Dez
11
2009
3

Vom Strippenziehen – Die Folgen von Lobbying & Korruption für Umwelt und Gesellschaft

Wie Lobbyismus funktioniert, sehen wir momentan gerade sehr „schön“ an einem aktuellen Beispiel der internationalen Politik – während die Staatsführer der Welt in Kopenhagen ihre Köpfe zusammenstecken, um (vermutlich halbherzige) Lösungen für die Umwelt- und Klimaprobleme der Erde zu finden, arbeitet man im Hintergrund schon eifrig daran, dass diese „Lösungen“ nicht gar zu spürbar für die Wirtschaft werden. So lässt sich Nordrhein-Westfalens Ministerpräsident Rüttgers vom Energieriesen E.On einpannen, einen entsprechenden Paragraphen in NRW zu kippen, damit das Unternehmen neu geplante Kohlekraftwerke bauen darf. (Siehe dazu auch die neue Kampagne von Campact „Keine Lex E.On“ – bitte mitzeichnen!)

politische-okologie-lobbyismus

Auch die Zeitschrift politische ökologie befasst sich in einer ihrer letzten Ausgaben mit dem Schwerpunktthema Lobbyismus – „Vom Strippenziehen – Die Folgen von Lobbying und Korruption für Umwelt und Gesellschaft“:

In der politischen ökologie117 erfahren Sie, mit welchen Mitteln wirtschaftliche Eliten ihre Interessen in die Gunst der Politik rücken und was für mehr Transparenz zu tun ist.

Industrieberater verwässern in Brüssel Umweltgesetze. AKW-Betreiber finanzieren Umweltgruppen, die Atomkraft reinwaschen. Marktradikale Denkfabriken schleusen Expert(inn)en ins Fernsehen ein, die neoliberale Reformideen propagieren, um den Weg zu ebnen für Privatisierung und Sozialabbau. Greenwashing, eine unkritische Berichterstattung, Nebenanstellungen von Abgeordneten oder schlicht Bestechung machen es der Öffentlichkeit nicht leicht zu durchschauen, wer welche Interessen verfolgt.

Die Autorinnen und Autoren der politischen ökologie117 nehmen die Lobbygruppen und ihre Methoden unter die Lupe, decken Umweltskandale auf und heben grüne Deckmäntelchen hoch. Sie bieten Strategien gegen den Filz und Ansätze für mehr Demokratie sowie eine kritischere Öffentlichkeit.

_ Warum sorgt die Politik nicht für mehr Transparenz?
_ Welche negativen Folgen für Mensch und Umwelt zeitigt der Lobbyismus?
_ Ist die derzeitige Krise ein Nährboden für Korruption?

Einen Artikel daraus gibt es sogar online als kostenloses pdf – Thomas Leif geht in seinem Beitrag „Lobbyismus und Demokratie – Die Politikflüsterer“ (>> pdf) scharfzüngig den Folgen auf den Grund, den diese Einflussnahme der Wirtschaft auf unser politisches und gesellschaftliches System hat.

Sie regieren mit, lautlos, aber hocheffektiv: Lobbyisten der Energie-, Pharma- oder der Zigarettenindustrie schreiben an Gesetzen mit und setzen Abgeordnete unter Druck. Der massive Einfluss der Lobbys gefährdet die Integrität der Politik – und damit auch die Demokratie.

(…) Parlamentsfolklore und politischer Alltag
Deutschland lebt mit einer Lebenslüge. Mit der Lüge, dass unsere Gesetze im Wesentlichen von den dafür gewählten und vom Volk legitimierten Abgeordneten entworfen, beraten und bestimmt werden. Tatsächlich schwindet der parlamentarische Einfluss auf die Gesetzgebung seit Jahren. Immer häufiger segnen die Fraktionen im Deutschen Bundestag das ab, was über die starken Lobbyorganisationen rund um den Reichstag erdacht, erwünscht und über viele Kanäle frühzeitig in den parlamentarischen Prozess eingebracht wurde. Was viele Abgeordnete hinter vorgehaltener Hand zugeben, verdrängt die politische Klasse, ignoriert die Wissenschaft, übersieht die Medienszene und verschweigt die zunehmend mächtige Lobby. (…)

In den deutschen Sozialkunde- und Politiklehrbüchern wird in der Regel Parlamentsfolklore vermittelt. Kaum ein Wort über die geschickte Platzierung wichtiger Lobbyist(inn)en in den Minist erien, die der Bundesrechnungshof in einer bahnbrechenden Studie analysiert und scharf kritisiert hat. (…)

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Nov
05
2009
3

„Unsere Demokratie ist in Not“

Aus akutem Zeitmangel möchte ich heute nur kurz auf einen bemerkenswerten Artikel von Albrecht Müller auf seinen NachDenkSeiten hinweisen – „Unsere Demokratie ist in Not – mehr als allgemein wahrgenommen wird“. Er geht anhand dreier aktueller Beispiele aus der Politik – der hingemauschelten Jamaika-Koalition im Saarland, der neubeschlossenen Privatisierung der Bahn und des Festhaltens an Staatssekretär Asmussen auch in der neuen Koalition (obwohl er von der SPD ist…) – der Frage nach, wieso am Willen der Wähler, des Volkes, vorbei regiert wird und welche Gefahren darin lauern. Ein Beitrag, den zu lesen und zu verbreiten sich lohnt – hier gibt es ihn als druckfähige pdf-Version.

Der Einfluss auf politische Entscheidungen läuft auf verschiedenen Wegen. Zum Beispiel:

  1. Mit Hilfe von Lobbyarbeit
  2. Mit der direkten Platzierung von gewogenen Personen in politischen Ämtern.
  3. Mit Hilfe der politischen Korruption durch private Vergünstigungen
  4. Mit Hilfe der Propaganda

Diese vier Möglichkeiten sind eng miteinander verwoben. Die Meinungsmache spielt bei allen mit, sozusagen neben dem Geld als Schmiermittel der besonderen Art. So war zum Beispiel die Rettung der Industriekreditbank (IKB) mit Hilfe der öffentlichen 8 Milliarden dadurch publizistisch vorbereitet worden, dass man die private IKB zu einer öffentlichen Bank erklärt hat. Die über 100 Milliarden für die HRE, die 18 Milliarden für die Commerzbank und der 480-Milliarden-Rettungsschirm waren nur deshalb durchzusetzen, weil unseren politischen Eliten wie auch dem Volk erzählt worden ist, alle Banken seien systemrelevant, keine dürfe eingehen. Und auch dadurch, dass uns verschwiegen worden ist, wer die eigentlichen Profiteure dieser Rettung waren. Alleine über 40 Milliarden für ausländische Banken, Fonds, etc.!

Auch jetzt setzt die Propaganda zur Vorbereitung und Rechtfertigung von Entscheidungen ein. So heißt es in dem zitierten Artikel der Financial Times Deutschland, mit dem Koalitionsvertrag setze sich Schwarz-Gelb für eine stärkere Kontrolle der Finanzmärkte ein. Und es wird dabei insinuiert, Asmussen habe diese Richtung in der alten Regierung verfolgt. Das Festhalten am Brandstifter Asmussen wird als Stärkung der Feuerwehr dargestellt. Das ist eine ziemlich klare Täuschung. Von den entscheidenden Personen, vom Team Schwarz-Gelb plus Asmussen ist eine wirkliche Kontrolle der Finanzwirtschaft nicht zu erwarten. (…)

Wenn Finanzmittel in Höhe von Milliarden in den Händen von egoistischen und zynischen Personen sind, dann entsteht eine brisante Mischung. Das könnte unsere Zukunft prägen. Die wertkonservativen Kräfte sind ziemlich von der Bildfläche verschwunden, so mein Eindruck. Es bleiben die Zyniker. Es bleiben die Jeder-ist-seines-Glückes-Schmied-Prediger. Der aggressive Umgang mit der sozialen Unterschicht belegt diese Veränderung.
Der Schritt vom Zynismus zur Gewalt, von Egoismus zur Kriminalität ist nicht groß. Zur Mafia auch nicht. Allerdings immer ziemlich fein angezogen. Und inzwischen großbürgerlich daherkommend.

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Okt
20
2009
1

Lesetipps: Konsum und Kasino-Kapitalismus

50-centHeute möchte ich Euch mit ein paar kleinen Lesetipps in den Tag entlassen – jetzt, wo die Wirtschaftskrise ja quasi schon so gut wie vorbei ist, ist es nur logisch, dass alles wieder so toll und unbeschwert läuft wie zuvor (ich hoffe, man merkt den leicht sarkastischen Unterton). Und deshalb darf es auch nicht verwundern, dass bei Banken & Börsen das altbekannte Spielchen des Zockens eingekehrt ist. So sehr die Vorwürfe des „Casinos“ und der „gierigen Banker“ auch eine arg verkürzte Krisenanalyse bedeuten, so sehr sorgt es doch für Unverständnis und Staunen, mit welcher Unverfrorenheit  die Finanzinstitute erneut zu Werke gehen, als wäre nie etwas geschehen. Ist ja auch fast nichts, wenn man mal davon absieht, dass die Banken nur mit Hilfe von Billionen Staatsgeldern am Leben erhalten werden konnten – Geld (UNSER Geld!), mit dem nun neuerlich gezockt werden darf… Der Spiegel berichtet jedenfalls über „Gier an den Märkten: Casino-Kapitalismus feiert Comeback“:

(…) Damit dürfen die kurzzeitig in Misskredit geratenen Investmentbanker am Ende des Jahres wieder mit satten Boni rechnen. Man müsse ja “fair sein” zu den Jungs, findet Goldman-Finanzchef David Viniar. “Sie haben einen guten Job gemacht.” Das “Wall Street Journal” rechnet deshalb mit einem neuen Rekordjahr für die Branche.

(…) Das Casino ist offensichtlich wieder eröffnet. Während die Welt nach den Beben auf den Finanzmärkten noch mit den Aufräumarbeiten beschäftigt ist, widmen sich die Protagonisten der Finanzwelt schon wieder ihren gefährlichen Geschäften. Ohne das eigene Handeln zu hinterfragen.

Einsicht, dass für den Zusammenbruch eines Systems viele Einzelne ihre Beiträge leisten? Fehlanzeige. Die Elite der Finanzwelt schiebt die Verantwortung von sich. Von persönlichen Fehlern wollen die Wenigsten sprechen. Wenn jemand Schuld trägt, dann immer die anderen. (…)

Beim Lesen des Artikels überkommt mich schon das Gruseln – noch mehr, wenn ich dann diese Meldung dagegen halte, die fast zeitgleich in vielen Zeitungen erschien und deren Message offenbar in großem Stile unters Volk geprügelt werden soll: „Experten mahnen Politik: Staat muss eisern sparen“ titelten die neoliberalen Kieler Nachrichten, und die Cellesche Zeitung führt aus: „Wirtschaft im Aufwind – Schwarz-gelb muss sparen“:

(…) Und dennoch sehen sie schwarz für Steuersenkungen im großen Stil, die wohl nur auf Pump zu haben sind. Die Regierung aus Union und FDP sei stattdessen gefordert, Milliarden bei Gesundheits- und Sozialausgaben einzusparen, heißt es im Herbstgutachten der Forschungsinstitute. (…)

Man muss schon sehr hartgesotten sein, um über die kausale Verbindung dieser beiden Meldungen nicht in Rage zu geraten – denn während die Banken ungeniert die nächste Blase produzieren, bereiten die sog. „Experten“ (zu denen auch das renommierte IfW (Institut für Weltwirtschaft) in Kiel zählt) die Menschen darauf vor, dass für sie von dem großen Kuchen, der da füllhornartig verteilt wurde, nur Brosamen (Abwrackprämie) übrig bleiben. Auf die Idee, an dem Finanz- und Geldsystem etwas zu ändern, um mit dem Geld ganz anders umgehen zu können, kommen die gelehrten Herren natürlich nicht.

Interessant ist in diesem Zusammenhang auch diese Pressemitteilung über pressetext.de: „Historiker: Grenzen des Konsums erreicht“, die zeigt, dass es auch Wissenschaftler und Experten gibt, die weiter als nur bis zum nächsten Quartalsende denken können:

Der Konsum als Lebensform der Moderne steht auf einem Scheideweg. Zu diesem Schluss kommt der Historiker Wolfgang König vom Fachgebiet Technikgeschichte der TU Berlin http://www.philosophie.tu-berlin.de im Buch “Kleine Geschichte der Konsumgesellschaft”. Angesichts der häufigen Darstellung, dass der Konsument für Wohl oder Niedergang der Weltwirtschaft verantwortlich sei, müsse das Phänomen des Konsums besser untersucht werden. “Denn die Frage, ob sich das derzeitige Konsumverhalten noch beliebig verlängern lässt, muss mit ‘Nein’ beantwortet werden”, so der Geschichtsforscher im pressetext-Interview. (…)

Und noch ein absolut lesenswerter Artikel, diesmal in Der Freitag – in „Lust auf Frust“ geht der Politikwissenschaftler Serge Embacher den Ursachen für die stetig zunehmende Poltikverdrossenheit und Demokratiemüdigkeit auf den Grund, die durch obige beiden News natürlich weitere Nahrung erhalten:

(…) Doch was macht diese Demokratie heute aus? Während ihre Verfahren einwandfrei funktionieren, gerät ihr tieferer Sinn aus dem Blick. Für die Demokratie als egalitäres Projekt der Vernunft und der demokratischen Emphase gilt heute „Alarmstufe rot“. Zahlreiche Frustrierte und Enttäuschte wenden sich ab. Schuld daran sind gravierende Fehlentwicklungen im politischen Mainstream der letzten 20 Jahre: Der zunehmenden Anballung ökonomischer Macht durch die schiere Logik der Kapitalkonzentration ist man nicht länger mit einer korrigierenden und umverteilenden Politik der sozialen Gerechtigkeit, sondern mit einer permanenten und nachlaufenden Anpassung an vorgebliche Sachzwänge begegnet. Das „Märchen“ vom teuren Sozialstaat, den sich niemand mehr leisten könne, wurde parteiübergreifend als neue Meta-Erzählung akzeptiert. Die Folge ist der bekannte Umbau des Sozialstaats von einer marktkorrigierenden Instanz zu einem Marktprinzipien gehorchenden Mechanismus der Fürsorge in individuellen Notlagen. (…)

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Sep
28
2009
3

Was bringt die Zukunft?

Jetzt nach der glorios absolvierten Wahl stellen sich sicher viele Schafe Bürger die Frage, wie denn die Zukunft nun wohl werden werde, zumindest in der kommenden Legislaturperiode (sofern man nach dem Ergebnis nicht eh besser auswandert). Tatsächlich gab es dazu in der letzten quer-Sendung im Bayerischen Fernsehen ein sehr spannendes Interview mit Prof. Harald Welzer: „Was bringt die Zukunft?“. Wenngleich man seine Ausführungen zur Klimaerwärmung so oder so sehen kann (denn dass jegliche Klimaerwärmung nur von Menschen gemacht wird, so als wenn die Erde ein konstantes System wäre, ist ja doch eher fraglich), so machen doch seine Aussagen zum Widerstand gegen die jetzige Parteienbräsigkeit wiederum Mut, sich einzumischen. Zeit zum Aktivwerden, Zeit zum Aufwachen.

Was bringt die Zukunft? Nichts Gutes, sagt der Sozialpsychologe Prof. Harald Welzer. Es sei denn, die Politik lernt endlich umzudenken und sich auf die Anforderungen unserer Zukunft einzustellen.

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Sep
27
2009
3

Die Qual der Wahl / Die Wahl der Qual

Jaja, heute ist Bundestagswahl (und wir in Schleswig-Holstein dürfen gleichzeitig auch noch den Ministerpräsidenten abwählen). Wer noch nicht sein Kreuzchen gemacht hat, sollte dies im Laufe des Tages aber auf jeden Fall noch tun, egal, wie wenig er (berechtigterweise) von den etablierten Parteien und deren Umtrieben und dem aktuellen Zustand der parlamentarischen Demokratie hält. Nicht zur Wahl zu gehen ist auf jeden Fall keine Lösung, denn es zementiert nur die jetzige Machtverteilung und sorgt dafür, dass sich garantiert nichts ändert. Die großen Parteien freuen sich, wenn sie ihre Pöstchen auch in Zukunft behalten können – das gilt es zu verhindern, oder doch zumindest zu erschweren! Meine Meinung – und nicht nur meine:

Solche Dinge wie die folgenden bei seiner Wahlentscheidung im Hinterkopf zu behalten, ist sicher nicht verkehrt:

  • Pläne aus dem Bundesinnenministerium – Verfassungsschutz soll zur Polizei werden“ (Süddeutsche Zeitung, 25.9.2009)
    „Das Bundesinnenministerium bereitet sich mit weitgehenden Forderungen zur inneren Sicherheit auf die Koalitionsverhandlungen nach der Bundestagswahl vor: Der Verfassungsschutz soll zahlreiche neue Kompetenzen erhalten und zur allgemeinen Sicherheitsbehörde ausgebaut werden. Dies ergibt sich aus einem Konzept, das in dem von Wolfgang Schäuble (CDU) geführten Bundesinnenministerium ausgearbeitet worden ist.“
  • Welche Konzerne den Parteien Geld zustecken“ (Financial Times Deutschland, 12.9.2009)
    „Die FDP erhielt laut einem “Spiegel”-Bericht neben den 150.000 Euro vom bayerischen Metallindustrieverband in den vergangenen Monaten Großspenden von Banken und Finanzdienstleistern. Im Juni hätten die Liberalen 200.000 Euro von der Deutschen Bank, 150.000 von der Deutschen Vermögensberatung AG und 100.000 Euro von der Allfinanz Deutsche Vermögensberatung erhalten. Im April seien 250.000 Euro von der Düsseldorfer Finanzierungsgesellschaft Substantia an die FDP gegangen.”

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Sep
24
2009
3

Panopti: Die schöne neue Welt der Überwachung

Schon eine ganze Weile, bevor die Piratenpartei die Themen Datenschutz und Überwachung auf die Tagesordnung hob, machte sich der Designer Johannes Widmer im Jahre 2007 daran, mit dem interaktiven Animations-Projekt panopti.com eine sehr anschauliche Darstellung dessen zu geben, was uns im normalen Alltag bereits so an Überwachungstechnik begegnet; oft ohne es zu ahnen. Tatsächlich berichtete damals sogar der Spiegel darüber und fand viele lobende Worte für Widmers aufklärende Website. Wer also schon immer mal hinter die Kulissen schauen wollte und wissen möchte, wie weit unser Alltag inzwischen durchdrungen ist (bzw. sein könnte) von solchen technischen „Errungenschaften“, sollte unbedingt einen Blick darauf werfen. Einen kleinen Auszug daraus (natürlich nicht interaktiv wie panopti) kann man sich auch bei YouTube anschauen:

Die Sache mit dem Frosch hatte ich ja schon mal in meinem Blog, aber manches darf man sich ruhig öfter anschauen:

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Sep
10
2009
1

Das Gutenberg-Phänomen: Medienmacht

© clix, stock.xchng

© clix, stock.xchng

Immer wieder finden sich auch in der oft kritisierten Medienlandschaft querdenkende Stimmen und hintergründige Artikel, auch wenn diese oft in dem allgemeinen Mediengemurmel untergehen oder nur zaghaft am Rande auftauchen. Im Leserartikel-Blog der ZEIT beispielsweise schrieb User iDog vor einiger Zeit den ausgesprochen lesenswerten Artikel Das Gutenberg-Phänomen: Medienmacht. Realitätsmonopol und zeitgenössische Medienrevolution, in dem er die sich zuspitzende Machtkonzentration im Medienbereich und die damit einhergehende Desinformation großer Bevölkerungsschichten pointiert und ungeschminkt beschreibt. Ja, der komplette Original-Text ist lang, lohnt sich meines Erachtens aber (selbst dann, wenn man nicht unbedingt alle Schlussfolgerungen und Beobachtungen teilen sollte)!

(…) So ist die mediale Manipulation ganzer Bevölkerungen zwar aus der Aufklärung geboren, aber wird politisch und wirtschaftlich zu der Machtkonzentration führen, die den feudalen Strukturen vor der gutenbergschen Medienrevolution im Mittelalter gleichkommen. Jene frühere Struktur erkennen wir heute in der schmalen Eigentümerelite der medialen Welt wieder, welche somit wieder ein Monopol hält auf das, was wir “Realität” nennen, bzw. auf das, was die Medienkonsumenten als “Realität” angeboten bekommen und auch lange aus Mangel an alternativen Informationsquellen als “Realität” bezeichnen müssen.

Zusätzlich zur Monopolgewalt über die selektiven Medieninhalte und Darstellungen der Wirklichkeit durch Muster des “Vergessens” oder durch die methodische Unterschlagung werden Profite durch Urheberschaft aus diesem Zentralismus generiert. Dass diese kommerziellen Eigentumsrechte nicht nur auf wirtschaftlichem Urheberschutz, also Copyright basiert, sondern historisch auf klerikal-juristische Urheberfeststellung im Auftrag der Inquisition zurückgeht, sei nur nebenbei bemerkt. Hier wird also die 4. gesellschaftliche Gewalt, die in ihrem nichtöffentlichen Interesse der Eigentümer dem öffentlichen Interesse des politischen Souveräns entgegenarbeitet, zur Waffe und besichert sich selbst in ihrer gleichzeitigen Erscheinungsform als Eigentum. Ein virtuoser Kreislauf aus Bevormundung und Unterdrückung, in dem sich Aufklärung in ihr Gegenteil verkehrt, bzw. deren Schwächen sich zeigen in ihrer Käuflichkeit, ihrem vagen Allgemeingültigkeitsanspruch und in ihrem suggestiven Anspruch auf Objektivität, den sie in Nebensächlichkeiten beweist, um ihn in Hauptsachen missbrauchen zu können. Gerade im letzten Punkt erweist sich diese “Alzheimerdoktrin” immer mehr als anwendbar an einer getäuschten Bevölkerung von “Alzheimerdemokraten”.

(…) Durch weitreichende virtuelle Illusionswelten von Holly- bis Bollywood, von “World of Warcraft” bis “Second Life” werden die konsumierenden und medial zum Konsum angeregten Menschen jenseits der subelitären Dienstleisterbranchen zu einem nicht eigenverantwortlichen Leben ohne eigeninitiatives Denken und Entscheiden versucht. Der Mensch wird zum Konsumenten degradiert und dies auch besonders auf Ideologie bezogen. Solchermaßen manipuliert, werden Menschen überredet und verführt, in letzter Konsequenz nicht nur ethisch unhaltbare imperialmilitärische Machterweiterungen zu akzeptieren, sondern sie auch unter zum Teil grossen Opfern in den eigenen Reihen zwecks Profitmaximierung besagter quasi monopolistischer Eigentümerelite und deren Machtinteressen durchzuführen.

(…) Noch befindet sich die mediale Wandlung des Westens in einer fruchtbaren Periode, die eine Chance beinhaltet, wie sie mir einzigartig erscheint, um ein orwellsches Welttheater in naher Zukunft zu verhindern, in dem uns der individuelle Austausch von kritischer Wahrnehmung nicht mehr gestattet sein wird und wir und unsere Kinder im schlechtesten Fall als blindes, nicht denkendes Kanonenfutter aufeinandergehetzt werden.

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Sep
05
2009
9

Wahl-o-mat 2009

Heute noch mal was etwas abseits des Hauptthemas meines Blogs – der Wahl-o-mat zur Bundestagswahl ist da! Herausgegeben von der Bundeszentrale für Politische Bildung, soll dieser kleine Onlinefragebogen dem potentiellen Wähler einen Anhalt geben, welche Partei seinen Überzeugungen oder Interessen wohl am nächsten kommt. Mein Ergebnis spiegelt meine Wahlentscheidung wohl nicht so ganz wider – zwar sind drei der Parteien, die ich definitiv nicht wähle (CDU, FDP, SPD) am Ende, aber dafür die MLPD und die NPD (die ich beide ebenfalls nicht wähle) ganz weit vorne! Bestätigt sich da mal wieder die landläufige Meinung, dass sich linke und rechte Extreme irgendwo wieder begegnen? Eher liegt es wohl daran, dass der Wahl-o-mat keine der ausländerfeindlichen und rechtsradikalen Ansichten der NPD abfragt und die NPD bei anderen Themen eher (un(glaub)würdiges) Fähnlein im Wind ist. Kritisches zu einigen der tendenziösen Formulierungen des Wahl-o-mat hat der Bleib passiv!-Blog in seinem aktuellen Beitrag „Wahl-o-matologie“ zusammengetragen – diese subtile Beeinflussung durch die vorgegebenen Fragestellungen (die mir oft auch zu pauschal oder vage sind) sollte man auch immer im Hinterkopf haben, genauso wie die arge Verkürzung der Parteiprogramme. Spaß macht es trotzdem, sich durch die 38 Fragen zu klicken.

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Aug
16
2009
6

Beeinflussung der öffentlichen Meinung im neoliberalen Sinne

Aufgrund Zeitmangels heute mal wieder nur ein kurzer Lesetipp – „Warum profitiert die Linke nicht von der Krise?“ fragen sich die NachDenkSeiten. Diese Frage als solche ist erst einmal nicht so sonderlich spannend, aber in dem Artikel geht es um ganz andere Dinge, nämlich um die seit Jahrzehnten ablaufende Beeinflussung der sog. „öffentlichen Meinung“ durch neoliberale Think Tanks und Interessengruppen, Wer noch immer an die Unabhängigkeit der Medien glaubt oder an eine freie Diskussion im demokratischen Raum, der sollte sich diesen großartigen Beitrag unbedingt durchlesen, auch auf die Gefahr hin, dass so manche Illusion zerplatzt. Denn im Prinzip leben wir in einer gelenkten Demokratie – gelenkt durch die Meinungsmache in den Medien der „Elite“. Also – bitte lesen, und zwar den kompletten Artikel!

(…) Der durch diese Steuerung „der Masse“ hergestellte „öffentliche Wille“ blendet die Analyse der Ursachen für die derzeitige Krise aus, schiebt die Schuld auf andere – auf die Hypotheken- und Geldpolitik der USA oder auf das Versagen staatlicher Bankenaufsicht – und blendet das Versagen der zugrunde liegenden Ideologie nahezu komplett aus.
Die herrschende Lehre machte aus größter Not eine Tugend und überließ dem Staat die „Rettungsaktionen“ zur Vermeidung von „systemischen Risiken“, um möglichst rasch wieder weiter machen zu können, wie vor der Krise.
Eine grundlegende Debatte über eine wirtschaftspolitische Wende oder gar einen Neubeginn findet nicht statt.
Die gesellschaftlichen Kräfte, die eine Alternative zum neoliberalen Dogma vorschlagen haben weder eine durchdringende Stimme, geschweige denn, dass sie dem bestehenden Propagandaapparat etwas entgegen setzen könnten.

In einer so gelenkten Demokratie ist es möglich, dass diejenigen politischen Repräsentanten, die durch ihre Politik in die Krise geführt oder sie zumindest nicht abgewendet haben, eine Mehrheit erlangen können und weiter machen können wie zuvor.

Bei der Gelegenheit könnt Ihr auch mal beim aktuellen „Streit der Woche“ bei der taz reinschauen – es geht um das Thema Konsum/LOHAS: „Kann richtig kaufen die Welt retten?“ Ich würde mal sagen: ein klares Jein. :-) Natürlich sollte jeder sein Kaufverhalten soweit überdenken, gewisse besonders bedenkliche und schlimme Firmen nicht zu unterstützen und mit seinem Geld nicht noch die Unternehmen zu belohnen, die sich besonders aktiv an der Zerstörung der Welt und der Gesellschaft beteiligen (Discounter, Nestlé, Coca Cola, McDonald’s, Atomenergiekonzerne usw. usf.), aber mit einer bloßen „Begrünung“ des Konsums, wie es die LOAHS als Lebensstil vorexerzieren, ist es m.E. nicht getan – ein grundlegendes Umdenken beim Konsumieren ist von Nöten, wenn nicht das ganze System vor die Wand gefahren werden soll.

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Aug
06
2009
3

Noch mal Internetsperren und von der Leyen

Statt eines „richtigen“ Beitrags ist heute mal wieder Zeit für einen kurzen Rückblick auf das, was sich rund ums Thema Internetzensur in der letzten Woche getan hat. Tatsächlich hat sich „unsere“ Familienministerin wieder aus der Deckung gewagt und dem Hamburger Abendblatt ein Interview gegeben, in dem sie dem Springerblatt (ungewollt) offenherzige Äußerungen zu ihrem Demokratieverständnis in den Block diktierte:

abendblatt.de: Sie argumentieren, Grundregeln unserer Gesellschaft müssten online wie offline gelten. Warum sperren Sie dann nicht auch Internetseiten, die Nazipropaganda verbreiten oder Gewalt gegen Frauen verherrlichen?

Von der Leyen: Mir geht es jetzt um den Kampf gegen die ungehinderte Verbreitung von Bildern vergewaltigter Kinder. Der Straftatbestand Kinderpornografie ist klar abgrenzbar. Doch wir werden weiter Diskussionen führen, wie wir Meinungsfreiheit, Demokratie und Menschenwürde im Internet im richtigen Maß erhalten. Sonst droht das großartige Internet ein rechtsfreier Chaosraum zu werden, in dem man hemmungslos mobben, beleidigen und betrügen kann. Wo die Würde eines anderen verletzt wird, endet die eigene Freiheit. Welche Schritte für den Schutz dieser Grenzen notwendig sind, ist Teil einer unverzichtbaren Debatte, um die die Gesellschaft nicht herumkommt.

Man beachte hier die unscheinbaren Wörtchen „jetzt“ im ersten Satz sowie „Meinungsfreiheit, Demokratie und Menschenwürde im richtigen Maß“. Darauf entbrannte nicht nur im Netz ein Sturm der Entrüstung, der vdL dazu veranlasste, am letzten Sonntag sogleich zurückzurudern und zu dementieren, was ihre Aussagen im Abendblatt aber natürlich nicht ungeschehen macht. Nur so vor einer Wahl durchblicken zu lassen, wes Geistes Kind sie ist, erschien den Parteiverantwortlichen dann wohl doch zu gewagt.

Ich empfehle zu diesem Thema unbedingt die Lektüre des Artikels von Udo Vetter im lawblogDie Meinungsfreiheit als Sondermüll“, in dem er sehr deutlich macht, wo die Gefahr bei von der Leyens Absichten und Plänen liegen und weshalb ihr Kreuzzug gegen das Internet nur der Anfang sein dürfte – Zitat:

(…) Doch offensichtlich setzt sich in Politikerkreisen die Auffassung durch, dass der stimmberechtigte Deutsche in der Masse nicht viel von seinem Grundgesetz hält. Und dass eine deutlich größere Gruppe als der Stammtisch es gut finden wird, wenn der Staat den Robocop im Internet gibt, dort mit eisernem Besen säubert – und die Meinungsfreiheit als Sondermüll entsorgt. (…)

(…) An den Beispielen sieht man, wie unredlich von der Leyens Stammtischargumente sind. Sie nennt kriminelles Handeln, welches bereits heute unter Strafe steht und verfolgt wird. Dann bringt sie die Menschenwürde ins Spiel und postuliert einen Handlungsauftrag des Staates, der weit über die Verhütung und Verfolgung von Straftaten hinausgeht. Eine zugkräftige, gleichwohl aber billige Argumentation, und zwar in mehrfacher Hinsicht:

Die Menschenwürde zählt, vereinfacht gesagt, zu den Grundrechten. Sie ist ein Abwehrrecht gegen Eingriffe des Staates. Niemand darf von staatlichen Organen zu einem bloßen Objekt staatlichen Handelns gemacht und seines Selbst beraubt werden; sein Leben ist nicht gegen das Leben anderer abwägbar (ausführliche Beschreibung: Wikipedia).

Frau von der Leyen münzt das Abwehrrecht gegen den Staat in einen Handlungsauftrag des Staates um. Plötzlich ist die Menschenwürde ein Grund für staatliches Eingreifen – der Staat schützt die Menschenwürde seiner Bürger, indem er Dritten den Mund zuhält oder durch Stoppschilder dafür sorgt, dass sie im Internet nicht mehr gelesen, gesehen und gehört werden können.

Das entfernt sich weit vom eigentlichen Sinn und Zweck des Grundrechts auf Menschenwürde. Wie absurd das Ganze ist, zeigt sich an von der Leyens Aussage, die Bewahrung der Menschenwürde begrenze Demokratie und Meinungsfreiheit auf das “richtige Maß”. So werden aus rechtsstaatlichen Grundelementen, die sich bedingen und ergänzen, Gegensätze.

Die böse Absicht darf mittlerweile unterstellt werden. (…)

(…) Wenn man aber nur noch eine Meinungsfreiheit zulassen will, die geschmacklose, unbequeme und für einzelne schmerzhafte Inhalte nicht umfasst, sollte man fairerweise nicht mehr von Meinungsfreiheit sprechen. Von Demokratie vielleicht auch nicht mehr. (…)

Die tolle Meldung aber zum Schluss – das schon beschlossene „Zugangserscherungsgesetz“ ist doch am gestrigen Mittwoch tatsächlich unerwartet noch gescheitert! Wie Carechild berichtet, liegt dies daran, dass der Bundespräsident das Gesetz nicht mehr rechtzeitig unterzeichnen kann – eine schnöde Fristsache, resultierend aus einer Eigenmächtigkeit des Wirtschaftsministers von & zu Guttenberg bzw. seines Ministeriums ist wohl Schuld. Das bringt dem Mann dann doch ein paar Pluspunkte ein. ;-)

Das Bundeswirtschaftministerium hat das Gesetz, Informationen der “Süddeutschen Zeitung” zu folge,  nämlich nicht an den Bundespräsidenten weitergeleitet, sondern an die EU zur “Notifizierung”. Wegen “europarechtlicher Vorgaben” muss das Gesetz, gemäß den Transparenz-Richtlinien, der EU-Kommission vorab zur Kenntnis gebracht werden, damit diese dazu Stellung beziehen kann. Erst dann darf es dem Bundespräsidenten vorgelegt werden.

Bundeswirtschaftminister Guttenberg fährt Ursula von der Leyen damit komplett in die Parade, denn die Notifizierungsfrist der EU-Kommission endet am 8. Oktober 2009. Zu diesem Zeitpunkt ist die Legislaturperiode der jetzigen Regierung aber bereits beendet.

Ein Gesetz, welches nicht vor Ablauf der Legislaturperiode dem Bundespräsidenten förmlich vorgelegt wird, verfällt automatisch nach dem Grundsatz der Diskontinuität und der Gesetzgebungsprozess muss vollständig von neuem beginnen.

Die EU-Vorlage hätte bereits während des Gesetzgebungsverfahrens eingeleitet werden können, wurde aber vom zuständigen Ministerium wohl “vergessen”.

EDIT: Das geht ja zu wie im Tollhaus – nun vermeldet Spiegel Online, dass das Gesetz durch diese Verzögerung nicht verhindert wird und alles wie geplant in Kraft tritt bzw. sogar schon umgesetzt werde: „Kinderporno-Sperren: Aufregung um vermeintlich gekipptes Filtergesetz“.

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