In diesen verrückten Zeiten, in denen sich die Krisenmeldungen aus der ganzen Welt häufen und das globale Wirtschaftssystem zu kollabieren droht, gibt es doch immer noch Konzerne, die die Ungunst der Stunde nutzen, um Vorteile für sich daraus zu ziehen. So konnte man unlängst die unglaublich erscheinende Meldung lesen, dass der koreanische Konzern Daewoo Logistics sich die Hälfte des der fruchtbaren Flächen des Inselstaates Madagaskar gesichert hat, um dort Mais und Getreide anzubauen, das anschließend nach Südkorea verschifft wird. Als Gegenleistung bietet der Konzern nicht etwa schnödes Geld an – nein, das wäre natürlich zu teuer. Statt dessen soll Daewoo im Gegenzug für dieses Entgegenkommen der Regierung Know-How und Arbeitsplätze auf die Insel bringen. Die Frankfurter Rundschau beschreibt dies in „Neokolonialismus – Daewoo kauft Madagaskar auf“ so:
Für die internationale Umwelt und Agrarorganisation Grain ist der Daewoo-Deal mit Madagaskar ein besonders krasser Fall einer “Landnahme”, die die Ernährungssicherung der heimischen Bevölkerung gefährde. Lebensmittel- und Finanzkrise hätten eine neue “globale Landnahme” ausgelöst, bilanziert Grain in einer Studie.
Vor allem Schwellenländer und Ölstaaten sicherten sich Ackerflächen in armen Staaten. Eine lange Liste des “offshore farmings” präsentiert Grain, führt etwa die saudische Firma Adco auf, die im Sudan auf 10 000 Hektar die Weizenernte einfährt und übers Rote Meer heimholt, während im Anbaugebiet die Menschen hungern.
Absolut skandalös und unerträglich, dieses Gebaren, das zeigt, wohin das kurzsichtige, egoistische Profitmaximieren die Erde bringt – nämlich zurück ins 19. Jahrhundert. Wer gegen diese Enteignung des Landes protestiert, auf den wird auch noch geschossen.
Reinhard Schanda schreibt in Die Presse „Halb Madagaskar zum Nulltarif“ dazu süffisant und auf den Punkt:
Nach den Regeln der Marktwirtschaft macht es Sinn, die Produktionsmittel für Lebensmittel den Ärmsten wegzunehmen: In armen Ländern kann wegen niedrigerer Lohnkosten und niedrigerer Kosten für Grund und Boden billiger produziert werden. Am meisten Sinn macht es also, Lebensmittel in den ärmsten Ländern der Welt billig zu produzieren und in den reichsten Ländern der Welt zum dortigen Preisniveau, also viel teurer, zu verkaufen. So funktioniert Marktwirtschaft in einer Welt des liberalisierten Welthandels.
Die Nachteile einer solchen Entwicklung sind evident: In den armen Ländern wird den ohnehin hungernden Menschen die Grundlage für ihre eigene Lebensmittelversorgung entzogen. Und in den reichen Ländern wird den dort wirtschaftenden Bauern durch Dumpingpreise, mit denen sie aufgrund der Kostenstruktur in reichen Ländern nicht konkurrieren können, die Existenzgrundlage entzogen – sodass sie nur noch mit umfangreichen Förderungen überleben können. Die Entwicklung hat also Verlierer auf beiden Seiten. Gewinner sind nur die Unternehmen, die diesen Handel betreiben.
Ach ja: Und Gewinner sind auch die Konsumenten in den reichen Ländern, die ihre Lebensmittel billiger kaufen können, als wenn sie im eigenen Land produziert würden. Dafür bleibt ihnen mehr Geld, um größere Flat-Screen-TVs und schnellere Autos kaufen zu können. Was für ein Gewinn!
Ehrlich gesagt ist das absolut zum Kotzen – und jeder sollte diesem Konzern mal seine Meinung geigen.
[via Uns gehört die Welt! und futur 2]