Mai
30
2012
3

Tauschringe

Mich erfreut es ja immer wieder, wenn in den Mainstreammedien Konzepte oder Ideen vorgestellt werden, die die herkömmliche kapitalistische Maximierlogik unterlaufen. Tauschringe sind so ein Konzept, welches natürlich alles andere als neu ist, aber nun in Zeiten der Krise wieder einen Aufschwung erfahren. Im Prinzip ist es eine Art bargeldlose Nachbarschaftshilfe, bei der jeder die Talente und Fähigkeiten einbringt, die ihn auszeichnen. Dies stärkt den lokalen Zusammenhalt und macht unabhängiger von den Verwerfungen des Marktes. Sogr das Wirtschaftsmagazin Plusminus brachte unlängst einen Beitrag zu dem Thema – „Tauschringe – Wie man sich mit Talenten gegenseitig helfen kann“:

Tauschen statt zahlen – der neueste Trend, nicht nur dort, wo Menschen knapp bei Kasse sind. Rasen mähen gegen Kuchen backen zum Beispiel. Trotz der Grenzen bei Angebot und Nachfrage – Tauschringe sind jetzt auch in Deutschland auf dem Vormarsch.

Angst vor der Krise

Die Finanzkrise macht vielen Menschen Angst. Täglich gibt es neue Meldungen über drohende Staatspleiten, über die wachsenden Schuldenberge mehrer europäischer Länder und die unsichere Zukunft des Euros. Gleichzeitig können viele Menschen nicht mehr von ihrer Arbeit leben, ihre Fähigkeiten sind in der Marktwirtschaft nicht mehr gefragt.

Einige wenden sich deswegen von Geldwerten ab und orientieren sich anders. Sie tauschen statt zu kaufen – in Tauschbörsen oder Tauschringen, zum Teil mit eigener Währung. Aber sind sie eine Alternative zur Geldwirtschaft?

Im Dresdner Tauschnetz Elbtal werden nachbarschaftliche Hilfeleistungen und nicht mehr benötigte Dinge über ein Punktesystem untereinander getauscht oder verliehen. Sind die Tauschringe eine Stütze für das gegenwärtige System oder gar eine Bedrohung?

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Sep
03
2010
9

Lesetipps: I Can Stalk U / Leihen statt kaufen (Nachbarschaftshilfe im Netz) / Arbeit macht das Leben süß?

Das Wochenende naht, da wird es Zeit für ein wenig Lesestoff, den man gemütlich im Strandkorb schmökernd zu sich nehmen kann. Eine sehr schöne Aktion machte unlängst im Internet die Runde – die Website „I can stalk you“. Wie Pressetext.de zu berichten weiß, „schockt I can stalk you Twitter-User“. Wer also bisher naiv in seiner Facebook- und Twitter-Web 2.0-Welt sein digitales Dasein auslebte, unbeleckt von möglichen Konsequenzen der eigenen großzügigkeit mit seinen persönlichen Daten, der dürfte nun vielleicht ins Grübeln kommen:

Das Veröffentlichen von persönlichen Fotos auf Internetportalen wie Facebook oder Twitter kann für die betreffenden Nutzer böse Konsequenzen haben. Neben dem Bildinhalt selbst gefährdet vor allem der zunehmende Trend des sogenannten “Geotaggings” die Privatsphäre der User. Um auf diese Problematik aufmerksam zu machen, haben US-Sicherheitsexperten nun eine eigene Webseite gestartet, die den Twitter-Feed kontinuierlich nach Fotomaterial durchforstet, das mit Geo-Daten bestückt ist. Unter dem Titel “I Can Stalk You” http://icanstalku.com wird den Besuchern dann unverblümt vor Augen geführt, wie leicht es ist, ihnen mithilfe dieser Informationen nachzustellen. (…)

Ebenfalls auf Pressetext fand sich ein erfreulicherer Artikel, in dem es um einen zunehmenden Trend geht, Dinge nicht mehr zu kaufen, sondern via Internetplattformen zu leihen. Dieser Gedanke, nicht jede Sache selbst besitzen zu müssen, sondern – ressourcen- und geldbeutelschonend – nur zeitweise zu leihen, ist natürlich sehr begrüßenswert und vielleicht ein erster Schritt hin zum Umdenken und weg vom Besitzdenken. „Leihen statt kaufen – Nachbarschaftshilfe im Netz“:

Produkte verleihen und ausborgen anstatt zu verkaufen oder zu kaufen – auf dieser Idee basiert das Geschäftsmodell einer Reihe von neuen Start-up-Firmen wie SnapGoods http://snapgoods.com. Über den Online-Dienst können User Gegenstände anbieten und gegen eine Gebühr verleihen, beziehungsweise Dinge gegen Bezahlung ausborgen, berichtet die New York Times. Auch andere Webfirmen wie NeighborGoods http://neighborgoods.net oder ShareSomeSugar http://www.sharesomesugar.com arbeiten mit dieser Idee: Menschen, die im Idealfall nicht weit voneinander entfernt wohnen, sollen im Internet zusammenfinden und so voneinander profitieren. Das gemeinsame Prinzip der Dienste ist es, dass alleine der Zugang zu Dingen den Kauf obsolet machen soll. So bekomme man die Möglichkeit zu teilen, anstatt sich jeder ein eigenes Exemplar anzuschaffen. (…)

Für eine gewisse Verwunderung sorgte bei mir (und anderen Lesern) sicherlich der Artikel „Eine Umfrage zeigt: Die Deutschen zweifeln am Kapitalismus“, der in der ZEIT erschien und eine neue Studie der Bertelsmann-Stiftung vorstellt. Wie kann das sein, fragt man sich, dass ausgerechnet die Bertelsmänner so eine Studie in Auftrag geben bzw. durchführen? Denn wie bei allen Untersuchungen (nicht nur von Bertelsmann!) muss man sich immer fragen, mit welcher Intention solche Umfragen in die Welt gesetzt werden. Telepolis und gegen-stimmen haken da kritisch nach, und ich denke auch, dass Bertelsmann die zunehmende Unzufriedenheit der Menschen an einem Wirtschaftsystem, das nur auf (quantitatives) Wachstum ausgerichtet ist, sehr wohl erkennt – und dann in ihm genehme Bahnen lenken will. Das heißt, statt tiefgreifender grundlegender Änderungen doch nur eine begrünte „soziale“ Marktwirtschaft, also einem gezähmten Kapitalismus. Dieser wird so leider nicht funktionieren, fürchte ich…

(…) Zudem ist die Wachstumsskepsis nicht mehr nur Teil der politischen Debatten. Sie ist – zumindest als Idee – auch im Privaten angekommen. Immerhin vier von fünf Deutschen finden, dass »jeder seine Lebensweise dahingehend überdenken sollte, ob wirtschaftliches Wachstum für ihn alles ist«. (…)

In ihrer Sendung Zeitfragen ging Deutschlandradio Kultur der mehr als berechtigten Frage nach: „Arbeit macht das Leben süß? Über den Druck auf Angestellte und Freischaffende“ (Download als mp3):

Die Urgroßmütter haben es noch gewusst: Arbeit macht das Leben süß. Dahinter verbarg sich die romantische Umschreibung, dass der Mensch gefälligst hart arbeiten müsse – weil er es eben muss – basta. Eine Pflicht, die man nicht zu hinterfragen hat. (…)

(…) Werden die Leistungen nicht mehr erbracht, findet man Wege, langjährige Mitarbeiter vor die Tür zu setzen. In Einzelhandels-Unternehmen spricht man dann gar von “Aufarbeiten”: Unliebsamen Mitarbeitern, die den Anforderungen nicht mehr gewachsen, aber nur schwer kündbar sind, werden Aufgaben zugewiesen, von denen klar ist, dass sie deren Pensum nicht schaffen können. Gerade im Bereich der Arbeiten, für die nur eine geringe Qualifikation nötig ist, können sich Unternehmen das leisten – die “Reservearmee” auf dem Arbeitsmarkt ist groß genug.

Aber auch in anderen Bereichen ist der Druck auf diejenigen, die durch Arbeit ihr Geld verdienen, deutlich gewachsen. Von wegen Ausbeutung – das muss man jetzt schon selber machen: Selbstausbeutung heißt der Trend. Und wer sich ohne Festanstellung durchs Leben kämpft, kann schnell merken, dass es nicht nur schön ist, sein eigener Herr zu sein, denn notgedrungen ist man ein strenger Herr zu sich selbst.

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