Legale Verbrauchertäuschung

In ihrem Beitrag „Fleisch in vegetarischem Essen und anderen Produkten“ thematisierte die N3-Sendung Markt am Montag dieser Woche eine Form von legaler Verbrauchertäuschung, wie wir sie von der Nahrungsmittelindustrie mittlerweile ja fast schon gewöhnt sind (Stichworte Analog-Käse, Mogelpackungen etc.) – dass nämlich vielen Produkten, die wir so im Supermarkt kaufen und die auf den ersten Blick als vegetarisch zu bezeichnen wären, tierische Fette, Gelatine etc. beigemengt werden. In der Regel, weil sie billiger sind als andere Ersatzstoffe, oder weil die Hersteller damit gewisse Geschmackswirkungen erzielen wollen.

Täuschende Verpackungen: In der Zucchinipfanne, der Grießklößchensuppe oder der Zwiebelsuppe stecken oft tierische Fette. Zu finden ist das für den Kunden nur im Kleingedruckten. Die Verpackung suggeriert häufig ein rein vegetarisches Produkt. Doch die Bilder auf der Verpackung sagen häufig sehr wenig darüber aus, was wirklich in den Produkten enthalten ist, erläutert Silke Schwartau von der Verbraucherzentrale Hamburg. Food-Stylisten täuschen die Verbraucher oft darüber hinweg, wie das Produkt wirklich zusammengesetzt ist.

(…) In vielen Produkten, die aussehen, als hätten sie gar nichts mit Tier zu tun, ist zum Beispiel Gelatine enthalten. Sie wird aus Haut und Knochen von Schweinen und Rindern hergestellt. Gelatine befindet sich häufig im Fruchtgummi, kann aber auch im Gebäck sein, im Frischkäse, Gebäck oder Wackelpudding. Auch in Fruchtjoghurt, Schokoladen-Pudding oder den Frühstücks-Toppas von Kellogg’s ist Gelatine enthalten. Die Gelatine soll laut Kellogg’s ein “positives Mundgefühl” erzeugen.

(…) Thilo Bode von der Organisation Foodwatch ärgert diese Form der “legalen Verbrauchertäuschung”. Wenn nicht alles auf der Zutatenliste erscheint, kaufe der Verbraucher Produkte, deren Inhalt er nicht wirklich kennt. So ist es legal, wenn Gelatine vom Tier verwendet wird, ohne dass der Verbraucher es merkt. Nicht nur im Herstellungsprozess, sondern auch im Endprodukt – als Trägerstoff zum Beispiel. An der Gelatine bleiben Vitamine und Farbstoffe hängen und können so ins Getränk gebracht werden. Viele Getränkehersteller verwenden Gelatine als Trägerstoff, zum Beispiel Eckes-Granini und Coca Cola.

Die Verbraucherzentrale Hamburg hat die Tabelle Vegetarisch Einkaufen zusammengestellt (leider inzwischen offline; HIER findet man zumindest Auszüge der Liste), die einen Überblick darüber gibt, welche tierischen Inhaltsstoffe in den verschiedenen, vermeintlich vegetarischen Produktarten so enthalten sind. Eigentlich unglaublich, wenn man sich diese Liste so durchliest. [Andererseits sollte man nun auch nicht päpstlicher als der Papst sein – sooo schlimm sind teils kleine Beimengungen dann m.E. auch wieder nicht (es sei denn, man ist Allergiker). Jedenfalls nicht ganz so schlimm wie einige andere der Verbrauchertäuschungen, die uns jeden Tag begegnen.]

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10 Kommentare

  1. Ich falle immer wieder auf den Trugschluss herein, dass sich Vegetarier mit gesunder Ernährung auseinandersetzen. Die meisten Fertigprodukte sind ein Desaster, was Nähr- und Ballaststoffe betrifft, und sollten meiner Meinung nach überhaupt nicht konsumiert werden. Vieles enthält einfach Schwachsinn (Aromen, Farbstoffe, obskure E usw.), übrigens besonders “echter” Käse (Stichwort E235), wenn man dieses verwässerte, silageverseuchte Zeug denn so nennen möchte. Da hilft nur Bio.
    In vielen Produkten ist Ei (oder sowas ähnliches) enthalten, irgendwo müssen die ganzen Käfigeier ja landen. Wer Eier ganz aus der Ernährung streicht (ich gehöre nicht zu dieser Gruppe), backt sich seinen Kuchen eben selber. Das ist sowieso das sinnvollste, was man machen kann – da weiß man, was drin steckt.

    • Da hast Du natürlich absolut Recht – gesunde Ernährung und dieser Industriekram passen nicht wirklich zusammen. Gerade, weil man bei den ganzen „Kunstprodukten“ oft nicht weiß, was da alles drin ist (und es wohl auch besser gar nicht wissen will ;-) Mein Anteil an Industriefraß an meinen Einkäufen ist im Laufe der Jahre auch kontinuierlich gesunken – meist gibt es ja doch im Bioladen Alternativen, die zudem noch leckerer schmecken.

  2. ZAF

    “Andererseits sollte man nun auch nicht päpstlicher als der Papst sein – sooo schlimm sind teils kleine Beimengungen dann m.E. auch wieder nicht (es sei denn, man ist Allergiker).”

    Hier irrt der Autor. Natürlich ist es schlimm, wenn einem Produkte untergeschoben werden, bei denen man sich aus welchen Gründen auch immer entschieden hat, diese nicht konsumieren zu wollen.
    Das sage ich jetzt mal als Ovo-Lakto-Vegetarier, der auf Teufel komm raus alles mit Gelatine oder Molkeerzeugnissen meidet. Molke ist i.a. ein Abfallprodukt der Käseherstellung und Käse wird mit aus Kälbermägen gewonnenem Lab hergestellt (es gibt zwar auch Alternativen – pflanzlich oder gentechnisch hergestelltes Lab, dies ist aber, wenn Molkenerzeugnis auf einem Produkt steht, nie ersichtlich).
    Was meist auch verschwiegen wird, ist z.B. daß Wein meist kein veganes Produkt ist, was man erst einmal vermuten würde (Trauben, Hefe, Wasser, Zucker). Da werden dann zum Abschluß Trübstoffe mit Haussenblase (also Fischabfällen), Hühnereiweiß oder Gelatine ausgefällt (ähnlich wie z.B. beim Apfelsaft, da ist’s meist Gelatine). Das ist für den Verbraucher auch nie ersichtlich, was der Winzer verwendete. Und selbst in Fachgeschäften herrscht diesbezüglich Ahnungslosigkeit und Schulterzucken vor.

    PS: Super, adfree ausloben und dann als “Anti-spam word” Werbung für eine Zigarettenmarke (kent) machen ;-)

    • Kent ist eine meiner Lieblingsbands (großartige schwedische Musik), das hat nix mit der Zigarettenmarke zu tun (gibt’s die überhaupt noch?) :-)

      Du hast schon Recht, dass niemand unwissentlich etwas essen sollte, was er eigentlich gar nicht essen will. Ich finde es ja auch unmöglich, was die Lebensmittelindustrie so alles treibt und was einem alles untergeschoben wird. Vermutlich soll das dazu führen, dass die Leute irgendwann resignierend abwinken und einfach jeden Scheiß essen, der ihnen so untergeschoben wird. Der Erfolg der Discounter zeigt ja, dass diese Strategie wirkt, denn da stopft sich der Kunde ja auch irgendeinen Mist rein, von dessen Herstellungsprozess man lieber nix wissen will. Einer meiner Lieblingsfunde in Bezug auf obskure “Lebensmittel” (der aber wenigstens noch auf der Packung ausgezeichnet war): Pfeffer mit Beimischung von Zucker, in Dänemark… wie krank…

  3. ZAF

    “Der Erfolg der Discounter zeigt ja, dass diese Strategie wirkt, denn da stopft sich der Kunde ja auch irgendeinen Mist rein, von dessen Herstellungsprozess man lieber nix wissen will.”

    Und der Herstellungsprozeß von Markenartikel-Herstellern im normalen Supermarkt ist da inwiefern besser oder offener?
    Meinen Sie nicht eher generell Fertigprodukte, Herr M.?
    Auch bei Nestle, Unilever oder P&G weiß der Verbraucher nicht, was dort abseits der deklarierungspflichtigen Zusatzstoffe noch bei der Herstellung verwendet wird. Wo die Rohstoffe herkommen, ist meist auch nicht ersichtlich und ich bezweifele, daß auch Markenartikel-Hersteller auf Nachfrage dazu wirklich eine befriedigende Antwort liefern. Da beruft man sich dann aufs Herstellergeheimnis. Wenn man Glück hat, wird bei einzelnen Stoffen dann noch gesagt, ob diese enthalten sind oder nicht. Dazu muß man dann aber gezielt nachfragen mit dem Hinweis auf eine Allergie beispielsweise.

    Und kein Hersteller wird jemals freiwillig alle im Herstellungsprozeß verwendeten Hilfs- und Zusatzstoffe auflisten. Die Argumentation dürfte ähnlich wie bei Politikern sein, die den Wähler für völlig vertrottelt halten, der gerade in der Lage ist, alle 4 Jahre sein Kreuzchen zu machen. Der normale Konsument verstehe das doch alles gar nicht und das viele Kleingedruckte verwirre nur etc. Das ist dann ähnlich wie die Diskussion um Zutatenlisten generell. Da bleibt dann nur, stark verarbeitete Lebensmittel eben nicht zu kaufen.

    PS: Was haben Sie hier eigentlich von 350.brighterplanet.com eingebunden? Mein Browser versucht da die ganze Zeit was zu laden, die Seite ist aber wohl derzeit offline.

    • Ich stehe mittlerweile vielen “normalen” Industrieprodukten im Supermarkt ähnlich skeptisch gegenüber wie dem Zeug im Discounter – die Menge an Skandalen und Undurchsichtigkeiten in der Lebensmittelherstellungen schreckt mich definitiv ab (siehe abgespeist.de), und natürlich habe ich schon längst keine Lust mehr, die ganzen Großkonzerne und ihr ekliges Gebaren mit meinem Geld zu unterstützen (dem System das Geld zu entziehen ist wenigstens ein kleiner Schritt, den man als Konsument gehen kann). Da geh ich dann doch lieber auf den Wochenmarkt bei mir um die Ecke (ist eh netter als im Supermarkt) oder den Bioladen…

      Die brighterplanet-Seite lädt bei mir übrigens ganz normal…

  4. peta

    wie kann mensch denn diese liste finden?

    • Äh… einfach auf den Link in meinem Beitrag klicken…? :-) Den, wo steht „Vegetarisch Einkaufen“…

  5. der böse Wolf

    Ich bin jedes mal wieder fasziniert vom Thema Lab und Käse – nämlich wie wichtig dieses Thema für Vegetarier ist. Ich hab mich da wirklich schlau gemacht – das Internet bietet wirklich alle Informationen und man kann auch mit verschiedenen Firmen telefonieren oder mailen – es sieht so aus:

    1. Um Milch zu bekommen, braucht man ein Kälbchen oder ein Zicklein oder ein Lamm – ohne Geburt geht nix – bzw. nur dann, wenn man wie in Amerika Hormone spritzt – dann gibt die Kuh rund um die Uhr Milch und muss kein Kälbchen bekommen.

    2. die Kälbchen, Zicklein oder Lämmlein werden keineswegs alle groß gezogen – bei Milchzuchten, die ausweiten, werden mindestens alle männlichen Nachkommen gekillt – bull-calves und von den weiblichen nur diese am leben gelassen, die man braucht um die Herde auszuweiten. Milchzuchten und Fleischzuchten passen nicht zusammen – also die überzähligen Kälbchen, Zickleins oder Lämmleins werden für / wegen Milch geschlachtet. In großen relativ natürlichen Milchzuchten – z.B. Neuseeland – werden rund 1,3 Millionen bobby-calves pro Jahr – unmittelbar nach 7 – 12 Tagen abgeholt und geschlachtet. In selbst deutschen und österreichischen Demeterbetrieben (Bio hoch drei!) werden die neugeborenen Zickleins oder Lämmleins unmittelbar nach der Geburt geschlachtet und weggeworfen, weil es dafür überhaupt keine Verwendung gibt – man braucht die Milch der Mutter.

    3. in manchen Ländern werden die jungen Zickleins oder Lämmleins nicht weggeworfen, sondern gegessen und alle verwertbaren Bestandteile auch verwertet – das betrifft dann auch den Labmagen der Zickleins oder Lämmleins. Die bobby-calves werden z.B. in Neuseeland in Schlachthäusern geschlachtet und alles von den Augenbrauen, über die Haut, den Därmen bis hin zum Labmagen verwertet. Das gibt dann Kosmetikpinsel, Leder, Katzen- und Hundefutter und eben Labmägen für die Laberzeugung.

    Das ergibt nun folgendes:
    1. Milch ist nur für den vegetarisch, der die Augen und Ohren verschließt – weil für die Milch ein Tier sterben musste. Wenn man davon ausgeht, dass eine Kuh rund 5.000 kg Milch pro Jahr gibt und nur jedes 2. Kälbchen getötet wird, dann kommen immerhin auf 10.000 kg Milch 1 totes Kalb. Jetzt hat dieses junge Kalb vielleicht gerade mal 35 kg – d.h. 3,5 Gramm Kalb pro 1kg Milch – schwimmen nicht drinnen, aber sind damit verknüpft. Bei Ziegen schaut das noch schlimmer aus, weil eine Ziege im Jahr nur ca. 600 – 700 kg Milch gibt – hier sind also schon 1.500 kg Milch mit je 1 Stk. totem Zicklein belastet.

    2. 1 Stk. Labmagen vom Kalb kostet als Rohstoff je nach Nachfrage zwischen 3-5 Euro pro Stk. In einem Magen ist soviel Lab für die Milch von einer Kuh von 3 Jahren – 15.000 kg. Für diese 3-5 Euro pro Stk. würde niemand auch nur versuchen, 1 Kalb zu töten. Ziegenmägen oder Lämmermägen kosten rund 0,65 Euro pro Stk.

    3. für den, der es immer noch nicht begriffen hat und der sich nach wie vor unverantwortlich gegenüber dem Töten für die Milch fühlt: das Ersatzlab kommt nicht von irgendwelchen Pilzen, sondern von SCHIMMELPILZEN (mucormyces miehei = Mikrolab oder aspergillus niger – gentechnisch manipuliert = fermnentativ gewonnenes Lab). entweder nur selctioniert und ist keineswegs reiner oder besser, als das natürliche Lab. Im letzten Jahr wurden in Europa durch den Einsatz von mikrobiellem – Lipase verseuchtem – Lab – zehntausende Tonnen Käse unbrauchbar gemacht – es gibt da auch anhängige Prozesse bzw. verschwiegene Einigungen zwischen Geschädigten und Produzenten.

    Also dann: egal ob Mars Schokoriegel, oder Hipp Kindernahrung oder auch Kosmetikprodukte etc – überall, wo z.B. Molkenpulver drinnen ist, ist totes Kalb mit drinnen. Und selbst in jedem Ziegnkäsebällchen mit pilzlichem Lab, schwimmt auch ein totes Zicklein mit herum.

    Die Frage ist jetzt ganz einfach: bin ich ein Veganer (selbst da komme ich mit diesen Produkten irgendwo in Berührung), bin ich ein Augen-Zu-Und-Durch-Vegetarier und sage: Milch ja, Schokolade ja, aber ja kein Lab vom Kalb, oder bin ich ein verantwortlicher und nachhaltiger Mensch und sage ja zu Milch und Milchprodukten. Natürlich bin ich dann auch dafür, dass die Nebenprodukte, für die ich auch verantwortlich bin, einer sinnvollen Verwertung unterzogen werden.

    3 Zahlen noch:
    * größter Kälberschlachter der Welt ist Indien mit geschätzten 4 Mio Stk. pro Jahr.

    * Im Käse finden sich ca. 0,0007 Gramm Enzym aus dem Kälbermagen pro kg Käse – nicht aber Kälbermägen – das entspricht 0,7 parts per million.

    * wie oben ausgeführt, schwimmen in der Milch rund 3,5 Gramm totes Kalb im Geiste mit herum. Für 1 kg Käse braucht man 10 Liter Milch – also enthät 1 kg Käse rund 35 g “totes” Kalb und 0,0007 Gramm Enzym vom toten Kalb.

    Da wird doch eine Scheindiskussion geführt – odrrr?

    • Wow, danke für diesen ausführlichen und erhellenden Kommentar. Von dieser Problematik wusste ich bisher ehrlich gesagt nichts. Wäre vielleich mal was für einen eigenen (Gast-)Beitrag…?

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