Apr
21
2009
2

Veranstaltungstipp für Kiel – Marketing und Manipulation

vizaNoch ein kleiner Veranstaltungstipp in eigener Sache – am morgigen Mittwoch, den 22.4., werde ich im Rahmen eines Attac-Plenums einen kleinen Vortrag zum Thema Adbusting und Culture Jamming halten. Die Veranstaltung beginnt um 19 Uhr in der Pumpe, Haßstr. 22, Kiel, Eintritt ist (wie bei jedem thematischen Attac-Plenum) natürlich frei. (Der genaue Raum steht noch nicht fest; es wird vermutlich in einem der Räume im ersten Stock, neben dem Kino, stattfinden.)

Marketing und Manipulation –
wie wir uns gegen Konsumterror und Bewußtseinsmanipulation wehren können.

Marketing, Medien und Machtstrukturen – Wiebke
Handlungsmöglichkeiten am Beispiel von Adbusting – Peter

Adbusting
ad – advertisement (Werbung, Anzeige)
to bust – auffliegen lassen, kaputtmachen
Adbusting ist die Untergrabung der Werbeindustrie mit ihren eigenen Mitteln

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Mrz
23
2009
1

Nachbetrachtung zur Fake-ZEIT-Aktion

Die Attac-Aktion der Verteilung von 150.000 gefälschten ZEIT-Exemplaren mit „Nachrichten von morgen“ – also Meldungen, die heutzutage kaum in Zeitungen erscheinen können, die aber durchaus realistisch umsetzbar wären, wenn der entsprechende politische Wille vorhanden wäre – hat hohe Wellen geschlagen und für viel Aufmerksamkeit und Verwunderung gesorgt. Nicht nur bei den Glücklichen, die ein reales Exemplar dieser Zeitung in die Hände bekommen haben (heute lagen noch einmal 100.000 Stück der taz bei), sondern auch bei den Medien- und Pressevertretern. DIE ZEIT selbst reagierte zwar überrascht, aber relativ souverän auf den gelungenen Coup des globalisierungskritischen Netzwerks und wird keine rechtlichen Schritte einleiten:

Die beiden Chefredaktionen und Geschäftsführungen von ZEIT ONLINE und DIE ZEIT wussten nichts von dieser Aktion, wir sind aber beeindruckt von der Qualität der Kopien. Mein Kollege Giovanni di Lorenzo, Chefredakteur der Printausgabe, sagte: “Fälschungen der ZEIT können wir natürlich nicht gutheißen, zumal nicht in dieser hohen Qualität. Am meisten staune ich aber über den großen Aufwand, den man sich hier geleistet hat.  Schön, dass es wenigstens Attac in der Krise noch gut geht.”

Die taz war offensichtlich schon etwas früher in die Aktion eingeweiht, denn sie konnte bereits sehr früh am Samstag einen ausführlichen Bericht online präsentieren „Attac kapert Die Zeit – Eine ‚Zeit‘, die ihrer Zeit voraus ist“:

Und auch in Sachen journalistischer Ethik hat sich in der hell strahlenden Zukunft etwas geändert: ein gewisser Matthias Trocken stellt sich als stellvertretender Chefredakteur vor und entschuldigt sich. Die Chefetage der Zeitung sei lange Mitglied in sogenannten Elitezirkeln gewesen, in denen sich die Spitzen aus Politik und Wirtschaft treffen, “um darüber zu diskutieren, welches Schicksal sie der Welt zugedenken wollen.” Über diese undemokratischen Treffen sei nie berichtet worden.

Man habe sich vielmehr als Teil der Macht verstanden denn als ihr kritischer Gegenpart, schreibt Trocken, und damit den journalistischen Ethos verletzt. “Unsere Aufgabe als Journalisten besteht nicht darin, mit am Tisch zu sitzen, sondern zu berichten und kritische Fragen zu stellen”, schreibt Trocken. Der stellvertretende Chefredakteur der echten Zeit heißt Matthias Naß.

Medienlese.com konstatiert „Attac fälscht Die Zeit: Fröhlicher Medienstunt“:

Nicht nur, dass die Wochenzeitung Die Zeit erschreckend dünn geworden ist und neuerdings am Samstag kostenlos auf der Straße verteilt wird. Auch die Nachrichtenlage wird heute sicher den einen oder anderen stutzig machen: Die Nato will sich auflösen, armen Ländern werden Schulden erlassen, die Verantwortlichen des Klimawandels werden angeklagt, und Opel fabriziert fortan nur noch umweltfreundliche Autos.

Der Spiegel berichtet selbstverständlich ebenfalls darüber „Gefälschte ‚Zeit‘: Mit freundlichen Grüßen von Attac“, die Frankfurter Rundschau, Der Freitag und sogar bis in die Tagesschau schaffte Attac es damit: „Attac dreht die ‚Zeit‘ weiter“.

Die aktuellen Berichte über die “globale Wirtschafts-, Finanz- Hunger- und Klimakrise” ließen viele Menschen hilflos zurück, erklärte Attac-Aktivistin Jutta Sundermann. Die Autoren hätten deshalb “die Zeit weitergedreht” und “die Nachrichten verfasst, die wir morgen lesen wollen”. Alles, was in den Artikeln geschrieben sei, könne man “innerhalb von 13 Monaten umsetzen”. Ziel sei es, die Vorstellungskraft der Leser zu erweitern und ihnen Mut machen, sich politisch zu engagieren.

Meine Lieblingsstelle aus der etwas anderen ZEIT ist übrigens die schöne Anti-Anzeige von Nestlé („Lügen, Gentech, Nescafé“) auf Seite 5:

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Mrz
21
2009
1

Nachrichten von morgen: Attac bringt gefälschte DIE ZEIT in Umlauf

Attac goes Culture Jamming – diese gelungene Aktion im Stile der YES MEN ist natürlich genau mein Ding. Und deshalb werde ich mich auch sogleich aktiv an der Verteilung des ausgesprochen authentisch wirkenden ZEIT-Fakes beteiligen. :-) Hier schon mal die dazugehörige offizielle Pressemitteilung:

________________________________________

Pressemitteilung  – Attac, 21. März 2009

* Nachrichten von morgen: Attac bringt gefälschte DIE ZEIT in Umlauf
* Aktive verteilen 150.000 Plagiate in mehr in als 90 Städten

attacAktivistinnen und Aktivisten des globalisierungskritischen Netzwerkes Attac haben am heutigen Samstag in Kiel und ca. 90 anderen Städten eine gefälschte Ausgabe der bekannten Wochenzeitung DIE ZEIT verteilt. Der Clou: Statt der Meldungen von gestern verkündet das täuschend echt gestaltete Plagiat die Nachrichten der Zukunft. „Am Ende des Tunnels” lautet die Schlagzeile auf dem Titelblatt, als Erscheinungsdatum ist der 1. Mai 2010 angeben. „Die Berichte über die globale Wirtschafts-, Finanz- Hunger- und Klimakrise lassen viele Menschen hilflos zurück. Wir haben deshalb die Zeit weitergedreht und die Nachrichten verfasst, die wir morgen lesen wollen – nicht über ein fernes Paradies, sondern über konkrete Verbesserungen, die denkbar und erstreitbar sind”, sagte die Attac-Aktivistin und DIE ZEIT-Redakteurin Jutta Sundermann. „Auf diese Weise wollen wir die Vorstellungskraft der Leserinnen und Leser erweitern und ihnen Mut machen, sich politisch zu engagieren.”

Ca. 2000 Exemplare der gefälschten DIE ZEIT brachten die Attac-Aktivisten allein in Kiel unter die Leute. Fast alle Passanten nahmen das als „kostenlose Sonderausgabe” angepriesene Blatt gern entgegen. „Es hat Spaß gemacht zu sehen, wie viele Empfänger erst mal oberflächlich rumgeblättert haben, bis sie dann nach einer Weile stutzten und interessiert weiterlasen.”, so ein Verantwortlicher. Bundesweit verteilte Attac rund 150.000 Plagiate in mehr als 90 Städten.

Als Autoren der Zukunftsausgabe der ZEIT konnte Attac neben eigenen Aktiven auch mehrere prominente Schreiber gewinnen. So berichtet der Journalist und Buchautor Harald Schumann („Der globale Countdown”) unter der Überschrift “Zeit der Abrechnung” von einem G20-Treffen in Brasilia, bei dem sich die Industrie- und Schwellenländer auf eine weitreichende Besteuerung großer Privatvermögen und internationaler Konzerne geeinigt haben. Lucas Zeise, prominenter Wirtschaftsjournalist, beschreibt in “Ende einer Ära” die Veränderung der deutschen Bankenlandschaft nach dem Untergang zahlreicher Privatinstitute. Der Kabarettist Matthias Deutschmann konstatiert das Ende des Kasinokapitalismus („Nicht die unsichtbare Hand des Marktes hat die Krise beendet. Wir waren es! We, the people!”) und gesteht: „Es gibt Momente, da kommen dem professionellen Zyniker die Tränen”. Und die Autorin Daniela Dahn schreibt über die neue internationale Fernsehstation Social TV, die es sozialen Bewegungen weltweit ermöglicht, ihre eigenen Themen ins Fernsehen zu bringen.

Weitere Artikel haben das Ende der NATO zum Thema, berichten von Schuldenerlassen für arme Länder, einer dezentralen Konferenz der Weltgesellschaft gegen Hunger und den positiven Auswirkungen der Bildungsproteste. Die letzte Seite blickt zurück auf die Demonstrationen am 28. März 2009 in Berlin und Frankfurt am Main: Die Proteste unter dem Motto „Wir zahlen nicht für eure Krise” markierten bundesweit den Aufbruch der Zivilgesellschaft. DIE ZEIT-Redakteur Fabian Scheidler: „Kurzum: In unserer Ausgabe der ZEIT zeichnen wir das Bild einer Welt, wie sie denkbar wäre, wenn die Vorschläge der globalisierungskritischen Bewegung umgesetzt werden würden.”

Inspirieren ließen sich die Blattmacher von Attac von der US-amerikanischen Gruppe Yes-Men, die im vergangenen Jahr eine Zukunftsausgabe der New York Times veröffentlichte.

Für Rückfragen:
* Fabian Scheidler, DIE ZEIT-Redaktion, Tel. 0151-2173 9858
* Jutta Sundermann, DIE ZEIT-Redaktion, Tel. 0175- 866 6769

Im Internet:
* Online-Ausgabe der ZEIT:
http://www.die-zeit.net

* Druckausgabe zum kostenlosen Download:
http://www.die-zeit.net/pdf

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Mrz
19
2009
2

Wir zahlen nicht für Eure Krise!

Auf folgende Veranstaltung möchte ich doch gerne alle hinweisen – denn diese „Finanzkrise“, in der Milliarden und in den USA mittlerweile Billionen (trillions!) von Euro und Dollar von staatlichen und damit Steuergeldern zur Rettung eines kranken und abgewirtschafteten Systems verwendet werden, sollte nicht auf unserem Rücken ausgetragen werden (auch wenn alles danach ausschaut, als wenn Politik & Finanzwirtschaft genau darauf hinsteuern). Das Motto ist also, sich nicht alles gefallen zu lassen und auch zu zeigen, dass man den oft hohlen Phrasen der Politiker nicht glaubt und sich andere Lösungen vorstellt. Deshalb:

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Bundesweites Bündnis ruft zu Demonstrationen gegen Krisenpolitik der Regierung auf
Pressemitteilung des bundesweiten Bündnisses “Wir zahlen nicht für eure Krise”

Ein breites Bündnis aus Gewerkschaftsgliederungen, Erwerbslosen- und Sozialprotestorganisationen, dem globalisierungskritischen Netzwerk Attac, entwicklungspolitischen und antikapitalistische Gruppen mobilisiert unter dem Motto “Wir zahlen nicht für eure Krise! – Für eine solidarische Gesellschaft” für den 28. März zu Demonstrationen in Berlin und Frankfurt am Main gegen die Krisenpolitik der Bundesregierung. Die Proteste finden im unmittelbaren Vorfeld des so genannten Weltfinanzgipfels der G20 am 2. April in London statt. Die Veranstalter erwarten mehrere zehntausend Menschen.

“Die Krisenpolitik der Bundesregierung ist dilettantisch und unsozial zugleich. Weiterhin unterschätzt die Regierung völlig die Dramatik der Lage”, kritisiert Bernd Riexinger, Geschäftsführer des Verdi-Bezirks Stuttgart. “Bereits während der vergangenen Boomphase hat ein großer Teil der Beschäftigten Lohneinbußen hinnehmen müssen, und Leiharbeit verdrängte stabile Beschäftigungsverhältnisse. Mit dem Ausbruch der Krise geht es nun Hunderttausenden an den Kragen. Deshalb fordern wir einen Schutzschirm für Beschäftigte”.

Hüseyin Aydin von der Föderation demokratischer Arbeitervereine – DIDF ergänzt: “Insbesondere Migrantinnen und Migranten leiden unter prekären Arbeitsbedingungen. Zusätzlich stehen sie im Fall von Krisen als erste auf der Abschussliste. Die Krise zeigt verschärft, dass wir einen Richtungswechsel bei den sozialen Sicherungssystemen brauchen. Hartz IV muss weg.”

Die bisherige Krisenpolitik der Bundesregierung bewertet das Bündnis aus sozialer Perspektive als katastrophal. “Eine Antwort auf die Krise des neoliberalen Kapitalismus kann nicht die Verstaatlichung der Verluste sein. Sie muss auf Zurückdrängung von sozialer Ungleichheit weltweit und die Demokratisierung der Wirtschaft durch Vergesellschaftung setzen”, erklärt Christina Kaindl von der Gruppe Soziale Kämpfe. “Gegen Krise, Standortkonkurrenz und Profitlogik treten wir ein für eine Zukunft ohne Armut und Ausbeutung. Der Kapitalismus bietet für die Menschen keine Zukunft. Wir brauchen Alternativen zum Kapitalismus.”

Parallel zu den Demonstrationen in Deutschland erwartet der britische Gewerkschaftsdachverband TUC zu seinen Protesten gegen die G20 in London 100.000 Menschen. Auch die Teilnehmer des Weltsozialforums Ende Januar im brasilianischen Belém haben zu globalen Aktionen aufgerufen.

“Diese Krise erfordert einen Paradigmenwechsel in der Regulierung der Weltwirtschaft. Das heißt ein Schrumpfen der Finanzmärkte durch internationale Steuern, Kapitalverkehrskontrollen und das Verbot von Derivaten”, sagt Alexis Passadakis vom Koordinierungskreis von Attac. “Die Liberalisierung der Finanzmärkte, aber auch von Handel muss gestoppt werden, damit der Süden nicht die Zeche zahlt. Erforderlich ist eine Umverteilung von Nord nach Süd. Die bisherigen Ankündigungen der G20 laufen auf ein business as usual hinaus. Es ist Zeit, dass Druck von der Straße das Blatt wendet.”

Die Berliner Demonstration startet um 12 Uhr am Roten Rathaus. Die Frankfurter Protestzüge beginnen ebenfalls um 12 Uhr am Hauptbahnhof und der Bockenheimer Warte. Die Abschlusskundgebungen in Berlin am Gendarmenmarkt und in Frankfurt auf dem Römerberg sind für 15 Uhr geplant.

Kontakt: kapitalismuskrise.org

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Mrz
05
2009
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Der Attac-Kapitalismuskongress

Unter dem Slogan „Kapitalismus am Ende?“ findet vom 6.–8. März in Berlin der (erste) Kapitalismuskongress von Attac statt. Drei Tage lang wird analysiert, debattiert und beraten und Alternativen zum derzeitigen Wirtschaftssystem beleuchtet.

Finanzkrise, Wirtschaftskrise, Energiekrise, Umweltkrise. Schafft der Kapitalismus sich selbst ab? Mit dem größten Crash an den Finanzmärkten seit der Weltwirtschaftskrise 1929 ist das Modell des Finanzmarktkapitalismus kollabiert. Die Weltwirtschaft rutscht in die Rezession. 3,1 Milliarden Menschen leben in Armut, davon 1,4 Milliarden unterhalb der absoluten Armutsgrenze. Die Klimaerwärmung beschleunigt sich, die fossilen Energien werden knapp.

Immer mehr Menschen reiben sich die Augen und fragen, ob ein Wirtschaftssystem, das solche katastrophalen Krisen hervorbringt, wirklich „das Ende der Geschichte” sein kann. Es ist an der Zeit, über den Kapitalismus zu reden – und vor allem über Alternativen.

Der Attac Kongress vom 6. bis 8. März 2009 in Berlin wird die Bühne werden für die Diskussion der systemischen Ursachen der Krisen und für die gemeinsame Suche nach Alternativen. Wir möchten Menschen in die Diskussion einbeziehen, die von verschiedenen Auswirkungen betroffen sind, einzelne Aspekte des Kapitalismus kritisieren oder eine ganz andere Gesellschaft wollen: aus den Gewerkschaften, aus sozialen Bewegungen, aus NGOs, Verbänden, Kirchen oder einfach nur Interessierte, die nirgendwo organisiert sind. Das Projekt soll seine Anziehungskraft auch aus der anregenden Mischung der Positionen und den spannenden Referenten und Referentinnen ziehen. Gemeinsam wollen wir über den Kapitalismus und mögliche Alternativen reden – offen, kritisch und überzeugt, dass niemand ein fertiges Programm in der Tasche hat.

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Feb
03
2009
3

Buchbesprechung: Tobias Schlegl „Zu spät? So zukunftsfähig sind wir jungen Deutschen“

schlegel-zu-spat-mittelFür mich war Tobias „Tobi“ Schlegl früher eigentlich nur einer von vielen mäßig interessanten Viva-Moderatoren, der nach seiner Zeit beim Kölner Musiksender in der Versenkung verschwand. Erst als er vor knapp zwei Jahren den Moderationssessel bei der N3-Satiresendung extra 3 erklomm, nahm ich ihn wieder wahr – und war angenehm überrascht über die Art und Weise, wie er auch ernste Themen wie z.B. die Probleme der Atommüllendlagerung, amüsant und bissig präsentierte. Tatsächlich erfahre ich in seinem aktuellen Buch „Zu spät? So zukunftsfähig sind wir jungen Deutschen. Eine Inspektion“ nun endlich auch, was er in der Zeit zwischen Viva und N3 getrieben hat und weshalb er bei extra 3 genau an der richtigen Stelle sitzt: er war Anfang dieses Jahrtausends Mitglied im „Rat für Nachhaltige Entwicklung“ – ein die Bundesregierung beratendes Gremium, das sich mit Themen wie Konsum, Umweltschutz oder Bildung beschäftigt.

Nun ist Tobias Schlegl also unter die Buchautoren gegangen und zeichnet auf seiner Reise durch Deutschland ein Bild der derzeitigen Nachhaltigkeitsdebatte. Jedes der 24 Kapitel trägt den Titel eines Songs seiner Lieblingsband Die Ärzte (Bela B. wird im Rahmen des Buches auch ausführlich interviewt) und gibt damit schon einmal die Marschrichtung vor: sein Buch richtet sich vor allem an jüngere Menschen und versucht, diese für die uns umgebenden Missstände zu sensibilisieren und für politisches und gesellschaftliches Engagement zu aktivieren. In sehr locker-flockigem Stil, dabei dennoch zielstrebig und kritisch, ohne jedoch im Mindesten verbissen zu wirken, macht sich Schlegel auf, Konzernen auf den Zahn zu fühlen, Aktivisten- und Umweltschutzgruppen zu besuchen und Fragen nach der Entwicklung unserer Gesellschaft aufzuwerfen.

So protestiert er zusammen mit Tilo Bode und foodwatch vor einer McDonald’s-Filiale, weil diese Firma den Tieren, die sie in ihre Burger pressen, nur genmanipuliertes Futter zu fressen gibt. Gemeinsam mit einigen Leuten von Attac nimmt Tobias Schlegl an einem Flashmob im Kölner Bahnhof gegen die Bahnprivatisierung und auch an einer globalisierungskritischen Stadtführung in Hameln teil. Er pflanzt einen ganzen Sonntag lang mit Freiwilligen Bäume, geht im Umweltbundesamt und bei der Stiftung Warentest auf Konfrontationskurs und scheitert daran, bei Filialen der großen Kleidungsketten wie H&M und Zara, genauere Informationen über die (bekanntlich oft katastrophalen) Produktionsbedingungen der Klamotten zu erhalten. Ebenfalls sehr lesenswert ist das Kapitel, in dem der Autor die Werbefloskeln von McD in deren Imagekampagne, laut der jeder mal hinter die Kulissen des Bratimperiums schauen kann, als hohle Versprechungen entlarvt, da es ihm auch nach vielen Wochen nicht gelingt, tatsächlich einen Termin zu ergattern.

Bei der Vielzahl an möglichen Angriffspunkten und Gesprächspartnern auf nur gut 200 Seiten ist klar, dass vieles lediglich angerissen werden kann. Hier könnte man vermutlich auch den einzigen wirklichen Kritikpunkt an Schlegls „Inspektion“ sehen – z.B. befasst er sich damit, woher Ikea das Holz für seine Möbelproduktion bezieht. Denn viele Holzprodukte werden aus illegaler Rodung und nicht nachhaltig gewonnen – ein Missstand, dem man mit Hilfe von Zertifizierungen wie dem FSC-Siegel abhelfen will. Ikea hat in der Hinsicht einen relativ guten Ruf, bemüht sich um „sauberes Holz“ und arbeitet auch mit den Leuten vom FSC zusammen, ohne allerdings deren Siegel auf ihren Produkten zu verwenden. Auch wenn dieses Unternehmen sich also in dm Bereich durchaus engagiert zeigt (wobei der geplante Anteil von FSC-Holz mit 30% auch noch viel Luft nach oben lässt), so fehlt mir im Buch dennoch die Betrachtung der anderen Waren, die Ikea in Massen unter die Leute bringt und die teils unter ähnlich unerfreulichen Bedingungen produziert werden wie bei vielen anderen Konzernen auch (niedrige Preise kommen halt nicht von ungefähr).

Das latente Manko der oft recht schlaglichtartigen Betrachtung gleicht Schlegl jedoch am Ende eines jeden Kapitels mit einer Reihe guter praktischer Tipps für den Alltag sowie Hinweisen auf Websites, auf denen man sich weiter informieren kann, aus und macht das Buch somit zu einem guten Ausgangspunkt für die eigenen Recherchen und Nachforschungen. Vor allem für Einsteiger und Neulinge in Sachen Nachhaltigkeit und Konsumgesellschaft ist „Zu spät?“ deshalb eindeutig zu empfehlen.

Tobias Schlegl „Zu spät? So zukunftsfähig sind wir jungen Deutschen. Eine Inspektion“, rororo 2008, 217 S., 8.95 €

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Jan
28
2009
3

ueber Macht Filmfestival – in 120 Städten Deutschlands

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Ich möchte Euch noch auf ein interessantes Filmfestival hinweisen, dass seit Januar in ausgewählten Städten zu sehen ist und sich bis zum Herbst in insgesamt 120 deutschen Städten präsentieren wird – ueber Macht. Rund 30 bundesweite und mehr als 1.000 regionale Verbände und Organisationen der Zivilgesellschaft sind beteiligt, die in den jeweiligen Städten Publikumsdiskussionen und Filmgespräche zu jeder Vorführung organisieren. Organisiert von Die Gesellschafter, werden hier 13 Filme internationaler Regisseure gezeigt, die sich mit verschiedenen Themen wie Globalisierung, Menschenrechte, Ausbeutung uvm. beschäftigen. Der von Attac geförderte Beitrag „Monsanto – mit Gift und Genen“ erscheint mir dabei besonders interessant.

Diese Woche sind die Filme in folgenden Städten zu bewundern:

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Dez
01
2008
2

Deutsche Bank – Leistung, die Leiden schafft

Banken sind Institutionen, die eine seriöse Aura um sich zu verbreiten suchen und in großkotzig aufgemachter Reklame gerne ihre ach so große Kundenzentrierung und Kompetenz herausstreichen. Dass Banken jedoch letztlich Konzerne sind, die sich im Prinzip herzlich wenig um die Menschen und ihre Belange scheren, solange die (eigenen) Bilanzen stimmen, sollte auch klar sein. Die derzeitige „Finanzkrise” zeigt auch wieder deutlich, dass diese Branche ausgesprochen kurzsichtig und ignorant arbeitet und den kurzfristigen Profit letztlich über alles andere stellt. Schließlich tritt der Staat (= wir) bei Fehlspekulationen helfend zur Seite!

Zu den ganz besonders unsympathischen Vertretern der Zunft gehört seit jeher die Deutsche Bank. So hat sie vor einigen Monaten in einer reichlich geschmacklosen (aber letztlich herzerfrischend offenen, da ungeschminkt profitorientierten) Art Werbung für den eigenen Nahrungsmittelfonds gemacht. Der Hintergrund: Anleger kaufen Fondsanteile und freuen sich fortan, wenn die Preise auf dem Weltmarkt – nicht zuletzt getrieben durch genau diese Spekulationen auf die Preise – nach oben schießen. Dass dabei ein Großteil der Menschheit in den armen Ländern ohnehin schon unter den steigenden Preisen für Grundnahrungsmittel (und um die geht es der Deutschen Bank hier – Reis, Getreide etc.) leidet und sich oft kaum die nötigen Lebensmittel mehr leisten kann, ist dabei selbstverständlich von untergeordneter Wichtigkeit. Hauptsache, im reichen Europa klingeln die Kassen und es kann wieder ein neues protziges Firmenhochhaus in die Gegend geklatscht werden. Als Krönung hatte die Dt. Bank für diesen Fonds auch noch Werbung auf Brötchentüten gemacht (inzwischen aber wenigstens das eingestellt). Guten Appetit, kann man da nur sagen!

Übrigens steht die Deutsche Bank mit diesen Spekulationen nicht alleine da, wie man an diesen genauso kaltschnäuzigen Empfehlungen des Investor-Verlags sieht. Solchen Leuten ist alles egal, solange nur die eigene Kasse klingelt.

Dass es auch anders geht, also Geldanlage, die nicht alle zivilisatorischen Prinzipien von Moral und Ethik ignoriert, sondern sogar ökologisch & sozial sinnvoll ist, zeigt beispielsweise die GLS Bank, auf die ich neulich gestoßen bin – hier werden die Gelder nicht für dubiose Geschäftspraktiken oder in umwelt- und sozialschädliche Tätigkeiten und Unternehmen investiert, sondern fließen in Projekte, die der Allgemeinheit zugute kommen. Finde ich löblich und eine sehr interessante Alternative! Einen „grünen Investmentguide für Einsteiger“ mit weiteren Tipps gibt es auf Utopia.

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Nov
24
2008
2

Veranstaltungstipp Kiel: „Viele Gründe für Proteste – ist ein neues ‘1968’ möglich”?

„Viele Gründe für Proteste – ist ein neues ‘1968’ möglich“?
Montag, 24.11.2008 um 19.30 h im großen Saal der Pumpe Haßstr. 22, 24103 Kiel

„Neue Linke” von 1968 in Kiel fast vergessen? – Nicht für attac Kiel – Diskussionsveranstaltung

Während in den großen Städten, Berlin, Hamburg und Frankfurt/Main, mit umfangreichen und kompetent besetzten Kongressen des Jubiläums „40 Jahre 1968” gedacht wurde, tat sich in Kiel bislang – nichts. Nein! In dem kleinen widerständischen, gallischen Dorf der attac Gruppe laufen seit einigen Wochen die Vorbereitungen für eine Diskussionsveranstaltung, die nicht beim Gedenken an die Ereignissen 1968 stehen bleiben, sondern den Blick auf das Heute und die Zukunft werfen möchte.

Dabei soll es nicht nur um linke Theorie gehen. Diese und die Köpfe, in denen sie sich in der Zeit um 1968 bewegte war fast zur Gewalt geworden, die zwar – wenn nicht die Massen – so doch große Mengen von StudentInnen, in anderen Ländern auch ArbeiterInnen und viele Frauen erfasst hatte. Es war die Zeit der ersten Großen Koalition in Deutschland, ein heftig kritisierter Krieg der USA tobte, Überproduktionskrisen erschütterten erstmals wahrnehmbar die Bundesrepublik. Oberflächlich gesehen drängen sich Parallelen zur heutigen Situation auf. Wieder eine Große Koalition, wieder ein z. T. heftig kritisierter US-amerikanischer Krieg, wieder eine Krise, dieses Mal sogar mit weltweiter Erschütterung des Finanz- und Bankensystems.

Damals brodelte es: bei den StudentInnen, Lehrlingen, Frauen, Lesben und Schwulen. Hippies und Rocker prägten völlig andere Lebensstile. Eine Neue Linke bildete sich, eine außerparlamentarische Opposition trug ihre Proteste auf die Straße, Kultur und Politik verbanden sich zu einer „Kulturrevolution“. Die westliche Welt veränderte sich.

Heute demonstrieren ökologische, humanistische, soziale und globalisierungskritische Netzwerke: gegen soziale Ungerechtigkeiten weltweit, gegen klimaschädliche Energieformen, gegen Kriege, gegen den Überwachungsstaat, gegen  Rassismus, gegen die Abschottung der westlichen Welt gegenüber Wirtschaftsflüchtlingen aus der „Dritten“ Welt. Die Proteste scheinen jedoch an den Zentren der Macht abzuprallen.

Wie kam es, dass „1968“ Wirkung zeigte? Was tun, um heute „eine andere Welt möglich zu machen“, wie attac es sich auf die Fahnen geschrieben hat? Eine Welt, in der vieles auf dem Prüfstand steht: Unser Konsumverhalten und unser Lebensstil, das Wachstumsstreben der Wirtschaft, unsere Einstellung zur Natur und nicht zuletzt das Verhältnis zwischen den Geschlechtern.
Diesen Fragen will sich die attac Kiel stellen und hat dazu kompetente ReferentInnen eingeladen:

Sven Giegold (38 Jahre), Wirtschaftswissenschaftler, Mitbegründer von attac Deutschland und Kandidat für die Europa-Liste von Bü90/Die Grünen,

Prof. Dr. Ulrike Schultz (48 Jahre), Entwicklungssoziologin, z. Z. Vertretung des Lehrstuhls für Internationalisierung und Entwicklung an der Ruhr Universität Bochum Schwerpunkte: Geschlechterbeziehungen und Globalisierung in Afrika, Haushaltsökonomie, Geschlechterpolitik, Forschung und Workshops in N- und O-Afrika u. a. zu Feminismus, Islam und Geschlechterpolitik,

Prof. Dr. Detlef Siegfried (50 Jahre), Associate Professor für Neuere Deutsche Geschichte und Kulturgeschichte an der Universität Kopenhagen, Schwerpunkte Geschichte der Bundesrepublik in den 60er und 70er Jahren, „1968“,  Monographie zu diesem Thema „Time Is on My Side. Konsum und Politik in der westdeutschen Jugendkultur der 60er Jahre“ und

Hilde Wackerhagen (62 Jahre), von Beginn an in der Frauenbewegung aktiv (Weiberrat), Mitglied des legendären Karl-Napp-Chaos-Theater (Kleinkunstpreis Mainz 1980), heute politische Kabarettistin.

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Nov
12
2008
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Veranstaltungstipp für Kiel: „Das Casino schließen”

Für alle, die an diesem grauen Mittwoch ein wenig nach Information dürsten habe ich folgenden Veranstaltungstipp von Attac:

Das Finanz-Casino schließen! mit Detlev von Larcher ehem. Bundestagsabgeordneter und Finanzexperte der SPD, heute nicht mehr in der SPD, Mitglied im Koordinierungskreis von attac
Mittwoch 12.11. um 19.00 Uhr, Großer Gemeindesaal der Heilig-Geistkirche (Ansgar Gemeinde), Holtenauer Str./Ecke Waitz Str. (Eingang Waitz Str.)

Die derzeitige Finanzkrise ist die schwerste Krise des Kapitalismus seit der Weltwirtschaftskrise in den 30er Jahren des letzten Jahrhunderts.
Diese Krise ist keine Naturkatastrophe. Sie ist das Ergebnis eines Systems, in dem das Geld großer Finanzspekulateure auf der Jagd nach Rendite um die Welt zirkuliert. Sie ist begründet in einer Politik, die bewusst die Deregulierung und Liberalisierung der Finanzmärkte vorangetrieben hat.
Veranstalter: attac-Kiel

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