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Lesetipps: Saatgut-Monopol gekippt | Essbare Stadt | Facebook | Gefährlicher Wahnsinn Auto

[1]Heute möchte ich meine Lesetipps mal mit einer positiven Meldung  beginnen, die wir überraschenderweise der EU zu verdanken haben – der Europäische Gerichtshof hat nämlich, so vermeldet u.a. Spiegel Online, das „Saatgut-Monopol der Konzerne gekippt [2]“. Man mag es kaum glauben, aber so wird dem schändlichen Treiben von Firmen wie Monsanto, Syngenta oder Bayer also tatsächlich Einhalt geboten, zum Wohle der Landwirte und Verbraucher.

(…) Denn künftig dürfen Bauern ihre alten Gemüse- oder Getreidesorten auch dann anbauen, wenn industrielle Saatguthersteller sie nicht mehr anbieten. In Deutschland machte vor Jahren der Fall der Kartoffelsorte Linda Schlagzeilen. Diese wurde vom Hersteller aus dem Saatgutregister genommen, weil die Firma verhindern wollte, dass die Landwirte die Sorte lizenzfrei nutzen. Bauern und Verbraucher beschwerten sich über das Verschwinden der beliebten Sorte. Mit dem Urteil des EuGH wäre ein solcher Fall künftig nicht mehr möglich. Denn jeder Bauer kann nun die gewünschte Sorte anbauen und vertreiben.

“Das Urteil ist ein fast unglaublicher Sieg für Landwirte, die Artenvielfalt und den Verbraucher”, sagte Friedrich-Wilhelm Graefe zu Baringdorf SPIEGEL ONLINE. Er ist Chef der Arbeitsgemeinschaft bäuerliche Landwirtschaft und ehemaliger Abgeordneter des Europäischen Parlaments. Vor Jahren habe er der Kommission eine Ausnahme abgerungen, wonach kleine Anbieter von Nutzsaatgut von der Anmeldepflicht befreit sind. Diese Ausnahme habe der EuGH nun zur Regel gemacht. “Das ist ein großer Erfolg im Kampf David gegen Goliath”, so Graefe zu Baringdorf. (…)

Apropos Ernährung – der Trend des „Urban Gardening“, den ich hier im Blog auch schon ein paar Mal erwähnte, hält unvermindert an. In unsicheren Krisenzeiten und vor dem Hintergrund einer undurchsichtigen und den Verbraucher täuschenden Nahrungsmittelindustrie wird Selbstversorgung für viele immer attraktiver. In den Städten steht dafür natürlich nur begrenzt viel Raum zur Verfügung, so dass Kreativität gefragt ist. Der NewsBlog berichtet über eine spannende Initiative – „Deutschlands erste essbare Stadt – Andernach: “Der Tisch ist gedeckt!” [3]“:

(…) Öffentliches „Grün“ ist überwiegend langweilig und steril angelegt, zudem laden Verbotsschilder wie „Betreten des Rasens verboten“ nicht sonderlich zum gemütlichen Verweilen ein. Ebenso schlagen bei den meisten Städten und Gemeinden die Bepflanzung sowie Pflege der Grünflächen als schmerzlicher Kostenfaktor im Budget zu Buche. So ist es nicht verwunderlich, dass Ideenreichtum wie auch Wohlfühlcharakter bei der Gestaltung von Grünanlagen vielfach auf der Strecke bleiben. Die Stadt Andernach zeigt, dass es auch ganz anders gehen kann, denn das beschauliche Städtchen am Rhein ist die erste „essbare Stadt“ Deutschlands.

Im Gegensatz zum allgemein üblichen Wechselspiel eintöniger Rasenflächen und klassisch bepflanzter Blumenbeete erstrahlt das neue „grüne Stadtbild“ von Andernach nunmehr in weitaus bunterem floralen Glanz. Mit der vor zwei Jahren begonnenen grundlegenden Umgestaltung der öffentlichen Stadtbepflanzung sind der Gartenbauingenieurin Heike Boomgaarden und dem Geoökologen Lutz Kosack [4] gleich mehrere Schachzüge auf einmal geglückt. Das ideenreiche Konzept vereint neben der optischen Aufwertung der städtischen Grünanlagen Nachhaltigkeit, Förderung der Artenvielfalt wie auch Verbesserung von Lebensqualität und Gemeinschaftssinn in der Bevölkerung. Statt „Betreten verboten“ ist „Pflücken erlaubt“. (…)

Man staune nicht schlecht, denn über 300 verschiedene Tomatensorten und 100 Bohnensorten, eine Vielzahl unterschiedlicher Zwiebelgewächse, Kohlrabi, heimischer Grünkohl, Mangold, Zucchini, jede Menge verschiedene Kräuter sowie alte Obstsorten decken nun den Tisch in Andernach. Statt auf die Bedürfnisse in konventioneller Landwirtschaft gezüchteten Einheitsware setzt Lutz Kosack auf die Verbreitung widerstandsfähiger alter Kulturpflanzen. Bei der in Andernach praktizierten „urbanen Landwirtschaft“ – Herr Kosack spricht auch von „Agro-Biodiversität“ [5], animiert man die Anwohner sogar dazu, die Pflanzen in ihren Hausgärten anzubauen, um Artenreichtum weiter zu fördern. Denn Artenvielfalt braucht Zukunft – warum nicht im eigenen Garten! (…)

Eine der stärksten Bedrohungeen für Biodiversität und eine lebenswerte Stadt ist bekanntermaßen das Auto. Wie Krebsgeschwüre fressen sich Straßen und Parkplätze durch die Landschaft, übrall stehen Autos herum und belegen Platz, der eigentlich für Menschen gedacht ist, und der permanente Lärm und Dreck, den diese Karossen erzeugen, ist auch ausgesprochen schädlich und nervig. Leider wird dies aber von den meisten Menschen als unabwendbares Übel, quasi als Preis des Fortschritts akzeptiert, ganz egal, wie negativ die Folgen auf das Leben der Bürger ausschaut. Das österreichische Portal Profil Online beschäftigt sich ebenfalls ein wenig mit dem „Gefährlichen Wahnsinn Auto [6]“. Der Artikel ist ein bisschen länger, aber ich kann ihn wirklich nur wärmstens empfehlen!

Das Auto – es ist laut, stinkt, frisst Platz und zerstört Leben. Jedes Jahr sterben weltweit über drei Millionen Menschen am Verkehr. Autofahren ist kein Grundrecht, sondern oft einfach nur verrückt. Dennoch ist die Debatte darüber schrill und hysterisch. Besonders in Österreich. (…)

(…) Die Erfahrung, dass die Waffen der Vernunft im Straßenkampf stumpf sind, teilt die grüne Vizebürgermeisterin mit Generationen von Verkehrspolitikern vor ihr. Im Moment wird gleich auf mehreren Verkehrsbaustellen erbittert gefochten: Pendlerpauschale, Gratis­parken in Wiener Bezirken, Benzinpreis. „Freie Fahrt für freie Bürger“ – der Slogan der siebziger Jahre schwingt in fast allen Debatten mit, so als gäbe es nicht bloß ein grundsätzliches Recht auf ­Mobilität, sondern ein Menschenrecht auf Fahren mit dem Auto.  (…)

Im Getöse der Auspuffe verhallen Argumente ungehört. Autos fressen enorm Platz: In Wien etwa 80 Prozent des Straßenraums. Auf der restlichen Fläche drängeln sich Straßenbahnen, Busse, Radfahrer, Fußgänger. Autofahren wird hoch subventioniert. Parken ist im internationalen Vergleich spottbillig: Um 179 Euro kann man in Amsterdam ein Monat lang parken, in Wien hingegen ein ganzes Jahr. Die Öko-Bilanz ist fatal: Autos sind laut, stinken und tragen zu einem erklecklichen Anteil dazu bei, dass Feinstaub- und andere Schadstoffwerte in der Luft bedrohlich klettern.(…)

(…) An den Hauptverkehrsrouten wohnen die Einkommensschwächeren. Sie schlucken den Gestank und den Lärm jener, die es sich leisten können, in grüne Ruhelagen zu übersiedeln. Androsch bemüht sich seit Jahren, diese soziale Schieflage aufs Tapet zu bringen: „Wer arm ist, wohnt im Lärm.“ Ruhe und Stille avancierten am Immobilienmarkt zu begehrten Gütern, zumal Studien zeigen, dass selbst „leiser Lärm“ (unter 80 Dezibel) die Gesundheit schädigt, wenn man ihm ständig ausgesetzt ist. Kinder, die im Dauerlärm aufwachsen, können sich weniger gut konzentrieren, zeigen eine verzögerte Sprachentwicklung, schneiden in der Schule schlechter ab. (…)

Und gleich noch ein Ärgernis – Facebook. Eigentlich ist ja schon alles über dieses sog. „soziale Netzwerk“ gesagt worden; über den laxen Umgang mit dem Datenschutz, über die Preisgabe persönlicher Informationen, über das Speichern von Chatprotokollen etc. Trotzdem benutzen nach wie vor hunderte Millionen von Menschen Facebook, um dort ihr Leben auszubreiten. Schön blöd – wenn sich das mal nicht rächt… Schnüffel-Plan der Schufa – Was Facebook über Sie verrät [7], schreibt Spiegel Online:

Hängt die eigene Kreditwürdigkeit künftig vom Facebook-Freundeskreis ab? Werden Mobilfunkverträge teurer, wenn man die falschen Bekannten hat? Die Schufa will Social Networks als Datenquelle nutzbar machen, Datenschützer und Politiker sind empört. Was verrät Facebook tatsächlich über uns? (…)

Datenschützer sind alarmiert, Bundesminister empört [8]: Die Kreditwürdigkeits-Auskunftei Schufa hat das Hasso-Plattner-Institut (HPI) mit einem Projekt beauftragt, das soziale Medien zur Bonitätsprüfung nutzbar machen soll [9]. Im Grunde ist der Schritt nur folgerichtig: Auskunfteien nutzen seit jeher öffentlich verfügbare Daten und viel Statistik, um möglichst präzise vorhersagen zu können, ob jemand einen Kredit wird abzahlen können oder ob eine hohe Rechnung womöglich platzen wird. Durch das Internet sind mehr Informationen über einzelne Menschen und ihr soziales Umfeld verfügbar als jemals zuvor. (…)

Das größte Risiko ist der Nutzer selbst: Je mehr er auf einem sozialen Netzwerk von sich preisgibt, desto mehr hilft er Außenstehenden, sich ein Bild von seiner Person zu machen. Ganz so freizügig wie in den Anfangsjahren der sozialen Netzwerke geben sich auf Facebook mittlerweile weniger Menschen: Für die Öffentlichkeit sind viele Profile nicht oder nur zum Teil einsehbar. In der Fotostrecke erklären wir, wie Sie Ihr Facebook-Profil möglichst blickdicht machen. Nicht-öffentliche Informationen sollen nach Schufa-Angaben nicht ausgewertet werden. (…)

Dazu passt auch diese Meldung „Facebook: Seiten posten automatisch Werbung im Namen von Fans [10]“. Wie dreist:

In den USA ist die Aufregung groß: Facebook-User beobachten neuerdings, dass Seiten von Firmen und Organisationen automatisch in Posts von ihren Fans erwähnt werden. Der jeweilige Fan sieht seine vermeintliche eigene Meinungsäußerung gar nicht und hat keinen Einfluss darauf. Facebook versucht die Sache schönzureden und verkauft dieses Verhalten als neues Feature.

Automatische Posts im Stream von Freunden

Bei aller Kritik an Facebook konnten Freunde des sozialen Netzwerks bisher zumindest immer ein Argument vorbringen: „Dann poste doch einfach nichts!”. Klare Sache, wer nichts postet, der braucht keine Bedenken wegen Datenschutz oder Privatsphäre haben. Das scheint sich nun aber geändert zu haben. Auch ohne manuell verfasste Beiträge könnte euer Name demnächst im Stream eurer Freunde erscheinen, und zwar im Kontext mit Seiten von Firmen und Organisationen, die ihr irgendwann mal geliked habt. (…)

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