Apr
06
2009
11

Wie „öko“ ist Öko-Test?

natur-oekotestVor einigen Wochen stach mir im Zeitschriftenladen die damals aktuelle Ausgabe vom Öko-Test ins Auge – ich ärgerte mich, dass sie die Discounter als Titelthema hatten und untersuchten, wo man denn dort am besten halbwegs gute Lebensmittel erwerben könne. Bekanntlich halte ich gar nichts von Discountern und denke, dass man dieses Geschäftsmodell nicht noch weiter pushen und fördern sollte oder ihnen gar durch solche Berichte noch eine Art „Öko-Siegel“ verpassen muss. Die langfristig negativen Folgen dieses Trends auch für den biologischen Anbau werden wir alle noch mitbekommen, sobald das Angebot größer geworden ist und der übliche Ausbeutungs- und Preisdruck-Mechanismus, der hinter dem Discounter-Prinzip steht, auch hier zu greifen beginnt. Das EU-Biosiegel ist ja nun bekanntlich ohnehin nicht die allerschärfste Verordnung und lässt auch gewisse Pestizidmengen etc. zu. Man betrachte dazu auch die Ausführungen auf Naturkostwiki, die klar machen, dass die Aufweichung des Biostandards dieses Jahr voran schreitet – und man darf vermuten, dass der wachsende Erfolg der Biowaren bei Discountern und Supermärkten diese Entwicklung gefördert hat und noch weiter verwässern wird:

Damit soll es ab 2009 vorbei sein. Das deutsche Bio-Siegel wird dann von einem neuen staatlichen EU-Logo abgelöst, das ganz anders als das bisherige Sechseck aussieht. Diese Neuerung geht mit einer Neufassung der EU-Öko-Verordnung einher, die im Dezember 2006 beschlossen wurde. Die Neufassung wird von den Anbauverbänden heftig kritisiert, weil sie bisherige Öko-Standards zugunsten des internationalen Handels verwässert und staatliche Kontrollen weniger streng fasst. Die Neufassung sei ein Rückschritt und biete weniger Verbrauchersicherheit, sagen Sprecher der Anbauverbände.

(…) Die bisherige Verordnung unterband klar jede Form von missbräuchlicher und irreführender Produktkennzeichnung mit dem Begriff “Bio”. Der jetzige Verordnungsentwurf gibt diese Klarheit und damit auch die durch Rechtsurteile untermauerte Sicherheit auf.

(…) Die Verwendung des EU-Bio-Logos wird ab 2009 verpflichtend für alle Bio-Produkte vorgeschrieben. Damit verliert das mit hohem Aufwand eingeführte, sich auf nahezu allen Produkten befindliche und beim Verbraucher bestens bekannte deutsche Bio-Siegel seine Bedeutung – zumal es künftig für einen niedrigeren als den heutigen Qualitätsstandard stehen würde.

Von daher stellte ich mir schon die Frage, wie „öko“ Öko-Test denn eigentlich ist. Mit diesen Gedanken bin ich tatsächlich auch nicht allein, denn im neuem Heft der Zeitschrift Natur fragt man sich ebenfalls: „Öko-Test mangelhaft?“ (Download des gesamten Artikels als pdf). Und fördert Erstaunliches zu Tage, das um so verwunderlicher ist, wenn man bedenkt, dass eine gute Bewertung von Öko-Test für viele Menschen einem Biosiegel o.ä. nahe kommt – was jedoch nicht den Tatsachen entspricht.

(…) um so mehr, als Öko-Test gar kein Bio-Siegel ist. Die Auszeichnung ziert nämlich nicht nur Bio-Lebensmittel, sondern auch konventionelle Produkte: Instantkaffee genauso wie tiefgefrorenes “Leipziger Allerlei”, Hähnchen-Curry wie Fruchtjoghurt, Rostbratwürstchen wie Nuss-Nougat-Creme. Ökologisch angebaute Zutaten: Glückssache. Artgerechte Tierhaltung: oftmals Fehlanzeige.

Doch der Käufer, der den “Öko-Test sehr gut”-Aufdruck auf der Verpackung eines konventionellen Produkts sieht, wird kaum die Hintergründe der Produktion hinterfragen. Etwa bei Masthähnchen, die in konventioneller Zucht intensiver gemästet werden als alle anderen Tiere. In riesigen Betonhallen vegetieren pro Quadratmeter 20 bis 25 Hähnchen, die spätestens nach 35 Tagen am Schlachtband hängen. Gefüttert wird vielfach mit Soja-Schrot, das oft aus Südamerika stammt und zur Zerstörung des Regenwalds beiträgt.

(…) All dies wird durch das Öko-Test-Siegel mit “sehr gut” faktisch legitimiert – weil die Haltung der Tiere und die Herkunft der Futtermittel weitgehend unberücksichtigt bleiben und vorrangig die An- oder Abwesenheit von einzelnen Schadstoffen bewertet wird. (…)

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