Apr
11
2011
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Das Gespenst des Kapitals – die Irrationalität unserer Ökonomie

Zu Beginn der Woche – einer Woche, in der wir aller Voraussicht nach wie üblich von diversen Schauermeldungen aus der ganzen Welt „beglückt“ werden dürften, die oft auf die eine oder andere Weise mit unserem (Wirtschafts-)System und ihren Auswüchsen zusammenhängen – möchte ich auf einen interessanten Beitrag aus dem Hyperbaustellen-Blog hinweisen: in „Das Gespenst des Kapitals“ wird der Autor des gleichnamigen Buchs, der Berliner Literaturwissenschaftler und Philosoph Joseph Vogl, interviewt und bezieht Stellung zu den grundsätzlichen Konstruktionsschwächen unserer kapitalistischen Wirklichkeit:

(…) Wussten Sie also, dass Sie einer Form der Gläubigkeit aufsitzen, wenn Sie auf die Bank gehen und eine Geldanlage tätigen. Sie vertrauen darauf, dass ihr profitgetriebenes Handeln letztlich zum Guten führen wird. So hat es uns der Urvater der Betriebswirtschaftslehre ins Stammbuch geschrieben und einer Religiösität Bahn bereitet, die aus dem individuell Schlechten durch die Verwandlung auf dem Markt ein kollektives Gutes erwachsen sieht.

Digitalisierung und Globalisierung des Börsenhandels haben aus dem Markt allerdings ein unberechenbares Monster gemacht, das nicht mehr vernünftig zu kontrollieren ist, dem man mit Analysen oder auch mit Astrologie oder metaphysischen Spekulationen gegenübertreten kann – die Vorhersagen dürften den gleichen Erfolg haben.

Wer es noch nicht begriffen hat, dass der Markt nichts human und gerecht  zu regulieren vermag, dem sei die Lektüre des Buches empfohlen. (…)

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Mrz
17
2011
10

Fernsehtipp: Bedingungslos glücklich – Freiheit und Grundeinkommen

© mjio, stock.xchng

Wenn mal was Gescheites im Fernsehen läuft, dann doch meistens auf 3sat oder Arte – wie sich auch morgen Abend wieder zeigt, denn dann läuft um 20:15 Uhr auf 3sat die Dokumentation „Bedingungslos glücklich – Freiheit und Grundeinkommen“, die sich eben mit dem Bedingungslosen Grundeinkommen beschäftigt. Einer Idee mit revolutionärer Sprengkraft, da sie eine Neubewertung des Faktors Arbeit und auch der Bedeutung der Arbeitskraft des einzelnen nach sich ziehen würde, wenn man sie denn in die Tat umsetzt. Vermutlich gäbe es auch viele Probleme und Fallen, doch diese auszuloten und im Vorfeld zu diskutieren, sollte eine hohe Priorität haben – mehr, als das ewige Wachstumsdogma und die Ideologie von der Vollbeschäftigung, nach der unsere Politiker offenbar gerne streben.

Auch in einer Zeit, in der man die großen Utopien ad acta gelegt hat, treiben neue soziale Ideen die Menschen rund um den Globus an. Eine dieser Ideen ist das bedingungslose Grundeinkommen für alle Bürger eines Staates oder sogar alle Menschen weltweit.

Damit wären sie frei, nur die bezahlte Arbeit zu verrichten, die sie wirklich tun möchten, und könnten zugleich wichtige Arbeiten, die kaum oder gar nicht entlohnt werden, zum Wohle des Gemeinwesens leisten. Das stärkt die individuelle Verantwortung ebenso wie die gesellschaftliche Solidarität, sagen die Befürworter, und könnte auch zur Lösung der kommenden Wirtschafts- und Energiekrisen beitragen.

In Deutschland und der Schweiz ist die Bewegung zum Grundeinkommen in den letzten Jahren stark gewachsen – das Engagement geht quer durch alle Parteien und Schichten. Im November 2010 beschäftigte sich sogar der Deutsche Bundestag mit einer Petition zum Grundeinkommen. Verschiedene renommierte Institutionen haben Modellrechnungen vorgelegt, die zeigen, dass Grundeinkommen auch finanzierbar ist. Erste Modellversuche im Ausland verliefen erfolgreich.
Von der Utopie zum neuen Lebensgefühl

Stellen wir uns vor, in Deutschland oder in der Schweiz würde das bedingungslose Grundeinkommen eingeführt. Was könnte das für jeden einzelnen von uns bedeuten? Die Dokumentation von Sabine Jainski und Ilona Kalmbach beleuchtet die aktuelle Diskussion mit prominenten Befürwortern und Gegnern. Sie zeigt, wie aus einer utopischen Idee ein sehr reales neues Lebensgefühl heranwächst: von der Lebensgemeinschaft auf dem Land bis zum erfolgreichen Unternehmen, von der Köchin bis zur Lehrerin, vom Blogger bis zum Wirtschaftsprofessor nehmen immer mehr Menschen ihre Zukunft selbst in die Hand.

In der Ankündigung des Films finden sich zudem schon sehr interessante Fragestellungen und potentielle Antworten darauf – also unbedingt auch mal anklicken!

Das Wichtigste in Kürze:

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Dez
05
2010
6

Schießen ist meine Leidenschaft – Der Waffenwahnsinn

Spätestens seit den Amokläufen in deustchen Schulen in den letzten Jahren ist das Thema privater Waffenbesitz auch hierzulande zu einem heißdiskutierten geworden. Michael Moore dokumentierte in „Bowling for Columbine“ bereits 2002 den Wahnsinn der in den USA quasi frei verfügbaren Waffen, mit all seinen Folgen für sowohl das gesellschaftliche Gefüge als auch die Zahl von Gewalttaten und Amokläufen, die (u.a.) daraus resultieren. Denn natürlich entwickelt sich aus dem persönlichen, eigenen Sicherheitsgefühl, das eine Pistole im Nachttischchen vermitteln mag, in der Summe, wenn sich alle Leute bewaffnen, eine gesteigerte Unsicherheit. Da die Waffenlobby (und die ganze „Angst-Industrie“) in den Vereinigten Staaten allerdings sehr mächtig ist und mit den Bush-Präsidenten auch starke Fürsprecher hat(te), war nicht daran zu denken, dass es wirklich schärfere Waffengesetze geben wird.
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Nov
25
2010
1

Der genmanipulierte Mensch

© 123dan321, stock.xchng

Nicht zuletzt Thilo Sarrazin hat sie mit seinem „Sachbuch“bestseller wieder auf die Tagesordnung gebracht – die Einteilung in nützliche und unnütze Menschen, die Überlegungen zur Eugenik und zur Formung möglichst „hochwertiger“ Menschen durch wissenschaftliche Forschung. Seit ewigen Zeiten schließlich schon träumen Forscher davon, den perfekten Menschen zu erschaffen und so dem Zufall und den Unwägbarkeiten der Natur ein Schnippchen zu schlagen. Das fängt bei vermeintlich harmlosen Überlegungen an, wie man vielleicht schwere Krankheiten, die man im Ergbut entdeckt, frühzeitig ausmerzen kann (das erscheint als ein durchaus sinnvoller Eingriff, der vermutlich primär Vorteile für die Betroffenen mit sich bringt), und endet dabei, dass man Neugeborene so züchten möchte, dass sie es in der heutigen Gesellschaft möglichst leicht haben und sie weit nach oben kommen können. Also quasi Hochleistungssportlermodels mit einem IQ von 180. Schon in den 1940ern beschrieb Aldous Huxley in seinem Klassiker „Brave New World (Schöne Neue Welt)“, wie eine solche Gesellschaft, die auf der Selektion gewisser Menschen basiert, aussieht – es ist ein totalitärer Staat, der in die Selbstbestimmung der Menschen hineinregiert und festlegt, wie der „richtige“ Bürger auszusehen hat.
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Okt
22
2010
13

Deutschland rückt wieder nach rechts

Man möge mir diesen Ausflug ins politische Altagsgeschehen verzeihen, aber ich muss das Folgende einfach mal loswerden. Während der ganzen unseligen Debatte über Thilo Sarrazins sozialdarwinistische und rassistische Thesen habe ich mich immer gefragt, ob es wohl etwas noch Abstoßenderes gibt als diesen Mann und sein arrogant-bräsiges Auftreten. Als ich neulich im Report Mainz den Bericht „Wie islamfeindlich sind die Deutschen?“ sah, wusste ich, dass es sehr wohl schlimmer geht – denn noch bedenklicher, erschreckender und ekliger als die Thesen selbst ist letztlich, wie sehr dieser Mann nun gefeiert und von ganz normalen, vermeintlich gebildeten Menschen beklatscht und fast schon als Messias umjubelt wird – getreu dem BILD-Motto „Endlich traut sich mal jemand, die Wahrheit zu sagen“. Schaut Euch den Beitrag mal an, dann wisst Ihr, was ich meine. Vorsicht, Kotzgefahr!

Kritiker von Sarrazin werden bei einer Veranstaltung des Münchener Literaturhauses vor gut bürgerlichem Publikum niedergebuht und ausgepfiffen. Der Berliner Bezirksstadtrat von Friedrichshain-Kreuzberg, Jan Stöß (SPD), berichtet von Übergriffen auf Muslime. Die Sozialarbeiterin Amal Samhat wird von einem deutschen Ehepaar übel beschimpft.
Der Wissenschaftler Oliver Decker von der Universität Leipzig schildert exklusiv seine neuesten Untersuchungsergebnisse zu islamfeindlichen Einstellungen in der Mitte unserer Gesellschaft: Die haben enorm zugenommen. Und auch die von REPORT MAINZ in Auftrag gegebene repräsentative Umfrage kommt zu besorgniserregenden Ergebnissen: 37 Prozent der Befragten finden ein Deutschland ohne Islam besser.

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Okt
06
2010
1

Buchrezension: Dirk Kurbjuweit „Unser effizientes Leben“

Effizienz – ein Zauberwort der Moderne. Längst hat es sich aus den engen Bereichen der wirtschaftlichen Produktion, in denen es Bummelantentum zu bekämpfen galt, befreit und greift auf alle Bereiche des persönlichen und gesellschaftlichen Lebens über. Heutzutage muss alles marktgängig zugerichtet werden, Krankenhäuser und Theater müssen genauso effizient und gewinnorientiert funktionieren wie die Herstellung von Konservendosen. Und auch in den Unternehmen ist der Effizienzwahn, gekoppelt an den Zwang, Gewinne zu steigern und Kosten zu senken, längst in einem Maße gewachsen, dass er das menschliche Dasein massiv einschränkt. Diese Vorstellung, dass Effizienz die bedeutendste Voraussetzung für Erfolg und Zukunftsfähigkeit von Firmen und Branchen wie auch öffentlichen Einrichtungen ist, wurde von kaum jemand anderem so stark geprägt wie von Unternehmensberatungen der Sorte McKinsey. Dirk Kurbjuweit zufolge leben wir deshalb in einer McKinsey-Gesellschaft.

So sollte auch sein 2005 erschienenes Buch „Unser effizientes Leben – Die Diktatur der Ökonomie und ihre Folgen“ heißen, allerdings pochte McKinsey auf das Namensrecht und unterband so diesen Titel (ein weiteres Beispiel dafür, wie Urheberrechtsschutz in der heutigen Form oft dazu missbraucht wird, missliebige Meinungsäußerungen zu behindern) – zum Glück stellt Kurbjuweit dies in seinem Vorwort auch noch einmal deutlich klar. In seinem sehr flott und leichtfüßig geschriebenem Buch (hier zeigen sich seine Stärken als Romancier, dessen Bücher wie „Schussangst“ auch verfilmt wurden) nimmt er den Leser mit auf eine Reise durch ein Land, das mehr und mehr auf Effizienz getrimmt wird und dabei an Lebensqualität verliert.

In insgesamt 9 Kapiteln beleuchtet der Autor die verschiedenen Facetten, in denen die Ausrichtung unseres Daseins auf eine möglichst hohe Effizienz zu spüren ist, und welche Folgen dies hat. So befasst sich ein Abschnitt natürlich mit der Effizienz in Unternehmen, die sich die Beratungsfirmen teuer bezahlen lassen und die dazu führt, dass die Firmenleitung Massenentlassungen wie ein gottgegebenes Urteil über die Angestellten verhängen kann. McKinsey & Co. haben in diesem Bereich eine erschreckende Macht gewonnen – sofern Unternehmer sich dem Effizienzdiktat unterwerfen, was immer öfter der Fall ist, je größer ein Betrieb wird.

Aber hier macht der Einfluss der Unternehmensberaer noch nicht halt – auch im politischen Alltag treibt sie ihre Blüten, führt dazu, dass Wahlkämpfe wie Werbekampagnen betrieben werden und es nicht mehr um Inhalte, sondern ums Image geht. Fatale Folgen sieht Kurbjuweit auch im Bereich der Biologie, wo Forschung darauf ausgerichtet ist, immer leistungsfähigere Menschen hervorzubringen, die möglichst perfekt in das System von Wettbewerb und Karrieredenken passen (etwas, das auch für Schule und Uni gilt). Auch die „Erdung“ der Menschen an ihre Region geht im Zuge der Forderung nach immer höherer Flexibilität verloren:

„Mehr denn je wird von den Arbeitnehmern verlangt, mobil zu sein, flexibel und international orientiert, alles auf höchstem Effizientniveau. Das hat zum einen mit der Globalisierung zu tun, zum anderen mit der New Economy, die Arbeitsverhältnisse noch einmal neu definiert hat. Dazu kommt die gewachsene Bedeutung der Börse, die in ihrer extremen Nervosität die Arbeit in den Unternehmen unter eine große Spannung stellt, zudem unter einen nicht gekannten Zeitdruck, da die Börse schnell Ergebnisse sehen will. Eine Wirtschaft, die sich nach den Prinzipien von McKinsey organisiert, unterwirft die Menschen schnellem und ständigen Änderungen, presst ununterbrochen Leistung aus ihnen heraus. McKinsey-Wirtschaft neigt dazu, den Menschen zu überfordern.“ […] (S. 91/92)

Besonders spannend fand ich u.a. auch die Schilderungen Kurbjuweits über die Zeit des Börsenbooms von Neuem Markt und Internetblase Anfang des Jahrtausends – hier ergriff für kurze Zeit ein neuer Effizienzwahn (maximal Geld mit minimalem Arbeitsaufwand zu verdienen) größere Kreise der Bevölkerung und schuf auch neuee Formen der Arbeit, in denen Angestellte in den aufstrebenden jungen hippen Unternehmen sich freiwillig ausbeuten ließen und unsichere Arbeitsplätze als selbstverständlich hinnahmen (etwas, das mittlerweile auch auf viele andere Wirtschaftszweige übergegriffen hat).

Interessant ist das Buch auf jeden Fall auch deshalb, weil sich Kurbjuweit für die (soziale) Marktwirtschaft ausspricht, also kein linksdogmatisch-revolutionäres Manifest geschrieben hat, so dass man „Unser effizientes Leben“ gut als Einstiegslektüre auch Freunden geben kann, die dem Wirtschaftssystem eher unkritisch gegenüber stehen.

Wenn es eine Schwäche an den Ausführungen des Autors gibt, dann die, dass er zwar eine sehr präzise und nachvollziehbare Analyse der Ist-Situation bietet, aber im Prinzip keine Auswege aus diesem Dilemma aufzeigt. So bleiben isolierte persönliche Akte wie der, dass er den eigenen Sohn nicht schon so früh wie möglich einschulen ließ, sondern ihm noch ein Jahr Kindheit schenkte, die einzigen Hinweise darauf, was der einzelne gegen solch ein System ausrichten kann. Insgesamt gesehen kann ich das Buch dennoch wärmstens empfehlen!

Dirk Kurbjuweit „Unser effizientes Leben – Die Diktatur der Ökonomie und ihre Folgen“, rororo 2005, 187 S., 8.95 €

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Sep
13
2010
5

Revolution – eine Gebrauchsanleitung

Auf Duckhome wurde ich neulich auf eine Dokumentation des Senders Arte aufmerksam gemacht, die den vielversprechenden Titel „Revolution – eine Gebrauchsanleitung“ trägt und sich mit einigen grundlegenden erfolgversprechenden Stragien beim Umsturz eines verhassten Regimes befasst; dies am Beispiel verschiedener Bewegungen in Osteurope (Serbien, Ukraine…) verdeutlicht. Duckhome bezweifelt in seinem Posting (wohl zu Recht), dass es in Deutschland jemals so weit kommen könnte, zu obrigkeitshörig ist doch die deutsche Mentalität. Und zu gut geht es auch heute noch den meisten Bürgern, zu sehr haben sie sich ans bisherige System gewöhnt, als dass hier umstürzlerisches Potential brodeln würde.

Ich denke allerdings auch, dass so eine Revolution herzlich wenig bringt, vor allem, wenn man gar nicht so genau weiß, gegen wen man sich eigentlich auflehnt und was man anschließend für ein System errichten möchte. Merkel & Westerwelle abzusetzen (was spätestens nach den ausgekungelten Atomplänen im Sinne der demokratischen Kultur zwingend nötig wäre!) und durch andere Politiker zu ersetzen z.B. würde letztlich auch nicht wirklich weiter helfen, solange ein Geflecht aus Medienkonglomeraten, Lobbyisten und Großkonzernen das Ruder in der Hand hält. Und solange die Menschen auf billigen Konsum getrimmt sind und egoistisch dem eigenen Genuss frönend ihr Konsumentenleben leben, werden wohl auch andere Regierungen, wie auch immer sie ins Amt kommen, nicht viel voranbringen. Ein Bewusstseinswandel, ein Umdenken im eigenen persönlichen Rahmen, wäre meines Erachtens auf breiter Basis vonnöten (quasi eine Revolution in den Köpfen), damit ein echter Wandel im Land und im System möglich ist und nicht nur einfach eine neue Riege von Machtmenschen, egal welcher Couleur, das Steuer übernimmt. Alte linke Vorstellungen von einem Aufstand der „arbeitenden Klasse“ sind wenig erfolgversprechend und auch wenig verlockend, zumal wenn die meisten Menschen gar keine wirkliche Veränderung wollen… Ich möchte jedenfalls keine „Diktatur des Proletariats“, sondern eher eine freie Gesellschaft, in der die Arbeit einen geringeren Stellenwert hat als heutzutage und in der nicht alle Lebensbereiche einer Durchökonomisierung zugeführt werden. Ob das durch eine Revolution erreichbar ist, tja… Schaun mer mal. :-)

Die in der Doku geschilderte Vorgehensweise gibt interessante Hinweise, aber die „Finanzierung durch den Westen“ würde bei einer ähnlichen revolutionären Entwicklung in Deutschland wohl ausbleiben. (>> zu den YouTube-Seiten, da das Einbinden irgendwie nicht klappt)


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Jun
28
2010
1

In was für einer Gesellschaft leben wir eigentlich? 2/2

Heute Teil 2 meiner Betrachtung aktueller gesellschaftlicher Entwicklung, die in den Medien nachgezeichnet wird. (HIER Teil 1) Das im ersten Teil angesprochene Gefühl der zeitlichen Verdichtung und des permanenten Informiertseinmüssens wird durch Web 2.0, durch Dienste wie Twitter, Facebook & Co. natürlich noch zusätzlich befeuert – dies ist auch Thema der Serie „Digitales Denken – wie verändert uns das Internet?“ der FAZ. Geert Lovink wirft in „Was uns wirklich krank macht“ einen kritischen Blick auf die sog. oder vermeintliche „Informationsüberflutung“ und den Aufmerksamkeitsdruck:

[…] Flexibilität in der Netzökonomie hat zu einer Fragmentierung der Arbeit geführt, zu befristeter Zeitarbeit. Uns allen ist diese Fragmentierung der Arbeitszeit bekannt. „Psychopathische Störungen“, schreibt Berardi, „treten heutzutage immer klarer als soziale Epidemie auf, genauer als soziokommunikative Epidemie.Wer überleben will, muss konkurrenzfähig sein, und wer konkurrenzfähig sein will, muss vernetzt sein, eine riesige und ständig wachsende Datenflut aufnehmen und verarbeiten. Das führt zu permanentem Aufmerksamkeitsstress, für Affektivität bleibt immer weniger Zeit.“ Um fit zu bleiben, greifen die Leute zu Prozac, Viagra, Kokain, Ritalin und anderen Drogen. Wenn wir diese Analyse auf das Internet übertragen, sehen wir die beiden Bewegungen – die Erweiterung der Speicherkapazität und die Verdichtung von Zeit –, die Computerarbeit so stressig machen. Daraus resultiert das Chaos unserer Zeit. Chaos ist, wenn sich die Welt so schnell dreht, dass wir nicht mehr hinterherkommen. […]

[…] Die Älteren, ob konservativ oder liberal, glauben an das Prinzip der freien Entscheidung, doch für die junge Generation X, im „kapitalistischen Realismus“ aufgewachsen, gilt das nicht mehr. Berardi: „Nicht die Technologie ist das Problem. Damit müssen wir leben. Problematisch ist die Kombination von Informationsstress und Konkurrenz. Im Marktwettbewerb müssen wir stets die Ersten und Besten sein. Was wirklich krank macht, ist nicht die Informationsüberflutung, sondern der neoliberale Druck mit seinen unmöglichen Arbeitsbedingungen.“ […]

Zu diesem Gesellschaftsbild passen natürlich auch die Casting-Shows, die bei vielen Menschen die Illusion erzeugen, man könne es auch heutzutage noch vom Tellerwäscher zum Millionär schaffen – statt etwas zu können, muss man eigentlich nur als medialer „Star“, als VIP Liebling der Massen werden und hat dann seine paar Monate Ruhm. Dafür lassen sich Kandidaten demütigen und vorführen, und Millionen von Fernsehzuschauern sehen sich dieses televisonäre Äquivalent zu Erbrochenem auch noch Woche für Woche an. Kinder, die ihre Geburtstage bei McDoof feiern, werden natürlich schon mal bestens geschmacklich vorformatiert, um solche Sendungen später im jugendlichen und Erwachsenenalter dann als „gute Unterhaltung“ zu empfinden und für gesellschaftlich relevant zu halten. Besonders übel finde ich ja bekanntlich Germany’s Next Topmodel, eine kommerzdurchtränkte Prostitutionsshow, in der sich junge Frauen an die Reklameindustrie verkaufen. Elisabeth Raether und Matthias Kalle beleuchten in ihrem sehr guten und ungewöhnlich ausführlichen Artikel die Schattenseiten des schönen Scheins und zeigen, wie verlogen und undurchsichtig es in der Pro7- und Heidi-Klum-Plastikwelt zugeht – „Ware Schönheit“:

[…] Der Sender braucht sie für die Welt, die er sich selbst geschaffen hat: Es gibt die Shows wie Germany’s next Topmodel , in denen junge Mädchen bekannt gemacht werden, und es gibt Boulevardsendungen, in denen diese jungen Mädchen dann als Prominente auftauchen – prominent, weil der Sender es entschieden hat, weil der Sender für eine Öffentlichkeit sorgen kann, die seine eigenen Produkte feiert. Ein Kreislauf, eine sich selbst erfüllende Prophezeiung. […]

[…] Germany’s next Topmodel gibt vor, einen Traum erfüllen zu können, den Traum vom Topmodel. Aber keine, die ProSieben bisher zu “Germany’s next Topmodel” gekürt hat, ist heute Topmodel. Die Gewinnerinnen sind ProSieben-Gesichter, Markenbotschafterinnen des Senders und der Show geworden. […]

[…] Das Fernsehen selbst suggeriert jungen Menschen ständig, sie könnten Protagonisten der Unterhaltungsbranche sein, wichtige Akteure mit Einfluss. Aber die Stars sind nicht die Teilnehmer, der Star ist die Show – jene Maschine, die den Kreislauf in Gang setzt, der große Motor des sich selbst speisenden Prinzips. […]

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Jun
23
2010
1

„Auf in die Post-Kollapsgesellschaft“ und Ankommen im Ausstieg

Immer wieder wende ich in meinem Blog ja den Blick auch einmal weg von den aktuellen Problemfeldern und schlimmen Firmen und hin zu möglichen (theoretischen wie praktischen) Alternativen unseres jetzigen konsumistischen Lebensstils. Glücklicherweise machen sich mehr und mehr kluge Köpfen Gedanken darum, wie ein Weg aus dem momentanen Dilemma, dem augenscheinlichen Gegen-die-Wand-Fahren des Systems, das „unsere“ politischen und wirtschaftlichen Eliten in kurzsichtiger Einfalt mit aller Macht vorantreiben, aussehen könnte. (Siehe z.B. die Artikel von Herman Daly oder Wolfgang Uchatius.) Reto Stauss machte mich nun in seinem Beitrag „Auf in die Post-Kollapsgesellschaft“ in seinem nachhaltigBeobachtet-Blog auf einen weiteren spannenden Text zu dieser Thematik aufmerksam – Johannes Heimrath befasst sich in der neuen Ausgabe der Zeitschrift Oya („Aussteigen, um einzusteigen“) um die Entwicklung einer starken Vision „für die Zeit danach“. Also nachdem unser selbstzerstörerisches System durch etwas zukunftsträchtigeres ersetzt wurde. Den Artikel gibt es auf der Website des Magazins als kostenloses pdf.

Egal, was wir tun – der Weg in eine nachhaltige Welt wird durch ein Tal der Tränen führen. Statt unsere Kräfte nur darauf zu konzentrieren, den Kollaps aufhalten zu wollen, sollten wir uns mit aller Kraft auf die Welt vorbereiten, in der wir dann leben werden.

Hochinteressant ist, wie Reto anmerkt, auch die Grafik, die diesen Artikel begleitet (anklicken, um sie in groß zu sehen):

[…] Er stellt sich auf den Standpunkt, dass der Fall tief und hart sein wird und _muss_. Ansonsten werden wir weiterhin am Bestehenden, Nicht-Reparierbaren rumflicken, anstatt Nicht-Funktionierendes wegzuwerfen. Allerdings hält er die Wahrscheinlichkeit für klein, dass nach einem solchen Kollaps “die Millionen kulturkreativer engagierter Menschen weltweit ihre Vision der Post-Kollaps-Gesellschaft realisieren können”. […]

Die neue Oya-Ausgabe wartet natürlich noch mit weiteren lesenswerten Texten auf, wie beispielsweise Dieter Halbachs „Ankommen im Ausstieg: Ein Reiseführer ins ‘richtigere’ Leben“ (pdf):

Wie gehen wir am besten mit der uns eigenen Angst vor Veränderung um? Lassen sich Furcht und Krise zum Positiven nutzen? Und: Gibt es nicht doch ein »richtigeres Leben im falschen«? Außerdem Teil des Artikels: eine Übersicht mit Adressen, die beim Aus- und Umstieg nützlich sind.

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Apr
16
2010
3

Transition Towns – Lebenswerte Städte schaffen; und „Einzug mit dem Brecheisen“

Es wird mal wieder Zeit, neben all der berechitgten Kritik an den bestehenden Zuständen im Lande und der Welt auch etwas Zukunftsweisendes zu zeigen. Denn manche Leute bejammern z.B. nicht nur die Zurichtung unserer Städte auf den Individualverkehr, die Zubetonierung der Landschaft mit immer ausufernderen Shoppingmalls etc., sondern sie handeln selbst, statt auf den Staat zu warten. So gibt es seit einiger Zeit die Transition Town-Bewegung, die, laut Wikipedia:

Im Rahmen des Transition Town Movement (etwa “Bewegung für eine Stadt des Übergangs”) proben seit 2006 Umwelt- und Nachhaltigkeitsinitiativen in vielen Städten und Gemeinden der Welt den geplanten Übergang in eine postfossile, relokalisierte Wirtschaft. Die Bewegung, initiiert von dem irischen Permakulturalisten Rob Hopkins, lässt sich dem v.a. in den USA weit verbreiteten Gedanken des “Eco-Communalism” zuordnen, einer Umweltphilosophie, die angesichts schwindender Rohstoffe und negativer ökologischer Auswirkungen der Globalisierung die Idee des “einfachen Lebens”, der Regional- bzw. lokalen Wirtschaft sowie der Nachhaltigkeit und der wirtschaftlichen Selbstversorgung propagiert. Eine wichtige Rolle spielen auch die Gestaltungsprinzipien der Permakultur, die es insbesondere landwirtschaftlichen, aber auch allgemein-gesellschaftlichen Systemen ermöglichen sollen, so effizient und energiesparend zu funktionieren wie ein natürliches Ökosystem.

Hintergrund des Transition Town Movement sind Befürchtungen und Kritik daran, dass die jeweilige nationale Politik nicht durchgreifend genug auf die Herausforderung des Klimawandels und des bevorstehenden globalen Ölfördermaximums (“Peak Oil”) reagiert und daher die Kommunen mit ersten vorbereitenden Maßnahmen auf eine Zukunft knapper werdender Roh- und Treibstoffe reagieren müssen. Hierzu gehören u.a. Maßnahmen zur Verbrauchsreduktion von fossilen Energieträgern und zur Stärkung der Regional- und Lokalwirtschaft. Dem soll u.a. die Einführung von Regionalwährungen dienen wie etwa das “Totnes Pound” in der südenglischen Stadt Totnes.

Beispiele in Deutschland und Österreich sowie weitere Infos findet Ihr hier:
Transition Town/Energiewenden-Initiativen in Deutschland (Norbert Rost hat hier eine Landkarte mit Infos erstellt)
http://ttkiel.wordpress.com/ (Kiel)
http://transitiontownos.blogsport.de/ (Osnabrück)
http://ttbielefeld.wordpress.com/ (Bielefeld)
http://koelner.ning.com/group/transit… (Köln)
http://www.landscaping.at/blog/2007/0…
http://www.transitiontowns.org/
http://energiewende.wordpress.com/

In den Niederlanden geht man mit der Wohnungsnot in Amsterdam und anderen Städten ebenfalls alternativ und kreativ um [via Nokturnaltimes]:

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