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Lesetipps: Kreditnehmer sind die neuen Sklaven | Das BGE à la Götz Werner | BILD ist kein journalistisches Produkt

Schon etwas älter, aber leider immer noch hochaktuell, ist das Interview, das die Süddeutsche Zeitung vor einer Weile mit Margrit Kennedy geführt hat, die sich besonders intensiv mit der Thematik alternativer Währungssysteme bzw. der Struktur unseres momentanen Geldsystems beschäftigt und u.a. die Zinsabhängigkeit als ein großes Übel der Jetztzeit beschreibt. „Kreditnehmer sind die neuen Sklaven [1]“, so der etwas plakative, aber letztlich zutreffende Titel des Interviews:

(…) SZ: Wut und Angst – das sind starke Gefühle, die Sie in Ihren Büchern im Zusammenhang mit unserem, wie Sie es nennen, “pathologischen Wirtschaftswachstumszwang” verbinden. Was macht Sie so wütend?

Kennedy: Was mich wütend macht, ist, dass es eigentlich so einfach zu verstehen ist: Das exponentielle Wachstum, das durch unser Geldsystem angeheizt wird, ist auf Dauer nicht durchzuhalten auf einem endlichen Planeten. Das kann man jedem einigermaßen intelligenten Menschen mit Volksschulabschluss in fünf bis zehn Minuten erklären. (…)

(…) Kennedy: Es ist schlicht und einfach so, dass heute nichts finanziert werden kann, was nicht mindestens den Zins erwirtschaftet, den man bei der Bank zahlt, um einen Kredit aufzunehmen. Es geht immer um Zins und Zinseszins.

SZ: Was ist denn so schlimm daran?

Kennedy: Vermögen verdoppeln sich in regelmäßigen Abständen und wachsen in kurzer Zeit in astronomische Bereiche. Damit kann kein Wachstum in der Natur mithalten – außer dem Krebs. Wir haben ein System, dessen Hauptziel es ist, mehr Geld aus Geld zu machen. Die internationalen Finanzmärkte sind darauf ausgerichtet, das exponentielle Wachstum über spekulative Transaktionen für einige wenige zu nutzen. Die große Menge der Menschen zahlt drauf. (…)

Übrigens fanden vom 1.–3. April in Wolfratshausen die Geldtage 2011 [2] statt, wo sich intensiv mit der Thematik alternativer Währungen und dem Wesen des Geldes auseinandergesetzt wurde.

Dazu passend ist auch der letzte Paukenschlag von Egon W. Kreutzer, der sich mit dem „Grundeinkommen à la Götz Werner [3]“ beschäftigt und zeigt, warum dieses Modell so nicht funktionieren kann bzw. am Ende doch wieder nur der (Export-)Wirtschaft nutzt und nicht den normalen Bürgern. Man sollte sich übrigens nicht davon abschrecken lassen, dass Kreutzer ausgerechnet 1 Liter Benzin als Rechenbeispiel für die zu erwartende eklatante Verteuerung aller Waren durch ein BGE in der Wernerschen Art heranzieht.

(…) Fazit

Das BGE à la Götz Werner ist ein Taschenspielertrick zur Exportförderung.
Nur das Ausland profitiert davon, weil dort die deutsche Mehrwertsteuer nicht fällig wird.
Löhne und Sozialkosten – die Götz Werner aus den Kosten herausnimmt und in die Mehrwertsteuer hineinpackt – müssen bisher in den Preisen auch ans Ausland weitergegeben werden. Sonst macht das Unternehmen pleite. Wenn aber, wie Götz Werner es vorschlägt, die Löhne zum Teil und die Sozialausgaben vollständig aus den Umsätzen im Binnenmarkt über die Mehrwertsteuer finanziert werden müssen, dann bleibt sehr viel Luft für den Export. Dass der Binnenmarkt darüber zusammenbricht, scheint als unvermeidlicher Kollateralschaden eingeplant zu sein.

Wir Deutschen erzielen aber sowieso schon längst einen ungeheuerlichen Exportüberschuss. Produzieren und verteilen Güter also, ohne eine reale Gegenleistung dafür zu erhalten.

Den Export noch mehr zu fördern, das haben schon viele verstanden, wäre Betrug und Raub an der Bevölkerung.

Dass das BGE à la Werner aber nichts anderes ist, als ein verkapptes Exportförderungsprogramm mit billigender Inkaufnahme der weiteren Verarmung und Verelendung der Bevölkerung, wird sich hoffentlich bald auch herumsprechen.

Versöhnliches für Grundeinkommensbefürworter

Wenn es denn ein Grundeinkommen geben soll, und ich stehe dieser Idee ja gar nicht ablehnend gegenüber, dann dürfen durch das BGE nicht die Unternehmen, speziell die Exportindustrie entlastet werden, dann müssen, ganz im Gegenteil, dafür zusätzliche Finanzierungsquellen erschlossen werden.

D.h. es müssen vor allem alle nicht leistungsadäquaten Einkünfte, wie Zinsen, Spekulationsgewinne, Mieten, Pachten usw., die bisher ja steuerlich gegenüber Einkünften aus nichtselbständiger Arbeit sogar begünstigt werden, stärker in die Finanzierung des Staates und seiner Aufgaben einbezogen werden.

Vor allem aber darf das Grundeinkommen nicht bedingungslos in gleicher Höhe an jeden bezahlt werden. Das ist ausgesprochene Narretei. (…)

Wir haben es ja alle schon immer gewusst, aber nun hat es eine Studie auch bestätigt: Die „BILD ist kein journalistisches Produkt [4]“, wie Der Freitag unlängst berichtet:

(…) Aber lässt sich das Blatt überhaupt noch in solchen Kategorien bewerten? Handelt es sich überhaupt noch um eine Zeitung? Der frühere Chefredakteur der Frankfurter Rundschau Wolfgang Storz und der ehemalige DGB-Pressesprecher Hans-Jürgen Arlt haben jetzt eine Studie vorgelegt, die diese Fragen mit Nein beantworten. Wer Bild nur anhand journalistischer Kriterien untersucht, könne „weder ihre Machart verstehen, noch ihren Erfolg erklären“, heißt es bei der gewerkschaftsnahen Otto-Brenner-Stiftung [5], unter deren Ägide die Arbeit entstanden ist. „An die Stelle des Journalismus, der mit seiner Arbeit der Information, der Orientierung und Kommentierung von gesellschaftlich Bedeutsamen sein Publikum erreichen will, setzt Bild Methoden der Werbung, der Unterhaltung, der Kampagnenkommunikation und des Marketings“, so das zentrale Ergebnis von Arlt und Storz.

Drucksache Bild – eine Marke und ihre Mägde – hier [6]
Eine Zusammenfassung der Studie als PDF – hier [7]
Irre: Bild ist gar keine Zeitung – die Taz über [8] die Studie
Bild dir deine Kohle – Hans Leyendecker in der [9] Süddeutschen

Die beiden verfolgen ihre Argumente am Beispiel der Bild-Berichterstattung über die Griechenland- und Euro-Krise im vergangenen Jahr. Man erinnert sich an Schlagzeilen wie „Ihr griecht nix von uns!“ oder „Verkauft doch Eure Inseln, ihr Pleite-Griechen … und die Akropolis gleich mit!“ – und der Spiegel hatte sich gefragt: „Ist das Journalismus? Oder Kabarett?“ Weder noch, finden Arlt und Storz. Bild behandele Themen und Ereignisse auf eine Weise als eine Knetmasse für publizistische, wirtschaftliche und politische Zwecke, die über das, was auch andere Zeitungen machen, hinausgreift. Das Blatt, so die Autoren, löse am konsequentesten „die Grenze zwischen massenmedialer Veröffentlichung und ökonomischem Produkt“ auf, soweit, das Bild „vermutlich so ganz nebenbei zu einem der ganz großen Einzelhändler Deutschlands“ geworden sei: Vom Computer über Wandfarbe bis zu Bahn-Tickets gibt es hier nahezu alles. (…)

Die Bild-Studie der Otto-Brenner-Stiftung kann man sich HIER [6] genauer anschauen. Der oben erwähnte Artikel „Bild dir deine Kohle“ aus der SZ ist ebenfalls zu empfehlen!

Zum Abschluss noch eine „schöne“ Randnotitz zum Nestlé-Konzern – dessen Oberen sind sich ja des öfteren für dreiste Aussagen nicht zu schade, und si epropagieren immerhin offen, alle Wasserquellen kommerzialisieren zu wollen, Genfood voranzutreiben etc. Nun hat sich Nestlé-Chef Braback-Letmathe zur Kinderarbeit beim Kakaoanbau geäußert und diesen als „praktisch unvermeidbar“ beschrieben (vermutlich hat er noch nie etwas von Fair Trade gehört – und dass der Konzern mit seinen Billiglöhnen Kinderarbeit weiter befeuert, sieht er auch nicht) – und wie The Globe And Mail in „Child labour-free cocoa ‘almost impossible,’ Nestlé head says [10]“ berichtet, legt er noch einmal mit einem Bonmot nach:

(…) “You go into Switzerland, still today, in the months of September, [and] schools have one week holiday so students can help in the wine harvesting,” chairman Peter Brabeck-Letmathe said at the Council on Foreign Relations in New York. (…)

Dazu gehört schon was, die Ferienjobs von Schweizer Kindern, die sich ein bisschen ihr Taschengeld aufbessern, mit den Bedingungen in der Elfenbeinküste zu vergleichen, wo es ums nackte Überleben geht.

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