Es gibt was Neues aus dem Hause Lobby Control, der Initiative, die es sich zur Aufgabe gemacht hat, der unheiligen Vermengung von Politik und Wirtschaftsinteressen, die unsere Demokratie mittlerweile durchzieht, auf die Finger zu schauen. Gerade jetzt in der „Finanzkrise“ finden wundersame Ämterwanderungen statt und diejenige, die den ganzen Schlamassel mit angerichtet haben, sollen nun plötzlich dabei helfen, ihn wieder zu beseitigen. Dass es bei alledem wohl eher darum gehen dürfte, das bisherige System soweit wieder flott zu machen, auf dass es anschließend wie immer weitergehen kann, zeichnet sich dabei leider immer deutlicher ab. Von daher ist die neue Studie „Would you bank on them“ (pdf) entsprechend ernüchternd. Wer des Englischen mächtig ist, sollte sie sich mal zu Gemüte führen, um ein wenig besser zu wissen, was einem die Regierungen da aktuell als vermeintliche Lösung der Probleme andrehen wollen.
Eine Kurzstudie von Corporate Europe Observatory, Friends of the Earth Europe, LobbyControl und Spinwatch nimmt die Expertengruppe unter die Lupe, die der EU-Kommission Vorschläge zur Reform der Finanzmärkte machen soll, und kritisiert die einseitige Besetzung. Vier von acht Mitgliedern der nach ihrem Vorsitzenden benannten “de Larosière-Gruppe” stehen in direkter Verbindung zu den Großen der Finanzbranche – GoldmanSachs, BNP Parisbas, CitiGroup und Lehman Brothers, andere sind für ihre marktradikalen Ansichten bekannt.
Die Vorschläge der Gruppe werden großen Einfluss auf die Verhandlungsposition der EU beim großen G20-Finanzgipfel Anfang April haben. Anstelle einer Expertengruppe mit einseitiger Ausrichtung und starken Verbindungen zum Finanzsektor damit zu beauftragen, hinter verschlossenen Türen Vorschläge zur Lösung der Finanzkrise auszuarbeiten, wäre ein offener und transparenter Konsultationsprozess nötig.
Auch die deutsche Expertengruppe „Neue Finanzarchitektur“ weist ein ähnliches Muster auf. Mit Otmar Issing, der auch in der Larosière-Gruppe vertreten ist, wird sie von einem GoldmanSachs-Berater und knallhartem Monetaristen geleitet. Auch viele der weiteren Mitglieder sind mit der Finanzbranche verflochten und moderate Stimmen in der Minderheit.
Dazu passt auch „Reichlich Parteispenden aus der Finanzbranche“, eine weitere Studie, diesmal aus den USA:
Eine aktuelle Studie der US-amerikanischen Organisation Wall Street Watch legt detailliert dar, wie sich die amerikanische Finanzindustrie in den letzten zehn Jahren systematisch politischen Einfluss in Washington gekauft und so auf Deregulierung gepocht und Regulierung verhindert hat. Von 1998 bis 2008 flossen 1,725 Mrd. Dollar an beide politischen Parteien, meist in Form der oft den Wahlkampf entscheidenden „campaign contributions“. Weitere 3,4 Mrd. Dollar wurden für direkte Lobbyingmaßnahmen aufgewendet. Im Jahr 2007 allein schwirrten laut Wall Street Watch an die 3000 Lobbyisten im Auftrag der Finanzindustrie um die 540 Kongressabgeordneten und 100 Senatoren.