Andalusien: Gemüsesklaven mit Zeitverträgen

Bevor beim nächsten Einkauf bedenkenlos zu Obst und Gemüse aus Spanien gegriffen wird, sollte man sich vielleicht mal den erschreckenden Artikel „Andalusien: Gemüsesklaven mit Zeitverträgen“ durchlesen:

(…) Spanien wirbt seit Jahren schon Saisonarbeiter aus Osteuropa an ? neuerdings auch aus den Heimatländern der Bootsflüchtlinge. Nach denVorstellungen der Regierung in Madrid sollen Zeitarbeitsverträge das Problem des illegalen Massenmigration lösen (jährlich über 6000 registrierte). Fördergelder sollen helfen, die mörderische Flucht der Menschen über das offene Meer in wenig seetauglichen Booten in geregelte Bahnen zu lenken. Aufgrund der humanitären Katastrophe auf den Kanaren und an der Südküste handelt Madrid zurzeit mit mehreren westafrikanischen Ländern solche Abkommen aus. Ab der Winterernteperiode 2007/08 sollen dem Agrobusiness diese neuen Saisonniers zur Verfügung stehen. Funktioniert dieses Modell können die Bauern besser auf illegal Beschäftigte verzichten.

Die illegal Eingewanderten könen vertrieben werden, da sie nicht mehr als billiges Arbeitskräftereservoir benötigt werden; oder der Staat schiebt ab. Spanien und Marokko haben wenig Skrupel “Papierlose” einfach in der Sahara auszusetzen. Oder der rassistische Mob jagt sie aus dem Dorf, wie im Februar 2000 die Marokkaner in El Ejido. (…)

Genau wie die illegal eingewanderten Landsleute erleiden diese SaisonarbeiterInnen – mit scheinbar “guten Verträgen” – Rechtlosigkeit und Rassismus pur. Sie haben sich gewehrt und dieses Spiel nicht mitgespielt. Wenn sich diese schäbige Behandlung auch in den Herkunftsländern herumspricht, wird es nichts mit dem neuen Modell “internationale Sicherheit durch Zeitarbeit”. Beim Genuss von spanischem Treibhausgemüse bleibt ein bitterer Geschmack?

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2 Kommentare

  1. ganz ehrlich, zu spanischem gemüse greife ich schon seit langem nicht mehr, da die pestizid-belastung von spanischem gemüse einfach so rießig gross ist, ein paar jahre potente samen und ein gesunder nachwuchs sind mir schon wichtig ;)

  2. Insider

    Hi Peter,
    ja, das „Kind „Lebensmittel“ das was wir täglich essen ist mal wieder in den Brunnen gefallen. Nun also EHEC- kein Wunder.
    Schon vor Jahren haben manche Kritiker u.a.(auch Du) oder auch ich (auf einem anderen Blog !) schon längst die Finger über die Folgen von billig fusslig geschrieben. Leider kam nur wieder Kritik und Dementis von den Befürwortern de Supermarkt -Billigheimern zurück. Nun, offensichtlich hat es immer noch keiner kapiert, wo diese Entwicklung anfängt. Ob bei der Arbeit oder der Gesundheit.Ob beim Verbraucher oder beim Arbeitnehmer der das wenige Geld in der Tasche trotz allem für viel Luxus ausgibt, aber die Billigsten Lebensmittel kauft. Die Billigdiscounter sich daran dusslig verdienen. Wer unterscheidet schon wo und wie –also unter welchen Bedingungen die Waren bzw. /Lebensmitteln stapelweise in den Regalen liegen? Nicht einmal die Kritiker wissen dies genau. Ich könnte auch nicht immer sagen und darauf achten wo die Gurke oder der Kopfsalat,ect. herkommt obwohl ich sicherlich schon sehr kritisch bin.

    Die meisten Verbraucher denken nur „preisbewusst“ an die Billig Ware in „seinem Discounter“ –an jeder Ecke. An deren Löhne und Arbeitsbedingungen verschwenden alle Aldi, Lidl und Co. Kunden-Varianten sowieso keine Sekunde. Er ist ja nur „Kunde“, einfach mal schnell um die Ecke gefahren wegen des „Großeinkaufs“. Auch für den Kopfsalalat aus Belgien, Holland, oder aus dem Süden Spaniens, aus Almeria, der größten „Gemüseplantage“ Europas. Ich war schon selbst vor vielen Jahren einmal dort.Der Wahnsinn.
    Dass da mal etwas aus dem Ruder läuft braucht niemand wundern –auch nicht die riesigen Supermarkt bzw.die überall präsenten Discounterkonzerne. Natürlich wälzen diese alles auf die Produzenten ab, selbst keiner Schuld bewusst. Das kennt man längst.
    Man sollte die Situation mal vor Ort gesehen haben- dann denkt mancher Verbraucher vielleicht endlich mal anders. In der es mit Mafiaähnlichen Methoden drunter und drüber geht.
    Ich habe mal einen Überblick aus div. Informationen zusammengestellt:
    Die Treibhäuser erstrecken sich bis in die Berge, viele sind illegal. Unter den Folien wachsen vor allem Tomaten, Paprika und Erdbeeren unter starker Pestizidbehandlung und extremer Bewässerung.

    In Almería befindet sich die weltweit größte Konzentration von (Plastik-) Gewächshäusern aus denen ganz Europa mit Obst und Gemüse beliefert wird. Die Gewächshäuser stehen so dicht und in so großer Zahl neben-einander, dass sie aus der Ferne wie ein riesiges Plastikmeer aussehen. Das künstliche, silberglänzende wirkende Gebilde ist sogar vom Mond aus erkennbar. Wolkenverhangene Berge begrenzen das Meer aus Plastik, das sich bis in die Ausläufer der Sierra de Gádor hinauf-schiebt. Es kriecht bis an die Häuser der Wohnviertel heran, säumen die Schnellstraßen und umschließen die Ortschaften wie eine Schicht aus silbrig glänzendem Tüll. Alle Reste von Natur werden nach und nach von der Flut der „Gewächshäuser“ verschluckt.

    Zwischen 70 und 80 Prozent des europäischen Lebensmittelmarktes werden heute von wenigen Großhandels-ketten beherrscht, die die Preise für landwirtschaftliche Erzeugnisse ständig nach unten drücken. Bei einem Verkaufspreis von 11 Cent pro Kilo Gurken bleibt auch für die Landwirt/Innen nicht viel übrig. Ist der Markt gesättigt, weigern sich die ZwischenhändlerInnen, das produzierte Gemüse anzunehmen. Tonnenweise landen Gurken, Paprika und Tomaten so auf dem Müll. Auf einer 350 Quadratkilometer großen wüstenartigen, (demzufolge ungünstiger Niederschlagsverhältnisse)riesigen Fläche, nahe der (tourist.) Küste von Almeria wird für jede/n einzelnen Europäer/In mehr als zehn Kilo Treibhausgemüse im Jahr produziert. Während der Hochsaison im Winter verlassen täglich Tausend Last-wagen das „Plastikmeer“ des südspanischen Anbaugebiet und rollen über die Autobahnen Richtung Norden, um insbesondere auch deutsche Supermärkte und Discounter mit billigem Obst und Gemüse zu beliefern(ca. 70%). Eine zerstörte Umwelt, eine von Pestiziden und üblen Gerüchen gesättigte Luft, eine Landschaft ohne Grün-flächen, ohne Bäume, ohne sauberes Wasser, die Ausbeutung von Arbeiter und der direkten Umwelt- kurzum, eine industrielle Einöde, das ist der Preis.

    Die sozialen Folgen tragen die auf 2010/11 angewachsenen ca. 90. 000 übers Jahr Beschäftigten Migrant-Innen, viele davon illegalisiert. Ca. 80% sind aus Nordafrikanischen Ländern, andere aus einigen ehemal. Ostblockstaaten. Sie sind unerlässlich für die Aufrechterhaltung eines effizienten, einseitigen „Agrar-Wirt-schaftswunders“. Die Arbeiter (Lohn von ca. 4,50 € /Std. !) sind die Sklaven von heute die oft unter Slum-ähnlichen Bedingungen leben, denn vernünftige Löhne kann sich hier keiner leisten. Dieses Produktionsmodell findet seine wohl stärkste und brutalste Ausprägung in der südspanischen Provinz wo in einer jährl. Saison 3 Millionen Tonnen Treibhausgemüse produziert werden. Hauptursache für diese sprunghafte Entwicklung ist primär die Veränderung der Essgewohnheiten in den nordeuropäischen Ländern.

    Die Arbeiter/Innen müssen jederzeit zu Verfügung stehen (ausgesuchte Frauen sogar auf Verlangen des Patrons privat je nach Tageslaune und Geschmack), leben nach den Vorstellungen der Patrons am besten in Rufweite in einem Plastikverschlag. Prekäre Arbeitsverhältnisse und Illegalisierung schaffen eine Situation, in der die MigrantInnen ohne soziale Absicherung nach Belieben eingestellt und wieder entlassen werden können. Eine verschärfte Konkurrenz zwischen den verschiedenen MigrantInnengruppen, soziale Ausgrenzung , Rassismus bis zu Übergiffen und Morddrohungen sind feste Bestandteile dieses Systems. Unzweideutig manifestiert sich der Widerspruch zwischen Lohnarbeit und Kapital, zwischen sklavereiähnlichen Lebens- und Arbeitsbed-ingungen für migrantische LandarbeiterInnen und agroindustrieller Gewinnabschöpfung.

    Geblendet vom Boom, den ihnen der europäische Gemüsemarkt beschert hat, misshandeln die Bauern von El Ejido ihre Landschaft. Vor einer Generation noch bitter arm und selbst Auswanderer, beschädigen sie auch ihre Gemeinschaft, indem sie Tausende Arbeiter verleugnen und hassen, die sie doch brauchen. Sie verwandeln sich unmerklich in eine giftige, rassistische Gesellschaft und zersetzen die eigenen sozialen Beziehungen. Im Feb-ruar 2000 kam es zu gewaltsamen Ausschreitungen von Einheimischen gegen marokkanische Gastarbeiter, nachdem zwei Marokkaner innerhalb kürzester Zeit drei Bewohner von El Ejido getötet hatten. Der Mob von El Ejido brannte Geschäfte und Hütten der Marokkaner nieder. Zertrümmert wurde auch das Büro der Frauen-organisation Mujeres Progresistas, die sich um die illegalen Arbeiter kümmert. Dabei hat El Ejido eine be-sondere Achillesferse: das Wasser, das eines Tages ausbleiben oder zu teuer werden könnte. Dann würden sich die Großmärkte unweigerlich anderen Produzenten mit vielleicht noch gigantischeren Gewächshäusern zuwenden. Im Augenblick ist die Gefahr noch fern, und zumindest Arbeitssklaven scheint es in Überfülle zu geben, mehr als Wasser. Seit einigen Jahren hört man hier auch Polnisch, Rumänisch, Ukrainisch. Diese neuen Wanderarbeiter, von einer eigenen Mafia herangeschleppt und kontrolliert, akzeptieren angeblich noch niedrigere Löhne als die Marokkaner die sich inzwischen irgendwie teilweise selbst organisiert haben.

    Die Provinz Almería ist eine der trockensten, unfruchtbarsten Gegenden Europas und zugleich die ständig und am intensivsten bewässerte (180 l Wasser auf 1 kg Obst/Gemüse). 1 einzige 70 Gramm wiegende Tomate benötigt 13 Liter Wasser bis zur Reife. So benötigt die Landwirtschaft der Region alleine 80 % der verfügbaren Trinkwassermenge in Andalusien. Bei geöffnetem Gewächshausdach erwärmt sich die Bodenoberfläche bis auf 60 bis 70 °C. Diese Temperaturen reichen aus, um unerwünschte Keime abzutöten. Die Auswaschung von Düngemitteln zeigt sich in hohen Nit-ratbelastungen im Grundwasser die weit über dem zulässigen EU-Grenzwert für Trinkwasser liegen. Der hohe Wasserverbrauch in der Landwirtschaft beeinflusst auch die Wasserreserven in der Provinz. Das Grund-wasser ist in den letzten Jahrzehnten stark zurückgegangen und durch einsickerndes Meerwasser zudem versalzen. Die intensiven Kulturen laugen den kargen Wüstenboden schnell aus. Statt teure Entsalzungsan-lagen zu bauen, haben findige Genforscher lieber eine neue Tomatensorte gezüchtet die das salzige Wasser überlebt. Das ist billiger.
    Und damit die Millionen Tonnen der Produkte auch wie aus dem Hochglanzkatalog am Bestimmungsort an-kommen, helfen die Landwirte ein bisschen nach – mit bis zu 40 Kilogramm Pestiziden pro Hektar, die die Tagelöhner auf den Plantagen versprühen müssen. Und natürlich auch einatmen. Im Vergleich zu Holland sind das doppelt soviel Düngemittel und drei- bis viermal mehr Pestizide. Die Gesundheit von Mensch und Tier ist gefährdet. Schwere Vergiftungsfälle, Erbrechen, Kopfschmerzen, Hautentzündungen oder der Anstieg der Brustkrebsraten gehören hier zum Alltag. Den Europäischen Verbraucher interessiert dies bisher offensichtlich nicht; nur der „Billig Preis“ der uns längst in Nachhaltigkeit und Qualität selbst teuer zu stehen kommt.

    Noch vor 20 Jahren gehörte Almeria zu den ärmsten Regionen Spaniens, heute sind einige Bauern und Unter-nehmer Multimillionäre. Die soziale Ausbeutung und der Umgang mit der einzigartigen Landschaft erinnert
    eher an die Dritte Welt als an Europa.

    Korruption, Repression und Misswirtschaft
    Nebst dem, dass die meisten ausbeuterischen Gemüsebauern ihre hereingeschwemmten billigen Arbeitsno-maden nicht nur in einer Paraellwelt am Rande der Gewächshäuser versteckten, wird versucht, jede Form von Organisation schon im Ansatz zu verhindern. Sogar der langjährige Bürgermeister von El Ejido steht zudem unter Anklage der Veruntreuung öffentlicher Gelder, Vorteilsgewährung, Geldwäsche, Bestechung und Fälsch-ung von Handelspapieren. Es geht dabei um 150 Millionen Euro. Noch bedenklicher als diese Summe jedoch stimmt die Konstellation, welche das Delikt, dessen er beschuldigt wird, erst möglich machte: Das betroffene Mischunternehmen, Elsur, ist zu 30 Prozent im Besitz der Kommune und zu 70 Prozent im Besitz der Wasser-werke, den Vorsitz hat der Bürgermeister von El Ejido, Juan Enciso. Derzeit befindet er sich auf Kaution in Freiheit, nachdem er im Oktober 2009 festgenommen worden war.
    Juan Enciso ist ein typischer Bürger seiner Stadt, dessen Eltern als Pioniere in die Vermarktung von Obst und Gemüse eingestiegen waren. Juan Enciso selbst ist im Vorstand von Agroejido, S.A., einer Auktionshalle für Obst und Gemüse in El Ejido und somit mitten im Geschehen des wichtigsten Wirtschaftszweigs der Region. 2001 wurde er anlässlich der Ausschreitungen gegen marokkanische Mitbürger von der Organisation Derechos para Tod@s und ODITE der Verteidigung des Rassismus, der Beihilfe zum Mord und der Unterlassung seiner Pflicht, die Güter und die Sicherheit von Bürgern marokkanischer Herkunft zu schützen, angeklagt. Diese Klage zeigte allerdings wenig Wirkung. Über die aktuelle Anklage ist bis heute noch nicht entschieden.

    Wenn es an Wasser, Bildung oder Obdach fehlt, steckt dahinter oft keine Naturgewalt. Vergiftetes Wasser, grundlos erschossene Dorfschullehrer und plattgewalzte Elendsviertel (u.a. Pogrom im Jahr 2000) sind Menschenrechtsverletzungen, begangen oder hingenommen von den Staaten selbst. Wie die politischen Menschenrechte sind auch die wirtschaftlichen, sozialen und kulturellen Rechte in einem UNO-Menschen-rechtspakt für alle Staaten verbindlich festgehalten. Zu den Rechten gehören auch das Recht auf Zugang zu sauberem Wasser und das Recht auf Schutz der Gesundheit. Auch der unseren!!!
    Mehr Informationen im Internet:
    http://amnesty.21publish.de/wsk

    http://www.animalsinalmeria.de/page/Pestizide.htm
    Migration und Hybris im Plastikmeer von El Ejido

    http://www.suite101.de/content/migration-und-hybris-im-plastikmeer-von-el-ejido-a97568#ixzz1F14thtBC

    http://de.wikipedia.org/wiki/El_Ejido

    kein Wunder dass es keine richtig gesunden Lebensmittel mehr gibt.!!!
    siehe zusätzl.Meinung:
    http://www.haraldlemke.de/texte/Lemke_KT_Esskultur.pdf

    m.f. G.

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