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Lesetipps: Lass uns den Verkehrsinselmais ernten | Billige T-Shirts | 10 Empfehlungen zur Rettung der Welt

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© bizior, stock.xchng

Wie gewohnt bin ich in den letzten Tagen über eine ganze Reihe von interesanten Artikeln im Netz „gestolpert“, die ich Euch auch ans Leseherz legen möchte. Da ist zum einen die ausführliche und sehr spannende ZEIT-Reportage „Globalisierung – Das Welthemd [2]“, mit der Autor Wolfgang Uchatius nicht nur zeigt, dass es den Qualitätsjournalismus nach wie vor gibt, sondern vor allem auch der Frage nachgeht, wie der Weg der bei uns so billig erhältlichen T-Shirts ausschaut, wie verzahnt ein Unternehmen wie H&M mit den weltweiten Lieferströmen ist und wie schwierig schnelle Lösungen der Ausbeutungs- und Umweltzerstörungsproblematik sind. Hier nur ein paar kurze Auszüge – lest Euch ruhig den gesamten Text durch:

Der Modekonzern H&M tritt gegen Ausbeutung ein. Und doch verkauft er Kleidung für ein paar Euro. Wie kann das sein? Eine Suche nach dem Geheimnis des billigen T-Shirts. (…)

(…) Die Bedrohung lebt in Indien, in Westafrika, in armen Ländern wie Mali oder Burkina Faso. Dort gibt es Bauern, die ihre Baumwolle halb so teuer produzieren wie die Amerikaner. Bauern ohne John Deere Cotton Stripper. Sie haben ihre Hände, das ist alles, trotzdem sind sie den Vardemans überlegen. Denn billiger als die modernste Maschine ist ein Mensch, der nichts zum Leben braucht als ein paar Schalen Reis am Tag.

In Amerika leben 19.000 Baumwollbauern. In den vergangenen zehn Jahren erhielten sie 25 Milliarden Dollar vom Staat. Angelockt von diesem Geld, bauten sie jedes Jahr genug Baumwolle für zehn Milliarden T-Shirts an. Die Baumwolle wurde billiger. Das T-Shirt auch. Die amerikanischen Steuerzahler haben nicht nur ihre Farmer subventioniert, sondern auch das T-Shirt von H&M.

In Indien und Afrika leben zehn Millionen Baumwollbauern. Sie bekommen ihr Geld nicht vom Staat, sondern vom Weltmarkt. Von den niedrigen Baumwollpreisen der vergangenen Jahre konnten sie kaum leben. (…)

Ein anderes Mainstreammedium ließ ungewohnte Töne verlauten – in der FAZ durfte Querdenker Prof. Harald Welzer etwas zur „Rettung der Welt“ schreiben – „Was Sie sofort tun können: Zehn Empfehlungen [3]“. In zehn knackig-kurzen Punkten ruft Welzer zu mehr Eigendenken und kritischem Hinterfragen der uns umgebenden Zustände auf. Erfreulich, dass so klare Worte in einer Zeitung wie der FAZ erscheinen:

(…) 2. Trauen Sie endlich Ihrem Gefühl, dass um Sie herum ein großes Illusionstheater stattfindet. Die Kulissen simulieren Stabilität, aber das Stück ist eine Farce: Immerfort treten dicke Männer auf und brüllen „Wachstum!“, Spekulanten spielen Länderdomino, und dauernd tänzeln Nummerngirls mit Katastrophenbildern über die Bühne. Das Publikum ist genervt und wütend, bleibt gleichwohl bis zum Ende der Vorstellung sitzen. Aber: Wann wird das wohl kommen? (…)

(…) Stornieren Sie Ihre nächste blöde Flugreise (Sie wollen da sowieso nicht hin), bestellen Sie Ihr nächstes Auto erst gar nicht (es wird Sie unglücklicher machen, weil Sie glaubten, es mache Sie glücklicher), kaufen Sie nichts mehr, was zu billig ist (denn dann hat irgendjemand zu wenig bekommen). Säbeln Sie in Ihre Weihnachtsgans und teilen Sie Ihren Kindern oder Enkeln mit, dass Sie ab jetzt Ihr Leben ändern werden. Das wird Ihnen helfen, es tatsächlich zu tun (denn jetzt können Sie nicht mehr zurück).

Wo wir schon mal bei alternativen Lebensweisen sind – die taz berichtete neulich über das Guerilla Gardening und die Bedeutung von selbstangebautem Obst und Gemüse für immer mehr Städter weltweit: „Überleben in Großstädten: Lass uns den Verkehrsinselmais ernten [4]“. Denn die Begrünung der Stadt dient nicht nur optisch-ästhetischen Aufhellungen des Einheitsgraus, sondern eben auch der Selbstversorgung und damit der Unabhängigkeit vom weltweiten Warenstrom:

(…) Doch viele Menschen machten aus der Not eine Tugend, etwa in den Großstädten von Ghana, Simbabwe und Kenia. Sie fingen an, freie Flächen vor ihrer Haustür zu bewirtschaften – auf Verkehrsinseln, an Flussufern, auf Müllkippen oder entlang der Eisenbahnschienen. Bauten dort Kassava, Kochbananen, Mais und Kohl an. Stadtgärten als Lebensversicherung gegen zukünftige Widrigkeiten wie Klimawandel, Bürgerkriege und Finanzkrisen? Vieles spricht dafür. (…)

(…) Der Prozess von der Farm auf den Teller, verbraucht viermal so viel Energie wie die Produktion des Lebensmittels selbst – das ist wenig nachhaltig. Daher gibt es auch in Industrienationen immer mehr städtische Subsistenzwirtschaft. Die Lohas akzeptieren keine Lebensmittel mehr, die mit hohem Energieaufwand zu ihnen transportiert werden. In New York zählt man mittlerweile 780 Community Gardens, in Toronto 100. (…)

(…) Und die langen Transportwege entfallen, auch das spart schädliche Klimagase. Allerdings nur, wenn die Gärten nicht mit synthetischem Dünger, der energieaufwendig produziert werden muss, sondern etwa mit Klärschlamm gedüngt würden. In wohltemperierten, entwickelten Städten könnten 30 Prozent des Bedarfs einer Stadt durch eigenes gezogenes Obst und Gemüse gedeckt werden, meint Viljoen. (…)

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