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Lesetipps: Die Alten werden vom Fernsehen betäubt und vom Volk bezahlte Verblödung

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Über das Fernsehen, vor allem das private Kommerzgedudel, lässt sich ja viel Kritisches sagen und schreiben. Dass es viele Menschen sediert und eigene Aktivitäten lahmlegt, ist auch nichts Neues, schließlich ist das „Abschaltenwollen“ mit Hilfe des Flimmerkastens für viele Normalität. Waren es früher die Kinder, deren TV-bestimmtes Freizeitverhalten in die Kritik geriet, sind es nun auch die älteren Menschen, für die passives Fernsehen zum Lebensinhalt geworden ist, wie Heise zu berichten weiß – „Die Alten werden vom Fernsehen betäubt [2]“:

Das Problem ist wohl nicht nur, dass die Menschen zu früh zu Fernsehsüchtigen erzogen werden, sondern dass die Sucht mit dem Alter steigt

Gewarnt wird gerne davor, dass Kinder und Jugendliche zu lange vor der Glotze sitzen und dabei lethargisch und aufmerksamkeitsgestört werden. Gerade erst wurde wieder bestätigt, dass exzessives Computerspielen ebenso wie häufiger Fernsehkonsum bei Kindern die Konzentrationsfähigkeit zu mindern und die Wahrscheinlichkeit zu erhöhen scheint, allgemein an Aufmerksamkeitsstörungen zu leiden. Computerspiele und Fernsehkonsum könnten so eine der Ursache für die Ausbildung der Aufmerksamkeitsstörung ADHD bei Kindern sein (s.a. Fernsehkonsum von Kleinkindern soll anhaltend das Verhalten prägen [3]).

Dabei wird aber symptomatisch die allseits bekante Tatsache übersehen, dass die Jungen nicht diejenigen sind, die am meisten fernsehen, sondern dass die älteren und alten Menschen zunehmend mehr Zeit vor dem Bildschirm verbringen. Probleme scheint man damit wenig zu haben, da es sich ja um alte Menschen handelt, von denen nichts mehr erwartet wird und die mit Fernsehen auch still gestellt werden können. […]

[…] In allen Altersgruppen steht Fernsehen ganz vorne, man muss sich wirklich fragen, ob unsere Gesellschaften, die gerade erst einmal seit wenig mehr als einem halben Jahrhundert unter die TV-Medienglocke getaucht ist, ein Leben ohne Fernsehkonsum unbeschadet durchstehen könnten. Und die älteren? Sie sind zunehmend gesellschaftlich abgeschaltet und werden gehalten wie Vieh im Käfig, das mit inszenierter Unterhaltung und bewegten Bildern in den Tod geführt wird, weil eine Tötung gegen die guten Sitten verstößt. Das Non-Stopp-Fernsehen ist der kleine und indirekte Tod.

Neben der mehr als nur berechtigten Kritik am komplett durchommerzialisierten Bunt-Klimbim-Programm der Privatsender begleitet auch die öffentlich-rechtlichen Anstalten stets der Vorwurf, die von den Bürgern zwangserhobenen Gelder sinn- und nutzlos zu verpulvern und nur noch, wie die Privaten, auf die Quote zu schauen. Jens Jessen geht in der ZEIT in „Öffentlich-rechtliche Sender: Vom Volk bezahlte Verblödung [4]“ mit diesen Zuständen hart ins Gericht, wobei ich anmerken möchte, dass diese Sender immerhin ab und zu mal etwas Kritisches oder Gehaltvolles bringen, wenn natürlich auch viel zu viel televisionärer Quark unters Volk gebracht wird…:

[…] Dem öffentlich-rechtlichen Rundfunk in Deutschland scheint es gut zu gehen. Er expandiert gegen alle Widerstände ins Internet. Er hat ein Gesetz ertrotzt, das es erlaubt, die Rundfunkgebühr in jedem Haushalt zu erheben, unabhängig davon, ob dort Empfangsgeräte existieren. Die politischen und juristischen Siege verschärfen indes auch die Legitimationskrise eines Systems, das in Wahrheit nur noch wenig von dem liefert, was seine Finanzierung durch Zwangsgebühren rechtfertigen könnte.

Diese Legitimationskrise ist nicht heute und nicht gestern entstanden – und erst recht nicht durch das Internet. Wenn es eine Ursache gibt, dann liegt sie in der Konkurrenz der privaten Sender, die den Quotendruck hergestellt hat, der als Mutter aller Missstände gelten kann. Wann immer eine gute Sendung aus dem Programm genommen wird, heißt es: Die Quote war schlecht, und wann immer eine schlechte Sendung im Programm gehalten wird: Die Quote war gut. Über Qualität und Angebot von Sendungen nach der Zuschauerquote zu urteilen bedeutet aber für die öffentlich-rechtlichen Sender, dass sie sich wie reine Wirtschaftsunternehmen verhalten, das heißt nach Maßgabe der Produktverkäuflichkeit, ohne Blick auf eine weitergehende Verantwortlichkeit. Warum sollen Sender, die sich wie Privatakteure auf dem Markt verhalten, eine Gebühr bekommen, die sie von der Rücksicht auf den Markt befreit? Dies ist die Legitimationskrise des öffentlich-rechtlichen Rundfunks: Er wird für eine Freiheit bezahlt, die er nicht nutzt. […]

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