Mai
10
2012
5

Die Riestersche „Jahrhundertreform“

Es tut mir leid, Euch heute schon wieder nur eine Doku zu präsentieren, aber als ich mir neulich „Das Riester-Dilemma – Portrait einer Jahrhundertreform“ anschaute, war ich doch so entsetzt über das, was dort zu sehen war, dass ich die SWR-Sendung hier unbedingt vorstellen muss. Wie sehr hier eine Umverteilung von den Bürgern hin zu den Versicherungen stattfindet, eingeleitet durch die rot-grüne Regierung unter Schröder, aber wie man sehen kann auch heutzutage in der SPD noch unterstützt, und gepusht durch einseitige Meinungsmache in den Medien, ist wirklich beispielhaft. Sehr schlimm!

Die Verfechter der Riester-Rente waren sich damals einig: Die gesetzliche Rente alleine könne es nicht mehr schaffen. In einer älter werdenden Gesellschaft müsse jeder privat vorsorgen. Mit großzügigen staatliche Zuschüsse sollten die Bürger ermuntert werden, ein privates Zusatzpolster für Ihr Alter anzusparen.
Doch heute, rund zehn Jahre später entpuppt sich die vermeintlich renditeträchtige Privatvorsorge à la Riester mehr und mehr als Rohrkrepierer: Die staatlichen Zuschüsse kommen vor allem den Versicherungsgesellschaften zugute und nicht den kleinen Sparern.
Oft werfen Riesterversicherungen sogar weniger ab als viele ungeförderte Produkte – auch, weil der Staat zwar die Ansparphase großzügig fördert, aber bei der Auszahlung ebenso großzügig Steuern erhebt. Viele Rentner müssten über neunzig werden, um auch nur das Geld wiederzusehen, das sie in die Riester-Versicherungen eingezahlt haben.

Und schließlich droht gerade Geringverdienern der Totalverlust. Denn wer im Alter auf Sozialhilfe angewiesen ist, bekommt die angesparte Riester Rente nicht oben drauf. Sie wird viel mehr verrechnet von der Sozialhilfe abgezogen.
Schließlich haben nur knapp die Hälfte aller Antragsberechtigten eine Riester Rente abgeschlossen. Aber alle sind von der parallelen Rentenkürzung betroffen. Es sparen bei weitem nicht alle und tendenziell die Falschen. Viele Besserverdienende nehmen die Riesterförderung gerne mit, aber die, die wirklich darauf angewiesen wären, bleiben – mit gutem Grund – der Privatvorsorge fern, weil sie das Geld nicht aufbringen wollen oder können,
Zudem haben sich die Hoffnungen, dass sich das Geld der Sparer auf den Kapitalmärkten quasi von selbst vermehrt, in der Finanz- und Eurokrise längst zerschlagen. Staatsanleihen gelten entweder als riskant oder nicht profitabel. Die Verzinsung, die die Lebensversicherer ihren Kunden garantieren, ist mittlerweile auf mickrige 1,75 Prozent gesunken – und das auch nur auf den sogenannten Sparanteil.

Es wird immer unwahrscheinlicher, dass man mit privatem Sparen die Kürzung bei der gesetzlichen Rente ausgleichen kann. Die Reformen der letzten Jahre haben dafür gesorgt dass die Rente künftig um bis zu 20% geringer ausfallen wird. Der Vergleich mit den europäischen Nachbarn zeigt: In keinem anderen Land wurde das Rentenniveau so stark gesenkt. Selbst wer 32 Jahre durchgehend zum Durchschnittslohn gearbeitet hat, wird künftig im Alter Sozialhilfe benötigen.
Dabei hatte die Politik doch 2001 behauptet, es werde niemand schlechter, sondern allen besser gehen mit der Riester-Rente.

Profitiert haben von der Reform vor allem Arbeitgeber. Sie sollten von steigenden Rentenbeiträgen entlastet werden. Für die Arbeitnehmer dürfen die Beiträge dagegen weiter steigen. Zusätzlich müssen sie komplett aus eigener Tasche die private Vorsorge finanzieren. Sie zahlen also deutlich mehr als vor der Reform – für ein schlechteres Absicherungsniveau.
Für die Rentner hat sich die Operation nicht gelohnt, wohl aber für die Versicherer und ihre politischen Förderer. 37 Milliarden wurden inzwischen in privaten Riesterprodukten der Finanzindustrie angespart. Und wichtige politische Protagonisten der Rentenreform stehen heute auf der Pay Roll der Versicherungswirtschaft: Walter Riester hält heute hoch bezahlte Vorträge für Banken und Versicherung und sitzt im Vorstand von Union Invest. “Rentenpapst” Bert Rürup, der die Rentenpolitik unter Schröder maßgeblich geprägt hat, wechselte erst zum AWD und ist inzwischen Geschäftsmann und Unternehmensberater in einer gemeinsamen Firma mit dem umstrittenen Ex-AWD-Chef Carsten Maschmeyer. Andere einflussreiche Experten Regierungsberater wie Bernd Raffelhüschen oder Meinhard Miegel leiten Institute, die von der Versicherungswirtschaft gefördert werden oder wurden.
Der Lack ist ab von der privaten Vorsorge à la Riester. Teuer, ineffizient und für viele Bürger viel zu kompliziert. Gerade in der Krise zeigt sich, dass die gesetzliche Rente mit ihrem Umlageverfahren das erheblich stabilere und günstigere System ist. Doch ein Weg zurück ist nicht in Sicht – zu mächtig scheint die Macht der Lobby aus Wirtschaft und Politik.

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Schon seit längerem gibt es Überlegungen und Konzepte, wie man die Banken und ihre Finanztransfers so eindämmen kann, dass ihre Kollateralschäden zumindest begrenzt werden und auch die Gesellschaft als Ganzes vom Hin- und Herschieben von Finanzpositionen („Zocken“) profitieren kann, statt immer nur die Kosten tragen zu müssen. Die Tobin-Steuer, eine Überlegung des US-amerikanischen Wirtschaftswissenschaftlers James Tobin ist so ein Modell – hier würde für die Banken ein sehr geringer Prozentsatz (zwischen 0,05 und 1 %) von den jeweiligen Devisen-Transaktionen fällig werden, um so zum einen Spekulieren weniger profitabel zu machen (Eindämmen von Daytrading zum Ausnutzen von kleinen Währungsschwankungen) und zum anderen die so gewonnenen Milliarden für sinnvolle Zwecke einsetzen zu können. Einige Länder in der EU, sogar die Bundesregierung, haben sich schon positiv dazu geäußert, wollen diese Steuer aber nur einführen, wenn alle Staaten mitmachen. Mit anderen Worten: es wird nichts passieren und bei reinen Absichtserklärungen bleiben (sag ich mal so dreist).
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