Dez
14
2010
5

JMStV ablehnen

JMStV, hinter dieser sperrigen Abkürzung verbirgt sich der neue Jugendmedienschutzstaatsvertrag, der ab 1. Januar 2011 in Kraft treten soll und seit einigen Tagen die gesamte Web-Gemeinde in helle Aufregung und Ratlosigkeitv versetzt sowie manche zu panischen Reaktionen wie Blogschließungen verleitet (z.B. Radio Utopie, Fixmbr, Lawblog, heise online, Netzpolitik, Carta uvm.). Die t3n-Website berichtet in „Lesepflicht für alle: 17 Fragen zum neuen JMStV“ über die Hintergründe und die möglichn Auswirkungen für Blogger, Internetschaffende und die Demokratie in unserem Lande – wieder einmal zeigen die Politiker, wie auch schon bei dem Unsinn mit den Stoppschildern zum versuchten Schutz vor Kinderpornografie, dass sie, höflich formuliert, hinter dem Mond leben:

Dieser Artikel richtet sich an alle in Deutschland, die im Internet Inhalte anbieten. Seien es private Blogs oder große Social Networks. Sie alle müssen sich ab dem 1. Januar 2011 mit dem in Kraft tretenden neuen Jugendmedienschutz-Staatsvertrag (JMStV) befassen. Dieses Gesetz bringt zwar nicht viele neue Regelungen mit sich, dafür aber viel Verunsicherung. Die Anbieter erhalten eine Wahl, Inhalte wie Texte, Videos oder Forumsbeiträge nach Eignung für bestimmte Altersstufen von Kindern und Jugendlichen zu kennzeichnen. Alternativ können sie den Zugang zu diesen Inhalten einschränken oder sie nur zu bestimmten Zeiten zugänglich machen.

Das Gesetz wird von großen Teilen der Netzgesellschaft, Politikern, Juristen und Medienpädagogen als undurchführbar und in Auswirkungen für die unsere Kultur und Demokratie als katastrophal angesehen. Dem schließen sich die Autoren dieser Übersicht ebenfalls mit der Hoffnung an, dass die geplanten Änderungen nicht in Kraft treten. (…)

Da ich diesen unseligen Staatsvertrag auch für schädlich bis schwachsinnig halte, verlinke ich nach der gestrigen Petition zur Unterstützung von Wikileaks gleich zur nächsten Onlineaktion – „JMStV ablehnen!“. Am besten gleich mitmachen und damit zeigen, dass das Treiben der Politiker nicht einfach so hingenommen wird.

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Dez
12
2010
2

Stoppt die Einschüchterungs-Kampagne gegen Wikileaks!



Die „Enthüllungs-“ und „Whistleblower“-Website Wikileaks ist derzeit ja eines der heißesten Themen in der Medienlandschaft und beschäftigt Journalisten, Blogger, Redakteure rund um den Globus. Erstmals Anfang des Jahres durch die Veröffentlichung eines Videos, das den Beschuss von Journalisten und unbewaffneten Zivilisten im Irak durch einen amerikanischen Helikopter dokumentierte, in den Fokus der Öffentlichkeit gerückt, gelang der endgültige „Durchbruch“ zum neuen Staatsfeind Nr. 1, nachdem man begonnen hatte, diverse Diplomatendepeschen online zu stellen. Einige Zeitschriften wie Der Spiegel durften schon vorab reinschauen und konzentrierten sich dann quotenwirksam auf die boulevardesken Elemente, die Wikileaks aufdeckte. Naja, das wisst Ihr ja sicher auch schon alles. Dass bei den oberflächlichen Berichten über die Wikileaks-Inhalte viel Brisantes (absichtlich?) unter den Tisch gekehrt wurde und man statt dessen von der Teflon-Kanzlerin Merkel erfuhr, darüber gab es in der letzten ARD-Sendung Monitor einen interessanten Beitrag, der auch die Frage nach Pressefreiheit und Zensur stellt – „Mehr als Klatsch und Tratsch – die wirklichen Enthüllungen von Wikileaks“:
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Nov
15
2010
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Lesetipps: Werbefilme als Captcha / Saufen für die Lufthansa / Genmais-Krieg in Rumänien / WDR-Mitarbeiter fälschen Mitarbeiter-Zeitung

© Geek & Poke 2008

In den letzten Tagen ist mir wieder so einiges im Netz begegnet, das zwar keinen eigenen Beitrag in meinem Blog rechtfertigt, aber dennoch interessant genug ist, um hier wenigstens als Lesetipp erwähnt zu werden. Reklame im Netz ist ja schon jetzt nervig und omnipräsent genug, und ohne Adblocker würde man bei so mancher Website Augenkrebs oder einen Herzkasper ob des Geblinkes bekommen. Das reicht selbstverständlich alles noch nicht – die Marketingabteilungen dieser Welt sind der Meinung, dass es keine werbefreien Zonen im Netz geben darf und haben nun, wie Fefe berichtet, den nächsten Coup geplant: statt der bei vielen Blogs üblichen Captcha-Abfrage als Spamschutz (der ja schon nervig genug und nur deshalb notwendig ist, weil es viele Firmen gibt, die mit Spam ihr Geld verdienen) sollen kleine Werbefilmchen ablaufen und der Leser anschließend eine passende Frage beantworten. Vermutlich gibt es sogar ein paar Spacken, die sowas toll und total lustig finden…

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Okt
31
2010
7

Online-Marketing auf Abwegen – No spam for me

© costi, stock.xchng

Wer von meinen Lesern selbst einen Blog betreibt, wird das kennen – nach einigen Monaten, sobald man einen gewissen Bekanntheitsgrad erreicht hat und auch in den Suchmaschinen weiter vorne auftaucht, beginnen sich plötzlich E-Mails im Postfach zu häufen. Zum Teil sind dies sehr erfreuliche Zuschriften von Lesern, die Lob (oder auch mal Kritik) aussprechen, Tipps und Hinweise geben oder einfach Fragen zu diesem oder jenem Thema haben. Solche Mails machen natürlich Spaß, zeigen sie doch, dass man mit dem, was man schreibt, auch ein bisschen was bewirkt und bewegt. Dann gibt es natürlich die Pest des Internetzeitalters, die tumben und stumpfen Spammails, die von sonstwoher reinflattern und zum Glück von den Spamfiltern größtenteils umgehend in die Ablage P (wie Papierkorb) weitergereicht werden. Und dann gibt es da eine dritte Art an Zuschriften – Werbemails, die zumindest scheinbar einen gewissen Zusammenhang zu dem aufweisen, worum es im eigenen Blog geht. Gerade bei einem konsum- und auch werbekritischen Blog wie Konsumpf sind solche Anfragen natürlich reichlich unbedacht bis sinnlos (das als kleiner Wink mit dem Zaunpfahl für alle, die mich in Zukunft mit so etwas behelligen wollen) und zeigen oft nur, dass sich die Absender keine große Mühe gemacht haben, sich das Zielobjekt ihrer Marketingaktion einmal vorher näher anzuschauen.

Um Euch mal einen Blick hinter die Kulissen zu geben möchte ich Euch heute ein paar schöne (?) Mails vorstellen, die mich in der letzten Zeit erreichten. Halbwegs sinnvoll und zur Ausrichtung meines Blogs passend scheint da noch die Zuschrift einer Dame, die anfragte, ob ich nicht eine tolle neue Aktion vorstellen wolle, nämlich eine Art Carrot Mob für Hotels (wer in einer gewissen Zeitspanne ein Zimmer in einem bestimmten Hotel bucht, sorgt dafür, dass diese Pension das so eingenommene Geld für Energiesparmaßnahmen investiert). Reisen für das Klima? Suuuper Idee… Der naturgetr.eu-Blog hat diese Mail ebenfalls erhalten und sie passend kommentiert – „Lasst mich in Ruhe, Marketing-Tanten dieser Welt“. Seinen Worten kann ich mich nur anschließen:

(…) Ich kann nur sagen: Pfui, schämt euch in Grund und Boden! Mit angeblich grünen angeboten Leuten was vorzumgaukeln, um Profit zu machen! Verachtenswert ist das – nicht nur, wenn Großkonzerne das tun, sondern auch wenn kleine und mittelständische Unternehmungen diesem schlechten Beispiel folgen. Es geht euch doch nicht um Nachhaltigkeit oder um ein anderes/besseres Leben sondern nur ums Geld, oder warum erstellt ihr Blogs, Twitter-Accounts und andere Medienkampagnen, deren Inhalte ausschließlich aus Werbung für “grünen Konsum” bestehen?

Und Blogger (bzw. private, nicht-kommerzielle Blogs) für diese Zwecke einspannen zu wollen ist obendrein noch recht schäbig, vor allem dann, wen ihr die Blogs nicht mal selbst lest, sondern sie nur von einer gekaufen Liste habt. (…)

Deutlich dreister fand ich allerdings die Mail eines Betreibers einer Website für Onlinegames (oder sowas in der Art), der mir diese wundevolle Nachricht zukommen ließ (ich habe nur Namen und Website gelöscht, ansonsten ist alles unverändert, also auch die wunderbare sprachliche Geschliffenheit etc.):

Hallo,

Mein Name ist Max —- und ich arbeite für “—-” (Unsere Website http://www.—.net) als Marketing-Agent – nice to meet you!

Zurzeit arbeite ich meine Kampagne und ich denke, dass Ihre Website %yoursite%

könnte möglicherweise eine hervorragende Werbeplattform für meine Websites.

Ich kontaktiere Sie bezüglich dieses Problems. Ihre Website ist einfach zu lesen, hat gute Infos und angenehme Schnittstelle – ist es, was mich reizte, Sie zu kontaktieren.

Ich hoffe, du wirst die Idee der Verbindung zu meiner Website im Gegenzug für mich Verlinkung zu Ihrer Website zu betrachten. Solche Link-Tausch sollte verbessert unser Ranking-Status in Google und anderen Suchmaschinen.

Bitte schickt mir eine Mail, wenn Sie Interesse haben, Wir könnten Details und andere damit zusammenhängende Fragen in den nächsten Buchstaben zu diskutieren.

Vielen Dank,
Max …

Die meisten Anfragten solcher Art ignoriere ich natürlich, aber diesmal juckte es mich doch in den Fingern – meine Antwort darauf war kurz und bündig:

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Sep
26
2010
7

Der Kampf gegen die Depublizierung

Der „12. Rundfunkänderungsstaatsvertrag“ ist seit September in Kraft. Was erstmal harmlos klingt, hat es leider in sich – in einem Knebelabkommen mit den privatwirtschaftlichen Verlagen und Sendern haben die Ministerpräsidenten der Länder vor einiger Zeit besagten Vertrag unterzeichnet, der die öffentlich-rechtlichen Inhaltangebote zukünftig stark beschneidet. Im Interesse der anderen Verlage und Sender, die sich in ihrer Wirtschaftlichkeit bedroht sahen. Dieser ungeheuerliche Vorgang (immerhin sind die nun „depublizierten“ Inhalte ja mit den Geldern der Bürger finanziert worden) rief in der Öffentlichkeit erstaunlich wenig Portest hervor. Und nun haben wir den Salat, ARD, ZDF und die anderen öffentlich-rechtlichen Anstalten haben hunderttausende Beiträge aus dem Netz genommen, sprich: auf Grund des Rundfunkstaatsvertrags nehmen müssen. Nicht nur die Filmbeiträge (auf die man eventuell noch verzichten könnte), sondern auch die jeweiligen Meldungen und Transskripte, was das Recherchieren und auch Verlinken von Fakten zukünftig stark erschweren wird. Die ARD schreibt dazu:

Was heute irgendwo auf der Welt ins Netz gestellt wird, kann in der Regel bis auf weiteres abgerufen werden. Was einmal veröffentlicht wurde, vergrößert die universelle Bibliothek im Netz. Jeder Mensch mit Internet-Anschluss hat so freien Zugang zu vielfältigen Informationen, zu Entwicklungen aktueller und vergangener Ereignisse überall auf der Welt, in Deutschland oder vor der eigenen Haustür.

Beschränkung der Öffentlich-Rechtlichen

Für die öffentlich-rechtlichen Onlineangebote gilt das künftig eingeschränkt. Denn nur ein Bruchteil der Inhalte, die erhalten werden könnten, darf auch im Netz bleiben. So sind dem öffentlich-rechtlichen Rundfunk mit dem 12. Rundfunkänderungsstaatsvertrag enge Grenzen im Internet gesetzt worden. Seit dem 1. Juni 2009 regelt der Vertrag, dass in gebührenfinanzierten Angeboten viele Inhalte verboten sind und die erlaubten nur noch für begrenzte Zeit online bleiben dürfen. Die öffentlich-rechtlichen Anbieter haben bis zum 31. August 2010 Zeit, die Vorgaben des Gesetzes umzusetzen.

Rund 80 Prozent der Inhalte nicht mehr abrufbar

Während viele Verlage damit beginnen, ihre Archive für die Allgemeinheit zu öffnen, muss tagesschau.de den größten Teil seines mit Gebührenmitteln erstellten Online-Archivs löschen. Betroffen sind ca. 80 Prozent der Inhalte. Zusätzlich problematisch: Auch das Löschen kostet Geld, denn es muss eigens organisiert und programmiert werden. Da die Budgets in den Telemedienkonzepten gedeckelt sind, gehen die Lösch-Kosten zu Lasten neuer Inhalte.

Das NDR-Medienmagazin ZAPP berichtete über diese Vorgänge zuletzt gleich zwei Mal – zunächst wurden die Konsequenzen dieses Vertrages (der ausschließlich den privatwirtschaftlichen Anbietern, nicht aber den Bürgern nützt) beschrieben:

Und in der neuesten Sendung wird ein aktuelles „Underground“-Projekt vorgestellt – Depub.org. Unbekannte veröffentlichen die nun offiziell verschwundenen Dokumente illegal, um sie für die Allgemeinheit zu erhalten. Wie man in dem ZAPP-Beitrag erkennen kann, findet dieses Vorgehen viel Sympathie, selbst bei den Juristen und den anderen Verantwortlichen der Sender:

Wollen wir mal hoffen, dass dieser löbliche zivile Ungehorsam ungestraft bleibt und zeigt, dass solche Verträge in Zeiten des Internets sinnlos geworden sind.

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Sep
07
2010
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Add Art – Reklame durch Kunst ersetzen

Klar, viele Werbetreibende hätten es gern, dass man ihre Erzeugnisse als richtige Kunst auffasst und empfindet. Während ein durchaus nicht geringer Anteil der auf uns einströmenden Reklame handwerklich professionell und manchmal auch originell gemacht ist, so wird sie doch durch die dahinterstehende Absicht, irgendwelche Produkte zu verkaufen oder Firmenimages aufzupolieren, entwertet. Und so ist es auch kein Wunder, dass Browsererweiterungen wie AdBlock Plus (für Firefox, aber auch für andere Browser) boomen und die Installationszahlen in die Zigmillionen gehen. Denn ein Großteil der Internetuser ist genervt durch Werbung, sie verlangsamt die Webseiten und stört das ästhetische Empfinden in nicht geringen Maße. Die amerikanische Non-Profit-Gruppe Add Art hatte nun die Idee, eine Ergänzung zum Adblocker zu schreiben, ein Plugin, das statt der leeren Flächen, die die Reklame ersetzen, moderne Kunst von zweiwöchentlich wechselnden jungen Künstlern einblendet. All dies auf einer rein idealistischen Basis, um Künstler, die ihnen gefallen, bekannter zu machen.

For many, replacing ads with blank space would be enough. Add-Art attempts to do something more interesting than just blocking ads – it turns your browser into an art gallery. Every time you visit the New York Times online or check the weather you’ll also see a spattering of images by a young contemporary artist.

The project will be supported by an small website providing information on the current artists and curator, along with a schedule of past and upcoming Add-Art shows. Each 2 weeks will include 5-8 artists selected by emerging and established curators. Images will have to be cropped to standard banner sizes or can be custom made for the project. Artists can target sites (such as every ad on FoxNews.com) and/or default to any page on the internet with ads. One artist will be shown per page. The curatorial duty will be passed among curators through recommendations, word of mouth, and solicitations to the Add-Art site.

Dabei wird auch in Kauf genommen, dass die eingeblendete Kunst durchaus unbequem sein kann:

Add-Art’s goal is not to replace ads with decoration or wallpaper that everyone finds comfortable or pleasing. You might like the idea of seeing art, but not like all the art you see. That’s ok. That’s how art is.

Und auch auf den gegenüber Adblockern gerne geäußerten Vorwurf, dass diese „die Onlineindustrie zerstören“ würden, wird eingegangen:

You downloaded the page, and you own it. It’s yours and you can do whatever you want to it. Just like if you get a free newspaper, you can read it, or cut it up, or burn it. It’s your life and you have no legal obligation to look at every ad presented to you.
People that use Ad Blocking software are not people that click on ads or even respond favorably to them. There is no loss in the market when these users block ads.
If we extend the logic of Ad Blockers destroying the free internet then online ad blocking pales in comparison to the number of people destroying the television industry by going to the bathroom during commercial breaks, thereby stealing that content from the television companies. Don’t waste your time with us and go complain to them.

Ich finde das eine sehr schöne Idee, die es hoffentlich auch mal für die anaologe Welt gibt…

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Sep
03
2010
9

Lesetipps: I Can Stalk U / Leihen statt kaufen (Nachbarschaftshilfe im Netz) / Arbeit macht das Leben süß?

Das Wochenende naht, da wird es Zeit für ein wenig Lesestoff, den man gemütlich im Strandkorb schmökernd zu sich nehmen kann. Eine sehr schöne Aktion machte unlängst im Internet die Runde – die Website „I can stalk you“. Wie Pressetext.de zu berichten weiß, „schockt I can stalk you Twitter-User“. Wer also bisher naiv in seiner Facebook- und Twitter-Web 2.0-Welt sein digitales Dasein auslebte, unbeleckt von möglichen Konsequenzen der eigenen großzügigkeit mit seinen persönlichen Daten, der dürfte nun vielleicht ins Grübeln kommen:

Das Veröffentlichen von persönlichen Fotos auf Internetportalen wie Facebook oder Twitter kann für die betreffenden Nutzer böse Konsequenzen haben. Neben dem Bildinhalt selbst gefährdet vor allem der zunehmende Trend des sogenannten “Geotaggings” die Privatsphäre der User. Um auf diese Problematik aufmerksam zu machen, haben US-Sicherheitsexperten nun eine eigene Webseite gestartet, die den Twitter-Feed kontinuierlich nach Fotomaterial durchforstet, das mit Geo-Daten bestückt ist. Unter dem Titel “I Can Stalk You” http://icanstalku.com wird den Besuchern dann unverblümt vor Augen geführt, wie leicht es ist, ihnen mithilfe dieser Informationen nachzustellen. (…)

Ebenfalls auf Pressetext fand sich ein erfreulicherer Artikel, in dem es um einen zunehmenden Trend geht, Dinge nicht mehr zu kaufen, sondern via Internetplattformen zu leihen. Dieser Gedanke, nicht jede Sache selbst besitzen zu müssen, sondern – ressourcen- und geldbeutelschonend – nur zeitweise zu leihen, ist natürlich sehr begrüßenswert und vielleicht ein erster Schritt hin zum Umdenken und weg vom Besitzdenken. „Leihen statt kaufen – Nachbarschaftshilfe im Netz“:

Produkte verleihen und ausborgen anstatt zu verkaufen oder zu kaufen – auf dieser Idee basiert das Geschäftsmodell einer Reihe von neuen Start-up-Firmen wie SnapGoods http://snapgoods.com. Über den Online-Dienst können User Gegenstände anbieten und gegen eine Gebühr verleihen, beziehungsweise Dinge gegen Bezahlung ausborgen, berichtet die New York Times. Auch andere Webfirmen wie NeighborGoods http://neighborgoods.net oder ShareSomeSugar http://www.sharesomesugar.com arbeiten mit dieser Idee: Menschen, die im Idealfall nicht weit voneinander entfernt wohnen, sollen im Internet zusammenfinden und so voneinander profitieren. Das gemeinsame Prinzip der Dienste ist es, dass alleine der Zugang zu Dingen den Kauf obsolet machen soll. So bekomme man die Möglichkeit zu teilen, anstatt sich jeder ein eigenes Exemplar anzuschaffen. (…)

Für eine gewisse Verwunderung sorgte bei mir (und anderen Lesern) sicherlich der Artikel „Eine Umfrage zeigt: Die Deutschen zweifeln am Kapitalismus“, der in der ZEIT erschien und eine neue Studie der Bertelsmann-Stiftung vorstellt. Wie kann das sein, fragt man sich, dass ausgerechnet die Bertelsmänner so eine Studie in Auftrag geben bzw. durchführen? Denn wie bei allen Untersuchungen (nicht nur von Bertelsmann!) muss man sich immer fragen, mit welcher Intention solche Umfragen in die Welt gesetzt werden. Telepolis und gegen-stimmen haken da kritisch nach, und ich denke auch, dass Bertelsmann die zunehmende Unzufriedenheit der Menschen an einem Wirtschaftsystem, das nur auf (quantitatives) Wachstum ausgerichtet ist, sehr wohl erkennt – und dann in ihm genehme Bahnen lenken will. Das heißt, statt tiefgreifender grundlegender Änderungen doch nur eine begrünte „soziale“ Marktwirtschaft, also einem gezähmten Kapitalismus. Dieser wird so leider nicht funktionieren, fürchte ich…

(…) Zudem ist die Wachstumsskepsis nicht mehr nur Teil der politischen Debatten. Sie ist – zumindest als Idee – auch im Privaten angekommen. Immerhin vier von fünf Deutschen finden, dass »jeder seine Lebensweise dahingehend überdenken sollte, ob wirtschaftliches Wachstum für ihn alles ist«. (…)

In ihrer Sendung Zeitfragen ging Deutschlandradio Kultur der mehr als berechtigten Frage nach: „Arbeit macht das Leben süß? Über den Druck auf Angestellte und Freischaffende“ (Download als mp3):

Die Urgroßmütter haben es noch gewusst: Arbeit macht das Leben süß. Dahinter verbarg sich die romantische Umschreibung, dass der Mensch gefälligst hart arbeiten müsse – weil er es eben muss – basta. Eine Pflicht, die man nicht zu hinterfragen hat. (…)

(…) Werden die Leistungen nicht mehr erbracht, findet man Wege, langjährige Mitarbeiter vor die Tür zu setzen. In Einzelhandels-Unternehmen spricht man dann gar von “Aufarbeiten”: Unliebsamen Mitarbeitern, die den Anforderungen nicht mehr gewachsen, aber nur schwer kündbar sind, werden Aufgaben zugewiesen, von denen klar ist, dass sie deren Pensum nicht schaffen können. Gerade im Bereich der Arbeiten, für die nur eine geringe Qualifikation nötig ist, können sich Unternehmen das leisten – die “Reservearmee” auf dem Arbeitsmarkt ist groß genug.

Aber auch in anderen Bereichen ist der Druck auf diejenigen, die durch Arbeit ihr Geld verdienen, deutlich gewachsen. Von wegen Ausbeutung – das muss man jetzt schon selber machen: Selbstausbeutung heißt der Trend. Und wer sich ohne Festanstellung durchs Leben kämpft, kann schnell merken, dass es nicht nur schön ist, sein eigener Herr zu sein, denn notgedrungen ist man ein strenger Herr zu sich selbst.

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Aug
15
2010
8

Lesetipps: Tobias Schlegl im Interview / „Die Null-Blog-Generation“ / Konsumaufklärung in Dresden

© mmagallan, stock.xchng

Wenn man sich so in der Web 2.0-, Twitter- und Bloggosphäre umhört, dreht sich dort eigentlich sehr viel darum, wie sehr das Internet doch das komplette Leben der Menschheit auf den Kopf gestellt hat und noch stellen wird – gesellschaftliches Miteinander wird, zumindest in den Augen von technikbesessenen Mitt-Dreißigern, die sich scheinbar den ganzen Tag nur um ihren Twitteraccount und ihr Online-Ego kümmern, in Zukunft völlig anders aussehen und durch das Netz revolutioniert. Dem widerspricht nun der bemerkenswere Artikel „Die Null-Blog-Generation“ von Manfred Dworschak auf Spiegel-Online, in dem der Autor diverse aktuelle Studien betrachtet, die belegen, dass die nachwachsende Generation, die Jugend von heute, das Internet zwar als selbstverständliche Einrichtung, als ein Medium (unter mehreren) benutzt, aber keineswegs normale Verhaltensweisen und Präferenzen deshalb ignoriert. Wirklich konstruktives und aktives Nutzen des Netzes, beispielsweise Mitgestaltung in Form von Blogs usw. usf., bleibt auf eine kleine Minderheit beschränkt:

Die Jugend, zur “Netzgeneration” verklärt, hat in Wahrheit vom Internet wenig Ahnung. Und die Moden des Web 2.0 – von Bloggen bis Twittern – sind den Teenagern egal. Neue Studien zeigen: Es gibt für sie immer noch Wichtigeres im Leben. […]

Eine kleine Industrie von Autoren, Beratern und findigen Therapeuten lebt von der immer gleichen Botschaft: Die Jugend sei durch und durch geformt von dem Online-Medium, in dem sie groß geworden ist. Speziell die Schule müsse ihr deshalb ganz neue Angebote machen; der herkömmliche Unterricht erreiche diese Jugend gar nicht mehr. […]

[…] Zahlreiche Studien haben inzwischen zusammengetragen, wie die Jugend tatsächlich mit dem Internet umgeht. Ihre Befunde lassen vom Bild der “Netzgeneration” wenig übrig – und zugleich räumen sie auf mit dem Glauben an die alles verändernde Macht der Technik. […]

[…] Für die Jugendlichen ist dieser Wendepunkt jetzt erreicht. Das Internet gehört schon nicht mehr zu den Dingen, an die sie freiwillig Gedanken verschwenden. Die Aufregung um den “Cyberspace” war, wie es scheint, ein Phänomen der Altvordern, der technikvernarrten Gründergeneration. Für eine kurze Übergangszeit schien das Netz ungemein neu und anders, eine eigene revolutionäre Macht, die alles packt und umformt. […]

Nicht mehr zu den ganz Jungen, aber doch Dank seiner Viva-Vergangenheit immer noch in gewisser Verbindung zur „Musikclip-Generation“ gebracht, gehört Tobias Schlegl, der nicht nur als Moderator der NDR-Satiresendung extra 3 glänzt, sondern sich auch intensiv für Nachhaltigkeit und Aufklärung in Bezug auf Konzern- und Umweltsünden einsetzt. Die taz interviewt Schlegel zu seinen An- und Absichten und seinem Kampf für eine bessere Welt – „Man darf nicht bekehren wollen“:

[…] Früher waren sie Viva-Moderator, heute sind Sie Weltverbesserer. Wie kam es zu dem Sinneswandel?

Das eine hat nichts mit dem anderen zu tun. Das eine ist eine Jobbezeichnung, das andere ist eine Überzeugung. Ich finde es aber ganz schlimm, als Weltverbesserer bezeichnet zu werden, das will ich gar nicht sein. Ich versuche nur in meinem Umfeld, die Natur nicht auszubeuten und auch niemanden sozial auszubeuten. Beruflich darf ich dann noch Unternehmen, Politikern und Geistlichen auf die Füße treten, die etwas verbockt haben. Das ist meine Aufgabe und das nutze ich auch schamlos aus, aber das Prädikat Weltverbesserer ist ganz furchtbar. […]

[…] Ja, natürlich, du kannst bei Extra 3 viel besser Symbole setzen. Ich glaube, man muss geeignete Symbole finden, um Leute wachzurütteln und um Fakten zu erklären. Ein Beispiel: Die HSH Nordbank hier in Hamburg hat so viel Geld in der Finanzkrise verzockt, dass hier sogar die Kita-Gebühren erhöht wurden und sich viele Menschen die Kita nicht mehr leisten konnten. Da habe ich mir die betroffenen Kinder mit ihren Eltern geschnappt, mit ihnen eine Pressekonferenz der HSH Nordbank gestürmt und sie haben sich bei dem Chef für diese wunderbare Finanzpolitik bedankt und ihm ein Dankeslied gesungen. „Danke für diesen guten Morgen“ klang da etwas anders. Wir sind zwar eigentlich gescheitert. Wir haben es nicht geschafft, dass die Kita-Gebühren nicht erhöht wurden. Aber wir haben viele Menschen damit wachgerüttelt. Die HSH Nordbank hat auch sehr wütend reagiert und das ist immer ein gutes Zeichen. Ich glaube, wenn man die richtigen Symbole findet, kann man auch die verschiedenen Aspekte der Nachhaltigkeit ganz gut vermitteln. […]

Apropos Nachhaltigkeit – vor einer Weile berichtete ich ja über das Umundu-Festival für kritischen Konsum in Dresden (HIER). Dieses war, den Berichten nach, ein großer Erfolg und wird über den Festivaltermin hinaus weitergeführt. Die Veranstalter haben ein Bildungsangebot zum Thema Nachhaltiger Konsum für Schulen geformt und bieten entsprechende Vorträge, Stadtführungen usw. an. Auf der Website des Projekts kann man mehr erfahren.

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Aug
01
2010
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Jul
26
2010
1

Leben im Web 2.0 und Apple & der Datenschutz

Das Adbusters Magazin ruft ja jährlich zur Digital Detox Week auf und wirbt damit für eine Woche ohne digitale Gadgets, um die Abhängigkeit, die viele von uns mittlerweile von technischen Geräten haben, aufzuzeigen. Mich selbst, der ich auch jeden Tag stundenlang vorm Rechner hänge, beschleicht auch bereits seit Jahren ein ungutes Gefühl, wenn ich sehe, wie sehr manche Menschen mittlerweile von Handys und ähnlichen Sachen geworden sind oder fast schon zwanghaft überall Mails checken, Twitter- und Facebookacounts aktualisieren u.a. Denn dass solche Entwicklungen nicht ohne Auswirkungen für die Psyche des Einzelnen wie auch die Gesellschaft bleibe, ist eigentlich klar. Ich will damit keiner rückwärtsgewandten Technikfeindlichkeit das Wort reden – schließlich betreibe ich ja selbst mehrere Blogs & Websites –, dennoch empfinde ich ein diffuses Unbehagen, je mehr sich die Leute von der Technik abhängig machen.

So, wie es in der dreiteiligen Reihe „Leben 2.0 – Mobile Zukunft“ im WDR dargestellt wird, möchte ich, wenn ich ganz ehrlich bin, eigentlich nicht wirklich leben… (falls keine Videos zu sehen sind (zB weil Ihr noch den Internet Explorer benutzt), bitte hier entlang: Teil 1, Teil 2, Teil 3):

Teil I:

Teil II (ja, gleiches Vorschaubild, aber anderer Beitrag!):

Teil III (ja, nochmal gleiches Vorschaubild, aber anderer Beitrag!):

Mit meinem Unbehagen bin ich nicht allein, wie der jüngste ironische „quer-Schläger“ in der BR-Sendung quer verdeutlicht – „Früher wusste Gott alles und heute Steve Jobs“:

Übrigens bezieht sich Christoph Süß auf die neueste Meldung zum Thema Apple und der (Nicht-)Datenschutz – „Apple greift iPhone-Standortdaten ab“. Nicht nur Google oder Microsoft wollen alles über ihre Kunden wissen…

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