Der typische amerikanische Mann widmet seinem Auto mehr als 1600 Stunden im Jahr. Er sitzt darin, während es fährt und während es stillsteht. Er parkt es und sucht es wieder auf. Er verdient das Geld, um dafür eine Anzahlung zu leisten und die monatlichen Raten zu bezahlen. Er arbeitet, um das Benzin, das Wegegeld, die Versicherung, die Steuern und die Strafzettel zu bezahlen. Er verbringt vier seiner sechzehn wachen Stunden auf der Straße oder damit, die Mittel für den Betrieb des Autos zu beschaffen. […]
Der typische amerikanische arbeitende Mann wendet 1600 Stunden auf, um sich 7500 Meilen fortzubewegen: das sind weniger als fünf Meilen pro Stunde. In Ländern, in denen eine Transportindustrie fehlt, schaffen die Menschen dieselbe Geschwindigkeit und bewegen sich dabei, wohin sie wollen – und sie wenden für den Verkehr nicht 28%, sondern nur 3% bis 8% ihres gesellschaftlichen Zeitbudgets auf. Der Verkehr in den reichen Ländern unterscheidet sich von dem Verkehr in armen Ländern nicht dadurch, dass für die Mehrheit mehr Kilometer auf die Stunde der einzelnen Lebenszeit entfallen, sondern dadurch, dass mehr Stunden mit dem Zwangskonsum der großen Energiemengen verbracht werden, welche die Transportindustrie „abpackt“ und ungleich verteilt. […]
Auf dem Fahrrad kann der Mensch sich drei- bis viermal schneller fortbewegen als der Fußgänger, doch er verbraucht dabei fünfmal weniger Energie. Auf flacher Strasse bewegt er ein Kilogramm seines Gewichts einen Kilometer weit unter Verausgabung von nur 0,15 Kalorien. Das Fahrrad ist der perfekte Apparat, der die metabolische Energie des Menschen befähigt, den Bewegungswiderstand zu überwinden. Mit diesem Gerät ausgestattet, übertrifft der Mensch nicht nur die Leistung aller Maschinen, sondern auch die aller Tiere. […]
Ein Volk kann durch die Energiemenge seiner Maschinen ebenso überfahren werden wie durch den Kaloriengehalt seiner Nahrung, aber die energiemäßige Übersättigung der Nation gesteht man sich viel schwerer ein als eine krankmachende Diät. […]
Wenn mehr als ein gewisses Quantum Energie in das Transportsystem eingefüttert wird, so bedeutet dies, dass mehr Menschen sich im Lauf eines Tages schneller über weite Distanzen bewegen und immer mehr Zeit einsetzen, um befördert zu werden. Der tägliche Radius eines jeden erweitert sich auf Kosten der Möglichkeit, den eigenen Weg zu gehen.
Ivan Illich, „Die sogenannte Energiekrise oder die Lähmung der Gesellschaft. Das sozial kritische Quantum der Energie“, 1974 (!)
jfml
Hey, wollt mal generell sagen, daß ich deinen Blog vor ein paar Tagen entdeckt hab und sehr begeistert bin.
Zum Artikel: AAAAAARGHHH!!!! Jetzt will ich auch wieder radfahren (leb nur leider grad in Istanbul und da ist das dank rücksichtslosen Verkehrsteilnehmern/schlechten Straßen/Bergen) kein Spaß/unmöglich.
Katarina
Hallo –
nachdem ich im März die Therapien gegen meine Krebserkrankung abgeschlossen habe, leistete ich mir ein Fahrrad. Und zwar eines dieser genialen Elektro-Bikes, weil ich, abgesehen vom Krebs, schon seit Jahren krank und geschwächt bin. Da ich recht abgelegen in den Bergen lebe, nutze ich die Unterstützung des Motors bergauf, dann schalte ich ihn aus und habe ein “normales” Fahrrad. Ein bis zwei Mal wöchentlich fahre ich um unseren Bergsee (ca. 15 km), gelegentlich ins Dorf zum Einkaufen
Ich habe zwar auch ein Auto (Jahrgang 1992) – der ÖV bei uns ist nicht so toll.
Mir kommt es manchmal so vor, als würden die Menschen sich immer mehr über ihren Besitz definieren (Statussymbole wie Autos); als Lieblings-Freizeitbeschäftigung nennen viele junge Leute z.B. “shoppen”. Das macht mich zuweilen zornig, manchmal nur traurig und ratlos.
Auf Ihre Website bin ich über spirit.ch gestossen und werde wohl immer mal wieder bei Ihnen hereinschauen; Ihre Haltung gefällt mir. Gut, dass es Blogs wie Ihren und Websites wie spirit.ch gibt!
Grüsse aus der Schweiz,
Katarina
Horst
Zitat:
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Denkanstoß:
Wenn Sie die Wahl haben, eine Strecke mit dem Auto oder mit dem Fahrrad zurückzulegen, womit sparen Sie dann mehr Zeit?
Normalerweise würde jeder sagen, mit dem Auto ist man schneller am Ziel, also spart man Zeit. Aber ich finde die Zeit im Auto komplett verloren, wohingegen die Zeit auf dem Fahrrad optimal genutzt ist. So tut man etwas Gutes für den Körper und kommt trotzdem vorwärts. Gerade bei kleinen Strecken bis 5 km ist das Fahrrad das optimale Mittel, um Zeit zu sparen.
Bei kürzeren Strecken ist natürlich auch das Zu-Fuß-Gehen eine gute Wahl. Das ist immerhin die Bewegungsform, mit deren Hilfe der Mensch den kompletten Planeten erobert hat.
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Quelle: http://www.leben-ohne-diaet.de/text/buch/diaeten/sport-und-bewegung.html
Die Diskussion von den tatsächlichen Kosten hatten wir schonmal vor ein paar Jahren. Ich glaube Reto (http://nachhaltigbeobachtet.ch/) hat damals was dazu geschrieben. Ich bin aber nicht mehr ganz sicher.