Dez
09
2008
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Lidl Brother is watching you – die Kamera von & für BILD

Die nächste Stufe der Verrohung und Verblödung ist gezündet, und dies, wie sollte es anders sein, von zwei der abstoßendsten Wirtschaftsakteuren in diesem unseren Lande – die BILD-„Zeitung” vertreibt jetzt seit neuestem eine Kamera, ausgerechnet über den Discountwiderling Lidl mit dessen einschlägigen Erfahrungen in punkto Bespitzelung der eigenen Mitarbeiter. Der Clou daran: die Kamera ist mit einer direkten Hochladefunktion zu Bild.de ausgestattet und öffnet somit dem Spannerjournalismus neue Türen, zumal die „tollsten” Fotos von BILD mit entsprechenden Geldprämien bedacht werden. Radio Alice (Bayerischer Rundfunk) schreibt dazu in seinem Beitrag „Ausschaltung ausschalten”:

Unter der Überschrift “Wir sind die neuen Video-Reporter” versucht das Zentralorgan des Deutschen Spannertums, neue Hobby-Berichterstatter zu gewinnen. Damit stößt Bild tiefer in ein von den etablierten Medien bislang kaum erforschtes Territorium vor: Den Bürgerjournalismus. (…)

Bild pervertiert so das einstige basisdemokratische Ideal der Gegenöffentlichkeit. Das hat Bertolt Brecht 1932 in seiner Radiotheorie formuliert: Jeder Empfänger soll Sender werden. Brecht wollte eine Gegenöffentlichkeit zu den Medien schaffen, in denen die Kommunikation strikt von oben nach unten verlief. Diesem Ideal kommen allenfalls noch Internetseiten wie Indymedia oder auch Wikipedia nahe. Dagegen dienen die Bürgerjournalisten auf Bild und auch auf Twitter nicht der Basisdemokratie sondern Unternehmen – meist ohne es zu merken.

Die Süddeutsche Zeitung sieht das ähnlich kritisch – „90 Gramm Pressefreiheit”:

Kein Mensch kann sich mehr sicher sein, dass hinter der nächsten Hauswand nicht ein Leserreporter mit Kamera wartet und das Ganze schneller filmt als sein Schatten. Dabei gilt auch bei dieser Form des Journalismus der Schutz der Privatsphäre. (…)

Die Menschen beschweren sich derzeit, dass durch das BKA-Gesetz der nächste Schritt zum Überwachungsstaat getan wird und sich keiner mehr seiner Privatsphäre sicher sein kann. Über den Volksjournalismus à la Bild echauffiert sich kaum jemand. Und doch: Es ist der erste Schritt zur Überwachungszeitung.

Und im der BILD auf die Finger schauenden BILDblog sind auch schon die ersten Auswirkungen dieser Initiative dokumentiert – „Supi, beim Nachbarn brennt’s!”.

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