicht nachgeholfen und bewusst eskaliert hat, um „schöne“ (also möglichst schockierende) Bilder zu erhalten. So hat diese Sendereihe gleich mehrere negative Auswirkungen – für die Familie, deren Leben televisionär ausgeschlachtet wird und die sich hinterher bloßgestellt sieht (wobei ich mich immer frage, wieso da überhaupt jemand mitmacht!), ohne dass ihr wirklich geholfen wurde. Für die Zuschauer, die mit Pseudo-Weisheiten und Möchtegern-Lösungen hinters Licht geführt werden. Und für die Gesellschaft als Ganzes, die bei solch voyeuristischem Fernsehen eher verroht und darauf eingeschworen wird, dass das Fernsehen dein Freund und Helfer ist.

Fernsehkritik.tv hat sich jedenfalls in der vorletzten (und auch in der neuesten) Folge mit einer betroffenen Familie unterhalten, die von der Super Nanny daheim besucht heimgesucht wurde – hier wird einmal mehr deutlich, mit welchen dubiosen, asozialen und unmoralischen Methoden RTL arbeitet!

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11 Kommentare

  1. Bluntman

    Es ist mir immer noch ein Rätsel, wie Menschen so naiv sein können, und sich von solchen Krawallformaten “Hilfe” erhoffen. Oder wollen die einfach nur mal “in Fernseh” sein?

  2. Nein, nein, nein, lieber Peter. Du weißt, ich widerspreche Dir nur ungern, doch in diesem Falle umso vehementer. Ich habe nur die allerbesten Erfahrungen nach meinem erlittenen Schleudertrauma (http://freie-zeit.at/2011/08/20/mann-hat-nach-gehirnwasche-schleudertrauma/) mit dem kompetenten Dr. Stefan Frank, dem sehr sympathischen Bergdoktor, dem nicht minder netten Landarzt, der über alle Zweifel erhabenen kranken Schwester, Verzeihung Krankenschwester natürlich, Stefanie und dem geradezu kongenialen Dr. House gemacht. Von den jetzt Nichtgenannten ganz zu schweigen.
    Ich schwöre auf die telegenen Behandlungsmethoden und freue mich bereits jetzt schon auf meine nächste Gehirnwäsche. So, jetzt muss ich aber Schluss machen, denn irgendwo habe ich gelesen, dass ein neues Krankenhaus seine Pforten aufsperrt. Frag mich bitte nicht, auf welchem Sender, aber ich halte Dich auf dem Laufenden.
    Liebe Grüße aus der telegenen Hochburg für psychosomatisches Privatvergnügen.
    Paul

  3. Jasper F.

    “Schöner” Beitrag, hatte gestern abend die neueste Folge von Fernsehkritik.tv gesehn und fand es wieder mal erschreckend… leider aber nicht nur RTL sondern auch Kika und die anderen Sachen!

  4. Lux

    …ohne Rücksichtnahme auf die Würde der Beteiligten.

    …(wobei man sich immer fragen muss, wieso da überhaupt jemand mitmacht!)…

    Bekanntlich hat jede Medaille zwei Seiten und ich – der sein Fernseher seit mehr als 10 Jahren offline gestellt hat – tue mich schwer damit, angesichts solcher “Opfer” von Würde zu sprechen. Zumindest ist “Würde” keine einheitliche Wertvorstellung und deshalb äußerst unterschiedlich zu betrachten.
    Meines Wissens sehen das die Gerichte – zu recht, wie ich meine – genauso.

    Ich möchte bezüglich Deines Textes noch weitergehen. Die Konsumenten dieser TV- Formate stumpfen auch dahingehend ab, dass sie die künstlich erzeugte “Fernsehrealität” als ihre “eigene Realität” annehmen. Was sie dort sehen, gehört zu ihrer eigenen Realität, sei es noch so außergewöhnlich oder zurechtgebastelt.
    Treten ähnliche Probleme in ihrem eigenen Umfeld auf, reagieren sie entsprechend auf diese “Pseudolösungen” oder tolerieren gar die eigenen Probleme, ohne die Möglichkeit, auf diese gezielt eingehen zu können. Motto: “Bei den anderen ist das ja auch so, dann kann mein zwei jähriger Sohn auch noch das nächtliche Kinderprogramm schauen.”

  5. Besucher01

    So ist das halt mit den angelsächsischen Fernsehformaten. Gewalt ohne Ende. Von Empathie und Mitmenschlichkeit keine Spur. Und das Format „Super Nanny“ ist nur der Anfang. Wer sich mit ausländischen Formaten auskennt, dem ist bewusst das das noch sehr viel brutaler geht.

  6. Lux

    @Jasper

    Kika ist ein ganz fieser Sender. Und weshalb senden die bis 21 Uhr? Oder jetzt auch schon durchgehend?
    Wenn ich an die Teletubbies denke, wird mir immer noch schlecht:
    a) es werden weltweit keine Sendungen für unter Dreijährige produziert
    b) welches >dreijährige Kind besitzt ein Vokabular, dass nur aus “mimi, mumu, jojo” und so weiter besteht?
    c) Eltern, die ihren Kindern eine solche Bildung zukommen lassen, sind alles andere als reif, Kinder großzuziehen.

    Ich hatte mir damals – rein informativ – eine Teletubbie- Sendung angeschaut. Dabei ging es um eine Zahl, d.h. den Kindern eine Zahl zu vermitteln. Ich glaube, es handelte sich um die 5.
    Es gab kein Bezugspunkt für die Kinder, was nun wirklich mit 5 gemeint ist. Nur, dass die Tubbies ungezählt und unterschiedlich herumhüpften und immer wieder “Fünf”, “Fünf”, “Fünf”,… von sich gaben. Es waren keine fünf Äpfel, fünf Kinder, fünf ??? zu sehen.
    Und überhaupt, da die Sendung angeblich für unter Dreijährige produziert war – was definitiv eine Schutzbehauptung war – wozu sollte diese Altersgruppe das Zählen lernen und wenn ja, weshalb auf eine so dilettantische und unsinnige Art?

  7. Jasper F.

    Ich wohne momentan mit einem Spanier und einem Griechen zusammen, vielleicht kann ich bald mal berichten, was bei denen im Fernsehen so läuft. In Griechenland zumindest sind sie über Scripted-Reality schon hinweg – ich weiß aber nicht ob es besser oder schlimmer geworden ist.

  8. Mich wundert eigentlich nur, warum die Super Nanny bei so ner Show mitmacht. Toller Beitrag von dir! :)

  9. Bluntman

    Als Ergänzung hierzu der zweite Punkt im Interview mit Klaus Norbert. Das Menschenbild von rtl:

    http://www.heise.de/tp/artikel/35/35574/1.html

  10. Mandy

    Wer immer noch glaubt, dass alles echt ist, was bei RTL & Co. läuft, dem ist leider nicht mehr zu helfen. Bei solchen Sendungen geht es nun einmal lediglich um die Quote.

    Wen interessieren schon “normale” Menschen im Fernsehen. Das schaut doch keiner. Die Bevölkerung braucht doch den typischen Hartz-4ler, der den ganzen Tag trinkt, raucht und seine Kinder vernachlässigt. Auf wem soll man denn sonst herumhacken?

  11. daniel

    Laut Spiegel Online, schmeißt die “Super Nanny” hin.

    http://www.spiegel.de/kultur/tv/0,1518,800054,00.html

    Wenn man dem Inhalt der Meldung glauben darf, bestätigt das nur mehr was auf fernsehkritik.tv zu sehen war.

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