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Neuzeitlicher Kolonialismus und schlimme Zustände beim Goldabbau

Es gibt wenig auf der Welt, was seit Jahr und Tag so beliebt ist wie Gold. Legenden und Mythen ranken sich um diesen Rohstoff, Kriege wurden deswegen geführt, viele Menschen mussten ihr Leben lassen, damit heutzutage Spekulanten Goldpreise in ungeahnte Höhen treiben oder man sich Gold als kostbaren Schmuck um den Hals legen kann. Es dürfte niemanden, der die Geschichte der Kolonisation und auch die heutige Entwicklung in der sogenannten Globalisierung verfolgt, verwundern, dass auch beim Gold der selbe Mechanismus greift wie bei allen anderen Dingen, die einen gewissen Wert haben – die armen Länder, die aber reich an Rohstoffe sind, werden von den entwickelten Industrienationen rücksichtslos ausgebeutet und über den Tisch gezogen. Multinationale Konzerne machen das Geschäft, zerstören die dortige Umwelt und lassen nur einen kleinen Prozentsatz des erbeuteten erworbenen Schatzes im eigentlichen Land. Der Rest dient der Aktienkurspflege.

Das Greenpeace-Magazin berichtete letztes Jahr in dem sehr lesenswerten Artikel „Lateinamerika – der ausgepresste Kontinent [1]“, wie Unternehmen seit Jahrzehnten in Südamerika mi den dortigen Bodenschätzen und Menschen umspringen:

(…) Potosí ist ein zentrales Symbol der Ausbeutung. Gleich dahinter liegt der 
Cerro Rico, der „Reiche Berg“; ein 4800 Meter hoher Kegel. Früher war er voller 
Silber. Die Spanier haben ihn auskratzen lassen und seinen Reichtum nach Europa 
gebracht. Die Eingeweide des Cerro Rico waren das Startkapital für die Industrialisierung Europas. Heute ist der Berg hohl und kann die Armut der zu seinen Füßen lebenden Menschen nicht mehr lindern. Aber er bringt sie auch nicht 
mehr um. Zu Kolonialzeiten starben zehntausende Aymara-Indígenas in den Stollen und Schächten.
Als der heute 70-jährige Journalist aus Uruguay in den 60er-Jahren Potosí besuchte, war die Stadt heruntergekommen und hatte nur noch ein Drittel der Einwohnerzahl ihrer Blütezeit. Am Fuße des Cerro Rico fand der junge Galeano einen weiteren Beweis für seine These: „Unsere Niederlage war seit jeher ein untrennbarer Bestandteil des fremden Sieges; unser Reichtum hat immer unsere Armut hervorgebracht und dazu gedient, den Wohlstand anderer zu nähren: den der Imperien und ihrer einheimischen Aufseher.“ (…)

(…) Silber oder Gold locken damals wie heute Schatzgräber und Investoren. „Sie haben Heißhunger danach. Wie hungrige Schweine lechzen sie nach Gold“, zitiert 
Galeano einen Nahuatl-Text. Nahuatl sprach man in Zentralamerika. Dort gibt es den sogenannten „Goldenen Korridor“, einen Streifen, der sich von der pazifischen Küste Guatemalas über das Hinterland von 
El Salvador und den Westen von Honduras bis an die nicaraguanische Karibikküste zieht. Die heutigen Ausbeuter, Konzerne aus Kanada und den USA, 
arbeiten gründlicher als die Spanier. Sie treiben keine Stollen mehr in den Fels, sie tragen ganze Berge ab und mahlen sie zu Staub. (…)

(…) Die Lebensdauer einer solchen Mine ist kurz: Nach sechs bis zehn Jahren bleiben nur ein riesiges Loch und eine mit Zyanid verseuchte Abraumhalde zurück. Die Menschen im Minengebiet sind so arm wie eh und je, und auch die Staaten haben kaum etwas verdient. Vor 20 Jahren haben die Ökonomen des Internatio-nalen Währungsfonds den Ländern Zentralamerikas Auslandsinvestitionen als Weg aus der Armut angepriesen. Um internationale Konzerne anzulocken, wurden in fast allen Bergbaugesetzen der Region die Steuern und Abgaben gesenkt. Ein bis zwei Prozent des Erlöses für den Staat sind seither normal. (…)

Und auch in der wöchentlichen WDR-Sendung Markt befasste man sich unlängst im Zusammenhang mit dem neuen „Goldrausch“ mit den Zuständen, unter denen die Menschen in den dortigen Minen und Goldregionen seit Ewigkeiten leben und arbeiten müssen – von „fairen“ Bedingungen ist man hier fast so weit entfernt wie in Zeiten des herkömmlichen Kolonialismus. Die Bemühungen, auch im Goldhandel so etwas wie „fair trade“ aufzubauen, stecken noch in den Kinderschuhen, und man darf vermuten, dass bis zu dem Zeitpunkt, wo man in dem Bereich etwas erreicht hat, der Großteil der Goldvorkommen schon erschöpft sein dürfte. Wie üblich bleiben dann für die dortigen Menschen nur die Brosamen übrig…


(Ich frage mich übrigens ernsthaft, ob unser momentanes System wirklich so ungerecht und zerstörerisch ist – es gibt ja anscheinend keine Wirtschaftsbranche, in der nicht ausgebeutet und zerstört wird –, oder ob die Medien-Berichte aus den verschiedensten Quellen sich eben vor allem auf die negativen Seiten fokussieren, so dass ein verzerrtes Bild entsteht? Was meint Ihr? Je mehr ich mich jedenfalls mit den Themen beschäftige, desto erschreckender scheinen mir die zu Tage geförderten Informationen – und lassen fast nur den Schluss zu, dass unser Reichtum auf dem Rücken der restlichen Welt entstanden ist (und weiterhin entsteht) und nur durch ein maximales Maß an Verdrängung der dazugehörigen Hintergründe so „normal“ erscheint. Um einen herum scheint alles gut zu laufen, man sitzt im Warmen bei bescheidenem Wohlstand, aber unter der Obefläche gärt es seit längerem. Dieses Unbehagen begleitet mich ja auch seit ca. 20 Jahren, also seit die komplette Durchkommerzialisierung des Alltags ausgerufen wurde. Aber das nur mal so als generelle Zwischenbemerkung.)

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