Sep
03
2012
8

Wie billig kann Bio sein?

Heute nur ein schneller Fernsehtipp – um 21:45 Uhr läuft eine Doku in der ARD, die für alle LOHAS und alle, die meinen, mit dem Kauf von Biolebensmitteln (vor allem in Supermärkten & Discountern), hätten sie genug zur Weltrettung beigetragen, etwas unbequem werden könnte – „Wie billig kann Bio sein?“:

Bio boomt – 6,6 Mrd. Euro gaben die Deutschen 2011 für Bio-Lebensmittel aus – und die Umsätze steigen weiter. Denn auch Supermärkte und Discounter haben das Geschäft längst für sich entdeckt und bieten inzwischen viele billige Bio-Produkte an. Billigangebote, die ihren Preis haben – das belegen Recherchen des ARD-Magazins “Fakt”.

Beispiel Bio-Eier: Bei einem Blick hinter die Kulissen, entdecken die Reporter Produktionsbedingungen wie im konventionellen Bereich. Massentierhaltung nur eben mit Öko-Siegel. Bedingungen, die der Verbraucher so nicht erwartet und seinem Bio-Verständnis widersprechen.

“Fakt”-Reporter recherchieren die Hintergründe der billigen Bio-Lebensmittel. Wie werden Bio-Fleisch, -Obst und -Gemüse produziert? Wir stoßen auf nicht artgerechte Tierhaltung, die Vernichtung von deutschen Bio-Lebensmitteln aufgrund von Billigimporten und qualitativ schlechte Nahrungsmittel. Und alles firmiert unter dem Label “Bio”.

EDIT: Wer’s verpasst hat – die Doku steht derzeit (noch) in der ARD-Mediathek. HIER.

EDIT 2: Hier die Doku, die leider nicht so dolle sein soll, bei YouTube:

EDIT: Auf Utopia findet sich ein Artikel, der obige Doku kritisch unter die Lupe nimmt – „‚Bio-Betrug‘ Bleiben Sie unkonventionell!

Wer sein Geld in billige Bio-Lebensmittel aus dem Supermarkt investiert, wird für dumm verkauft. Zu diesem Fazit verleitet die ARD-Reportage „Wie billig kann Bio sein?“. Utopia erklärt, warum Sie sich davon nicht verunsichern lassen sollten. (…)

(…) Die Zustände in den gezeigten Ställen entsprechen allerdings nicht den Haltungsbedingungen, die für das Bio-Siegel vorschrieben sind. Für Legehennen gehört zum Beispiel eine zusätzliche Außenfläche von vier Quadratmetern zu den Mindestanforderungen. Das klingt besser als die Szenen der ARD-Reportage – hat aber auch wenig mit den Bildern zu tun, die gerne in den Köpfen der Verbraucher eingepflanzt werden: Hühner, die den ganzen Tag frei auf einem idyllischen Bauernhof spazieren, Kühe, die auf einer sonnigen Bergwiese weiden. Das Bio-Image scheint, man traut es sich als Befürworter kaum zu sagen, in mancher Hinsicht zu gut, nahezu irreal zu sein. Vor allem wenn es um die überstrapazierte Idee der glücklichen Tiere geht. Das soll wie gesagt keinenfalls die Bilder leidender Tiere rechtfertigen, die scharf zu kritisieren sind. Aber: das Bio-Siegel steht nicht für eine heile Welt, in der Hühner ein Grinsen im Gesicht haben, weil Sie Bio-Eier legen dürfen. Die EU Öko-Verordnung soll artgerechte Tierhaltung gewährleisten – nicht mehr, aber auch nicht weniger.

Die grundlegende Idee der ARD, auf den schwierigen Spagat von Bio und billig hinzuweisen, ist auch nicht verkehrt. In erster Linie wollen wohl Discounter weder das Beste für die Natur noch für die Verbraucher, sondern deren Geld. (…)

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Mai
13
2012
3

Lesetipps: Ist Werbung böse? | Aldi | Rotes Utopia | Konsumentenmacht | Medikamentenpreise

Naja, eigentlich sollte ich nach den Kampagnen, die der Spiegel z.B. gegen die Piraten gefahren hat, besser keine SpOn-Artikel mehr verlinken, aber ich will es heute doch mal tun – befasste sich das ehemalige Nachrichtenmagazin doch vorletzte Woche mit einem meiner Lieblingsfeinde, nämlich dem Discounter Aldi. Sogar eine Titelgeschichte widmete man dem Treiben des Billigheimers, dessen Methoden Vorbild für all die anderen Ausbeuterbutzen wie Lidl, Netto etc. sind. Insbesondere auch, was die negativen Folgen dieses Preis- und Kostendrucks anbelangt. Das Spiegelfeature enthielt jetzt zwar nicht so fürchterlich viele Infos, die mir und den Lesern meines Blogs komplett neu wären, und wie üblich wird auch nur ein verengter Fokus auf die Arbeitswelt betrieben, der die schädlichen Auswirkungen der Wegwerfprodukte auf Umwelt und Gesellschaft ausblendet, aber immerhin. Jeder, der beim Discounter einkauft, sollte daran denken, welches Geschäftsprinzip er damit unterstützt. „Ex-Manager Straub berichtet über Überwachung und Kontrolle“:

Andreas Straub legte bei Aldi Süd eine steile Karriere hin. Mit 22 Jahren fing er bei dem Discounter an, bereits ein Jahr später war er als Bereichsleiter für mehrere Filialen zuständig. Als einer der Besten seines Jahrgangs hatte der Jungmanager ein Nachwuchsprogramm bei Daimler absolviert. Doch der Autokonzern erschien ihm zu träge, darum heuerte er bei Aldi an. Eigene Ideen einbringen und Innovationen umsetzen – das war Straubs Traum.

Doch die Ernüchterung folgte schnell. Nun avanciert Straub zum Feindbild des Konzerns. Er hat ein Buch geschrieben, in dem er ein dunkles Bild von Aldi zeichnet: Mit strengen Kontrollen würden Mitarbeiter gegängelt, Kritiker abserviert, knallharte Personalpolitik und Rauswürfe, so Straub, sollen die Kosten drücken. Auch er musste schließlich gehen. Im Interview berichtet er, wie Aldi tickt. (…)

Mitarbeiter bei Aldi-Süd filmten heimlich Kundinnen“:

Aldi-Kundinnen sind von Managern des Discounters nach SPIEGEL-Informationen heimlich beim Einkauf gefilmt worden. Das Interesse der Filialleiter weckten demnach vor allem Frauen in kurzen Röcken oder mit ausgeschnittenen Tops, sobald sie sich über Kühltheken beugten oder vor Regalen bückten. Dann zoomten die Aldi-Angestellten mit der Kamera heran. Hinterher wurden die Filme auf CD gebrannt und ausgetauscht. Dies geschah in Aldi-Märkten in Frankfurt am Main, in Dieburg und anderen hessischen Filialen. (…)

Besonders empörend – die reichsten Männer des Landes nehmen auch noch den Steuerzahler aus: „Aldi sackt seit Jahren staatliche Subventionen ein“:

(…) Der Discounter Aldi erhielt in den vergangenen Jahren staatliche Subventionen in beträchtlicher Höhe. Sowohl Aldi Nord als auch Aldi Süd hatten nach SPIEGEL-Informationen beim Bundesamt für Güterverkehr (BAG) Fördermittel für Unternehmen des Güterkraftverkehrs beantragt. Warum und in welcher Höhe der Handelskonzern mit einem weltweiten Umsatz von 57 Milliarden Euro staatliche Unterstützung für Fort- und Weiterbildungsmaßnahmen bekam, ist unklar.  (…)

(…) “Es ist ärgerlich, als Abgeordnete im Nebel stochern zu müssen und keine klaren Auskünfte zu bekommen, was mit Steuergeldern und Fördermitteln eigentlich passiert”, sagt Wilms. “Die Förderungen sollen bei der Aus- und Weiterbildung helfen und nicht das Sparprogramm eines Discounters aufpeppen. Sollte ein milliardenschwerer Laden wie Aldi tatsächlich diese Gelder anzapfen, wäre das unverschämt.” Sowohl Aldi Süd als auch Aldi Nord bestätigten den Erhalt der Subventionen, verwiesen aber auf die erfolgreiche Prüfung durch das BAG. (….)

Genauso unverfroren ist das, wie die CDU der Pharmaindustrie zuarbeitet – „Union will Medikamentenpreise geheimhalten“, wie die Süddeutsche Zeitung berichtet:

Wieviel zahlen Krankenkassen Pharmakonzernen wirklich für neue Medikamente? Diese Information möchten die Arzneimittelhersteller verbergen, denn sie fürchten Umsatzeinbußen im Ausland. Die Union will die geforderte “Vertraulichkeit” nun sogar gesetzlich festschreiben – und untergräbt damit eigene Bemühungen zur Reduzierung der Preise. Der Bundestag verzichtet auf eine Debatte.

Die Unionsfraktion will eine der zentralen Forderungen der Pharmaindustrie erfüllen. Künftig sollen die zwischen Herstellern und Krankenkassen vereinbarten Preise für neue Medikamente geheim gehalten werden. Die Pharmaindustrie erhofft sich dadurch höhere Erlöse. (…)

Anlässlich solcher Entwicklungen muss man sich schon fragen, was der einzelne Käufer und Konsument hier tun kann – und genau dieser Frage geht nachrichten.at in einem Interview mit der Autorin Kathrin Hartmann nach – „Der Konsument hat keine Macht“:

(…) Dennoch gab es einen Riesenrummel um die „Lohas“ (Lifestyle of Health and Sustainability), also um Leute, die durch ihren Konsumstil Gesundheit und Nachhaltigkeit fördern wollen …

Da ging es um nichts anderes als ums Konsumieren. Das wurde als die neue, frische Ökobewegung verkauft, hatte aber mit der alten Öko-Bewegung nichts zu tun. Und so kann man im Biosupermarkt im Jänner eingeflogene Erdbeeren mit scheinbar gutem Gewissen kaufen. Im Grunde ist das Gegenteil erreicht worden. Bio passt sich immer mehr dem Mainstream und dem Massenmarkt an. Die Landwirtschaft ändert sich wenig – die Politik gar nicht.

Deshalb sollte man nicht aufgeben, bewusst einzukaufen, oder?

Nein. Aber es soll einen nicht beruhigen. Man sollte nicht zu sich sagen: Damit habe ich meinen Beitrag geleistet. Wir können nur wirklich etwas ändern, wenn wir aufhören so zu tun, als wäre der Einzelne für die Weltrettung zuständig. Das ist Unfug. Wir sollen nicht dauernd von der Macht des Konsumenten reden, sondern wieder lernen, uns einander als Gemeinschaft zu vertrauen. Der Konsument hat keine Macht. Einkaufen macht niemandem Angst – es ist das, was Wirtschaft und Politik von uns wollen. (…)

Tobias Radloff befasste sich neulich in seinem Blog Kaffee. Satz. mit einem anderen meiner Lieblingsthemen, nämlich der Reklame. Er hat das Buch „Brandwashed“ gelesen und beleuchtet es in seinem Artikel „Ist Werbung böse?“:

(…) Wozu also das Geschrei? Ich bin ja nicht erst gestern auf die Welt gekommen. Ich bin ein aufgeklärter Konsument, freier Wille und so, ich lasse mich nicht von der Werbung manipulieren, sondern kaufe das, was ich kaufen will.

Das dachte ich jedenfalls. Dann las ich „Brandwashed“, und ich war erschüttert.

Ich hatte gedacht, so schlimm werden die Methoden der Werbung schon nicht sein. In Wahrheit sind sie viel schlimmer. Es ist unglaublich, wie tief die Trickkiste ist, in die sie greifen, um mich zum Geldausgeben zu verleiten. (…)

  • Auf Kinder und Heranwachsende wird ganz gezielt Gruppendruck ausgeübt. Der Druck, die richtige Markenkleidung zu tragen, nimmt dabei zum Teil solche Ausmaße an, dass sich die Schulen nur durch einheitliche Schulkleidung zu behelfen wissen. Und das US-Unternehmen „Girls Intelligence Authority“ stattet weibliche „Tweens“, d.h. Mädchen zwischen 10 und 13 Jahren, mit Gratis-Kosmetika und anderen Produkten aus, die sie dann auf gesponserten Pyjama-Partys ihren Freundinnen vorführen dürfen.
  • Apropos Kinder: Werber machen nicht einmal vor Ungeborenen Halt. Ein Fötus ist in der Lage, Geräusche wahrzunehmen und bekommt über das Fruchtwasser Geschmacksempfindungen seiner Mutter übermittelt. Im Klartext: Er ist in der Lage, das zu hören und schmecken, was seine Mutter hört und schmeckt. Da der Mensch aber auf bekannte Reize positiver reagiert als auf fremde, sind schon bei wenige Tage alten Babys Vorlieben für bestimmte Marken beobachtet worden – nämlich für die Marken, die sie im Mutterleib kennengelernt haben. (…)

Je länger ich über „Brandwashed“ nachdenke, umso stärker drängt sich mir folgende Frage auf: Was könnten Lindstrom und seine Kollegen alles erreichen, wenn sie ihre Kreativität auf etwas anderes als auf Marketingstrategien, Kundenmanipulation und consumer insight richten würden? Welche Kunstwerke könnten sie schaffen, wie viel Gutes könnten sie in der (ernsthaften) Forschung erreichen, wie viele Kindertagesstätten könnten sie unterhalten? Stattdessen verwenden ihre Intelligenz darauf, möglichst viele Menschen dazu zu bringen, dieses Auto oder jene Kaffeesorte zu kaufen, und „Brandwashed“ macht es mir schwer zu glauben, dass ihnen nicht jedes Mittel dafür recht sei. (…)

Zum Abschluss noch mal was Visionäres – ein „rotes Utopia“, wie der Spiegel in seinem Artikel über ein „Kommunisten-Dorf“ in Spanien schreibt – „Leben im roten Utopia“:

Ganz Spanien leidet unter der Wirtschaftskrise. Ganz Spanien? Im andalusischen Dörfchen Marinaleda regiert Juan Manuel Sánchez Gordillo, seine Bürger haben Arbeit, Häuser, grüne Gärten. Wie schafft der Kommunist das nur?

(…) “Die Menschen hier brauchen nicht viel Geld,” sagt Bürgermeister Sánchez Gordillo. “Anderswo wird unter der Last von Hypotheken und Krediten gestöhnt, hier zahlen wir für das Baumaterial unserer Häuser der Gemeinde 70 Jahre lang 15 Euro im Monat ab, dann gehören sie uns.” Der Mann weiß, wovon er spricht, er lebt selbst in einem der schmucken Häuser, die sich die Einwohner Marinaledas in Selbstbeteiligung bauen. Das Dorf stellt Bauland und Material, die Arbeitskraft stellen sie selbst. 350 Häuser sind auf diese Art und Weise bereits entstanden.

“Man kann Menschen nur überzeugen, wenn man ihnen ein Vorbild ist,” sagt Sánchez Gordillo, der jüngst auch in das andalusische Parlament gewählt wurde. Auch er hat nur das Einkommen zur Verfügung, von dem seine Mitbürger leben. Dafür ist er Tag und Nacht unterwegs im Dienst der Revolution. “Eine andere Welt ist machbar!” steht über dem Eingang zum Haus des Volkes, in dem die regelmäßigen Vollversammlungen des Dorfes stattfinden. (…)

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Mrz
30
2012
4

Lesetipps: Reichtum & Ruhm | Hilfe, LOHAS! | Marlboro | Konsumverzicht

Es wird mal wieder Zeit für ein paar Lesetipps im Konsumpf – beginnen möchte ich mit dem Artikel „Nur noch Reichtum und Ruhm im Kopf?“ von Florian Rötzer auf Telepolis. Er stellt eine neue US-Studie vor – anhand der sich mir die Frage stellt, ob die nun seit einigen Jahrzehnten andauernde und von Medien, Reklamewirtschaft und Politik betriebene „Umerziehung“ der Menschen von Bürgern zu Konsumenten „Früchte“ getragen hat, also Erfolge im Sinne der Durchkommerzialisierer zeitigt. Hoffentlich nicht!

(…) was auch für die nach 1982 Geborenen zutrifft. Für sie sind extrinsische Werte wie Geld, Aussehen und Ruhm wichtiger als für die Baby Boomer, während intrinsische Werte wie Selbstakzeptanz, Gemeinschaft oder Zugehörigkeit eine geringere Rolle spielen. Die Sorge um die Mitmenschen nahm hingegen nur leicht ab, die bürgerpolitische Orientierung, also das Interesse an sozialen Problemen, politischer Partizipation, Vertrauen in die Regierung oder Engagement für die Umwelt oder das Energiesparen ging hingegen beträchtlich zurück, vor allem was den Umweltschutz anbelangt, der das Thema der vorhergehenden Generation war und ist. Es gebe keineswegs eine “Generation Wir” meinen die Psychologen, sondern vielmehr eine “Generation Ich”. (…)

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Jun
22
2011
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Erst Tragödie dann Farce – über die Wirtschaft mit Charity-Anstrich

Als passenden Zusatzkommentar zu meinem gestrigen Bio-Beitrag möchte ich Euch noch diesen – wie üblich von RSAnimate wunderbar illustrierten – Auszug aus einem Vortrag „First tragedy, then farce“ des slowenischen Philosophen Slavoj Žižek präsentieren. Wer des Englischen mächtig ist, wird seinen Spaß an den Ausführungen haben, in denen Žižek auch zeigt, dass Fairtrade bei Starbucks nur ein wenig kosmetischer Puder ist, da das Unternehmen das, was es auf der einen Seite durch sein profit- und marktanteilsmaximierendes Gebaren zerstört, auf der anderen Seite wieder ein wenig ausbessern will. Wirklich was Gutes tut man als Konsument damit aber nicht. (Generell dürfte der Inhalt des Videos LOHAS wenig erfreuen, wird doch ein Grundpfeiler ihres Glaubens, nämlich dass man sich eine bessere Welt kaufen kann, ohne wirklich etwas ändern zu müssen, erschüttert.) Man muss nicht mit allem, was Žižek erzählt, übereinstimmen, auch nicht mit seinem skeptischen Menschenbild, aber interessant und anregend sind seine Gedankengänge allemal!

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Jun
21
2011
14

Ausbeutung für Bio-Ware

© dachadesig, stock.xchng

Hach, ist sie nicht schön, die wunderbare Vorstellung, dass man seine Einkäufe einfach nur auf „Bio“ umstellen muss, um sich politisch und ökologisch korrekt zu verhalten und dem Elend in der Welt ein Ende zu bereiten? Der Grundgedanke der LOHAS, also die Politik des Einkaufwagens, durch die man sich ein reines Gewissen erkauft, erscheint auf den ersten Blick auch nicht verkehrt – und es ist definitiv wichtig, darauf zu achten, was man konsumiert und welchen Unternehmen man sein schwerverdientes Geld in den Rachen wirft. Das ist ja auch eine der Grund„regeln“, die ich hier im Blog propagiere – Konzernen, die aktiv daran mitarbeiten bzw. deren Geschäftsprinzip es ist, die Umwelt zu zerstören, Abhängigkeiten zu erzeugen, Menschen und Tiere auszubeuten, nur um die eigenen Aktionäre zufrieden zu stellen, die die potentiellen Kunden mit irreführender Reklame behelligen und versuchen, sich mit Hilfe von aggressivem schönfärberischen Marketing und Lobbyismus Vorteile zu verschaffen, dürfen nicht noch für ihr Treiben dadurch belohnt werden, dass man auch noch ihre Produkte kauft. Das sollte eigentlich selbstverständlich sein – Globalisierungsgegner, die mit Nike-Sneakern an den Füßen und einer bei Lidl gekauften Coke in der Hand durch die Gegend ziehen, haben offensichtlich nicht so ganz zu Ende gedacht…

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Mai
12
2011
--

Konsum und Verantwortung – Aber bitte mit Ethik!

Die CI Romero, die sich in der Vergangenheit u.a. auch mit engagierten Adbust-Flyern zu Discountern und Ausbeutung hervorgetan hat, hat sich in ihrem Schwerpunktheft vor einiger Zeit mit dem Thema „Konsum und Verantwortung“ beschäftigt, das inzwischen fast komplett in pdf-Form online steht. Untenstehend findet Ihr die Artikel, die sich explizit mit der Konsumproblematik auseinandersetzen und diese aus verschiedenen Perspektiven beleuchten:

Schwerpunkt: Aber bitte mit Ehtik! Konsum und Verantwortung

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Okt
28
2010
2

Lesetipps: Bioplastik ist nicht „grün“ / Die Invasion der Nutzlos-Pillen / Banken erfinden Geld aus der Luft / „Map“


Letzte Woche habe ich es endlich geschafft, mir den Dokumentarfilm „Plastic Planet“ anzuschauen, Werner Bootes Reise in die Welt der Kunststoff-Herstellung und -Verwendung. Ich kann vor dem hervorragend gemachten Film nur warnen: er ist starker Tobak und letztendlich, wenn man das, was dort gezeigt wird, zu Ende denkt, sehr deprimierend, da man als einzelner quasi keinen Einfluss auf das hat, was die Industrie mit uns (und der Natur) anstellt. Nicht nur die gesundheitlichen Probleme, die sich bei der Verwendung von Plastik für den einzelnen Menschen ergeben können, finde ich extrem erschreckend, nein, vor allem auch die Schäden, die wir unserer Umwelt, den Tieren, zufügen, sind ungeheuerlich. Dass die Tiefsee bereits von Plastikpartikeln durchsetzt ist, an denen Fische verenden, war mir beispielsweise neu. Und dass es hunderte von Jahren dauert, bis dieses Plastik irgendwann einmal zersetzt ist, macht es um so schlimmer. Boote stellt gegen Ende seines Films eine Firma vor, die Bioplastik herstellt, also Plastik, das nicht aus Öl, sondern aus nachwachsenden, kompostierbaren Rohstoffen wie Maisstärke bestehtt. Dies erschien mir als kleiner Lichtblick, als Hoffnungsschimmer auf einen Ausweg aus dem jetzigen Dilemma. Tja. Dem ist aber leider nicht unbedingt so, wie Johannes Pernsteiner auf Pressetext.de feststellt – „Bio-Plastik ist nicht grün“.Wieder einmal zeigt sich, dass der LOHAS-Ansatz, einfach nur Schädliches durch weniger Schädliches zu ersetzen und ansonsten so weiterzukonsumieren wie bisher, nicht nachhaltig funktioniert:

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Feb
14
2010
3

Surftipp: Utopia Watchblog

baum-asteAls vor längerer Zeit auf das Utopia-Portal stieß, fand ich die Grundidee, nämlich Menschen mit kritischem Bewusstsein und ökologischer Grundeinstellung zusammenzuführen, ihnen eine Web 2.0-Plattform zu bieten, auf der sie sich austauschen könnten, wo man über Sünden von Konzernen, aber auch positive Beispiele erfahren sollte, eigentlich prima. Wurde ja auch Zeit, dass die wachsende Zahl kritisch-politischer Konsumenten sich auf diese Weise vernetzt. Obwohl ich mich gleich angemeldet hatte, ließ meine Utopia-Aktivität durchaus zu wünschen übrig und diese Community geriet bei mir wieder ein wenig in Vergessenheit – allerdings nicht sehr lange, denn alsbald erreichten mich die E-Mail-Newsletter, in denen immer öfter unglaubliche Kooperationen mit Konzernen wie Schummelstromanbieter Entega (gehört teilweise zu E.ON!) oder der Deutschen Telekom bejubelt wurden und der Fokus also ganz eindeutig vermehrt auf die krampfhafte Begrünung des Konsums gelegt wurde. Hier ging es mitnichten mehr um wirkliche Änderungen der Strukturen, die die ganzen Msisstände zwangsläufig produzieren, sondern nur ums Beruhigen des Gewissens und darum, auch Großkonzernen die Gelegenheit zu geben, sich grünzuwaschen. Natürlich gibt es nachwievor auch viele gute Ideen und Projekte dort zu finden, das ist klar, nur ist mir persönlich das Ganze inzwischen doch vom ganzen Drumherum her zu LOHAS-esk.

Dass ich mit meiner kritischen Meinung nicht alleine dastehe, zeigen nicht nur diverse Diskussionen in der Blogosphäre, sondern auch der Utopia Watchblog von Andre Henze, den ich Euch als heutigen Surftipp empfehlen möchte. In seinem Blog befasst er sich mit  den vielen Dingen, die bei Utopia inzwischen komplett schief laufen und zeigt auf, wo die Widersprüche dieser Community liegen und wie sich das dahinterstehende Unternehmen (die Utopia AG (!)) unangemessen aufführt, wenn es um Kritik an ihrer Firmenpolitik geht.

So wird in „Da freut sich der Ökokapitalist“ das Utopia-Top 10-Ranking der „10 größten Abnehmer von Bio-Baumwolle“ seziert und deutlich gemacht, dass viele der Konzerne, die dort auftauchen, vielleicht beim Anbau der Baumwolle etwas weniger zerstören, als bei rein industriellem Baumwollanbau, aber hinterher wird das meiste dann doch mit ordentlich Chemie zugekleistert, und faire Arbeitsbedingungen o.ä. sind gar nicht erst in dieses dubiose Ranking eingeflossen (aus gutem Grund, man will ja keine potentiellen Werbepartner verprellen (sag ich mal so frech)):

(…) Wal-Mart, laut utopistischer Bestenliste auf Platz 1. der Biobaumwoll-Käufer, bezahlt z.B. keine Überstunden und sackt so »hunderte von Millionen Dollar jährlich« zusätzlich ein. Mithin hat man sich nach Sammelklagen auf einen 650-Millionen-Dollar-Vergleich eingelassen, aus Angst das mit dem diesjährigen Regierungswechsel alles noch teurer für den Ausbeuter werden könnte.
Von den 6000 Angestellten arbeiten 4800 in chinesischen Zulieferbetrieben, unter gefängnisähnliche Bedingungen.
Neuigkeiten über Wal-Mart lassen sich bei Labour-Net nachlesen.

C&A, der Zweitplatzierte, ist auch kein Saubermann. »Ausbeutung, sexuelle Belästigung und andere Missstände in Zulieferbetrieben« heißt es zusammenfassend im Neuen Schwarzbuch Markenfirmen und wird im Buch im Detail ausgeführt.

Der dritte im Utopia-Ranking, Nike, hat dermaßen viel Dreck am Stecken, dass gleich mehrere Organisationen ein Auge auf den Konzern haben. Als Einstieg darf der Abschnitt »Kritik« bei Wikipedia gelten.
Natürlich versucht Nike sich reinzuwaschen und hat sich u.a. bei der Initiative The Girl Effect eingekauft. Eine Replik auf die Ernsthaftigkeit derartiger Avancen kannst Du im Nike-Watch-Blog von Oxfam lesen Nike loves girls? Realy?.
(Derweil muss ich Verluste feststellen, www.sweatshopwatch.org scheint offline gegangen zu sein. Nach dem, noch existenten My-Space Profil zu urteilen, sogar schon vor zwei Jahren!)
Dass Nike nur handelt, wenn man der Firma ordentlich den Hintern versohlt und die Handlung dann weit hinter dem Erwarteten und Notwendigem zurückbleibt, kannst Du bei Fashioncheck im Nike-Artikel im Abschnitt »Violations of labour rights and public conflicts« nachlesen.

H&M beutet aus, billigt Missstände und engagiert sich mit Lippenbekenntnis. Dieser Eindruck entsteht jedenfalls, wenn man die kurzen Beiträge Kritik und Kontroversen auf Wikipedia ließt und mit dem Neuen Schwarzbuch Markenfirmen abgleicht. Eigentlich ist man schon gewillt sich zu bessern, bloß kosten darf es nichts. Das scheinheilige Marketing arbeitet schneller als die Produktion. Man wird bei vielen Organisationen Mitglied, nur die Lebensumstände z.B. der ArbeiterInnen in China wollen sich einfach nicht bessern.
Noch 2007 berichtete ein Schwedischer Fernsehsender darüber wie Hennes & Mauritz von Kinderarbeit profitiert.
Der Artikel Bekleidung hautnah (auf OneWorld, etwa aus dem Jahr 2006) beschreibt die Lebens- und Arbeitsbedingungen der Menschen in Bangladesch recht eindrücklich, und dürfte leider weitestgehend aktuell sein. (…)

Schon allein das Auftauchen von Konzernen wie Nike oder Wal-Mart auf so einer Liste, die dem unbedarften Betrachter ja vermutlich schon suggerieren soll, dass hier „irgendwie ökologisch korrekte Klamotten“ angeboten werden, führt das Ganze natürlich ad absurdum.

Schade, dass der Utopia-Watchblog keinen RSS-Feed besitzt, das würde es noch etwas bequemer machen, dort regelmäßig vorbeizuschauen, denn das scharfe Auge des Autors ist, wie man an obigem Beitrag schon sieht, nicht nur auf Utopias Gebaren gerichtet, sondern auch auf viele andere Fehlentwicklungen in der globalisierten Wirtschafts- und Konsumwelt.

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Jan
08
2010
12

Politischer Konsum?

aldi_250Die Idee, dass Konsum auch eine politische Komponente hat, ist seit einigen Jahren stark im Kommen – es gib eigene Websites & Blogs, die sich diesem Thema widmen (der meinige tut das in gewisser Weise auch ein wenig), und es gibt auch ein von den Marketingfuzzis dieser Welt bereits gut geortetes und ins Visier genommenes eigenes Marktsegment, die LOHAS (Lifestyle of Health and Sustainability). Die Grundidee des naiven politischen Konsums, die die Marktgläubigkeit tief aufgesogen hat, lautet etwa: „Ich gehe wie immer zu meinem Aldi, kaufe dort statt der normalen Industriebilligplörre nun Bio-Plörre und signalisiere damit, dass Interesse an besser hergestellten Produkten besteht, so dass Aldi – durch die unsichtbare Hand des Marktes geleitet – praktisch von ganz alleine irgendwann alles auf naturverträglichere Ware umstellt, schon aus schierem Eigeninteresse (= Profit).“ Dass dies dem Discount-Prinzip komplett widerspricht und man gleichzeitig die Verarmung der Vielfalt unterstützt, wird dabei gerne vergessen.

Die LOHAS gehen noch einen Schritt weiter und machen, wie schon der Name andeutet, einen ganzen Lifestyle aus ihrem Konsum, also zumindest der klischeetypische LOHAS, der mittlerweile oft als hedonistischer und unpolitischer Besserverdiener dargestellt wird (ein Klischee, das sicherlich nur für einige stimmt, für viele andere auch wieder nicht; wie immer, wenn irgendwelche Schubladen aufgemacht und Leute hineingestopft werden), der sich als Ablasshandel für sein Dasein als Konsumbürger der westlichen Welt ein gutes Gewissen via Biowaren erkauft.

Hart ins Gericht mit diesen Ansätzen geht nun die ehemalige Neon-Redakteurin Kathrin Hartmann in ihrem Buch „Ende der Märchenstunde – Wie die Industrie Lohas und Lifestyle-Ökos vereinnahmt. Im Artikel „Korrekte Konsumenten“ in der jetzt-Beilage der Süddeutschen führt sie ihre Gedanken ein wenig aus:

(…) Das Problem ist nur: Es gibt kein richtiges Einkaufen im falschen Weltwirtschaftssystem. Wer bei Lidl bio und fair kauft, unterstützt die Niedrigpreispolitik des Konzerns und die dortigen Arbeitsbedingungen. Wer sich bei Adidas Recycling-Schuhe kauft, spart Ressourcen, akzeptiert aber die Zustände in den Sweatshops. (…)

(…) Selbst der Bioboom hat negative Folgen – besonders dort, wo er den Massenkonsum trifft: Weil es auch der Bio-Kunde gern billig hat, sind die Gewinner des Booms nicht die Bio-Märkte, sondern die Discounter. Sie verkaufen inzwischen ein Drittel der Bio-Produkte in Deutschland. Sie haben aber nicht die konventionellen Produkte durch Bio-Produkte ersetzt, sondern diese zusätzlich ins Regal gestellt, um am Boom zu verdienen. Das Bio-Gemüse kommt, wie alles im Discounter, daher, wo es billig ist: aus heißen, trockenen Ländern. Dort verbraucht dieses zusätzlich viel Wasser und verursacht Umweltschäden. (…)

(…) Die Konzerne haben großes Interesse, diese Strukturen zu erhalten. Und mächtig sind sie, weil sie für ihre Anliegen Lobbyarbeit in der Politik betreiben. Die Lohas-Anhänger glauben, privater Konsum sei politisch. Doch bleibt alles, wie es ist. Selbst wenn noch so viele Fischstäbchen gekauft werden, mit denen man Meeresschutzprojekten hilft, noch so viel Industriekäse, mit dem man Suppenküchen unterstützt, und noch so viele Autos, für die der Autohändler Bäume pflanzen lässt. Denn all das ist letztlich affirmativ und systemkonform. (…)

Vieles von dem, was die Autorin da schreibt, spricht mir aus der Seele, denn schon immer war ich ein erklärter Gegner, Großkonzernen, die plötzlich auch ein bisschen was „in Bio“ oder „begrünt“ verkaufen, auf den Leim zu gehen und damit ihre sonstigen zerstörerischen Umtriebe (nicht zuletzt den Ausbau der eigenen Marktmacht) mit zu unterstützen. Auch in Das konsumistische Manifest“ von Tobias Becker im Kulturspiegel dreht es sich u.a. um Hartmanns Buch:

(…) Die neue Ökowelle, schreibt sie, sei keine politische Bewegung, sondern “eine Auffrischung des Konsumgedankens”, ein “Befindlichkeitsumweltschutz, der nicht weh tut oder gar einschränkt, der nicht nach allgemeingültigen Lösungen sucht, sondern individuelle Erlösung verspricht”: Ego statt Öko, “Wellness fürs Gewissen” statt gesellschaftlicher Debatten.

Das Lohas-Konzept sei eine “neoliberale Wirtschaftsideologie” mit einfacher Formel: “Wenn jeder an sich denkt, ist an jeden gedacht”. (…)

(…) Und so sind sie Konsumbürger, die ihre Ansichten lieber im Kaufhaus artikulieren als in der Wahlkabine oder gar auf einer Demo – eine Privatisierung der Politik. Das große Ganze ändert sich so nicht. Im Gegenteil: Gerade die Lohas laden den Konsum mit Sinn auf, und Konsum ist per se nicht nachhaltig. Echter Umweltschutz war noch nie sexy. (…)

Auch ich sehe durchaus die Gefahr, dass viele Menschen meinen, mit dem Kauf eines Fairtrade-Kaffees hätten sie dann schon genug getan und könnten ansonsten so weiterleben wie bisher – politisches Einmischen oder soziales Engagement müssen dann nicht mehr sein. Und selbst wenn es kein „richtiges Einkaufen im falschen Wirtschaftssystem“ gibt, wie Hartmann schreibt, so gibt es doch auf jeden Fall ein „falsches Einkaufen“. [Und entgegen Frau Hartmann denke ich sehr wohl, dass man selbst in diesem System „richtig“ kaufen kann – was soll zB so falsch am Kauf von Biowaren bei einem Mitgliederladen sein, der regionale Produkte zum quasi Selbstkostenpreis vertreibt?] Denn jeder Euro, den man den Großkonzernen und ihren Machtstrukturen in den Rachen schmeißt, indem man ihre Produkte kauft, wird ja weiter in die Zerstörung der Umwelt und der Gesellschaft gesteckt und festigt nur die jetzigen Strukturen. Von daher halte ich es deshalb auch nicht für verwerflich, sondern für dringend geboten, wenn man wenigstens schon mal beim Konsum beginnt, umzudenken und sein Geld eben nicht noch zur Finanzierung des eigenen Feindes hergibt.

Ich nenne hier mal einige ganz einfache Faustregeln, die selbst dem Uninformierten helfen können, sich durchs Konsumdickicht zu schlagen und mit denen man eigentlich wenig falsch machen kann:

  1. Niemals beim Discounter kaufen. Nie. Nichts. Das betrifft alle Discounter, also Aldi, Lidl, Netto, Penny, Schlecker usw. (Außer man muss jeden Euro dreimal umdrehen, natürlich, dann bleibt einem oft nichts anderes übrig.)
  2. Möglichst auch die großen Supermarktketten meiden. Lieber zu kleinen Läden, auf den Wochenmarkt etc. gehen – auch dort kann man günstig einkaufen, wenn man z.B. den richtigen Moment abpasst (beim Wochenmarkt kurz vor Ende bspw.)
  3. Keine Produkte & Marken kaufen, für die im Fernsehen oder in überregionalen Medien usw. Reklame gemacht wird; denn nur die großen Unternehmen können sich solche Medienpräsenz leisten. Und ich sage gerne (nur halb im Scherz): „Wenn das Produkt wirklich gut wäre, müssten sie keine Werbung dafür machen.“ Zudem bezahlt man als Kunde Reklameaufwand und Markenbildung beim Einkauf mit. (Diese Regel ist zugegebenermaßen etwas grob, da es sicher auch ein paar halbwegs vernünftige Sachen/Firmen gibt, die groß angelegt werben. Aber nicht so viele. Im Lebensmittelsektor kommt man mit meiner „Regel“ auf jeden Fall sehr weit.)
  4. Wenn es Alternativen gibt, immer Produkte kaufen, die nicht von den großen, weltweit agierenden Konzernen stammen. Möglichst regional, am besten Bio und Fairtrade (wer es sich leisten kann). Kein Bio von Großkonzernen, wenn auch andere Bioangebote existieren.
  5. Weniger Fleisch essen.

Diese Punkte ersetzen natürlich kein politisches Engagement oder Aktivismus, gehören aber m.E. zur passenden Begleitmusik. :-)

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Mai
18
2009
22

Surftipp: Erklärung von Bern / Kinderarbeit für Schokolade

Nicht nur die aktuelle Ausgabe des Greenpeace Magazins befasst sich mit einem Thema, über das viele Konsumenten in den westlichen Industrieländern vermutlich wenig Gedanken machen, wenn sie ihre 60 Cent-Schokolade im Supermarkt kaufen – nämlich dem bitteren Beigeschmack, den solch niedrige Preise und die industrielle Massenproduktion für die Menschen in den Kakao-Produzentenländern haben.

Fast zehn Kilogramm Schokolade verspeist der Durchschnittsdeutsche jedes Jahr. Für diesen alltäglichen, selbstverständlichen Genuss schuften in der Elfenbeinküste Kindersklaven, oft gerade mal zehn Jahre alt, unter katastrophalen Bedingungen in Kakaoplantagen.

schoggihase_ausverkauft_endNein, auch in der Schweiz hat sich deshalb eine eigene Initiative gegründet, die sich aktiv dafür einsetzt, diese Zustände bei der Schokoladeherstellung bzw. Kakaoernte, vor allem die Kinderarbeit, nicht länger zu dulden – die Erklärung von Bern.

Obwohl die Schweiz als Schokoladenland gilt, ist bei uns kaum bekannt, dass in vielen Schokoladesorten Kinderarbeit steckt.
60 Prozent des weltweit gehandelten Kakaos kommt aus Westafrika. Kinderarbeit und Kindersklaverei ist auf den Kakaoplantagen der Elfenbeinküste gängig und werden von den Schokoladeherstellern seit Jahren bewusst in Kauf genommen.

Die Schweizerischen Schokoladenkonzerne gehören zu den grössten der Welt. Sie haben die Möglichkeit, die ausbeuterische Kinderarbeit zu beenden.

Darum fordert die EvB
* die Ausbeutung von Kindern auf Kakaoplantagen zu verhindern.
* Kakaopreise zu zahlen, die den Bauern erlaubt, faire Löhne an erwachsene Beschäftigte zu zahlen.
* den Kakaobauern durch Abnahmegarantien eine finanzielle Sicherheit zu schaffen.

KonsumentInnen haben Macht. Machen Sie Druck. Fragen Sie mit der Postkarte der EvB die Hersteller ihrer Lieblings-Schoggi, ob in dieser Schokolade garantiert keine Kinderarbeit steckt. Verlangen Sie von den Konzernen, alles zu unternehmen, damit nie wieder Kinder für Schweizer Schoggi leiden müssen.

Die Aktivitäten meiner speziellen „Freunde“ von der Genbude Nestlé kommentiert die EvB folgendermaßen:

Nestlé blockt den Dialog ab. Die firmeneigene Website ist mit CSR- und anderen Berichten sehr grosszügig gestaltet, Informationen zum Kerngeschäft sind jedoch nicht zugänglich. Das soziale Engagement vor Ort wird facettenreich beschrieben, das Hauptproblem, nämlich die konkreten Arbeitsbedingungen, wird hingegen mit keinem Wort erwähnt. Es geht nicht an, dass die Konsumierenden mit solchen Ablenkungsmanövern abgespiesen werden.

Nestlé hat als weltweit zweitgrösster Akteur im Kakao-Buisness direkte Kontrolle über die Lieferkette. Der Konzern besitzt damit reichlich Möglichkeiten, dem Elend auf den Plantagen entgegen zu treten. Der Ursprung der Missstände liegt nicht einfach bei den Kakaobauern, sondern bei den Strukturen des internationalen Kakaohandels, welche von mächtigen Unternehmen wie Nestlé massgeblich beeinflusst werden. Nestlé könnte mit dem Preis, den sie für Kakao bezahlt, die Lebensbedingungen der Bauern nachhaltig verbessern. Daher sollte der Konzern über seine konkrete Preispolitik offen kommunizieren und die Konsumierenden nicht mit Feigenblatt-Projekten abspeisen.

(c) International Labour Rights Forum

(c) International Labour Rights Forum

Wie sehr Aufklärung im Konsumbereich dringend nötig ist, zeigte mir eine Erfahrung, die ich unlängst in einem Supermarkt hatte – dort reagierte die Kassiererin auf den Hinweis eines Freundes, der mit mir Gepa-Schokolade kaufte, dass in der „normalen“ Industrie-Schokolade ja Kinderarbeit stecke, mit der gleichgültigen Aussage, dass die Kinder dort auf diese Wiese wenigstens etwas verdienen. Solange diese bräsige, satte Ignoranz den Grundtenor in unserer Gesellschaft darstellt, wird sich sicherlich nichts ändern, behaupte ich mal so.

Fraglich bleibt für mich bei all diesen eindeutig löblichen Aktionen natürlich immer, ob es überhaupt möglich ist, in diesem System der Profitmaximierung und des „ewigen“ Wirtschaftswachstums für faire Bedingungen weltweit zu sorgen oder ob nicht vielmehr bei der Fortführung der kapitalistischen Produktionsweisen immer eine kleine Gruppe privilegierter Menschen (zu denen wir in Deutschland bzw. Europa fraglos gehören) auf Kosten des Großteils der Welt lebt. Mit dieser Frage setzte sich neulich auch Klaus-Werner Lobo in seiner jetzt!-Kolumne in der Süddeutschen Zeitung auseinander – Zum Beispiel Konsum – LOHAS werden die Welt nicht retten.

(…) Weil es erstens unmöglich ist, weltweit agierende Konzerne mit Tausenden Zulieferbetrieben so umfassend zu kontrollieren, dass man sie „freisprechen“ könnte. Zweitens hat jeder Multi, der seine Profite auf Basis der Unterschiede zwischen armen und reichen Ländern erwirtschaftet, ein systematisches Interesse daran, diese Unterschiede aufrecht zu erhalten: Das liegt nicht an „bösen“ oder unwilligen ManagerInnen, sondern an einem Wirtschaftssystem, das Ausbeutung ökonomisch belohnt und so zur Geschäftsgrundlage macht.

(…) Ein Beispiel für die Blauäugigkeit vieler Lohas ist auch das deutsche „Internetportal für strategischen Konsum und nachhaltigen Lebensstil“ Utopia. „Kaufe dir eine bessere Welt“, heißt es da, als ob es nicht im Gegenteil darum ginge, die Welt vor ihren Verkäufern zu retten. Weil man „nicht von Spenden oder anderen gemeinnützigen Zuwendungen abhängig sein“ will, finanziert sich Utopia „durch das private Engagement der Gründer und erste Kooperationen“. Darunter auch Konzerne wie OTTO und Henkel. OTTO stand 2006 im „Schwarzbuch Markenfirmen“ noch für „Ausbeutung, sexuelle Belästigungen und andere Missstände in Zulieferbetrieben“, die Kampagne für Saubere Kleidung vermutet, dass China, die Türkei und Indien die Hauptlieferländer für Textilien sind. Überall dort sind desaströse Arbeitsbedingungen die Regel. Im Dezember 2006 wurde einem OTTO-Lieferanten sogar Kinderarbeit vorgeworfen. Immer mehr Utopia-User beklagen sich übrigens, dass ihr Account wegen kritischer Bemerkungen gelöscht worden sei.

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