Sep
26
2010
7

Der Kampf gegen die Depublizierung

Der „12. Rundfunkänderungsstaatsvertrag“ ist seit September in Kraft. Was erstmal harmlos klingt, hat es leider in sich – in einem Knebelabkommen mit den privatwirtschaftlichen Verlagen und Sendern haben die Ministerpräsidenten der Länder vor einiger Zeit besagten Vertrag unterzeichnet, der die öffentlich-rechtlichen Inhaltangebote zukünftig stark beschneidet. Im Interesse der anderen Verlage und Sender, die sich in ihrer Wirtschaftlichkeit bedroht sahen. Dieser ungeheuerliche Vorgang (immerhin sind die nun „depublizierten“ Inhalte ja mit den Geldern der Bürger finanziert worden) rief in der Öffentlichkeit erstaunlich wenig Portest hervor. Und nun haben wir den Salat, ARD, ZDF und die anderen öffentlich-rechtlichen Anstalten haben hunderttausende Beiträge aus dem Netz genommen, sprich: auf Grund des Rundfunkstaatsvertrags nehmen müssen. Nicht nur die Filmbeiträge (auf die man eventuell noch verzichten könnte), sondern auch die jeweiligen Meldungen und Transskripte, was das Recherchieren und auch Verlinken von Fakten zukünftig stark erschweren wird. Die ARD schreibt dazu:

Was heute irgendwo auf der Welt ins Netz gestellt wird, kann in der Regel bis auf weiteres abgerufen werden. Was einmal veröffentlicht wurde, vergrößert die universelle Bibliothek im Netz. Jeder Mensch mit Internet-Anschluss hat so freien Zugang zu vielfältigen Informationen, zu Entwicklungen aktueller und vergangener Ereignisse überall auf der Welt, in Deutschland oder vor der eigenen Haustür.

Beschränkung der Öffentlich-Rechtlichen

Für die öffentlich-rechtlichen Onlineangebote gilt das künftig eingeschränkt. Denn nur ein Bruchteil der Inhalte, die erhalten werden könnten, darf auch im Netz bleiben. So sind dem öffentlich-rechtlichen Rundfunk mit dem 12. Rundfunkänderungsstaatsvertrag enge Grenzen im Internet gesetzt worden. Seit dem 1. Juni 2009 regelt der Vertrag, dass in gebührenfinanzierten Angeboten viele Inhalte verboten sind und die erlaubten nur noch für begrenzte Zeit online bleiben dürfen. Die öffentlich-rechtlichen Anbieter haben bis zum 31. August 2010 Zeit, die Vorgaben des Gesetzes umzusetzen.

Rund 80 Prozent der Inhalte nicht mehr abrufbar

Während viele Verlage damit beginnen, ihre Archive für die Allgemeinheit zu öffnen, muss tagesschau.de den größten Teil seines mit Gebührenmitteln erstellten Online-Archivs löschen. Betroffen sind ca. 80 Prozent der Inhalte. Zusätzlich problematisch: Auch das Löschen kostet Geld, denn es muss eigens organisiert und programmiert werden. Da die Budgets in den Telemedienkonzepten gedeckelt sind, gehen die Lösch-Kosten zu Lasten neuer Inhalte.

Das NDR-Medienmagazin ZAPP berichtete über diese Vorgänge zuletzt gleich zwei Mal – zunächst wurden die Konsequenzen dieses Vertrages (der ausschließlich den privatwirtschaftlichen Anbietern, nicht aber den Bürgern nützt) beschrieben:

Und in der neuesten Sendung wird ein aktuelles „Underground“-Projekt vorgestellt – Depub.org. Unbekannte veröffentlichen die nun offiziell verschwundenen Dokumente illegal, um sie für die Allgemeinheit zu erhalten. Wie man in dem ZAPP-Beitrag erkennen kann, findet dieses Vorgehen viel Sympathie, selbst bei den Juristen und den anderen Verantwortlichen der Sender:

Wollen wir mal hoffen, dass dieser löbliche zivile Ungehorsam ungestraft bleibt und zeigt, dass solche Verträge in Zeiten des Internets sinnlos geworden sind.

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Sep
24
2010
2

On Corporate Graffitti – Konzerne und ihre illegale Reklame

Reklame ist eine Pest. Das habe ich hier im Blog ja schon des öfteren konstatiert und belegt – genauso, wie ich immer wieder feststelle, dass die Zustände in den USA, was Kommerzialisierung etc. angeht, noch weitaus schlimmer sind als bei uns. Was ich bisher beispielsweise nicht wusste, ist, dass man in Städten wie New York EIGENTLICH Genehmigungen für Plakatierungen etc. einholen muss, sich aber immer mehr Firmen einen Dreck darum scheren; ja, es gibt sogar Agenturen, die sich genau auf diese illegale und den öffentlichen Raum mit ihrem Zeug zupflasternde Form des Marketings spezialisiert haben. In Hamburg und Berlin habe ich Ähnliches auch schon erlebt, als ganze Straßenzüge mit Aufklebern für irgendeine CD oder eine Tour verunziert waren – und das nicht für irgendeine kleine Undergroundveranstaltung, sondern für Megamainstreamschrott wie Atze Schröder! Die amerikanische Dokumentation „On Corporate Graffiti“ befasst sich genau mit dieser Problematik und zeigt, wie Street Art-Künstler in den USA diesem kommerziellen Treiben auf ihre Art entgegentreten und den öffentlichen Raum den Konzernen zumindest partiell wieder zu entreißen versuchen. Leider gibt es das Ganze nur auf Englisch, ohne Untertitel, aber die Bilder sprechen auch schon für sich. :-) (Gefunden bei der Anti-Advertising-Agency.)

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Sep
17
2010
3

Helden des Alltags: Keine BILD-„Zeitung“ in Ottensen

Ich hatte mir geschworen, mich an dem ganzen Rummel um die Äußerungen und das Buch Thilo Sarrazins hier im Blog nicht zu beteiligen, zumal der Herr mit seinen Thesen seine eigenen Behauptungen, dass Deutschland immer dümmer werde, beeindruckend beweist. (Man muss dabei auch konstatieren, dass Sarrazin manches anspricht, was eine Reihe von Bürgern im Land ebenfalls so empfindet – und dieses Unbehagen, das manche Menschen beim Thema Integration, „Multikulti“ etc. überkommt, hat Herr S. natürlich nicht eigens erfunden, sondern nur (von latent rassistischen Untertönen begleitet) verbalisiert und erneut auf die Tagesordnung gesetzt. So funktioniert Demagogie… Ein Thema aufgreifen, das vielen unter den Nägeln brennt und dieses dann mit radikalen Thesen verknüpfen. Eine sinnvolle und konstruktive Auseinandersetzung mit den tatsächlichen Problemen bei der Integration sieht anders aus.)

Nun, da aber so ziemlich alle Medien auf das Thema auf- und angesprungen sind und die BILD-„Zeitung“ abstoßende rechtspopulistische Kampagnen auffährt, wird eines klar: die Verdummung der Deutschen (und aller anderen Menschen) droht nicht von etwaiger „Überfremdung“ o.ä. Schimären, sondern durch besagte Medien selbst. Wer die BILD, Focus, Gala oder die Bunte liest, RTL, Pro7 & Co. schaut, wird ganz bestimmt zumindest nicht klüger, das ist offensichtlich. Gerade die verlogene Empörung „Das wird man ja wohl noch sagen dürfen“ ist, wie Martin Blumentritt in „Die PC-Lüge“ es schon vor vielen Jahren ausgeführt hat, nichts anderes, als ein plumper Versuch, jede noch so verquere Aussage vor jeglicher Kritik zu immunisieren:

(…) Man ist das ewige “man darf heute ja nicht sagen”, das jede ausländerfeindliche, antisemitische, nationalistische oder faschistische Rede einleitet, schon längst satt, so oft hat man das gehört. Daher ist die Formulierung durch die Abwehr einer angeblichen Gefahr von “political correctness” ersetzt worden. Die Funktion ist die gleiche geblieben. Man will etwas sagen, was vorab das schlechte Gewissen beunruhigt und antezipiert die Kritik, die zwangsläufig der Ungehörigkeit der Äusserung folgen muß.
Die Abwehr von PC fällt auf den Autoren zurück, sie kündigt nur die Unverschämtheiten an, die dann folgen werden. Wer etwas zu sagen hat, das nicht rechtens auf Empörung jeden anständigen Menschen stoßen wird, der kommt nicht auf die Idee seine Rede mit “man darf das ja heute nicht sagen” oder “es entspricht nicht der PC”, was ich sagen will einzuleiten.
Wenn ein Text damit beginnt gegen PC zu wettern muß man ihn nicht mehr zuendelesen, um zu wissen, daß Verstöße gegen die Menschenwürde und Volksverhetzung folgen werden.
Die Abwehr von PC soll genau das Erreichen, was man einer angeblichen Durchsetzung von PC unterstellt, sie soll die eigenen in der Regel unakzeptable rassistischen, nationalistischen oder antisemitische Auffassungen gegen Kritik immunisieren, sie ist also Projektion. (…)

(Diesen Beitrag weiterlesen…)

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Sep
12
2010
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Widerstand gegen Atompläne und Geheimverträge

Nun ist sie also beschlossen, nach viel Trara, die Laufzeitverlängerung der Atomkraftwerke, von der schwarz-gelben Koalition als große Energiewende gefeiert. Von einem undursichtigen „Geheimvertrag“ (s. auch HIER) begleitet, rufen die verantwortungslosen und wahnwitzigen Pläne, mit der längeren Laufzeit der Atommeiler den großen Energiekonzerne in den nächsten Jahrzehnten Abermilliarden zuzuschustern und den Ausbau regenerativer Energien letztlich zu behindern, eine Welle des Protests hervor. In Berlin wird am nächsten Wochenende, am 18. September, zum großen Protestmarsch aufgerufen, und 1 Million Menschen aus der ganzen Republik werden erwartet, um für eine zukunftsträchtigere Energiepolitik zu demonstrieren – „Anti-Atom-Demo“.

Außerdem gibt es im Internet verschiedene Petitionen, die sich direkt an die Regierung richten und gegen den Lobbyisteneinfluss.

Campact! will „Merkels Atompläne stoppen“ und bittet um Unterzeichnung der Online-Petition – HIER.

Angela Merkel will Atomkraftwerke durchschnittlich 12 Jahre länger am Netz lassen. Am 28. September soll das Bundeskabinett darüber entscheiden. Dann wollen wir unseren Appell in bundesweiten Zeitungen veröffentlichen – mit mehr als 100.000 Unterschriften.

Auch die NGO Avaaz.org, ein weltweit operierendes Projekt, das sich für viele soziale und politische Aktionen einsetzt, hätte gerne Eure Stimme – „Bürger gegen die Atomlobby“:

Hinter verschlossenen Türen drängt Kanzlerin Merkel auf ein neues Energiekonzept, maßgeschneidert auf die Atomlobby.

Sie nennt es eine “Energie-Revolution”, doch in Wahrheit ist es ein gewaltiger Erfolg für die Profite der Atomkonzerne und ein riesiger Rückschlag für wichtige Investitionen in erneuerbare Energielösungen und den Klimawandel.

Die Unterstützung der Bevölkerung für die Regierung ist gering – Wenn jetzt also genug von uns diesen Skandal aufdecken und unsere Opposition kundtun, könnte der Wille der Bürger die Atomlobby übertrumpfen. Doch wir sind in einem Wettlauf mit der Zeit – die Regierung wird ihr endgültiges Konzept noch diesen Monat vorlegen.

Und schließlich kämpft auch der Berliner Verein Lobby Control seit längerem schon gegen den undemokratischen Einfluss der großen Lobbyverbände auf die Politik. In ihrer aktuellen „Aktion: Atom-Geheimabkommen widerrufen!“ setzt sie sich insbesondere gegen die Klauseln der Absprachen mit den Energiekonzernen zur Wehr:

Fernab von Öffentlichkeit und Parlament hat die Bundesregierung ein Geheimabkommen mit den großen vier Energiekonzernen getroffen, dass den Konzernen längere Laufzeiten und Milliardengewinne zusagt. Nur nach öffentlichem Druck wurde der Vertragsinhalt mit seinen Schutzklauseln für EnBW, EON, RWE und Vattenfall jetzt öffentlich. Diese Nacht- und Nebel-Politik ist undemokratisch und nicht akzeptabel. Es darf nicht sein, dass die Energiekonzerne einseitig die Politik bestimmen und mit der Bundesregierung hinter den Kulissen Deals über Laufzeiten und ihre Besteuerung aushandeln. Fordern Sie jetzt Bundeskanzlerin Merkel auf, das Abkommen zu widerrufen und für demokratische Entscheidungsprozesse zu sorgen! Unterschreiben Sie jetzt den Appell!

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Sep
08
2010
1

Billboard Liberation Front Manifest

Die Billboard Liberation Front gehört mit zu den „Urvätern“ des Adbusting und kämpft bereits seit zwei Jahrzehnten in den USA gegen das Überhandnehmen von Reklame und Kommerzbotschaften im öffentlichen Raum, primär gegen Plakatwände. Dabei nimmt sie sich das Recht heraus, auf die sonst nur einseitig funktionierenden Werbebotschaften der Konzerne zu antworten und die Wahrheiten hinter den schillernden Marketingfassaden bloß zu legen. Auf ihrer Website, die so angelegt ist, als wäre sie eine Marketingfirma und würde für Firmen „Werbeverbesserungen“ anbieten, zählt sie McDonald’s oder Phillip Morris zu ihren „Kunden“, für die sie entsprechend tätig war. Zum Beispiel dies hier (Vorher/Nachher-Bilder):

Interessant finde ich dabei auch ihr „Manifest“, in dem sie (in zum Teil sehr sarkastischer Art und Weise) Stellung beziehen zum Kommerzwahn unserer Zeit. Ich übersetze es hier mal eben:

————

Das BLF Manifest

Am Anfang war die Werbung. Und die Werbung wurde dem Konsumenten durch den Werbetreibenden gebracht. Wünsche, Selbstbild, Ambitionen, Hoffnung; all dies findet ihren Ursprung in der Werbung. Durch die Werbung und die Absichten der Anbieter formen wir unsere Ideen und lernen die Mythen, die uns zu dem machen, was wir als Menschen sind. Dass diese Methode alle früheren Formen von Selbst-Definition ersetzt hat, steht außer Frage. Es ist klar, dass die Werbung heutzutage die angesehenste Position in unserer Kosmologie inne hat.

  • Werbung überzieht alle Ecken unseres Wachlebens; es durchdringt unser Bewusstsein dermaßen, dass sogar unsere Träume oft ununterscheidbar von einer schnellen Abfolge von TV-Werbespots sind.
  • Verschiedene Arten von Medien dienen der Reklame als primäre Kanäle zu den Menschen. Komplett neue Medien wurden erfunden, nur um den Prozess der Vermittlung von Werbung zu erleichtern.
  • Altmodische Auffassungen, dass Kunst, Wissenschaft und Spiritualität die höchsten Errungenschaften und die edelsten Ziele des menschlichen Geistes seien wurden an den kristallinen Stränden des Aufkaufs/der Übernahme ausgemerzt; der heiligen Jagd nach Konsumgütern. Alle alten Formen und Philosophien wurden clever vereinnahmt und zurückgegeben in Form von Marketingstrategien und Konsumentenkampagnen durch die neuen Schamanen, die Werbeschaffenden.
  • Spiritualität, Literatur und die phyisikalischen Künste Malerei, Skulptur, Musik und Tanz werden im Großen und Ganzen in der gleichen Art produziert, verpackt und konsumiert wie ein neues Auto. Produktinhalte, diktiert durch Trends und Hipness, haben eine eingebaute Halbwertszeit, die dem Produzentenkalender entspricht, um durch neue Modelle ersetzt zu werden.
  • Product Placement in Film und Fernsehen haben die Handlung, die Entwicklung der Charaktere und andere veraltete Strategien in punkto Bedeutung in der Tagesordnung der Filmemacher ersetzt. Die Regisseure, die die größten Budgets unter sich haben, haben ihre Erfahrungen häufig im Bereich von TV-Reklame und Musikvideos gemacht.
  • Künstler werden danach beurteilt und belohnt, wie ihre Position in der fortwährenden Kommodifizierung von Kunstobjekten aussieht. Sich vor Moden und den Launen der Galeriekultur verneigend, versuchen diese Künstler verspielte Sammlerstücke oder „Jahrgangs“-Objekte zu schaffen, die erfolgreich den Sammlermarkt bedienen. Die erfolgreichsten Künstler sind jene, die ihre Kunst am erfolgreichsten verkaufen können. Mit zunehmender Häufigkeit lernen sie von den Werbeschaffenden; sie brauchen nicht länger fälschlicherweise die Unterscheidung zwischen „feiner“ und „kommerzieller“ Kunst aufrechtzuerhalten.
  • Und so sehen wir, dass die Werbung unsere Welt definiert, indem sie sowohl den Fokus auf das „Image“ wie auch die Kultur des Konsums richtet, die schlussendlich alle Individuen anzieht und inspriert, begierig darauf, mit ihren Mitmenschen in tiefsinniger Weise zu kommunizieren. Es ist klar, dass Er, der die Werbung kontrolliert, mit der Stimme unserer Epoche (dem Zeitgeist) spricht.
  • Du kannst Fernsehen, Computer und Radio ausschalten/zerschlagen/abschießen/zerhacken oder in anderer Form vermeiden. Du wirst nicht dazu gezwungen, Zeitschriften zu kaufen oder Zeitungen zu abonnieren. Du kannst deinen Rottweiler auf Vertreter abrichten. Von all den Arten von Medien, die benutzt werden, um Reklame zu verbreiten, gibt es nur eine, der man nur als Bettlägeriger oder Menschenfeind entfliehen kann. Wir sprechen natürlich von Werbeplakatwänden (billboards). Zusammen mit seinen kleineren Cousins, Werbepostern und Aufklebern/Grafiken, ist die Werbeplakatwand omnipräsent und niemand, der durch unsere Welt geht, kann ihr entfliehen. Jeder kennt die Werbeplakatwand; sie ist in jedermanns Bewusstsein.
  • Aus diesen Gründen setzt die Billboard Liberation Front jetzt und für alle Zeit fest, dass zu Werben bedeutet, zu Existieren. Zu Existieren heißt zu Werben. Unser äußerstes Ziel ist nichts anderes, als eine persönliche und eigene Werbeplaktwand für jeden Bürger. Bis zu dem glorreichen Tag der globalen Kommunikation, an dem jeder Mann, jede Frau und jedes Kind der Welt in 100 Punkt Schriftgröße von seinem Dach aus zuschreien oder zusingen kann; bis zu diesem Tag werden wir fortfahren, alles in unserer Macht stehende zu tun, um die Massen darin zu ermutigen, alle möglichen Mittel auszuschöpfen, die vorhandenen Medien zu requirieren und sie nach ihren eigenem Gusto zu verändern.
  • Jedes Mal, wenn du eine Werbebotschaft in deinem Kopf änderst, wenn du auf eine Plakatwand kletterst und physisch die originale Botschaft und Grafik verwandelst, jedes Mal, wenn du den Slogan abänderst, gelangst du in den Stand der Hohepriesterschaft der Werber.

Jack Napier
John Thomas

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Sep
01
2010
1

Surftipp: Packard Jennings’ Pocket Survival Guide und weitere Ideen für Aktivisten

Der amerikanische Künstler Packard Jennings zeigt auf seiner Website Centennial Society, wie vielfältig und sowohl amüsant wie auch subversiv Widerstand gegen den alltäglichen Konsumwahn sein kann. Er präsentiert dem verblüfften Leser eine ganze Reihe seiner Aktionen, mit denen er vor gut 15 Jahren begann und mit denen er nach wie vor Zeichen setzt gegen ein aus Reklame und kaufbaren Werten bestehendes medial vermitteltes Gesellschaftsbild. Aus der Fülle seiner in der Regel von ihm selbst illustrierten und durchgeführten Culture-Jamming.Aktionen möchte ich nur eine Handvoll ehrausgereifen – es lohnt sich aber auf jeden Fall, sich auch die anderen anzuschauen. Vielleicht animieren sie den einen oder anderen ja, ebenfalls entsprechend tätig zu werden. Zwar sind diverse der von Jennigs zur Verfügung gestellten Aktivisten-Materialien schon auf den amerikanischen Markt abgestimmt und zum Teil im Grenzbereich von Kunst und Aktivismus, aber als Anregung taugen sie allemal!

Ein paar Aktionen möchte ich hier schlaglichtartig herausgreifen. Z.B. den liebevoll gestalteten Pocket Survival Guide, der zeigt, wie man mit den ganzen Plastikverpackungen den Klimaschäden, den die Produktion dieser Verpackungen auslösen, entkommen kann. Etwas zum Verwirren der Betrachter und so ganz ohne Text vielleicht nicht für jeden nachvollziehbar… Dazu gibt es auch ein nettes Video, in dem wir erfahren, wie man den Guide bastelt und dann an die passenden Produkte im Supermarkt klebt.

Noch anarchistischer ist das „Business Reply Pamphlet“ – dieses soll man in die vor allem in den USA massenhaft versendeten „Porto bezahlt Empfänger“-Rückumschläge packen und an die entsprechenden werbenden Firmen zurücksenden. Das Pamphlet ist eine Anleitung zum Umsturz und zur Auflehnung gegen die (in diesen Firmen) herrschenden Zustände. Überzeichnet radikal aber wirklich unterhaltsam. Für heimische Zwecke könnte man sich sicherlich überlegen, irgendwelche anderen passenden Botschaften, Hinweise zu aufklärenden Websites (wie Konsumpf ;-) oder ähnliches in solche Umschläge zu tun und wegzuschicken.

Geradezu klassisch (im Sinne des Culture Jammings) sind Jennings’ „Überarbeitungen“ von Plakatwänden zu bezeichnen („Billboard Alterations“) – Adbusting, wie es sein soll:


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Aug
25
2010
3

Warnhinweise für bedenklichen Journalismus

Es ist schon merkwürdig – da gibt es für viele Produkte des täglichen Lebens gesetzlich vorgeschriebene Warnungen, die mehr oder (meist) weniger deutlich auf den Waren angebracht werden müssen, nur für ein tagtäglich konsumiertes Massenprodukte existiert so etwas nicht: für die Presse. Gerade dort wäre es aber vonnöten, denn wie oft geschieht es, dass Leser im Unklaren darüber gelassen werden, dass die Quelle eines Artikels eigentlich eine PR-Meldung ist oder der Verlag eine innige Beziehung zu einem Unternehmen unterhält, dessen Produkt es gerade in den Himmel hebt. Dies dachte sich wohl auch Tom Scott, der auf die glorreiche Idee kam, Warnhinweise zu drucken, die er auf besonders bedenkliche Druckerzeugnisse klebt – „Journalism Warning Labels“:

Für alle, die Ähnliches auch hierzulande vor haben und Zeitungs- und Zeitschriftenleser ein wenig ins Grübeln bringen wollen – es existiert auch eine deutsche Version der Aufkleber, erstellt von Robert Harm: http://www.ihrwebprofi.at/journalismus-warnhinweise. (Natürlich muss man darauf achten, Etiketten zu drucken, die sich auch rückstandslos wieder entfernen lassen, um nicht der Sachbeschädigung bezichtigt zu werden.)

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Aug
22
2010
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LiMesse – Die 1. Libertäre Medienmesse in Oberhausen

Sehr schön – neben den alles bestimmenden Mainstreammedien blüht sowohl im Netz wie auch offline derweil eine subkulturelle und alternative Medienlandschaft auf, die einen dringend benötigten Gegenpol zum Einheitsgewäsch bietet, das ansonsten massenhaft verbreitet wird. In Oberhausen, quasi im Herzen des Ruhrgebiets, findet vom 3. bis 5. September die 1. Libertäre Medienmesse in Deutschland statt – die LiMesse. Die Ankündigung und auch das Programm klingen auf jeden Fall interessant! Wer sich schon immer mal über Anarchismus und seine Ideen und Grundlagen informieren wollte, kann dies an den drei Tagen ausgiebig tun.

In einem der größten europäischen Ballungsgebiete mit mehr als acht Millionen Menschen, stellen vom 3. bis 5. September 2010 libertäre Verlage, Zeitschriften, Radio-, Video- und Internetprojekte ihr Programm vor. Drei Tage Messe, Projektvorstellungen, Lesungen, Kultur, Veranstaltungen, Infos, Leute treffen und Pläne schmieden für eine Welt jenseits von Krise und Ausbeutung. Dafür möchte die 1. Libertäre Medienmesse für den deutschsprachigen Raum (Limesse) einen Rahmen bieten.

Parallel zum und in Anschluß an den Messebetrieb finden auf dem Gelände des »Druckluft« in verschiedenen Räumlichkeiten eine Vielzahl von Veranstaltung im Rahmen der libertären Medienmesse statt. AutorInnen werden ihre Bücher vorstellen, Projekte ihre Arbeit zeigen, erläutern und diskutieren. In Zusammenarbeit mit der anarcho-syndikalistischen Gewerkschaft „Freie Arbeiterinnen- und Arbeiter-Union“ (FAU) wollen wir außerdem über die zunehmend prekären Arbeitsbedingungen von (nicht nur) Medien-ArbeiterInnen sprechen. Eine kleine Auswahl von Veranstaltungen findet sich auf der Seite Programm.

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Jul
25
2010
1

Aktuelle Protestaktion: Deutsche Massentierhaltung bedroht Südamerikas Regenwald

Die Zahl der Menschen, die sich vegetarisch oder vegan ernähren oder zumindest Biofleisch essen, nimmt eigentlich zu. Dachte ich jedenfalls. Dennoch gibt es europaweit wahnwitzige Pläne, immer größere Fleischfabriken in die Landschaft zu pflanzen, damit Industriefleisch noch billiger wird. Zum Schaden der Tiere, der Natur und letzten Endes auch der Menschen. Regenwald.org ruft deshalb zum Widerstand gegen ein neues Projekt einer Geflügelschlachtanlage in Niedersachsen auf – bitte alle mitmachen und weitersagen!

——————-

Was hat eine für den Tourismus erschlossene Region und besonders schützenswerte Naturlandschaft der Südheide mit der größten Geflügelschlachterei Europas zu tun? Und warum führt die blutige Spur bis in die Regenwaldgebiete Südamerikas?

In der beschaulichen niedersächsischen Gemeinde Wietze bei Celle soll Europas größte Anlage zur Schlachtung von Geflügel entstehen. Im Sekundentakt sollen hier hochgezüchtete Hühner massenhaft getötet werden – 135 Millionen Tiere pro Jahr! Der Investor der Anlage, Franz-Josef Rothkötter, ist kein unbeschriebenes Blatt. Bereits im Emsland betreibt er Mast- und Schlachtbetriebe in ähnlichen Dimensionen. Der unter dem Namen Emsland Frischgeflügel GmbH firmierende Großschlachtbetrieb hat zusammen mit Mitbewerbern eine ganze Region in Agrarland verwandelt und findet nun in Wietze nahe den Flussauen von Aller und Leine ideale Bedingungen für seine Expansionspläne vor. Zudem hat die niedersächsische Landesregierung Stimmung gemacht und einheitlich das Bauvorhaben begrüßt. So käme dringend benötigtes Geld in die Kassen der Gemeinden, zudem würden neue Arbeitsplätze entstehen. Das Gewerbeaufsichtsamt hat in letzter Instanz die erforderliche Genehmigung erteilt.

Seitdem ist das Gelände, auf dem der Megabau entstehen soll, hart umkämpft. Es werden alle Register gezogen, auch aus den Reihen der Gegner der Tierfabrik. Ihr Vorwurf: Hier segelt unter falscher Flagge ein großes Industrieunternehmen, das vorgibt, in Sachen Umweltschutz und artgerechter Tierhaltung vorbildlich zu produzieren. Rothkötter präsentiert sich in seiner Hochglanzbroschüre als engagiertes Vorzeigeunternehmen. Tatsächlich ist der vorgesehene Megaschlachtbetrieb für den deutschen Markt völlig überdimensioniert. Eine entsprechende Überproduktion an Schlachtgut ist aber vorgesehen und ein willkommenes Vehikel, um den Export in das Europäische Ausland anzukurbeln. Ein industrieller Fleischproduktionsbetrieb mit solchen Ausmaßen geht immer einher mit Tierquälerei, Umweltzerstörung und Konflikten mit der Bevölkerung aus ethischen und sozialen Gründen.

Die Lust auf Fleisch kostet einen hohen Preis: Bereits heute entfällt mehr als die Hälfte des weltweit verfügbaren Ackerlandes auf die Tierzucht. Für jedes Kilogramm Geflügel müssen zwei Kilogramm Getreide und Soja geopfert werden. Wenn man weitere Faktoren wie Wasserverbrauch und ungenutzte Abfälle einrechnet, so ergibt sich eine vernichtende Energiebilanz: 20 Kilogramm an pflanzlicher Masse ist nötig, um ein Kilogramm Fleisch zu erzeugen. Jedes Jahr werden weltweit rund 700 Millionen Tonnen Getreide und Soja an Nutztiere verfüttert. Das ist mehr, als ein Drittel des Weltgetreideverbrauchs. Je mehr Tiere aber mit dem Menschen um Getreide und Soja konkurrieren, desto höher steigt der Preis für die Nutzpflanzen – die Armen können sich dann nicht einmal mehr die pflanzliche Nahrung leisten.

Vor allem der Sojaanbau für die Tierfutterindustrie birgt verheerende Probleme. In den Ländern wie Brasilien, Argentinien, Bolivien und Paraguay führt der Anbau der Nutzpflanze immer zu Menschenrechts- und Landrechtsverletzungen und zur Vertreibung von Urvölkern in Folge von Übergriffen durch Konzerne, die sich große Landstriche zur Bebauung unrechtmäßig aneignen. Menschen hungern, weil ihre Nahrungsmittel in Industrieländer exportiert werden als Futtermittel für unser Vieh. Und um die Ackerflächen für den Anbau von Nutzpflanzen wie Soja zu schaffen, werden in Südamerika die artenreichen Urwaldwald- und Savannengebiete gerodet. Dies führt zur Zerstörung von ursprünglichstem Lebensraum der Urvölker, zum Artensterben und in letzter Konsequenz zu massiven Klimaveränderungen weltweit (siehe Regenwald Report Nr. 01/2009).

Noch kann der Bau der größten Geflügelgroßschlachterei Europas verhindert werden. Denn einige Entscheidungen bis zum ersten Spatenstich für die Anlage stehen noch aus. So bleibt vor allem die Frage zur Wasserversorgung von täglich 3.300 Kubikmetern vollkommen ungeklärt. Und solange der Bau solcher Großbetriebe weiterhin aus Mitteln der EU subventioniert wird, damit diese ihre Massengüter billig auf den Markt bringen können, werden Tiere wie leblose Rohstoffe behandelt. Wir stehen am Beginn einer Entwicklung, die jetzt aufgehalten werden muss. Fordern Sie die Gemeinderäte, die Regierungsvertreter und die Vertreter im Europäischen Parlament in Brüssel auf, die Ausweitung von Tiermast- und Großschlachtereien hin zur industriellen Landwirtschaft in Deutschland zu verhindern.

Die ZDF-Sendung „Frontal 21” beleuchtet voraussichtlich am Dienstag, 27. Juli, um 21:00 Uhr die Problematik um den geplanten Großbetrieb.

Bitte nehmen Sie an unserer aktuellen Protestaktion teil:
http://www.regenwald.org

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Mai
06
2010
2

Guerilla Gardening – der Untergrund lebt

Es kommt Bewegung in den Untergrund – bereits seit ein paar Jahren ist das sog. Guerilla Gardening eine neue Bewegung, in der Städter heimlich und „verbotener Weise“ hässliche Ecken der Städte (wieder)begrünen:

Als Guerillagärtnerei bzw. Guerilla Gardening wurde ursprünglich die heimliche Aussaat von Pflanzen als subtiles Mittel politischen Protests und zivilen Ungehorsams im öffentlichen Raum bezeichnet, vorrangig in Großstädten oder auf öffentlichen Grünflächen.

Mittlerweile hat sich Guerilla-Gardening zum urbanen Gärtnern oder zu urbaner Landwirtschaft weiterentwickelt und verbindet mit dem Protest den Nutzen einer Ernte beziehungsweise einer Verschönerung trister Innenstädte durch Begrünung brachliegender Flächen.

Wie Guerilleros vermeiden Guerilla-Gärtner die offene Konfrontation und bevorzugen abgelegene und unzugängliche Standorte oder nehmen ihre Aktionen bevorzugt heimlich durch „Überraschungspflanzungen“ vor. Für heimliche Aussaaten an belebten Plätzen werden Samenbomben (seedbombs) genutzt. Diese bestehen aus einem Gemisch aus Erde, Ton und Samen welche zu Kugeln geformt und getrocknet werden. Diese kann man dann vom fahrenden Rad aus auf Verkehrsinseln werfen oder beim Spaziergang unauffällig fallen lassen.

Graue Betonpfeiler oder Wände werden mit einem Gemisch aus Buttermilch und Moos bespritzt, teilweise auch hiermit beschriftet. Das Moos fängt bei idealen Voraussetzungen dann an, den Beton zu begrünen. [Wikipedia; via Konstantin Kirsch]

Einige Blogs berichteten in der letzten Zeit vermehrt darüber – in Bleib passiv! („G wie Guerilla Gardening“) wird eine umfassende Einführung in die Ideenwelt gegeben, genauso wie auf Utopia („Das ABC des Guerilla-Gardening“) und auch die taz befasst sich damit („Wie cool ist das denn? Samenbomben“). Inzwischen ist das Guerilla Gardening so bekannt geworden, dass selbst Manufactum die sog. Seedballz (Samenbomben, die von einer US-amerikansichen Firma als Projekt für Schwerbehinderte hergestellt werden) anbieten. Wer das Geld sparen will (Manufactum nimmt 8,50 € für 8 solcher Kügelchen!), findet auf der Website Guerilla Gärtner eine Anleitung zum Selbermachen nebst vielen praktischen Tipps. Das Forum guerillagardening.com bietet weltweit eine Anlaufstelle für alle, die Gleichgesinnte suchen und sich austauschen wollen.

Und auch Ziel eines größeren Projekts ist das geheime Begrünen schon geworden – die Designer Daniel Phillips und Kim Karlsrud haben in Los Angeles Kaugummiautomaten zu Saatbombenautomaten umfunktioniert – Greenaid. [via rebel:art]

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