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zu Guttenberg – eine Lichtgestalt verblasst

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© kc0nvi, stock.xchng

Brandaktuell und gerade in der gesamten Medienlandschaft heiß diskutiert sind die Plagiatsvorwürfe [2] gegenüber „unserem“ Verteidigungsminister Karl „Xerox“ Theodor von Guttenberg. Normalerweise halte ich mich ja aus tagespolitischen Dingen raus, aber in diesem Fall will ich doch mal eine Ausnahme machen. Denn an der Person zu Guttenbergs kann man gerade mustergültig lernen, wie wirksam auch heutzutage mediale Propaganda ist. Quasi aus dem Nichts taucht dieser gegelte CSU-Protegée aus und schafft binnen kürzester Zeit, dass ihm die halbe Republik huldigt und er als der beliebteste Politiker des Landes gilt. Ohne wirklich etwas geleistet zu haben wird er von Gazetten wie der BILD, Bunte etc. zum neuen Halsbringer hochstilisiert, RTL II dreht eine Sendung mit seiner Frau, auf SAT1 darf er sich prominent zur besten Sendezeit als Feldherr produzieren – und erschütternderweise springen viele Menschen auf diese Show an, wie die sprichwörtlichen Pawlowsche Hunde. Auch ZAPP war dieser Rummel bereits einen Beitrag wert, der duchaus kritisch mit dem Medienzirkus ins Gericht geht:


Umso unpassender kommen nun natürlich die Enthüllungen, dass KTzG offenbar diverse Passagen seiner Doktorarbeit abgeschrieben oder leicht umformuliert hat [3], ohne sie als Zitat zu kennzeichnen – und das bei einer mit „summa cum laude“ bewerteten Arbeit. Natürlich kommen sofort die Beschwichtiger und Fans aus ihren Ecken und wiegeln ab, das sei doch alles nicht so schlimm, und so ein „bisschen schummeln“ sei ganz normal, das mache doch jeder, jeder macht mal Fehler usw. usf. Erstaunlich, wie gut das Ausblenden von dem eigenen Bild zuwiderlaufenden Informationen offenbar funktioniert, denn aus dem Unfehlbaren und adeligen Untadeligen wird ja nun plötzlich jemand, der sich mit falschen Federn schmückt. Ein Blender, ganz so, wie man es von Anfang anvermuten musste, wenn jemand so schnell nach ganz oben kommt. Interessant ist in dem Zusammenhang auf jeden Fall der Artikel der ZEIT – „Die Fehler des Herrn Guttenberg [4]“ –, in dem auf die Plagiatsgeschichte nur am Rande eingegangen wird, dafür aber all die anderen Schwächen, die der Minister bisher gezeigt hat und über die seine Fans (und viele Medien) gerne hinwegsehen:

Der Verteidigungsminister habe seine Glaubwürdigkeit verloren, heißt es nun. In Wahrheit hat er das schon lange bevor die Plagiatsaffäre bekannt wurde. (…)

Das ist die Botschaft des Boulevards: Was sind schon ein paar geklaute Absätze [5]? Und das Blatt hätte Recht, wenn es nicht den entscheidenden Rest des Gedanken verschwiege: Was sind schon ein paar geklaute Absätze verglichen mit all den Fehlern, die sich Karl-Theodor zu Guttenberg im Laufe seiner nicht allzu langen Karriere als Verteidigungsminister geleistet hat? (…)

(…) Guttenberg redet viel und urteilt schnell. Er widerspricht sich, informiert nach Gutdünken und stößt selbst Kabinettsmitglieder vor den Kopf. Das ist sein eigentliches Problem. Ein Problem, das unmittelbar seinen Job als Verteidigungsminister betrifft. Das tut die Copy-und-Paste-Affäre nicht. Es wäre eine Ironie der Geschichte, würde er ausgerechnet über sie stolpern.

Es wird interessant sein, zu sehen, ob die Bürger ihn am Ende doch noch die Treue halten und ihn all seinen Fehlern zum Trotz unerschütterlich als einen integren Ausnahmepolitiker wahrnehmen. Und man sieht auch jetzt, wie die Medien funktionieren, denn wo ein Skandal ist, wird sich natürlich genüsslich darauf gestürzt. Von daher ist man als Medienliebling immer nur Lichtgestalt auf Abruf. Siehe dazu auch den Beitrag in der FAZ „Die Studierstube ist seine Bühne nicht [6]“:

Karl-Theodor zu Guttenberg: Nicht nur bei seiner Doktorarbeit, die jetzt wegen Plagiatsvorwürfen in heftiger Kritik steht, ist das Prinzip „Mehr Schein als Sein“ erkennbar. Ein Doktor-Typ ist Guttenberg schon von Natur aus nicht. (…)

EDIT: Auch sehr interessant der sehr kritische Artikel in der Süddeutschen Zeitung – „Der doppelte Karl-Theodor [7]“:

(…) Gerade die Guttenberg’sche Schnellschuss-Masche birgt allerdings das Risiko, sich zu verrennen – und eilig korrigieren zu müssen. Dann springt der zweite Guttenberg ein: Er beteuert mit größter Ernsthaftigkeit im Grunde genommen das Gegenteil von dem, was der erste Guttenberg vehement vertreten hat. (…)

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