Aug
31
2010
3

Tricksereien der Lebensmittelindustrie: Sauerstoff-Fleisch und Nimm2

Der Verein Foodwatch wirft ja schon seit einigen Jahren ein kritisches Auge auf das, was die Lebensmittelindustrie so treibt. Gepanscht, gestreckt und gemogelt wurde natürlich schon immer, vermutlich seit es Menschen gibt. Aber je industrieller die Nahrungsproduktion und je stärker die Unternehmen den allgemein in unserem System geltenden Bedingungen der Effizienz- und Gewinnsteigerung unterworfen werden, desto findiger werden die Marketingabteilungen und die Laboranten. Die einen, um den potentiellen Kunden in Reklame das Blaue vom Himmel herunterzulügen, die anderen, um Mittel und Wege zu finden, Waren (in jeglicher Hinsicht) billiger zu machen, und zwar so, dass es nicht sofort auffällt.

Ein Beispiel für die Kreativität beim Zusammenmischen und Aufbereiten von Industrienahrung ist die Aufpeppung von „Frischfleisch“ mit Sauerstoff, um es appetitlicher aussehen zu lassen. Foodwatch beleuchtet in „Frische-Illusion mit Nebenwirkungen“, warum diese Verbrauchertäuschung keine gute Idee ist:

Die meisten großen Handelsketten verkaufen Frischfleisch in “Schutzatmosphäre”-Packungen. Dahinter verbirgt sich oft ein hochgradig mit Sauerstoff angereichertes Gasgemisch. Der Effekt: Auch nach Tagen sieht Fleisch außen rosig-frisch aus. Eine Illusion, denn Sauerstoff macht es gleichzeitig innen zäh und ranzig.

Jedes zweite Stück Fleisch kaufen Verbraucher aus den Selbstbedienungs-Kühltheken von Supermärkten. Hackfleisch und Rinderrouladen, Gulasch und Schweineschnitzel liegen dort geschnitten und portioniert in praktischen Plastikschalen. In genau diesen Plastikschalen entsteht die große Frische-Illusion, einem speziellen Gasgemisch sei dank. Tagelang behält das Fleisch außen eine rosige Farbe, während es innen jedoch schneller altert, zäh und ranzig wird. Die Anbieter nehmen diese Qualitätsverschlechterung in Kauf: Um es besser verkaufen zu können, hübschen sie es optisch auf – und bieten minderwertiges Fleisch an. (…)

(…) Das ist nicht nur eine Irreführung der Kunden, denen Tage altes Fleisch als optisch schlachtfrisch untergejubelt wird. Denn Fachleute wissen: Der Einsatz von Sauerstoff ist alles andere als unproblematisch. Hochkonzentriert, reagiert er auch mit den Fetten und Eiweißen im Fleisch. Folge sind “vielfältige negative Auswirkungen”, die etwa Wissenschaftler des staatlichen Max-Rubner-Instituts seit längerem als “unstrittig” beschreiben: “Derartig dem Sauerstoff ausgesetztes Fleisch” werde “schlagartig ranzig, entwickelt Altgeschmack, erfährt vielfältig stoffliche Umsetzungen der Lipid- und Proteinfraktion und wird zäh”, heißt es in einem Artikel im Branchenblatt “Fleischwirtschaft” (6/2009). Sogar eine “massive Erhöhung der gesundheitlich als schädlich bekannten Cholesteroloxide” stellten die Wissenschaftler fest, also die Bildung von “anerkannt toxischen Substanzen mit diversen biologischen Wirkungen, speziell auch im Zusammenhang mit degenerativen Erkrankungsgeschehen, wie Arteriosklerose oder auch Krebs”. (…)

Dazu gibt es ein ausführliches „Hintergrundpapier: Fleischmarkt unterm Sauerstoffzelt“ (pdf-Format).

In der Rubrik Abgespeist ist foodwatch den dreisten Werbelügen der Industrie auf der Spur. Jüngste Enthüllung: „Nimm2 und der Trick mit den Vitaminen – der vielleicht längste Etikettenschwindel der Welt“:

Der Schwindel: „Wertvolle Vitamine“, die den Vitaminhaushalt „wirksam“ ergänzen, stecken laut Storck in nimm2, dazu „Fruchtsaft“ und „Traubenzucker“. Andere nimm2-Produkte wie die „Lachgummis“ werden mit dem Slogan „Lachen ist gesund“ beworben – rundum suggeriert Storck also, nimm2 seien im Vergleich zu anderen Süßigkeiten die bessere und gesündere Wahl.

Die Wahrheit: nimm2-Produkte sind nicht besser oder gesünder als andere Süßigkeiten. „Fruchtsaft“ ist nur in winzigen Mengen enthalten und Traubenzucker hat gegenüber anderem Zucker keinen Vorteil. Der künstliche Vitamincocktail in den Bonbons ist außerdem nicht nur sinnlos, sondern höchst problematisch. Denn Kinder bekommen vermittelt, dass Süßigkeiten so „wertvoll“ und reich an wichtigen Nährstoffen sein können wie Obst und Gemüse. Doch gerade für Kinder ist eine klare Trennlinie zwischen Süßigkeiten und anderen Lebensmitteln außerordentlich wichtig. Zuckerwerk darf Kindern nicht suggerieren, es sei „wertvoll“ und damit gesund oder unabdingbar. (…)

Und apropos Werbelügen – dazu passt auch dieser schon etwas ältere Artikel/Film von foodwatch – „Was steckt hinter McDonald’s Bauernhof-Idylle?“, in der sie die verlogenen Reklamekampagnen des Fastfood-Konzerns gründlich zerpflücken:

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Jul
15
2010
3

„Kieferverletzungen durch zu große Hamburger“

Was zuerst wie ein Scherz klingt – „Kieferverletzungen durch zu große Hamburger“ –  bzw. nach bisher unbekannten Gefahren des Fast Food-Konsums, entpuppt sich dann bei näherem Hinsehen doch als ernstzunehmender Artikel, der sich mit den Auswirkungen des Fast Food-Wahns auf die Menschen in Asien befasst. Diese bestehen nicht nur in Kieferproblemen durch den Verzehr überdimensionierter Labberbrötchenbuletten:

[…] Trotz der erstklassigen lokalen Küchen Ost- und Südost-Asiens, die vor allem von Touristen sehr geschätzt werden, sind Fastfood-Ketten mit westlicher Nahrung seit Jahren der absolute Renner. Erst vor kurzem hat eine Studie des australischen Gavran Institute of Medical Research http://www.gavran.org.au vor den dramatischen Gesundheitsfolgen der umgestellten Ernährung in Vietnam gewarnt.

“Ernährungsgewohnheiten haben sich in den vergangenen Jahren dramatisch verändert. Das betrifft vor allem die Städte, die immer mehr verwestlicht werden”, so Tuan Nguyen. Eine australisch-vietnamesische Studie unter 2.000 Personen kam zum Schluss, dass elf Prozent der Männer und zwölf Prozent der Frauen in Ho Chi Minh City an nicht diagnostizierter Typ-2-Diabetes leiden. In den Gesundheitsstatistiken der Metropole wurde die Zahl der diagnostizierten Diabetiker mit vier Prozent angegeben. Vietnam ist kein Einzelfall, kritisieren die Experten. Ähnliche Studienergebnisse gebe es auch aus Thailand. […]

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Jun
27
2010
7

In was für einer Gesellschaft leben wir eigentlich? 1/2

Aktuell findet die 10. KarmaKonsum-Konferenz in Frankfurt/Main statt. Eher zufällig entdeckte ich bei Twitter eine Aussage von Bernd Kolb, der in seiner Eröffnungsrede erstaunliche Daten zu Gehör brachte: „9% aller deutschen Kindergeburtstage werden inzwischen bei McDonald’s gefeiert.“ Als ich dies las, fehlten mir zunächst einmal die Worte – wie schrecklich ist das, dass so viele Kinder ihren Geburtstag in einer industriell gefertigten, von Marketingzombies und „Storedesignern“ erdachten 08/15-Kunstwelt feiern und dabei mit miesem, ungesundem und umweltschädlichem Fast Food abgefüllt werden? Welche Eltern lassen so einen Unfug zu und führen ihre Kinder schon früh in eine normierte Marken- und Konsumorientierung? Traurig.

Wie das Leben so spielt passte diese Meldung hervorragend zu einigen anderen Artikeln, die mir in den letzten Tagen über den Weg gelaufen sind und die ich deshalb unter dem Blickwinkel des Zustands der momentanen Gesellschaft, in der wir leben, hier versammeln möchte. Sie zeigen nebenbei, dass auch die so oft geschmähten Mainstreammedien durchaus immer mal wieder Interessantes zum kritischen Diskurs beitragen (können). Dass unsere „Prä-Kollaps-Gesellschaft“ unter dem Einfluss neoliberalen Ellenbogendenkens an allen Ecken zu bröseln beginnt, zeigt und fördert die Politik quasi täglich durch ihre volksfernen, klientelgesteuerten Entscheidungen. Jüngstes Beispiel: Das Geklüngel um die Wahl des Bundespräsidenten. Ohne viel Federlesens „zauberte“ unsere Kanzlerdarstellerin den ihr genehmen Kandidaten aus dem Hut, ohne Rücksicht darauf, welcher Kandidat sich eher eignen würde. Der Philosoph und Autor Richard David Precht stellt in seinem flammenden Plädoyer in der ZEIT klar, dass solch ein Gebaren ein weiterer Sargnagel für eine lebendige Demokratie ist und die Menschen weiter in Politikverdrossenheit treibt – „… und keiner wacht auf – Leben wir noch in einer Demokratie oder überlassen wir die Politik lieber einer kleinen Führungselite?“:

[…] Es ist schwierig, Angela Merkel etwas begreiflich zu machen, wenn ihr Machterhalt darauf beruht, es nicht zu begreifen. Ein geeigneter Kandidat für das höchste Amt im Staate für Merkel – das ist nicht der Integerste, der Begabteste, der Klügste, der Eigenständigste, Umsichtigste, der Brillanteste. Ein geeigneter Kandidat ist der aus Sicht der Kanzlerin geeignetste Kandidat. Das heißt: nicht der Integerste, der Begabteste, der Klügste, der Eigenständigste, der Umsichtigste oder der Brillanteste. […]

[…] Die Aufgabe, die auf einen künftigen Präsidenten zukommt, ist mit keiner zuvor vergleichbar. Das Land hat die mutmaßlichen Grenzen seiner wirtschaftlichen Expansion erreicht. Was ansteht, ist der geordnete Rückzug aus dem Wachstumswahn. Sparzwänge und Verteilungskämpfe nie gekannten Ausmaßes werden das Klima in der Bundesrepublik verändern. Die Luft wird dünner, der Tonfall rauer. Wir wissen nicht, wie lange es noch Parteien in Deutschland gibt, aber allesamt arbeiten sie ungebremst an ihrem Verschwinden. Die Wahlbeteiligungen sinken dramatisch, das Ansehen unserer Politiker ist auf dem Tiefstand. […]

[…] Das Risiko dabei ist offensichtlich: Politik, ebenso wie Wirtschaft, ist an Voraussetzungen gebunden, die sie nicht selbst erzeugen kann. Wenn jeder in der Wirtschaft ausschließlich zweckrational seine Gewinne mehrt, wird das Fundament unterspült: Vertrauen, Fairness, Augenmaß und Anstand. Die Marktnormen kannibalisieren die Sozialnormen. Und die Folge sind Wirtschaftskrisen, am Schwarzen Freitag nicht anders als heute. Die Politik aber, und dies bleibt zumeist unbemerkt, folgt den gleichen Gesetzen. Sie setzt ein Interesse an der Demokratie voraus, ein Vertrauen in die Regierenden und die Annahme von Wahrhaftigkeit: dass ein jeder sich müht, nicht zu seinem eigenen Besten, sondern zum Besten des Landes. Die Zweckrationalität des Regierens jedoch folgt einer ganz anderen Logik – das Kanzleramt ist nicht Deutschland. An der Macht zu bleiben verlangt nicht Wahrhaftigkeit und Fairness. Regieren gebiert keine Solidarität, sondern sie verzehrt sie. Erneuernde Wechsel, die mehr sind als ein »Weiter so!« unter anderen Fahnen, sind deshalb unumgänglich. […]

Wenn Rücksichtslosigkeit und egozentrische Selbstverwirklichung das moderne Credo darstellen, dann kann es nicht verwundern, dass auch die zukünftige „intellektuelle Elite“ oft einen eindimensionalen, karrierefixierten und eigennutzenmaximierenden Weg einschlägt. Auf Spiegel Online schildert Klaus Werle in „Karriere, Karriere, Knick“ den bedrückend flachen geistigen Horizont der heutigen Studentengeneration:

Studenten machen sich selbst zum passgenauen Firmenfutter. Ultra-pragmatisch perfektionieren sie ihre Lebensläufe, straff, stur, strategisch. Doch bei allem Ehrgeiz vergessen sie das Wichtigste: Manchmal sind die krummen Wege die geraden. […]

[…] Aber profitieren auch die Studenten selbst? Zumindest glauben es viele; die Optimierung der Bildung haben sie längst verinnerlicht. “Alles Tun wird auf die eigene Marktgängigkeit, die Verwertbarkeit im Lebenslauf hin abgeklopft”, so Jugendforscher Hurrelmann. Anna-Lena sagt: “Wir sind schon eine ichbezogene Generation. Jeder will in Rekordzeit, mit Rekordnoten durch die Uni. Manchmal frage ich mich, wie ich das Pensum noch steigern soll, wenn ich im Beruf bin.” Ironisch schaut sie auf ihre schmale Festina-Uhr, als sei es deren Schuld, dass der Tag nur 24 Stunden hat. […]

[…] Woran es fehlt, sind Menschen mit Köpfchen und Neugier. Die mit Kreuzungen, Sackgassen und Umleitungen umgehen können – nicht nur mit Einbahnstraßen. Die mit individuell Besonderem statt mit Mainstream-Wissen überzeugen. Das lernt man nicht, indem man einen normierten Ausbildungskanon im Rekordtempo absolviert. […]

Morgen geht es weiter mit Teil 2.

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Feb
17
2010
4

Werbung gegen Realität, Teil 14 – Dem Hamburger auf der Spur

Schon des öfteren habe ich mir gewünscht, dass die Medien, die die Verdummungskampagnen der Reklame ausstrahlen und abdrucken, mit diesen Inhalten kritsch ins Gericht gehen, statt sie einfach nur kommentarlos neben den sonstigen „Content“ zu stellen. Letzte Woche gab es dann tatsächlich eine jener seltenen Sternstunden, nämlich im Beitrag „Fast Food – Dem Hamburger auf der Spur“ des WDR-Magazins markt. Dort wird die Reklame des McDonald’s-Konzerns mit der Realität konfrontiert, und dies in Gegenwart eines Konzernsprechers. Also eigentlich das perfekte Setting, um diesen Herrn mal so richtig ins Schwitzen und in Erklärungsnöte zu bringen – leider unterbleibt die Frage bzw. Feststellung, dass das, was McD da in seiner Werbung zeigt, nicht der Wahrheit entspricht, in dem Sinne, dass der wirkliche volle Umfang verschleiert wird, so dass der Firmensprecher sich herauswinden kann, schade. Dass industrielle Fleischproduktion sowieso tierundwürdig ist, muss ich hier nicht eigens erwähnen – immerhin erfreulich, dass der Sender da doch einige schockierende Bilder zeigt, die im Kontrast zum marketingiduzierten Image eines „leckeren, gesunden Burgers“ stehen. Guten Appetit, kann man da nur sagen…

In einem Werbespot stellt sich ein junger Mann als Qualitätsscout von McDonald’s vor: „Hallo, ich bin Martin Vollmer. Als Qualitätsscout von McDonald‘s will ich mal sehen, wo das Rindfleisch für BigMac und Co. herkommt.“ Er stellt den Schneiderhof vor. Auch wir wollen wissen, wo das Fleisch herkommt und besuchen den Schneiderhof. Und in der Tat handelt es sich bei dem Hof offenbar um einen Vorzeigebetrieb. Er bietet seinen Kühen einen Traumstall, ideal für Werbeaufnahmen.

Wenige Autominuten weiter sieht es jedoch schon ganz anders aus. Milchvieh in Süddeutschland steht oft in dunkeln Ställen. Am Hals angebunden können sich die Tiere nur hoch und runter bewegen, oft ein Leben lang. Konkrete gesetzliche Vorschriften fehlen. (…)

(…) Die Tierhaltung ist also offensichtlich egal, solange ausreichend Muskel- und Fettgewebe vorhanden ist. (…)

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Jan
24
2010
8

Blick durchs Netz: McDoofs Verdummungskampagne, Milchmädchenrechner und die Rendite der Entmenschlichung

Reklame macht ja nicht nur doof, sie ist auch doof. Je größer der dahinter stehende Konzern, desto Gehirnwäsche, behaupte ich mal so frei von der Leber weg. Ein „schönes“ Beispiel liefert dafür gerade McDonald’s mit ihrer neuen Kampagne, in der sie die Grandezza ihrer Fritten- und Buletten-Jobs anpreisen, und das in einer Art, die so peinlich und dumm ist, dass ich den Clip hier sogar zeige (ist nämlich eindeutige Anti-Werbung):

Bleib passiv! kommentiert das alles sehr zutreffend – „McJob“:

“Mit 65 WIEDER arbeiten und das bei MC Donald’s? Aber es macht mir sooo vieel Spaß…”

Die Botschaft der Kampagne, die ähnlich bereits 2006 in Großbritannien lief: Das ach so freundliche Familienunternehmen hat ein riesiges Herz für die ganze Familie und bietet derart gute Arbeitsbedingungen, dass auch erfahrene Arbeitnehmer zufrieden sind.

Die Wahrheit: Die zunehmende Altersarmut in Deutschland zwingt schon heute viele ältere Menschen dazu, sich neben der Rente etwas hinzuverdienen zu müssen. Schwarz-Gelb-Rot-Grün machen’s möglich – die Industrie freut sich öffentlich. Diese Werbung ist noch geschmackloser als der angebotene Fraß. Wer hätte gedacht, dass das überhaupt möglich ist…

milchmaedchenrechner-schraeg-600px1-265x265Wollen wir mal hoffen, dass die Rechnung von McD nicht aufgeht – aber bei solch vertrackten Situationen hilft vielleicht der Milchmädchenrechner, das neueste Ultramegatiptopangebot des Antipreneurshops, beliebt sicher auch bei allen Politikern mit Schönrechenkünsten:

In Zeiten von Wirtschaftskrise und Milliardenkrediten darf einem der eigene Taschenrechner keinen Strich durch die Rechnung machen. Darum ist der Milchmädchenrechner ideal für alle, die große Summen zu verschleudern haben: Auf dem Maxi-Display haben Zahlen mit bis zu zwölf Stellen Platz. Da macht selbst das Schuldenmachen Spaß.

Mit seinem erweiterten Tastenfeld macht es der Milchmädchenrechner zum Kinderspiel, Fünfe gerade sein zu lassen. Zum Funktionsumfang gehören praktische Helferlein wie die „Devisenkreislauf“-Taste, „20 Prozent teurer“ und die ebenso neue und unverzichtbare Funktion „Pi mal Daumen“. (…)

Apropos Regierung und Schulden – die famosen Pläne von Schwarz-Gelb, den Atomausstieg voranzutreiben, erhalten neuen Gegenwind, diesmal sogar von dem von der FDP doch vermeintlich so liebkosten Mittelstand, wie die ZEIT berichtet (man beachte dazu auch die Leserkommentare!) „Die Stadtwerke bocken“:

(…) Große Stadtwerke haben am Dienstag in Berlin die Pläne der Bundesregierung zur Verlängerung der Laufzeiten von Kernkraftwerken kritisiert. Sie fürchten, dass der Wettbewerb auf den Energiemärkten dadurch massiv behindert werde. “Wir sind gegen eine exklusive Technologie in exklusiven Händen”, sagte der Vorstandsvorsitzende der Stadtwerke Hannover, Michael Feist. “Es darf durch eine Laufzeitverlängerung keine wettbewerbsverzerrenden Folgen geben.” (…)

(…) Wie die Politik allerdings erfolgreich Anreize zu mehr Wettbewerb und zum Ausbau der erneuerbaren Energien setzen will, wenn sie zugleich eine Laufzeitverlängerung beschließt, sagte Brüderle nicht. Weiterhin ist offen, wie ernst er seine Wettbewerbsforderungen tatsächlich meint. Das geplante Entflechtungsgesetz, das die Marktmacht großer Konzerne brechen soll, spielte Brüderle herunter: Es werde kein “Lex Energiewirtschaft” sein, sagte er. (…)

Von der FDP gibt’s also nichts Neues zu hören, die leben immer noch in ihrer idealisierten Welt von vor 20–30 Jahren. Überraschend hingegen ist, was die Financial Times Deutschland unlängst schreibt – in „Das Kapital: Die Rendite der Entmenschlichung“ werden Töne angeschlagen, wie man sie von so wirtschaftsnaher Presse kaum erwarten würde:

In der Freizeit konsumieren wir, und während der Arbeitszeit steigern wir unsere Produktivität dermaßen, dass wir morgen noch mehr unnützes Zeugs kaufen können. Die Schwachen bleiben auf der Strecke: Aus der ökonomischen wird eine Sinnkrise: Und die Anleger schauen wie immer weg. (…)

(…) Gleichwohl verlangt unser ökonomisches System – und noch kennen wir kein besseres -, dass wir unablässig mehr konsumieren, damit Massenarbeitslosigkeit und Verelendung abgewendet werden können. So wird aus der ökonomischen eine Sinnkrise, von der Ausbeutung der Erde mal ganz zu schweigen. Was wir wohl eigentlich bräuchten, wäre eine ökonomische Theorie des Schrumpfens. Unter anderem müsste sie vermutlich daran ansetzen, dass wir in der Schule nicht mehr nur den Nachwuchs der Produzenten und Konsumenten großziehen, sondern Menschen das Menschsein lehren. (…)

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Okt
31
2009
15

Konzerne vertreiben, Teil 2: Island ist McDonald’s-frei

mcdoof3Nach der schönen Aktion in den Niederlande, wo erboste Sparer eine Bank aus Protest gegen deren Geschäftsgebaren in den Ruin getrieben haben, gibt es einen weiteren netten Rückschlag für Konzerne zu berichten – Island ist seit diesem Monat McDonald’s-frei. Wenngleich auch nicht unbedingt nur aus innerem, freien Antrieb und tieferer Erkenntnis, sondern als Folge der durch die Abwertung der isländischen Währung immer teureren Fleisch- und Zutatenimporte, aber immerhin: ein weißer Fleck auf der Weltkarte des Burgerimperiums. Mehr dazu in „Hier beginnt die Burger-freie Zone“ in der Berliner Zeitung (Danke an Erik von bleib passiv! für den Tipp):

(…) Mit Fastfood hingegen haben die Isländer jetzt offiziell abgeschlossen. Die Finanzkrise hat sie schlimm gebeutelt. Sie sind Schuldsklaven geworden, ihre Häuser und Autos sind verpfändet, die Jugend verlässt die Insel auf der Suche nach einem besseren Leben. (…)

Man müsse sich nach Jahren des Größenwahns wieder auf heimische Werte besinnen, lautet die Lehre aus der Krise in Island. Fleisch, Gemüse, Molkereiwaren und Brot will Ögmundsson künftig auf der Insel besorgen, so sein Essen künftig billiger anbieten als Importburger und gleichzeitig ein Dutzend neue Jobs schaffen.

So könnte der Abzug des Weltkonzerns zu einer heimischen Erfolgsgeschichte werden. (…)

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Sep
12
2009
6

Kolonialismus im Irak

Eine schöne, symbolträchtiges Bildmontage in Anlehnung an das weltbekannte Foto, wo amerikanische Soldaten im 2. Weltkrieg die US-Flagge auf einer eroberten japanischen Insel hissen – fast schon eine Art Adbusting. [Quelle: „Colonizing Culture in Iraq“; danke an Roman von Bleib passiv! für den Hinweis.]

mcdonalds-iraq

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Aug
20
2009
12

Dichtung und Wahrheit – McDonald’s-Adbusting in Kiel

Holla, Kiel mausert sich ja so langsam zu einer heimlichen Hochburg im Kampf gegen den Kommerz – nach der ebenfalls gelungenen, aber im Rahmen einer Kunstaktion noch „gemäßigten“ Aktion einiger Kunsthochschulstudenten im Juli stieß ich gestern auf ein sehr gelungenes Adbusting direkt an der Straße zum Kieler Hauptbahnhof. Einer oder mehrere Unbekannte haben dabei zwei McDonald’s-Plakate gekapert und aus den Original-Reklamelügen eine passendere Aussage geschält. Beim linken Plakat wurde ein dezentes „?“ hinzugefügt, beim rechten hat man gleich aus „Snack“ „Death“ gemacht. So ergibt das Ganze dann doch mehr Sinn. :-)

sany0203


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Aug
11
2009
6

Ein Blick durchs Netz – Bundeswehr, Marketing, Schweinegrippe, McDoof, FDP, Bezahlmedien sowie der Kapitalismus als solcher

seetaubeIn den letzten Tagen haben sich bei mir so viele lesenswerte Artikel angesammelt, dass ich heute mal eine kleine mittelgroße Rundschau über ein paar aktuelle, aber auch grundsätzliche Themen und Beiträge bieten möchte.

Der Schweizer Think About-Blog verdeutlicht in „Marketing – der Feind des Verzichts“ das, was ich hier im Blog schon des öfteren dargelegt habe: Werbung schadet und ist mehr als nur ein Ärgernis am Rande!

Marketing ist also die Kunst, Ihnen das Gefühl zu nehmen, im Überfluss des Angebots zu schwimmen, mehr zu nehmen und zu kaufen und NICHT zu meinen, sie hätten schon alles, was Sie brauchen. Glauben Sie, ein satter Konsument zu sein, so will Ihnen das Marketing das Gegenteil beweisen. Sie wissen gar noch nicht, was Ihnen alles fehlt!

In die Rubrik „Überraschung in den Mainstreammedien“ können wohl die beiden folgenden Texte einsortiert werden – in der FAZ (!) berichtet in der Reihe „Zukunft des Kapitalismus“ diesmal Ingo Schulze über „Das Monster in der Grube“. Es geht um Alternativen zum aktuellen System und darum, wie heutige (Wirtschafts-)Wissenschaftler betriebsblind geworden sind.

Der demagogische Satz, der in letzter Zeit immer wieder zu hören ist: „Der Staat ist der schlechtere Unternehmer“, sollte durch die Frage, wer der bessere Eigentümer ist und welche Interessen und Ziele der Eigentümer verfolgt, ersetzt werden. Wir müssen sagen, wofür wir die Wirtschaft brauchen und was wir von ihr wollen. Wir müssen uns darüber klarwerden, wie der Gesellschaftsvertrag aussehen soll, mit dem eine menschenwürdige Zukunft für alle möglich werden könnte.

Zweite Überraschung – die ZEIT (!) verbreitet offene Kritik an der FDP: „FDP: Vorsicht, Umfallgefahr!“. Der Wahlkampf ist also in den Medien schon längst angelaufen…

Das Problem mit der Haltung der FDP ist nur, dass sie sich seit dem Ausbruch der Krise auf zwei Sätze reduzieren lässt: Was die Liberalen ganz gut können, ist erst einmal Nein sagen. Was sie nicht so gut können, ist, dabei zu bleiben.

Einige interessante oder auch bedenkliche aktuelle Entwicklungen gibt es zudem zu vermelden – so steht ebenfalls in der ZEIT, dass der australische Medienmogul Rupert Murdoch, dem viele Zeitungen, aber auch Internetseiten wie Myspace gehören, eine Abkehr vom werbefinanzierten, dafür kostenlosen Onlinejournalismus plant. So soll man also zukünftig für viele Angebote von The Times, The Sun oder dem Wallstreet Journal löhnen. Na, ob das so ein großer Verlust für die Menschheit ist, wenn die manipulierten, lobbydurchtränkten Inhalte nicht mehr frei verfügbar sein werden… Dass es der Werbebranche schlecht geht, ist natürlich zu begrüßen. ;-)

Der australische Medientycoon Rupert Murdoch will im Internet alle Nachrichtenangebote seines weltweiten Konzerns kostenpflichtig machen. Murdoch reagiert damit auf die heftige Werbe- und Medienkrise. Immer mehr Medienhäuser denken inzwischen über eine solche Abkehr von Gratisnachrichten im Netz nach.

Und, schon mit Medikamenten gegen die böse Schweinegrippe eingedeckt? Immer öfter liest man inzwischen Berichte, dass von den Regierungen großflächige Impfaktionen geplant werden – und das, obwohl diese Grippe in unseren Breiten auch nicht schlimmer ist, als die normale. quer berichtete letztens sogar, dass die Fälle in Bayern eher milder abliefen als bei einer handelsüblichen Grippe. Der Flensburger Arzt und SPD-Politiker Dr. Wolfgang Wodarg redet in seinem bemerkenswerten Artikel „Schweinegrippe – das Geschäft mit der Angst“ erfreulichen Klartext:

Ich halte die “Schweinegrippe” für eine unverantwortliche, wirtschaftlich motivierte Panikmache und sehe nach intensiven Recherchen und persönlichen Gesprächen, unter anderem mit dem Leiter des Robert-Koch-Institutes, keinen Grund, die Empfehlungen zum Grippeschutz anders zu handhaben als in den Vorjahren.

Apropos Gesundheit – wie die taz vor einigen Tagen schrieb, werden Schulklassen, die das Bundesverteidigungsminsterium besuchen, großzügig mit McDonald’s-„Essens“gutscheinen versorgt. Skandalös ist hier auch die dreist-dumme Antwort, die das Ministerium einer Anfrage durch die Grünen zuteil werden ließ – „Fettiges Fastfood für die Bildung“:

“Die angebotene Kombination von Getränken und Speisen, darunter auch Salat, und die ergänzende Beratung des Besucherdienstes sind ausdrücklich im Sinne des Programms der Bundesregierung”, verteidigt Kossendey die fettige Verköstigung. Außerdem entscheide ja über die Annahme der Gutscheine das begleitende Lehrpersonal – auch über die “Inanspruchnahme und die Speisenzusammenstellung die Schüler”.

Großartig, so sieht Verantwortung aus – dass der Fast-Food-Fraß im Sinne eines Programms für die Gesundheit der Jugend sein soll, ist ja wohl ein schlechter Scherz. Als wenn die momentane PR-Kampagne der Bundeswehr im Jugendmagazin Bravo nicht schon abstoßend genug wäre. Hier lohnt sich sowohl der Bericht auf TelepolisFrisches Blut – die Bundeswehr such Nachwuchs und bedienst sich dabei massiv zivilier Jugendmedien“ als auch der Originalbeitrag in der Bravo. Vorsicht, nüchtern ist diese versuchte Gehirnwäsche durch das Militär nicht zu ertragen.

“Liebst du das Abenteuer? Bist du topfit?” – Mit  diesen Fragen wirbt die Bundeswehr seit einiger Zeit auf einer Webseite (1)  von Deutschlands größtem Jugendmagazin BRAVO für “tolle Tage im  Ausbildungscamp der Einzelkämpfer” in der Luftlande- und Lufttransportschule  der Bundeswehr im oberbayerischen Altenstadt. Nicht das erste Mal, dass sich  die Bundeswehr ziviler Medien bedient um neuen Nachwuchs zu  gewinnen.

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Jul
06
2009
9

McD – I’m not loving it

Nachdem ich mir nach dem gestrigen Posten der aktuellen Nicht-Anzeige des Greenpeace Magazins von einem Kommentator anhören musste, ich würde gemeinsame Sache mit der Fleisch- (und sogar Chemie-)Industrie machen, weil ich es gewagt hatte, Biofleisch für nicht ganz so schlimm wie das aus reiner Industrieproduktion zu halten, hier ein anderes Adbusting zu diesem Thema, das vor allem das Elend des Tiers in den Mittelpunkt stellt – und die (Mit-)Verantwortung von McDonald’s und den anderen Burgerbratbuden für den unsinnig hohen Fleischkonsum weltweit thematisiert, all deren lächerlichen Imagekampagnen und „Qualitätsoffensiven“ zum Trotz. (Leider weiß ich nicht mehr, wo in den Weiten des Netzes ich dieses schöne Bild gefunden habe.) Natürlich ist auch dies keine Anzeige, sondern eine Parodie…

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EDIT: Und weil’s so schön zum Thema und zur gestrigen Diskussion passt, hier noch ein Verweis auf den Artikel von Klaus Werner-Lobo auf jetzt.de – „Kühe, die subventionierten Klimakiller“:

Was haben Adidas, Aldi, BMW, Carrefour, Clarks, Gucci, Honda, IKEA, Lidl, Makro, Nike, Reebok und Timberland mit Kühen zu tun? Und was mit dem Klimawandel? Sie alle wurden diese Woche von Greenpeace beschuldigt, zu einem erheblichen Teil mitschuld an der Abholzung brasilianischer Regenwälder zu sein. (…)

1,3 Milliarden Rinder werden auf der ganzen Welt für die Fleischgewinnung gemästet. Rund die Hälfte des weltweiten Getreideanbaus ist der Viehfutterproduktion vorbehalten – das sind jährlich 600 Millionen Tonnen. Würde man dieses Getreide nicht für die Fleischgewinnung, sondern als Lebensmittel nutzen, könnten damit zehnmal soviele Menschen ernährt werden. Man bräuchte also lediglich ein Zehntel der landwirtschaftlichen Fläche, um genauso viele Menschen täglich satt zu machen.

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