Vielleicht erinnert sich ja noch der eine oder andere Leser meines Blogs an meinen Surftipp Centennial Society, in dem ich das umfassende Adbusting/Culture Jamming-Websiteprojekt von Packard Jennings vorstellte. Nun hat Jennings eine neue Seite am Start, die sich mit der gleichen Thematik befasst, also kreativem Widerstand gegen herrschendes Unrecht, passende Antworten auf Reklame- und Marketingzumutungen uvm. Es nennt sich Destructables und ist eine „Do-It-Yourself-Website für Projekte des Protests und kreativen Widerspruchs“ – und passt somit natürlich perfekt in den Konsumpf. Folgendes schreibt der Autor über sein neues Webprojekt (ich übersetze den Text mal eben aus dem Englischen):

„Progressive Menschen sind recht bewandert in dieser Kritik an der ‚Produktion von Konsens‘, aber wir müssen auch lernen, wie man Widerspruch konstruiert. Wir müssen anerkennen, dass es in der Politik – selbst bei unserer eigenen Politik – um Überzeugen geht, und dass eine der effektivsten Arten, Menschen zu überzeugen und Veränderungen anzustoßen, ist, ihre Träume anzuzapfen. Wenn Progressive Politik und Macht ernst nehmen wollen, müssen sie lernen, das Spektakel nich grummelnd, sondern begeistert und frei von Schuldgefühlen zu nutzen. Wir müssen unsere eigenen Spektakel erzeugen.“ Stephen Duncombe

 

Destructables.org ist eine werbefreie Do It Yourself-Website für Projekte des Protests und kreativen Widerstands. Die Site bietet von Usern erstellte Schritt-für-Schritt Video- und Foto/Text-basierte Anleitungen für eine große Bandbreite an Widerspruchs-Aktionen, darunter unter anderem: Kunst-Aktionen, Plakatveränderungen, Shop-Dropping, Protest-Strategien, das Herstellen von Demo-Materialien, Eingriffe, Methoden zivilen Ungehorsams, Arbeiten mit Stiften, Performance-Aktionen  und viele andere Formen öffentlichen Widerspruchs – vom praktischen und taktischen bis zum kreativen und illegalen. Destructables ist ein lebendiges Archiv und eine Quelle für Künstler und Aktivisten.

Destructables wurde mit einigen grundlegenden Ideen im Hinterkopf entwickelt:

Widerspruch ist notwendig für eine gesunde Gesellschaft (nicht dass unsere Gesellschaften momentan gesund wären).

Debatten, Widerspruch und radikale Ansichten kämpfen gegen die reduktionistische Monokultur der Konzern-Macht. Sicher, wir sind gute Konsumenten, aber tief in uns drinnen sind wir so viel mehr. Wir sind in diese Richtung (des guten Konsumenten) eingepfercht worden. Sie ist sicher, geordnet und fade, aber wollen wir wirklich, dass unsere Gesellschaft so aussieht. Lasst uns in den Straßen debattieren. Lasst es uns leben!

Der öffentliche Raum ist politisiert:

Der „öffentliche Platz“ – Räume für das Diskutieren von Ansichten und Ideen mit anderen Menschen, ohne dass größere politische Strukturen ihren Einfluss ausüben, schrumpfen zusehends. Durch Reklame, Überwachung und Privatisierung verschwindet unsere eigene öffentliche Sphäre direkt vor unseren Augen. In zunehmendem Maße wird unser „öffentliche Platz“ verkauft und dann in Form von Shopping-Centern und Konzern-Plätzen an uns zurückverteilt. Während diese Plätze sorgfältig die öffentlichen Plätze nachzuahmen versuchen, die sie verdrängt haben, sind sie doch sehr viel strikteren und oft willkürlichen Regeln unterworfen. Wir unterstützen Leute, die aktiv werden, um diesen öffentlchen Raum wieder für die Menschen zurückzuerobern.

Widerstand und Protest benötigt permanentes Sich-Wieder-Erfinden:

In einer Zeit, in der traditionelle friedliche Proteste in den USA nahezu bedeutungslos geworden sind, in einem Zeitalter, in dem Demonstrationen in speziellen Arealen stattfinden und von den Medien weitestgehend ignoriert werden, in einer Zeit der wachsenden Meienüberflutung, Vernetzung und abnehmender Aufmerksamkeitsspannen und in einer Zeit, in der Marektingleute die Werkzeuge und die Sprache des Widerspruchs und der Revolution stehlen, brauchen wir dringend neue Strategien. Wir benötigen neue Taktiken und Methoden, um aufzurütteln – um ein neues „ethisches Spektakel“ in großem Maßstab zu erschaffen.

Und so finden sich auf Destructables wirklich bereits jetzt viele tolle Anregungen und Anleitungen – neben Asphalt-Mosaik, Aufrütteln in Shoppingmalls, Behindern von Banken oder auch kritischen Bibel-Aufklebern beispielsweise das ausführliche „The Art and Science of Billboard Improvement“ der Billboard Liberation Front:

Dieses PDF-Büchlein zeigt Euch die Trends und Techniken, Plakatwände zu verändern, von einigen der besten Leuten in der Szene. Es beschäftigt sich mit der Auswahl des Werbeplakats, der Herstellung Eurer Verbesserungen, der Anbringung Eurer Verbesserungen (Technik, Sicherheit, Flucht etc.) und Öffentlichkeitsarbeit. Produziert und vertrieben von der Billboard Liberation Front (BLF).

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