Aug
13
2009
7

Buchbesprechung: „Nestlé. Anatomie eines Weltkonzerns“

attac-nestlaÜber die Firma Nestlé gibt es viel Kritisches zu sagen – manches habe ich ja auch hier in meinem Blog schon unters Volk gebracht. Wer jedoch gerne eine kompakte Fassung der Sünden des Schweizer Großkonzerns zwischen zwei Buchdeckeln sein eigen nennen möchte, dem kann ich das Buch „Nestlé. Anatomie eines Weltkonzerns“, herausgegeben von Attac Schweiz, erschienen 2005 im Rotpunktverlag, empfehlen. Dieses kleine und mit 128 Seiten nicht unmäßig dicke Büchlein sorgte bereits in seiner Entstehungsphase für Wirbel, denn tatsächlich hatte Nestlé offenbar so große Angst vor dem, was die Attac-Autoren (u.a. Sandra Bott und Stephan Suhner) bei ihren Recherchen herausfinden würden, dass sie eine „V-Frau“ in die Aktivistengruppe einschleusten, um über den Fortgang des Buches auf dem Laufenden zu sein – hier sieht man wieder einmal, mit welchen Bandagen in der „freien Wirtschaft“ gekämpft wird. Als dies nach Erscheinen des Werkes publik wurde, sorgte es für einigen Wirbel („Nestlé ließ bespitzeln“, Frankfurter Rundschau vom 16.6.2008), verschaffte dem Buch aber nachträglich noch etwas wohlverdiente Aufmerksamkeit.

Denn was die Schweizer Attac-Gruppe hier zusammengetragen hat, ist ein erschreckendes Psychogramm eines Konzerns, der bei seinem scheinbar unaufhaltsamen Aufstieg zu einem der größten Unternehmen der Welt keine Rücksicht nimmt und primär auf den eigenen Vorteil aus ist, allen buntschillernden verlogenen Reklame- und Imagekampagnen zum Trotz. In acht Hauptkapitel ist das Buch gegliedert, wobei das erste einer kurzen Einleitung und einer Historie dieser Firma gewidmet ist. In den nächsten sechs Abschnitten geht es um einige der wichtigsten Kritikpunkte an Nestlé. Da wäre das oft angespannte Verhältnis zum Arbeitsrecht und zu Gewerkschaften weltweit, vor allem in Südamerika und Asien, aber auch in Frankreich und Deutschland versucht man hier gerne, das Maximum fürs Unternehmen aus den Arbeitern herauszuholen. Um den Konflikt in Kolumbien dreht sich ein eigenes Kapitel, das deutlich macht, wie hart Nestlé zum Teil vorgeht. Auch wenn seit dem Erscheinen des Buches an die 4 Jahre vergangen sind, dürfte sich hier, wie auch an den anderen Kritikpunkten, nicht viel geändert haben.

Besonders unerfreulich ist der Abschnitt über Nestlés proaktive Einstellung zur Gentechnik. Während in Europa der Widerstand in den meisten Ländern so groß ist, dass der Konzern hier davon abgesehen hat, genveränderte Produkte direkt/offensiv anzubieten (über Futtermittel etc. kommen wir hierzulande aber auch in den „Genuss“ dieser Sachen) sieht das in den ärmeren Regionen anders aus, in denen die Öffentlichkeit nicht ausreichend informiert und aufgeklärt wird, so dass Nestlé hier im großen Stile abkassiert. Wie auch im Bereich Kaffee, wo der Konzern mit Sitz im Schweizerischen Vevey zu den größten Anbietern  bzw. Kaffee-Einkäufern weltweit gehört. Von fairem Handel hat man hier noch nichts gehört, statt dessen wird die Differenz aus dem sinkenden Weltmarktpreis des Kaffees nicht an den Endverbraucher weitergegeben, sondern flott in die eigene Tasche gesteckt – während die Bauern in den Anbauländern darben.

Ebenso bedrohlich wie Nestlés Engagement im Genbereich ist auch der offen deklarierte Plan, so viele Wasserquellen wie nur irgend möglich unter seine Kontrolle zu bekommen, weil dies ein Zukunftsmarkt ist und der Firma auch eine unangreifbare Position im Wettbewerb bietet. Allerdings zeigen die Autoren, dass es in verschiedenen Ländern erfolgreichen Widerstand gegen den Aufkauf lokaler Quellen gegeben hat, so in Südamerika und auch den USA sowie sogar einmal in der Schweiz, also vor der eigenen Haustür. Wer immer hierzulande Flaschenwasser von Vittel, Perrier, San Pellegrino oder Pure Life und Aquarel kauft und trinkt, unterstützt diesen Konzern in seinem Bestreben, ein öffentliches Gut zu privatisieren und zu monopolisieren – denkt beim nächsten Einkauf mal darüber nach… (Gleiches gilt natürlich auch für den Erwerb von Coca-Cola-Produkten etc., denn Nestlé ist selbstverständlich nicht der einzige Multi, der seine Krakenarme nach diesem lebenswichtigen Gut ausstreckt.)

Den Schlusspunkt bildet der nichtendenwollende und bereits seit den 70er Jahren schwelende Skandal um Milchpulver, mit dem Nestlé gerade in ärmeren Ländern Mütter das Stillen abgewöhnen will, damit sie fortan das teure industrielle Produkt für ihre Babys verwenden. Hier zeigt sich die besondere Skrupellosigkeit dieses Unternehmens. Abgerundet werden all diese Infos, die vermutlich auch nur die Spitze des Eisbergs darstellen, mit Surftipps und einer (nicht vollständigen) Liste der Marken, die weltweit zu Nestlé gehören. Wer sich also einen geeigneten Überblick über das Gebaren dieses Unternehmens verschaffen will und eine gelungene Argumentationshilfe benötigt, wenn er mal wieder jemanden im Bekanntenkreis davon überzeugen will, Nestlé-Produkte lieber im Regal liegen zu lassen, der sollte sich dieses Buch ruhig zulegen. (Oder in der Bibliothek ausleihen. :-)

Attac-Texte – „Nestlé. Anatomie eines Weltkonzerns“. Rotpunktverlag 2005, 128 S., 9,50 €

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Mai
18
2009
22

Surftipp: Erklärung von Bern / Kinderarbeit für Schokolade

Nicht nur die aktuelle Ausgabe des Greenpeace Magazins befasst sich mit einem Thema, über das viele Konsumenten in den westlichen Industrieländern vermutlich wenig Gedanken machen, wenn sie ihre 60 Cent-Schokolade im Supermarkt kaufen – nämlich dem bitteren Beigeschmack, den solch niedrige Preise und die industrielle Massenproduktion für die Menschen in den Kakao-Produzentenländern haben.

Fast zehn Kilogramm Schokolade verspeist der Durchschnittsdeutsche jedes Jahr. Für diesen alltäglichen, selbstverständlichen Genuss schuften in der Elfenbeinküste Kindersklaven, oft gerade mal zehn Jahre alt, unter katastrophalen Bedingungen in Kakaoplantagen.

schoggihase_ausverkauft_endNein, auch in der Schweiz hat sich deshalb eine eigene Initiative gegründet, die sich aktiv dafür einsetzt, diese Zustände bei der Schokoladeherstellung bzw. Kakaoernte, vor allem die Kinderarbeit, nicht länger zu dulden – die Erklärung von Bern.

Obwohl die Schweiz als Schokoladenland gilt, ist bei uns kaum bekannt, dass in vielen Schokoladesorten Kinderarbeit steckt.
60 Prozent des weltweit gehandelten Kakaos kommt aus Westafrika. Kinderarbeit und Kindersklaverei ist auf den Kakaoplantagen der Elfenbeinküste gängig und werden von den Schokoladeherstellern seit Jahren bewusst in Kauf genommen.

Die Schweizerischen Schokoladenkonzerne gehören zu den grössten der Welt. Sie haben die Möglichkeit, die ausbeuterische Kinderarbeit zu beenden.

Darum fordert die EvB
* die Ausbeutung von Kindern auf Kakaoplantagen zu verhindern.
* Kakaopreise zu zahlen, die den Bauern erlaubt, faire Löhne an erwachsene Beschäftigte zu zahlen.
* den Kakaobauern durch Abnahmegarantien eine finanzielle Sicherheit zu schaffen.

KonsumentInnen haben Macht. Machen Sie Druck. Fragen Sie mit der Postkarte der EvB die Hersteller ihrer Lieblings-Schoggi, ob in dieser Schokolade garantiert keine Kinderarbeit steckt. Verlangen Sie von den Konzernen, alles zu unternehmen, damit nie wieder Kinder für Schweizer Schoggi leiden müssen.

Die Aktivitäten meiner speziellen „Freunde“ von der Genbude Nestlé kommentiert die EvB folgendermaßen:

Nestlé blockt den Dialog ab. Die firmeneigene Website ist mit CSR- und anderen Berichten sehr grosszügig gestaltet, Informationen zum Kerngeschäft sind jedoch nicht zugänglich. Das soziale Engagement vor Ort wird facettenreich beschrieben, das Hauptproblem, nämlich die konkreten Arbeitsbedingungen, wird hingegen mit keinem Wort erwähnt. Es geht nicht an, dass die Konsumierenden mit solchen Ablenkungsmanövern abgespiesen werden.

Nestlé hat als weltweit zweitgrösster Akteur im Kakao-Buisness direkte Kontrolle über die Lieferkette. Der Konzern besitzt damit reichlich Möglichkeiten, dem Elend auf den Plantagen entgegen zu treten. Der Ursprung der Missstände liegt nicht einfach bei den Kakaobauern, sondern bei den Strukturen des internationalen Kakaohandels, welche von mächtigen Unternehmen wie Nestlé massgeblich beeinflusst werden. Nestlé könnte mit dem Preis, den sie für Kakao bezahlt, die Lebensbedingungen der Bauern nachhaltig verbessern. Daher sollte der Konzern über seine konkrete Preispolitik offen kommunizieren und die Konsumierenden nicht mit Feigenblatt-Projekten abspeisen.

(c) International Labour Rights Forum

(c) International Labour Rights Forum

Wie sehr Aufklärung im Konsumbereich dringend nötig ist, zeigte mir eine Erfahrung, die ich unlängst in einem Supermarkt hatte – dort reagierte die Kassiererin auf den Hinweis eines Freundes, der mit mir Gepa-Schokolade kaufte, dass in der „normalen“ Industrie-Schokolade ja Kinderarbeit stecke, mit der gleichgültigen Aussage, dass die Kinder dort auf diese Wiese wenigstens etwas verdienen. Solange diese bräsige, satte Ignoranz den Grundtenor in unserer Gesellschaft darstellt, wird sich sicherlich nichts ändern, behaupte ich mal so.

Fraglich bleibt für mich bei all diesen eindeutig löblichen Aktionen natürlich immer, ob es überhaupt möglich ist, in diesem System der Profitmaximierung und des „ewigen“ Wirtschaftswachstums für faire Bedingungen weltweit zu sorgen oder ob nicht vielmehr bei der Fortführung der kapitalistischen Produktionsweisen immer eine kleine Gruppe privilegierter Menschen (zu denen wir in Deutschland bzw. Europa fraglos gehören) auf Kosten des Großteils der Welt lebt. Mit dieser Frage setzte sich neulich auch Klaus-Werner Lobo in seiner jetzt!-Kolumne in der Süddeutschen Zeitung auseinander – Zum Beispiel Konsum – LOHAS werden die Welt nicht retten.

(…) Weil es erstens unmöglich ist, weltweit agierende Konzerne mit Tausenden Zulieferbetrieben so umfassend zu kontrollieren, dass man sie „freisprechen“ könnte. Zweitens hat jeder Multi, der seine Profite auf Basis der Unterschiede zwischen armen und reichen Ländern erwirtschaftet, ein systematisches Interesse daran, diese Unterschiede aufrecht zu erhalten: Das liegt nicht an „bösen“ oder unwilligen ManagerInnen, sondern an einem Wirtschaftssystem, das Ausbeutung ökonomisch belohnt und so zur Geschäftsgrundlage macht.

(…) Ein Beispiel für die Blauäugigkeit vieler Lohas ist auch das deutsche „Internetportal für strategischen Konsum und nachhaltigen Lebensstil“ Utopia. „Kaufe dir eine bessere Welt“, heißt es da, als ob es nicht im Gegenteil darum ginge, die Welt vor ihren Verkäufern zu retten. Weil man „nicht von Spenden oder anderen gemeinnützigen Zuwendungen abhängig sein“ will, finanziert sich Utopia „durch das private Engagement der Gründer und erste Kooperationen“. Darunter auch Konzerne wie OTTO und Henkel. OTTO stand 2006 im „Schwarzbuch Markenfirmen“ noch für „Ausbeutung, sexuelle Belästigungen und andere Missstände in Zulieferbetrieben“, die Kampagne für Saubere Kleidung vermutet, dass China, die Türkei und Indien die Hauptlieferländer für Textilien sind. Überall dort sind desaströse Arbeitsbedingungen die Regel. Im Dezember 2006 wurde einem OTTO-Lieferanten sogar Kinderarbeit vorgeworfen. Immer mehr Utopia-User beklagen sich übrigens, dass ihr Account wegen kritischer Bemerkungen gelöscht worden sei.

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Apr
02
2009
2

Nestlés Genhirnwäsche

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© KillR-B, stock.xchng

Das ist eigentlich schon ganz schön traurig – vor einigen Tagen stieß ich eher zufällig auf einen Artikel aus dem Greenpeace Magazin, der aus dem Jahre 1998 stammt und „Nestlés Genhirnwäsche“ (kein Tippfehler) heißt. Bereits damals, also vor mittlerweile 11 Jahren, wussten die Autoren von den vielen Aktivitäten, die der Schweizer Konzern Nestlé rund um die Gentechnik entfaltet (siehe auch hier). Zu der Zeit ging es gerade um die Markteinführung des genmanipulierten Schokoriegels „Butterfinger“ bzw. generell von Gen-Food auf den europäischen Markt, die vom Unternehmen mit einer speziell auf Kinder und Jugendliche abzielenden Reklame- und Propagandakampagne begleitet wurde.

Auch der „Butterfinger“, der Gentech-Knusperriegel von Nestlé, der in diesen Wochen in die Supermärkte und Tankstellen kommen soll, zielt auf die Jugendlichen. „Imported from the USA“ steht in großen Buchstaben auf der Packung, und winzig daneben: „Aus gentechnisch verändertem Mais hergestellt.“ Offenbar hofft Nestlé, daß Jugendliche den Knusperriegel hip finden oder der Genmanipulation wenigstens gleichgültig gegenüberstehen.

Die PR-Strategen der Gentech-Konzerne wählen die Zielgruppen ihrer Produkte stets mit Bedacht: Anfang 1998 brachte Nestlé zum Auftakt eine Sondennahrung im Infusionsbeutel mit gentechnisch veränderter Soja in die deutschen Krankenhäuser. Jetzt sind die Jugendlichen an der Reihe. Die bunten Beilagen von Monsanto und Novartis, die in „Bravo-Girl“ und in anderer Form auch im Jugendmagazin der Süddeutschen Zeitung „Jetzt“ erschienen, sehen dem jeweiligen redaktionellen Umfeld zum Verwechseln ähnlich. Die Glaubwürdigkeit der Redaktionen von „Bravo“ und „Jetzt“ soll auf die Gentechnik-Werbung abfärben. Der Hinweis, daß es sich nicht um Journalismus, sondern um Werbung handelt, wird klitzeklein in dem Wörtchen „Anzeige“ versteckt.

Meines Erachtens ist es absolut abstoßend, wie solche Firmen mit Hilfe der Werbeindustrie und den Medien ihre Interessen ohne Rücksicht auf Verluste durchboxen wollen. Über die unheilige Vermengung von redaktionellen Inhalten und Reklame hatte ich ja auch schon mehrfach hingewiesen – dass Werbung mehr ist als nur ein lästiges Ärgernis, dass sie mehr schadet als nützt, wird hier wieder klar deutlich.

Deshalb, und weil es an Geld nicht fehlt, laden die Unternehmen immer wieder Journalisten zu aufwendigen Reisen ein: Vier Tage mit Monsanto nach Amerika, drei Tage im Dreiländereck Schweiz-Deutschland-Frankreich mit Novartis, da lassen sich vor allem wirtschaftlich nicht so gefestigte Journalisten gerne von den Segnungen der Gentechnik überzeugen. Zumal ja hin und wieder auch ein lukrativer Auftrag abfällt. So präsentierte der Journalist Udo Tschimmel aus Hennef im September auf einem internationalen Gentechnik-Kongreß seine „Da Vinci Media Group“, mit der er für die Industrie Multimedia-CDs, Websites und Filme produzieren möchte. Die Industrie wäre dumm, würde sie auf dieses Angebot nicht eingehen, denn gleichzeitig produziert Tschimmel den ZDF-Film „Saat der Hoffnung“ – einen Sechsteiler über Landwirtschaft und Welternährung mit dem Fokus auf Biotechnologie. Am 10. Januar 1999 beginnt um 16 Uhr die Ausstrahlung auf 3sat. Wieviel Kritik wird sich Tschimmel gegenüber seinen Auftraggebern aus der Industrie wohl erlauben?

Auch Hans-Günther Gassen, Professor an der Technischen Universität in Darmstadt, gibt sich den Anschein der Neutralität: Wenn er gefragt wird, betont er als Wissenschaftler meist die Nützlichkeit und Ungefährlichkeit der Gentechnik. Zugleich ist Gassen aber „senior consultant“ der „Genius Biotechnology GmbH“, die der Industrie „PR-Management“ und Kommunikationsstrategien anbietet: Kommt einer seiner Kunden in Bedrängnis, kann der bezahlte PR-Berater Gassen den neutralen Gentechnik-Experten Gassen zum Abwiegeln an die Front schicken. Und weil alles so gut paßt, mischt Gassens „Genius GmbH“ auch beim ZDF-Lieferanten „Da Vinci“ mit.

Leider gilt solches Gebaren, das Hand-in-Hand-Gehen mit der PR-Industrie, ja heutzutage fast schon als normal…

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Jan
22
2009
2

Der Public Eye People’s Award 2009

public-eye-awards-logo2009Auf diese interessante Preisvergabe möchte ich Euch doch noch unbedingt hinweisen – den Public Eye People’s Award 2009, ein Gemeinschaftsprojekt der Erklärung von Bern und von Greenpeace.

Zusammen zeigen wir den Akteuren der Weltwirtschaft, dass menschen- und umweltverachtende Geschäftspraktiken Konsequenzen haben für die davon Betroffenen, aber auch für das Firmenimage. Die übelsten Unternehmen des Jahres erhalten Schmähpreise, die vorbildlichste Initiative wird mit dem Public Eye Positive Award geehrt.

HIER dürft Ihr noch bis zum 27. Januar mit abstimmen, wer „ausgezeichnet“ werden soll – die nominierten Firmen sind Nestlé, UBS, Tesco, bkw energie, Newmont Mining und BNP Parisbas. Auf der Website könnt Ihr Euch über die Hintergründe, die zu der Nominierung durch die Jury geführt haben, näher informieren. Zum Beispiel über Newmont Mining:

Die Newmont Mining Corporation im Goldrausch: Im Osten Ghanas möchte das amerikanische Bergbauunternehmen eine riesige Goldmine errichten und dabei ein einzigartiges Waldgebiet zerstören. Trotz lokaler und internationaler Proteste bleibt die Newmont Mining Corporation jedoch blind gegenüber den sozialen und ökologischen Folgen ihrer Goldgier: Wenn das Mammutprojekt realisiert wird, verlieren rund 10’000 Kleinbauern ihr Land, Tausende von Menschen werden zwangsweise umgesiedelt. Von einer angemessenen Entschädigung will der Konzern jedoch nichts wissen. Im Juli 2008, vor einer öffentlichen Anhörung zum Projekt, zahlte Newmont einflussreichen Dorfvorstehern hohe Geldsummen. Um Gold zu gewinnen, setzt der Konzern auf Zyanid. Durch diese Art des Abbaus entsteht giftiges Abfallgestein, das sowohl die Böden als auch die Flüsse massiv verschmutzt. In einem derart kontaminierten Gebiet ist es unmöglich, Landwirtschaft zu betreiben, und das in einem Land, in dem über 60% der Menschen von der Landwirtschaft leben. Auch die einzigartige Tier- und Pflanzenwelt Ost-Ghanas ist bedroht, wenn das geschützte Waldgebiet wie geplant zerstört wird.

Von ähnlichem Kaliber sind auch die anderen Firmenprofile, d.h. wen Ihr auch wählt, es trifft auf jeden Fall ein Unternehmen, das es sich „redlich“ verdient hat. :-) [via]

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Jan
08
2009
3

Genmanipulation – Folgen und Gefahren – Bayer & Monsanto

campact-gen-kopfbild_no0Es gab einmal eine Zeit, da war das Thema „Genmanipulation“ in aller Munde und Gegenstand auch der öffentlichen Mainstream-Diskussion. Doch irgendwie haben es die großen Konzerne geschafft, dass Genfood im Schatten der „Finanzkrise“ nun tatsächlich und im wahrsten Sinne des Wortes in aller Munde gelangt ist, jedoch ohne den medialen Aufschrei früherer Tage. Damit diese gefährliche Entwicklung nicht komplett in den Hintergrund tritt, hilft es nur, das Thema immer wieder auf die Tagesordnung und ins Bewusstsein zu hieven. Glücklicherweise bietet das Internet eine ideale Plattform zum Verbreiten von Information auch gegen den Mainstreamblabla. In den vergangenen Wochen und Monaten fand  ich so doch eine Reihe von interessanten und auch erschreckenden Beiträgen über die Konzerne, die ihren Profit über die Gesundheit jetziger und zukünftiger Generationen setzen und den Erdball mit genmanipulierten Produkten überziehen, allen voran Bayer, Monsanto und Nestlé (letztere setzen sich ja auch offen für die Förderung des Genfoods in der EU ein).

Über den Blog Für eine bessere Welt wurde ich auf eine neue Studie von foodwatch aufmerksam, die untersucht haben, ob die genveränderte Reissorte „Golden Rice“ wirklich Vorteile bringt, in diesem Falle die versprochene zusätzliche Anreicherung des Reis mit Vitamin A. Sie kommen zu dem ernüchternden Schluss:

Insgesamt stellt sich das ‘Golden Rice’-Projekt als eine Kampagne zur Durchsetzung gentechnisch veränderter Nahrungsmittel dar, der öffentlichkeitswirksam ein humanitäres Kleid übergestreift wurde: Ein Projekt, mit dem gleichermaßen die Standards für die Risikoprüfung von gentechnisch verändertem Saatgut abgesenkt und die Kritiker der Gentechnik-Nahrung moralisch unter Druck gesetzt werden sollen sowie die Ablehnung der Verbraucher durchbrochen werden soll. Vor allem für die Politik sollten die Vorgänge um den ‘goldenen Reis’ eine Mahnung sein. Denn sie greift nur zu gerne die Heilsversprechen der Gentechnikindustrie auf, um sich vor den geeigneten, aber unbequemen Maßnahmen – wie etwa den Welthunger durch ein faires Welthandelsystem für Agrarprodukte zu bekämpfen – zu drücken.

Und wirklich, die von den Befürwortern der genveränderten Lebensmittel so oft beschworene Verbesserung der Lebensumstände der Menschen erweist sich leider als reines leeres Versprechen – aus dem sich allerdings hervorragend Profit schlagen lässt. Die längerfristigen Folgen auf die Gesundheit von Natur & Mensch sind jedoch noch gar nicht richtig erforscht und bekannt; hier scheint ähnlich naiv-dreist und kurzsichtig vorgegangen zu werden wie einst bei der Atomkraft, welche in den 50ern auch mal als saubere Energiegewinnung galt. Alarmierende Studien über gesundheitliche Schäden auf Grund von Genmanipulationen gibt es zuhauf, aber die passen natürlich nicht ins saubere Bild der Genlobby. Duckhome berichtet, wie Monsanto und Bayer mit der Risikotechnologie Genmanipulation zum Schaden vieler Leute auch in den ärmeren Ländern vorgehen. Das Perfide an beispielsweise genmanipuliertem Getreide ist, dass diese Firmen nach der Änderung auch nur eines Gens der ursprünglichen Pflanzen diese zum patent anmelden und somit fortan Lizenzen dafür verlangen können. In Verbindung mit der sog. „Terminierung“ der Gene, die verhindert, dass Bauern wie seit vielen Generationen üblich einen Teil der Ernte für die nächste Aussaat zurücklegen, sondern sich wieder für teures Geld neues „Wundersaatgut“ kaufen müssen, erzeugt dies einen immensen Druck. Auf Duckhome finden sich viele weitere Artikel über die mehr als fragwürdigen Methoden der Gen-Weltkonzerne, die man sich gar nicht alle durchlesen kann, ohne dass einem schlecht würde…

Wem das noch nicht genügt, der sollte sich vielleicht mal die 44minütige französische Arte-Dokumentation „Genmanipulation, Folgen und Gefahren“ anschauen:

Also, was kann man tun? Sicher ist es sinnvoll, nichts von bekanntermaßen Genfood propagierenden und produzierenden Unternehmen wie Nestlé zu kaufen (>> Auflistung einiger Marken, die inzwischen zu Nestlé gehören) und sich vor allem mit Bionahrungsmitteln zu ernähren (sofern es der eigene Geldbeutel hergibt). Aber man kann auch aktiv Aktionen und Kampagnen unterstützen, die diesen Wahnsinn stoppen wollen.

bild-1Bantam Mais will herausfinden, wo zur Zeit in Deutschland überall schon genmanipulierter Mais angepflanzt wird. Dazu soll jeder in seinem garten oder auf dem Balkon Bantam Mais anpflanzen, woraufhin er das Recht hat, zu erfahren, wer in seiner Nachbarschaft Gentechnikmais anbaut. Außerdem soll in einer Online-Unterschriftenaktion das Verbot des Monsanto-Genmais Mon810 bewirkt werden.

Natürlich setzt sich auch die Plattform für Online-Demokratie Campact! für ein Verbot von Gennahrungsmitteln aus und fördert eine Vielzahl von Aktionen, seien es Unterschriftensammlungen oder großflächige Plakate.

Greenpeace darf in dieser Aufzählung nicht fehlen – die Umweltschützer haben absendefertige Protest-E-Mails im Angebot, mit denen man den Politikern Druck machen kann (aber ob diese auf den Bürger statt auf die Wirtschaftslobbys hören, darf leider bezweifelt werden, jedenfalls beim derzeitgen politischen Personal, sie informieren aber auch sonst ausführlich zu dieser Thematik und bieten Nachrichten und Hintergrundberichte. Der Firma Müller Milch / Weihenstephan widmen sie sogar eine eigene Seite

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Jan
07
2009
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Surftipp: Abgespeist

Meinen heutigen Surftipp hätte ich auch unter das Motto „Werbung gegen Realität“ stellen können, denn das neue Projekt des Foodwatch-Teams hat es sich zur Aufgabe gemacht, die vollmundigen Werbeversprechen der Konzerne auf den Verpackungen ihrer Produkte einmal genau zu durchleuchten und zu hinterfragen. Abgespeist heißt die Website, auf der eine ganze Reihe von bekannten Produkten namhafter Hersteller seziert werden – ein Klick auf einen „Hotspot“ auf der Packung offenbart die Realität hinter dem Reklameaufdruck. Gerne wird ja mit „gesund“-Versprechen gearbeitet, die sich bei näherem Hinsehen als pure Augenwischerei entpuppen. Mit bei den hier untersuchten Täuschern sind (natürlich) Nestlé, sowie Danone, Schwartau oder Unilever. Über viele der Etikettenbehauptungen macht man sich als Kunde vermutlich gar keine Gedanken (mehr), man nimmt sie einfach so hin. Dabei sollte eigentlich jedem klar sein, dass beispielsweise zuckriges Industriemüsli wie Nestlé Fitness Fruits nicht wirklich gesund sein kann, aller „Vollkorn-Garantie“ (dieses Müsli enthält nur ca. 30% Vollkorn) zum Trotz.

(Edit: Die WDR-Sendung markt berichtete in Februar 2009 unter dem Titel „Geduldige Etiketten“ übrigens auch über den Etikettenschwindel.)

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Jan
06
2009
5

Werbung schadet (1) – Die Versaubeutelung der Sprache

In meiner neuen (unregelmäßigen), subjektiv gefärbten, differenziert-polemischen Artikel-Serie möchte ich die verschiedenen schädlichen Facetten von Reklame streiflichtartig beleuchten, um zu verdeutlichen, dass der Kampf gegen die Überflutung mit Marken und Werbung nicht nur eine Sache der persönlichen Antipathie ist, sondern ein Gebot der Stunde. Auch will ich den forschen Behauptungen entgegentreten, Werbung wäre informativ oder gar ein wichtiger Teil unserer Kultur – vor allem von denjenigen, die in dieser Industrie tätig sind (und die sich gerne als Kulturschaffende sehen würden), wird natürlich versucht, dem Reklamegetue irgendeinen höheren Anspruch zu verleihen, und manche Medien mischen munter mit – was kein Wunder ist, prostituieren finanzieren sich doch die meisten Erzeugnisse auf dem Markt durch Anzeigen.

voller-briefkastenDie Wirklichkeit sieht natürlich anders aus, als sich das die Herren & Damen in den Werbeagenturen so vorstellen. Reklame wird doch von der Mehrzahl der Menschen als sehr störend, als Belästigung empfunden. Dies erkennt man z.B. daran, dass neue Festplattenrecorder gleich mit einer Funktion zum automatischen Wegschneiden von Werbeblöcken versehen sind. Dass Fernsehreklamespots lauter sind als der eigentliche Film, weil die Werbetreibenden wissen, dass die meisten Zuschauer auf Toilette oder in die Küche gehen, wenn der Konsumterror beginnt. Und von meinen Streifzügen mit Flugzettelverteilen weiß ich, dass viele Bürger sich den Einwurf von Reklamegedöns mit mehr oder minder deutlichen Aufklebern an ihren Briefkästen verbitten (nicht alle so direkt wie ein Anwohner in Hamburg: „Keine Scheiß Reklame!”). Natürlich kann Werbung auch nützlich sein, vor allem im kleineren Rahmen, doch auf die großen Image- & Markenkampagnen in Funk & Fernsehen trifft dies sicherlich nicht zu.

Im ersten Teil meiner kleinen „Aufklärungsserie“ soll es um das gehen, was die Werbeindustrie der Sprache, dem Sprachempfinden der Menschen antut. Tatsächlich begann meine eigene kritische Auseinandersetzung mit Reklame und meine schrittweise Loslösung aus der Umklammerung der Werbebotschaften (Anfang/Mitte der 90er) genau mit diesem Phänomen: es machte mich wahnsinnig, die unglaublich dummen, plumpen und nervigen Sprüche zu hören, dieses mit englischen Füllworten durchsetze Marketingsprech, das soooo gerne cool und trendy wäre, aber doch nur erbärmlich hohl und leer wirkt. Das führt zu so grausigen Phrasen wie „Die neue web ‘n’ walk Card“ oder „Office in your Pocket-Lösung“ (beides T-Mobile – die Telekom mit ihren ganzen Unterspielarten tut sich ja seit jeher besonders bei der Vergewaltigung des allgemeinen Sprachgefühls hervor), oder zu blödsinnigen Binnenmajuskeln wie beim InterCityExpress – ich habe schon damals nicht verstanden, was daran modern oder schick sein solle. U.a. Bastian Sick lässt sich in seinen Sprachkritik-Büchern auch des öfteren über solche Unarten aus. (Zu Recht.)

Genauso hirnrissig war und ist der Trend, unbedingt jede Marke mit einem sog. „Claim“ zu versehen, also einem Spruch, der das Unternehmen charakterisieren soll. „Come in and find out“ von Douglas ist ja ein klassischer Fall von Eigentor, weil das kaum jemand verstanden hat. „Good food, good life“ von Nestlé fand ich auch so erbärmlich dürftig, dass ich mich fragte, wieso das den Pappnasen in der Werbeabteilung nicht selbst aufgefallen ist (für diesen Spruch hat das Unternehmen vermutlich auch noch viel Geld bezahlt!). Aber wie ich oben schon schrieb, merkt man in diesen Kreisen offenbar gar nicht mehr, wie übel die Ergebnisse der eigenen Hirnstürme so sind. Klar entstehen dabei manchmal auch ein paar gelungene kreative Wortschöpfungen wie „unkaputtbar“, aber schon bei den in den allgemeinen Sprachschatz übergegangenen Parolen „Geiz ist geil“ oder „Da werden Sie geholfen“ zeigt sich, dass Reklame zwar wirksam sein kann, jedoch keinen besonders positiven Einfluss auf den Menschen hat – schließlich ist es eben nicht „cool“, Geiz (im Sinne von: möglichst wenig Geld für irgendeinen Schund auszugeben, ohne Rücksicht darauf, wie diese Preise zustande gekommen sind) als Tugend zu proklamieren, und genauso wenig geil erscheint es mir, falsche Grammatik zu verbreiten.

zeit_fr_ne_pizzaDavon, dass viele Werbesprüche eine unzulässige Verkürzung der Realität darstellen und oft genug eben NICHT den wahren Unternehmensabsichten entsprechen, sondern eher kaschieren, will ich hier gar nicht reden. Sondern nur noch kurz darauf hinweisen, dass die Reklamesprache eine schleichende Entwertung von so manchem Begriff vorantreibt (siehe die Gedanken von Lumières dans la nuit zum Thema „Treue“, welche früher eine tiefgehende menschliche Tugend war und heute oft nur noch bedeutet, dass man 3 Mal die gleiche Klopapiermarke kauft), gleichzeitig aber auch durch Vorspiegelung falschen Glanzes sich selbst der Lächerlichkeit preisgibt, aber damit auch zeigt, dass man den Kunden für sehr naiv und beeinflussbar hält. So wird auch mit viel Aufgeblasenheit und falschem Pathos gearbeitet. Was soll ich von einem profanen Pizzabringdienst halten, der sich „Mundfein – Pizzawerkstatt“ nennt? Ich sehe da richtig vor mir, wie der Besitzer, im verzweifelten Versuch, seinen Laden wie einen originellen, selbstironischen Dienstleister dastehen zu lassen, zu einer geschniegelten Werbeagentur gelaufen ist und sich da ein paar überbezahlte Hoschis dachten, dass man hier schön Augenwischerei betreiben kann. Die Absicht einer jeden Reklame ist ja, dass der Betrachter das, was er sieht, die positiven Bilder & Emotionen, die ihm dargebracht werden, 1:1 auf das Unternehmen oder das Produkt überträgt. Schade, dass das bei mir schon lange nicht mehr klappt…

Noch ein paar Artikel zum Thema Sprache/Werbung:
>> Die ZEIT: Die verkaufte Sprache
>> Manager Magazin: Debatte über Werbesprache –  Alles denglisch oder was?
>> Uni Frankfurt: Was ist Werbesprache und wie wird sie in der Sprachwissenschaft eingeordnet?

Trotz ihrer Bemühung, spontan und der Alltagssprache nah zu bleiben, ist die Werbesprache künstlich, sie besitzt keine Sprechwirklichkeit, sondern ist stets auf eine bestimmte Wirkung hin gestaltet.

>> Teil 2: Die untrennbare Vermischung von Reklame und Redaktionellem
>> Teil 2b: Medienmanipulation durch Werbeentzug
>> Teil 3: Ressourcenverschwendung
>> Teil 4: Die Verschandelung des öffentlichen Raums und die Durchkommerzialisierung des Alltags

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Nov
07
2008
10

Nestlé – Die Krake von Vevey

Nachdem meine Auflistung über all die Zeitschriften, Sender und sonstige Firmen, die Bertelsmann mittlerweile besitzt, auf großes Interesse stieß, möchte ich heute einen weiteren Weltkonzern unter die Lupe nehmen, der für seine teils rüden Geschäftspraktiken des öfteren weltweit Kritik erntet: Nestlé, dessen Hauptsitz im idyllischen Schweizer Ort Vevey liegt.

Hier zunächst eine kleine Auflistung einiger der bekannten Marken, die sich Nestlé inzwischen in Deutschland einverleibt hat (weltweit sind es mehrere tausend!) (Quellen: Wer zu wem?, Nestlé Dtl.):

Alete
Perrier
San Pellegrino
Vittel
Aquarell
Fürst Bismarck
Contrex
Klosterquelle
Limonata
Neuselters
Reinbeker
Schöller
Mövenpick
Janny’s Eis
Maggi
Herta
Thomy
Engelfrost
Chef
After Eight
Baci (Italienische Schokolade)
Choco Crossies
Rolo
Nuts
Kit Kat (Riegel)
Lion (Riegel)
Nescafe
Nespresso
Nesquik
Quality Street (Konfekt)
Smarties
Yes
Beba
Bübchen
Milasan
Gaucho
Dörffler
Nestlé Clusters
Nestlé Fitness
Cini Minis
Frubetto
Nestlé LC1
The Body Shop (gehört 2/3 zu L’Oréal, 1/3 zu Nestlé!! Hat sich also was mit „alternativer Kosmetik”…)

(Eine beeindruckende Auflistung der Nestlé-Wassersorten sowie den interessanten Artikel „Die Quellenschlucker vom Genfersee” findet Ihr im Gedankenbörse-Blog. Von R. Wiedenmeier stammt übrigens auch obige schöne Nestlé-Logo-Parodie.)

Bereits in meiner Buchrezension zu Jean Zieglers „Imperium der Schande” hatte ich einige Beispiele für Nestlés zweifelhaften Ruf angeführt, so insb. ihr Gebahren, Milchpulver an stillende Mütter in Afrika zu verkaufen, deren Kinder dann aufgrund schmutzigen Wassers erkranken oder sogar sterben. Nicht zuletzt die Praktiken des Unternehmens im Bereich Babynahrung und Milchpulver haben Nestlé auch schon eine Reihe von Protest- und Boykottaktionen eingehandelt. Aktuell gibt es beispielsweise eine sehr kritische Diskussion über diese Produkte im österreichischen Parents & more Elternforum. Die Aktionsgruppe Babynahrung e.V. ruft wegen der Umtriebe der Firma in Pakistan zum Boykott aller Nestlé-Produkte auf.

Ende letzten Jahres erhielt der Konzern den „Black Planet”-Schmähpreis von Ethecon verliehen:

In Kooperation mit internationalen Nicht-Regierungsorganisationen wie Attac, MultiWatch und IBFAN übergab die Stiftung ethecon den internationalen Schmähpreis „Black Planet Award 2007“ an den NESTLÉ-Konzern. Der Preis prangert die Verantwortung der AktionärInnen und des Managements für Ruin und Zerstörung des Blauen Planeten an, was mit vielen Beispielen für Verbrechen gegen die Menschlichkeit, für Umweltzerstörungen und für Ausbeutung belegt wird.

Der Einsatz von Gentechnik ist für Nestlé auch durchaus kein Fremdwort, sondern gehört zur Unternehmenspolitik und wird durch Lobbyarbeit bspw. in der EU forciert. (Siehe auch: „Nestlé-Chef fordert Einsatz von Gentechnik” (Spiegel), „Nestlé: Lobbying the EU for change”, „Nestlé fordert EU zu großzügigeren Gentechnikauflagen auf”, „Nestlé, Nescafé, Gentechnik-Kaffee”.) In einem bezeichnenden Stern-Interview aus dem Jahre 1996 äußerte sich der damalige Nestlé-Chef Maucher: „Gentechnologie, dazu stehen wir”, und er zeigt sich auch gleich von der extrem unsympathischen Seite, indem er Menschen als Wohlstandsmüll bezeichnet:

„Wir haben mittlerweile, provozierend gesagt, einen gewissen Prozentsatz an Wohlstandsmüll in unserer Gesellschaft. Leute, die entweder keinen Antrieb haben zu arbeiten, halb krank oder müde sind, die das System einfach ausnutzen. Daß Sie mich richtig verstehen: Ich bin der Meinung, daß wir genügend Geld haben, diejenigen zu unterstützen die wirklich alt, krank oder arbeitslos sind. Aber es gibt zuviel Mißbrauch und Auswüchse.”

Das Greenpeace Magazin setzte sich in der Ausgabe 01/07 „Klüger essen” gleich mit mehreren Artikeln mit dem Nestlé-Imperium auseinander. In „Konzerne mit Problemzonen” lesen wir eine Zusammenfassung der Aktivitäten des Unternehmens, mit all seinen auch kritisch zu sehenden Entwicklungen (für mich ist hier vor allem die wachsende Marktmacht/-konzentration sehr bedenklich!)

Zehn Lebensmittel-Giganten beherrschen den Weltmarkt und verkaufen die gleiche uniforme Nahrung in Moskau, München und Mumbai. Das Greenpeace Magazin nimmt die Unternehmenspolitik von Nestlé, Kraft, Unilever und Danone unter die Lupe.

Wasser: International monieren Kritiker (ActionAid, Polaris Institute), dass die Wasserkonzerne das Gemeingut Wasser kommerziell ausbeuten, in Flaschen aus umweltschädlichem Plastik abfüllen und dann zu einem tausend- bis hunderttausendfachen Preis weiterverkaufen. Zudem hat das Abpumpen von großen Mengen Grundwasser gravierende ökologische Folgen.

Und der Artikel „Auf der Roten Liste – aus für Borschtsch, Blinis und Pelmenis: Wie Nestlé den Markt in Russland aufrollt” macht klar, wie das unersättliche Engagements des Multis Russland verändert und „verwestlicht” hat. Es lebe die Eintönigkeit der normierten Industriekost!

Für Nestlé ist Russland der größte Markt in der Region und der größte Markt für löslichen Kaffee weltweit – bevor Nestlé kam, wurde in Russland Tee getrunken, heute verbinden die Russen Genuss mit Nescafé. Während in Konzerthäusern weltweit in der Pause Sekt getrunken wird, nippen die Moskauer im Konservatorium an Nescafé aus Plastiktassen – dank des Masterplans von Nestlé. (…)

Den Jüngsten wird sicherheitshalber schon in der Schule eingebläut, was künftig auf dem Kinderteller liegen soll. Am ersten Schultag von Sergej, dem sechsjährigen Sohn von Natascha und Alexej, war der Dino von Danone zu Besuch, damit auch die Erstklässler des Riesenreichs die gleichen Joghurts, die gleichen „Cerealien“ und gleichen Schokoriegel wollen wie der Rest der Welt. (…)

Rosalija fällt harsche Urteile. Natürlich lässt sie an der abgepackten Nestlé-Ware kein gutes Haar, aber vor allem ihre Landsleute, die ungerührt ihre eigene Küche untergehen lassen, provozieren wütende Kommentare: „Leider mögen die Russen ihr Land nicht, ihre Traditionen nicht und nicht ihre Küche.“ „Man kann von jeder Kultur das Beste nehmen, aber das Eigene soll auch bleiben“, pflichtet ihre Tochter ihr bei. Mit ihrem Protest gegen die kulinarische Bevormundung stehen sie weitgehend alleine

Das globalisierungskritische Netzwerk Attac veröffentlichte im Jahr 2004 sogar ein eigenes Buch über Nestlé – „Nestlé – Anatomie eines Weltkonzerns” (siehe Berliner Literaturkritik). Der Weltkonzern ließ sich während der Recherchearbeiten dazu hinreißen, die Autoren bespitzeln zu lassen (siehe Scienceblogs, Frankfurter Rundschau, Attac Schweiz), um über die Inhalte informiert zu sein – die Veröffentlichung des Werkes konnte von Nestlé dennoch nicht verhindert werden (ein kleiner Sieg für die Demokratie!). Mehr Infos zur Nestlé-Kampagne von Attac findet Ihr HIER.

EDIT: Weitere Links zu Nestlé hier im Blog: HIER, HIER, HIER, HIER oder HIER.

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Nov
04
2008
1

Buchbesprechung: Klaus Werner / Hans Weiss „Das neue Schwarzbuch Markenfirmen”

Klaus Werner / Hans Weiss
Das neue Schwarzbuch Markenfirmen. Die Machenschaften der Weltkonzerne.

Es ist nicht gerade leicht verdauliche Kost, die uns die beiden österreichischen Autoren Klaus Werner und Hans Weiss in ihrem neuen Schwarzbuch Markenfirmen auf annähernd 400 Seiten präsentieren. Wer immer geglaubt haben mag, dass wir in einer freien Marktwirtschaft mit fairem Wettbewerb leben, wird hier schnell eines Besseren belehrt. So berichten die Autoren von der Bedeutung, die Korruption und Bestechung in unserem Wirtschaftssystem weltweit inzwischen erlangt haben und mit deren Hilfe auch umweltschädliche und für die betroffenen Regionen oft nachteilige Projekte realisiert werden. Die Gewinner sind andere – es sind die großen Weltkonzerne, die mit Hilfe der Politik und ihren Instrumenten wie WTO oder IWF, Zugang zu den Märkten in der ganzen Welt erlangen und ihren Einfluss dort zu Lasten der jeweiligen Staaten ausbauen.

Detailliert schildern Werner & Weiss die Menschenrechtsverletzungen, die diese Firmen billigend in Kauf nehmen, um ihre Geschäfte abzuwickeln. Und dies trifft die meisten der großen Firmen, quer durch die Branchen. Seien es die skandalösen Umstände, mit denen Shell und andere Ölkonzerne sich in den Rohstoffländern aufführen und die Ölförderungen betreiben. Seien es die bereits seit längerem bekannten skandalösen Zustände in den “Sweatshops” Asiens und Lateinamerikas, die für wenige Cent in der Stunde prestigeträchtige Kleidung für Nike & Co. herstellen. Ein eigenes Kapitel “verdienen” sich auch vermeintlich so honorige deutsche Unternehmen wie Bayer (wegen ihrer Verwicklung in den blutigen Bürgerkrieg im Kongo, der um die dortigen Bodenschätze geführt wird) oder Siemens (auf Grund ihrer Beteiligungen an ökologisch und ökonomisch höchst fragwürdigen Großprojekten wie Staudämmen in Indien oder China). Kaum eine Branche bleibt verschont – seien es die Lebensmittelindustrie, Spielzeughersteller oder Pharmafirmen, die mit dem Elend der Dritten Welt ihre Geschäfte machen und die Vor-Ort-Produktion kostengünstiger Generika für Aids-Kranke in Afrika per Gerichtsbeschluss verhindern lassen.

Dank der sich immer weiter beschleunigenden, neoliberal gestalteten Globalisierung ist die Macht einzelner Konzerne inzwischen so groß geworden, dass deren Umsätze das BIP ganzer Länder übersteigen – so liegen Multis wie Wal-Mart, ExxonMobil oder BP inzwischen auf einer Höhe mit Staaten wie Österreich, Indonesien oder Norwegen – mit den entsprechenden Folgen in Form der zunehmenden Einflussnahme durch diese Unternehmen und der Untergrabung unserer Demokratien.

Der vielleicht bedrückendste Teil des Buches befindet sich am Ende – auf ca. 100 Seiten werden die jeweils größten Vergehen von ungefähr 50 weltbekannten Marken und Konzernen aufgelistet, zusammen mit Ratschlägen, was man als einzelner gegen diese Umtriebe tun kann. Zu den hier behandelten Unternehmen gehören z.B. Aldi, Deutsche Bank, Dole, Exxon/Esso, Ford, H&M, Kraft (Philip Morris), Mattel, McDonald’s, Nestlé, Pfizer, Reebok und Unilever – also allesamt Firmen, die durch eine enorme Medien- und Werbepräsenz in aller Munde sind und (offenbar nicht ohne Grund) so viele Milliarden in Imagekampagnen stecken.

Kritisch, aber stets gut informiert, öffnen uns die beiden Autoren so die Augen für die Folgen der Globalisierung und darüber, wozu die ständig steigende Marktmacht einzelner Konzerne weltweit führt. Abgerundet wird das Buch mit vielen Literaturtipps und Links zu weiterführenden Informationen und Diskussionen im Internet. Beim nächsten Einkauf im Supermarkt oder Shopping-Center wird der Leser vielleicht einen anderen Blickwinkel auf die dort so bunt & billig lockenden Waren haben.

Siehe auch: http://www.markenfirmen.com (die eigene Website für dieses Buchprojekt)

(Mittlerweile ist übrigens auch das neue Buch von Klaus Werner-Lobo erschienen: Uns die Welt)

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Okt
16
2008
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Buchbesprechung: Jean Ziegler „Das Imperium der Schande”

Wusstet Ihr, dass Nestlé, der weltgrößte Lebensmittelkonzern mit Sitz im beschaulichen Schweizerischen Vevey, weltweit über 8000 Marken verfügt, zu denen neben den vielen Süßigkeiten (Lion, Kit Kat, Smarties), Kaffeesorten und Tier- und Kindernahrung (Alete), Maggi und Thomy u.a. auch Vittel, Perrier und San Pelegrino zählen? Dass das Unternehmen wegen seines unstillbaren Wachstumsdursts „Die Krake von Vevey” genannt wird? Dass Nestlé in vielen Zweigunternehmen, beispielsweise in Frankreich, aber auch in Asien und Lateinamerika, aktiv gegen gewerkschaftliche Tendenzen bei seinen Angestellten vorgeht? Oder dass die Firma bevorzugt in den armen Ländern Afrikas Mütter in den ersten Tagen nach der Geburt ihrer Babys mit kostenlosem Milchpulver versorgt, so dass die Frauen bald nicht mehr mit ihrer eigenen Milch stillen können und fortan auf die „Segnungen” des Milchpulvers angewiesen sind, das sie teuer kaufen und zudem mit oft verunreinigtem Wasser mischen müssen, was zu vielen Todesfällen und Krankheiten unter den Säuglingen führt?

All diese beunruhigenden Informationen finden sich in Jean Zieglers neuem Buch «Das Imperium de Schande – der Kampf gegen Armut und Unterdrückung», in dem er die durch die Globalisierung und neoliberales Wirtschaften entstandene Weltordnung scharf kritisiert und als «neofeudales Herrschaftssystem» bezeichnet. Ziegler ist nicht irgendein dahergelaufener Globalisierungsgegner, sondern als UN-Sonderberichterstatter für das Recht auf Nahrung und streitbarer Professor der Soziologie mit den Mechanismen vertraut, die heutzutage zu einer sich immer weiter verstärkenden Ungleichheit auf der Welt führen. Detailliert und kenntnisreich – bei manchen Versammlungen der entsprechenden UN- oder IWF-Gremien ist Ziegler mit vor Ort und weiß somit genau, wovon er spricht -, engagiert und mit viel Empathie für die betroffenen Gesellschaften der sog. „Dritten Welt”, schildert Ziegler die unerbittlichen Regeln, die die herrschenden transkontinentalen Konzerne und die Regierungen der westlichen Demokratien, den unter ihrer Schuldenlast ächzenden und oft erstickenden Ländern in Lateinamerika, Asien und Afrika aufzwingen. Menschenrechte werden dabei durch das „Recht” des Stärkeren ersetzt, der Profit der einzelnen Großkonzerne den Interessen der Menschen übergeordnet – «Die Kosmokraten lieben die Menschenrechte. Aber nur solange sie der Ausbeutung der Völker nicht im Wege stehen.», wie Ziegler gegen Ende seines Buches bitter anmerkt.

Jean Ziegler nimmt in seinen Schilderungen kein Blatt vor den Mund und streift dabei durchaus auch einmal den Bereich der Polemik, andererseits kann man es ihm angesichts des Elends, das er auf seinen Reisen um den Globus ständig erlebt und der Wut, die man auch als Leser dabei empfindet, nicht wirklich verübeln. Der Autor führt uns jedoch nicht nur die teils skandalösen Zustände vor Augen, von denen wir uns im sicheren und reichen Westeuropa kaum Vorstellungen machen können, sondern gibt auch hoffnungsvolle Ausblicke auf eine Zukunft, in der die Herrschaft der „Kosmokraten” (wie er die Staatslenker und Leiter der großen Unternehmen und Banken nennt) zurückgedrängt wird – Widerstand gegen dieses «parasitäre Wirtschaftssystem» regt sich überall auf der Welt (Stichwort „Culture Jamming”) und es gibt auch konstruktive Gegenentwürfe, wie die Entwicklung in Brasilien zeigt, das gerade versucht, sich von dem von den reichen Ländern aufgebürdeten Schuldenberg zu befreien und die Armut im eigenen Land zu bekämpfen sowie die demokratischen Grundrechte der Bürger zu stärken.

Fazit: Dieses Buch sollte Pflichtlektüre eines jeden kritischen Staatsbürgers und Konsumenten sein!

Jean Ziegler „Das Imperium der Schande”
Goldmann 2008 (aktualisierte Auflage), 345 S., 8,95 €

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