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„Verschrotten für die Konjunktur“

abwrdsc_0726 [1]In der Sendung Kulturzeit auf 3sat gab es letzte Woche einen gelungenen Beitrag zu der beknackten, von der Politik heuchlerisch „Umweltprämie“ genannten Abwrackprämie – Verschrotten für die Konjunktur – die verkehrte Welt des Kapitalismus [2]. Darin wurden Menschen gezeigt, die ihre gebrauchten Autos, die noch deutlich mehr wert waren als die von der Regierung ausgelobten 2.500 € und die sich auch nicht von einem Angebot des Schrotthändlers, ihnen 3.000 € dafür zu geben, von der Verschrottung abhalten ließen. „Als hätten die Leute ihr Hirn ausgeschaltet“, so der treffende Kommentar. Leider steht der Beitrag nicht als Video online, aber eine Zusammenfassung als Text befindet sich auf der 3sat-Website.

Technologisch ist die Maschine längst ausgereift und bietet kaum Neues. Trotzdem: Ein neues Auto ist wie eine neue Braut, für die man bereit ist, viel Geld auszugeben. Eine Liebesgöttin, die man auf Touren bringt, bis sie die richtige Betriebstemperatur hat. Welch ein Genuss, sicher durch Feuchtgebiete zu steuern. Werbung, die kommerziellen Erziehungsprogramme der Autoindustrie, hat eine symbolische Sprachgewalt entwickelt, die den Kunden hypnotisiert – bis zur Erregungsstarre. “Das ist keine technologische Sache”, erklärt Winzen. „Das ist ein ganz tiefes Identifikationsfantasma: Der menschliche Leib erweitert sich auf die Blechgrenze. Das hat etwas Schönes, etwas Faszinierendes, Größenfantasien, und es hat etwas Abgründiges, dass die intime Beziehung zwischen Mensch und Maschine die ganze Zeit abläuft. Das heißt, wenn ich Gas gebe, kreuzt sich Mensch und Maschine. Ich bediene das Gaspedal und dieses Bedienen ist ein zwielichtiges Wort.“
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Und der Staat gehorcht der Autolobby und der Metallgewerkschaft. Beflissen macht er sich zum Komplizen, fördert die Massenvernichtung von Gebrauchswerten. Doch die Zerstörung ist nur ein kurzes Strohfeuer, keine nachhaltige Ankurbelung der Konjunktur. Man kann keine Überkapazitäten abbauen, wenn die wachsende Mehrheit kein Geld mehr für Autos hat. Abwracker Manke berichtet: „So mancher Mitarbeiter stand schon fassungslos da und hat den Kopf geschüttelt vor dem einen oder anderen Auto, das er verschrotten sollte, und das eigentlich noch neuwertig aussah, und noch gut funktionierte. Er selber hat vor dem Haus noch die Rostlaube stehen, mit der er gerade so mit Ach und Krach durch den TÜV gekommen ist. Es ist schon ein Ärgernis, dass er dies noch verschrotten muss.“
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Es wird Zeit, sich eine neue Schlüsselindustrie zu suchen. Nicht die betagten Autos haben es verdient, abgewrackt zu werden, sondern die Wachstumsfantasien der Autoindustrie.

Dazu passt auch dieser etwas ältere Beitrag von 3sat nano – „Man vergisst, dass ein Auto produziert werden muss – Die Produktion eines Wagens verbraucht Unmengen des energieintensiven Stahls [3]“:

„Selbst wenn wir einen Wagen kaufen, der ein Liter weniger verbraucht, benötigen wir 20 Jahre, bis die Kohlendioxid-Menge wieder eingeholt ist, die bei seiner Herstellung freigesetzt worden ist“, rechnet Dieter Teufel vom Umwelt- und Prognose-Institut vor. „Es wird vergessen, dass ein Auto erst einmal produziert werden muss“, stimmt Peter Steinfurt, Chefredakteur der Zeitschrift “Oldtimer-Markt”. Ihn ärgert manche Autowerbung, die “Öko” vortäuscht: „Das ist gut für die Wirtschaft – aber nicht unbedingt für die Umwelt.“

Der Cartoonist Perscheid hat das Thema ebenfalls in gewohnt bissiger Manier kommentiert und fordert die Abwrackprämie für Neuwagen als ultimatives Konjunkturpaket – ich verlinke den Cartoon lieber nur [4] statt ihn hier zu verwenden (Copyright-Bedenken!).

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