Als hätte ich es im November schon geahnt, als das neue sog. Tierschutzsiegel für Supermarktfleisch vorgestellt wurde – „Bringt das was?“ fragte ich mich damals und brachte Zweifel an, ob solch ein nur mariginale Verbesserungen andeutendes Siegel nicht letztlich doch nur ein Feigenblatt ist und möglicherweise sogar negative Auswirkungen hat, weil die Konsumenten dadurch ein besseres Gewissen bekommen und echte Alternativen (Biofleisch oder gar kein Fleisch) ins Hintertreffen geraten. Meine Skepsis bestätigt nun auch der Bericht „Greenwashing durch neues Label“ von Report Mainz:
Mitte Januar stellte der Deutsche Tierschutzbund sein neues Tierschutzlabel vor und präsentiert u.a. in Kooperation mit dem Fleischkonzern Vion Ställe mit mehr Platz für Tiere. REPORT MAINZ vorliegendes Bildmaterial belegt: Die Veränderungen für die Tiere sind gering und kaum “wesensgerecht”.
HenningM
Ich sehe das grundsätzliche Problem darin, dass hier wieder nur diejenigen angesprochen/beruhigt/beschichtigt werden, die sowieso schon sensibilisiert sind. Otto und Anna Normalverbraucher kümmern sich wenig um irgendwelche Siegel (von denen es übrigens schon fast belästigend viele gibt!). Aber leider sind es gerade diese Normalverbraucher, die das meiste Fleisch, die meisten Eier – aber den wenigsten Tofu essen. Hier hilft mMn keine Selbstverpflichtung (auf der solche Siegel ja allermeistens basieren), sondern nur eine strafbewehrte Normierung von Kriterien, die dem Tierschutz nutzen.
Übrigens. Maximalforderungen und moralischer Zeigefinger sind ebenso kontraproduktiv wie achselzuckende Resignation. Alles, auch kleine Schritte, ist gut, wenn ers sich, wie hier, um ein Gebiet handelt, wo Lebewqesen Qualen aushalten müssen, tag für Tag, Stunde für Stunde. Punktum.
(Übrigens erinnert mich die Diskussion um Tierschutz/Fleischkonsum frappierend an die Revisionismus-Debatte in der SPD vor 100, 120 Jahren. Will sagen: Graduell oder revolutionär? Und gesiegt hat … Eduard Bernstein.)
Anonymous
Bio und Tierschutz sind zwei ganz unterschiedliche Sachen. Bio ist nur das Futter, Tierschutz hat was mit den Haltungsbedingungen zu tun. Ich finde es jedenfalls gut, wenn z.B. das Geflügel mehr Platz bekommt.
Peter M.
“Bio ist nur das Futter”
Nein, das stimmt nur fürs lasche EU-Biosiegel, nicht z.B. für Demeter.
http://www.demeter.de/fachwelt/landwirte/richtlinien
Außerdem ist das Problem bei diesem neuen “Tierschutzsiegel”, dass dann eben viele Verbraucher meinen, damit würden die Tiere nennenswert besser gehalten, was nicht stimmt – und vor allem verhindert, dass die Bedingungen für die Tiere wirklich verbessert werden statt nur so ein bisschen (= “Augenwischerei”).
Kowalsky
Was soll der Quatsch?! Der einzige vernünftige Tierschutz ist, auf gequältes, medikamentenverseuchtes Fleisch zu verzichten. Solange der Verbraucher immer noch glaubt, Fleisch ist ein Stück Lebenskraft, werden Tiere weiterhin getötet und vermarktet. Dem Tier ist es letztendlich egal, was es für ein scheinheiliges Siegel es verpasst bekommt. Die Tiere sterben deshalb nicht glücklicher, nur die Fleischerlobby reibt sich die Hände…
Tierstimmen
Sehr interessant! Vielen Dank für diesen Artikel.
Tom
Sehr schade, dass mehr und mehr Bio-Siegel im Endeffekt dafür sorgen, dass der Verbraucher immer mehr verunsichert ist. Und dabei sollen die Siegel ja eigentlich Sicherheit bringen.
Dass hier scheinbar ja sogar eine Vereinigung hinter dem Siegel steht, die eigentlich andere Grundwerte hat, finde ich umso erschreckender … auch wenn man vielleicht vorsichtig sein muss mit einer Meinungsbildung. Wer weiß, ob da nicht einzelne schwarze Schafe für die “Probleme” sorgen. Ist aber schon so eine Sache… .