Die Sehnsucht nach dem einfachen Leben

Nein nein, keine Angst, ich mache nicht etwa wegen der Fußball-EM eine Pause; andere Dinge nehmen mich momentan in Beschlag. Damit Ihr Euch aber nicht langweilen müsst, will ich Euch die interessante Sendung „Einfaches Leben“ aus der 3Sat-Reihe Scobel ans Herz legen. Wie bei Scobel üblich gibt es neben den Gesprächen mit den Studiogästen (die sind mäßig interessant) verschiedene kurze Filme zwischendurch die die Facetten eines einfachen, auf weniger Konsum und mehr Selbstversorgung basierenden Lebens beleuchten.

Mit den Gästen:

  • Dr. Notker Wolf (Abtprimas des Benediktinerordens und Professor für Naturphilosophie und Wissenschaftstheorie)
  • Dr. Svenja Flasspöhler (Philosophin)
  • Aussteiger und Asketen gab es schon immer. Nicht in einer Tonne, aber in einer kleinen schäbigen Hütte lebte der Philosoph Diogenes und war damit zufrieden. Asketische Strömungen kennt die Kultur- und Geistesgeschichte zu Genüge. Aber werden Askese und gesellschaftlicher Rückzug derzeit zur Massenbewegung? Die moderne Lebenswelt ist zunehmend komplexer werdenden Mechanismen und Strukturen unterworfen.

Ganze Lebensbereiche entziehen sich dem Verständnis, sind nicht mehr zu dirigieren: Kaum jemand kennt alle Funktionen seines Handys oder weiß, woher die Nahrungsmittel seines Speiseplans stammen. Längst werden Entscheidungen über das eigene Leben ganz woanders gefällt, in Brüssel oder an den Schreibtischen großer Global Player. Die Politikverdrossenheit steht symptomatisch für die Ohnmachtsgefühle vieler Bürger. Hilflosigkeit angesichts von Komplexität und Globalisierung, aber auch das Gefühl von Entfremdung, Überreizung und Übersättigung sind zu zentralen Grundstimmungen in den modernen Industriegesellschaften geworden.

Der Mensch reagiert auf diese Überforderung mit dem Bedürfnis nach Vereinfachung. “Simplify your life” ist zum verbreiteten Slogan geworden. Die Sehnsucht nach Überschaubarkeit zeigt sich in den verschiedensten Lebensbereichen – von Mode über Architektur und Design bis hin zu Ernährungsweisen und Reiseverhalten. Wandern statt Fernflug, regionale statt ausländische Küche sind angesagt. Aber auch Philosophie und Religion stellen sich diesem Trend.

Gert Scobel diskutiert mit seinen Gästen über die Erscheinungsformen moderner Askese.

 

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6 Kommentare

  1. Viator

    Ein “einfaches Leben” bietet noch ganz andere Möglichkeiten. Das Leben ist für die meisten Menschen wie ein Traum. Es hält sie involviert, gibt ihnen keine Gelegenheit, kein Pause, um Bewusstsein zu erlangen, um sich über die vermeintlich relevante Realität zu erheben. Als langjähriger Klarträumer und Realitätserforscher ist ein einfaches, ruhiges und in gewisser Weise auch unbeteiligtes Leben eine der hilfreichsten Grundvoraussetzungen für mich. Wer in Sorgen und Wünschen ertrinkt, sich treiben und stressen lässt, hat keine Chance, sich über seinen Zustand bewusst zu werden.

  2. Viator

    P.S. Den Bericht finde ich allerdings ziemlich armselig und oberflächlich.

  3. Viator

    P.P.S. Zumindest am Anfang. ;)

  4. Wie dieser Wellness Trend irgendwie. Aber schön, dass viele sich wieder zurück Orientieren

  5. Jan

    > Nein nein, keine Angst, ich mache nicht etwa wegen der Fußball-EM eine Pause.

    Das freut mich. Zu sehr lenkt der blöde Kommerz / pardon: Sport von allem anderen ab. Und alle zwei Jahre gibt es vier Wochen lang nichts Wichtigeres als Grillen, Saufen, Wetten, Glotzen und Hupen. Auch unsere Kanzlerin fliegt lieber zum Viertelfinalspiel als zum Rio+20-Treffen. Das wollte ich nur mal los werden. Inspirierender Blog übrigens. Viele Grüße, Jan.

  6. dietmar baldtiger

    Der Beitrag ist ist sehr zwiespältig. Mir kam es so vor, als reden die Drei über eine Utopie, die sie alle Drei selbst nicht praktizieren, aber ihr gutes Gewissen sie daran stößt. Weiter ist das Wort “Freiheit” als Sinn und Ziel des Lebens für mich immer sehr daneben, weil: Was ist Freiheit? (Und: Freiheit braucht GRENZEN!; das wird immer vergessen: Siehe nur Finanzmärkte).
    Dann unterhalten sich die Drei noch über ARBEIT. Da hätte der Moderator lieber mal einen Fließbandarbeiter, eine Hauptschul- lerherin, eine Hausfrau und Mutter von 4 Kindern und einen seit 3 Jahre arbeitssuchenden Hartz4ler einladen sollen.
    Generell können aber auch zwiespältige Talkrunden dazu anregen über diese hinaus zu denken ….

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