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Surftipp: Europe versus Facebook

Vielleicht erinnert sich der eine oder die andere meiner Leser und -innen ja noch an meinen selbstzweiflerischen Artikel zur Facebook-Thematik von vor einigen Wochen („Die Facebook-Krake [1]“). Dort fragte ich mich, ob ich es wirklich mit meinem Gewissen verantworten kann, ein Facebookprofil zu haben (auch wenn ich dort herzlich wenig Privates kundtue) und ob es so sinnvoll ist, dass es sogar eine Facebook-Konsumpf-Gruppe gibt – schließlich erzeugt man mit alledem Klicks und Traffic, den Facebook wieder schön vermarkten kann. Diese Zweifel wurden noch viel stärker, als ich unlängst den Monitor-Beitrag „Facebooks Datensammelwut: Offenbarungseid der Politik [2]“ zu sehen bekam, den ich schon erschreckend finde – dass Facebook alle möglichen Daten über seine User sammelt und sie auch dazu animiert, möglichst viel von sich preiszugeben (und sei es nur in spielerischer Form), war mir schon klar. Aber dass selbst Nachrichten und Chats, die man geführt hat, in den Facebook-Datenbanken bleiben, ist ein absolutes Unding, finde ich:

Egal, ob du Musik hörst, ob du schnell etwas kochst oder einfach durch den Park läufst. Was du in Facebook einmal flüchtig notierst, vergisst Facebook nicht. Der Gründer des größten sozialen Netzwerkes, Mark Zuckerberg, präsentiert seine Menschheitsvision. Ein Facebook Lebensarchiv! Nichts geht verloren, nichts bleibt verborgen. Hier steht er vor dem Archiv seines eigenen Lebens, und das soll jeder bekommen. (…)

Max Schrems, der in Wien Jura studiert, nutzte drei Jahre lang Facebook. Er chattete mit Freunden und schrieb viel Persönliches. Irgendwann beschlich ihn ein komisches Gefühl. Er löschte vieles, traute Facebook aber trotzdem nicht. Also machte er von seinem Recht als EU-Bürger Gebrauch und verlangte eine Kopie aller über ihn gespeicherten Daten. Ergebnis: nichts war gelöscht. Gar nichts.

Max Schrems, Jura-Student: “Das sind jetzt sozusagen mal meine 1.200 Seiten, die ich von Facebook bisher bekommen hab. Und wenn man sich das sozusagen mal physisch vorstellt, vom Umfang, kann man sich vorstellen, wie viel die eigentlich über einen wissen. Und dann fragt man sich halt im Vergleich zu einer Stasi-Akte oder solchen Dingen, warum so viel über einen Normal-User gespeichert wird.”

Gespeichert auf diesen 1.200 Seiten, höchst persönliche und teils intime Nachrichten, die ihm Freunde geschrieben hatten. Da schreibt einer über “psychische Probleme”, ein anderer erzählt über “Homosexualität” und noch einer tauscht sich über die “Magersucht” einer Freundin aus. (…)

Und so wundert es nicht, dass sich immer mehr Widerstand gegen solche „Sozialen Netzwerke“ regt, die zwar auf der einen Seite ein Grundbedürfnis der meisten Menschen erfüllen, nämlich sich mit anderen auszutauschen, ihr Leben zu präsentieren, neue Freunde zu finden, auf der anderen Seite aber eben mit genau diesen Daten Geld durch Reklame verdienen und eben Datenbestände ansammeln, die, wenn sie in die falschen Hände geraten, zu unerquicklichen Folgen führen könnten. Selbst in einem halbwegs demokratisch anmutenden Staat wie Deutschland ist man eben nicht vor behördlichen Übergriffen gefeit.

Die Website Europe versus Facebook [3], die ich Euch heute ans Herz legen möchte, hat es sich zur Aufgabe gemacht, über all das aufzuklären und zu sensibilisieren und die auch konkret Anzeigen gegen Facebook Irland (die verantwortlich sind für die europäischen Bereiche zu verwalten) einreichen, weil der Konzern zum Teil massiv gegen datenschutzrechtliche Bestimmungen verstößt:

Transparenz. Derzeit ist es für den Nutzer von Facebook fast unmöglich zu sehen, was wirklich mit den vielen Daten passiert. So werden “entfernte Daten” weiter gespeichert, und die Nutzer im Unklaren gelassen, was Facebook  mit unseren Daten genau tut. Die Nutzer sind mit unverständlichen und sich widersprechenden Nutzungsbedingungen konfrontiert und können die Folgen der Nutzung von Facebook nicht immer genau einschätzen.Ein Unternehmen, das seine Nutzer permanent zu möglichst umfangreicher Transparenz aufruft, sollte zumindest jedem Nutzer klar und einfach erklären, was mit den Daten wirklich passiert. Das ist nicht nur fair, sonder in Europa klar in den Datenschutzgesetzen verankert. Es wird Zeit, dass sich das weltweit größte “soziale” Netzwerk an diese Gesetze hält.

(…) Selbst Entscheiden. Es gibt Personen, die nicht so “spendabel” mit persönlichen Informationen sind. Doch auch hier hat Facebook einen Weg gefunden: Es sollen einfach alle anderen Nutzer deren Daten an Facebook liefern.

Das passiert z.B. über das “synchronisieren” des Telefons, der E-Mail-Adressen oder durch das “markieren” diverser Benutzer in Fotos, Videos oder neuerdings auch an Orten.Dabei ignoriert Facebook eines der Grundprinzipien des Datenschutzes: Der Betroffene muss selbst seiner Datenverwendung zustimmen. Es reicht nicht aus, dass ein Facebook-”Freund” glaubt, dass es okay ist, dich auf einem peinlichen Foto zu markieren, oder fremde Leute deine E-Mail-Adressen  auf Facebook hochladen. Andere Netzwerke haben das seit langem anders gelöst und verwenden Daten erst, wenn der Betroffene selbst zustimmt.

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