Jul
29
2012
1

Beschleunigte Welt

So, der Sommer ist erstmal wieder vorbei, dann habt Ihr ja in den langen verregneten Nächten vielleicht ein wenig Zeit für eine interessante Dokumentation von 3sat – sie heißt „Beschleunigte Welt“ und befasst sich mit der immer schnelleren Taktung unseres Lebens, welche auch aus dem Wachstumswahn des Wirtschaftsystems entspringt. Wie langjährige Leser meines Blogs wissen, mag ich es, manchmal auch solche grundlegenden Themen anzureißen, auch wenn sie nur am Rande bzw. indirekt mit dem Thema Konsumkritik zu tun haben.

Der technische und naturwissenschaftliche Fortschritt treibt das Tempo an. Zeit ist Geld. Unablässig fließen Verkehr, Daten und Geldströme. Aber gewinnt man durch die technischen Möglichkeiten tatsächlich Zeit?

Zahlreiche Studien belegen, dass sich die Taktung des Alltags beschleunigt. Das System fordert Geschwindigkeit und Wachstum. “Alle relevanten technischen Erfindungen dienen dem Zeitsparen”, behauptet der Soziologe Hartmut Rosa von der Universität Jena.

Schnellere Verkehrsverbindungen ermöglichen längere Anfahrten zu Arbeit und Terminen. Statt wie früher ein, zwei Briefe am Tag schreibt man heute Dutzende von E-Mails. Waren werden zwar nach Hause geliefert – dafür verbringt der Kunde mehr Zeit im Internet, um den besten Preis für das gewünschte Produkt zu bekommen.

Die anschließende Diskussion bei Scobel – „Diktatur der Zeit“ – war auch durchaus sehenswert:

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Apr
24
2012
5

Zwei Aufreger: SpiegelBILD und Shell greift Subventionen ab

Ja, ich gebe es zu – es gab mal eine Zeit, da hielt ich den Spiegel für ein seriöses Leitmedium. Journalistisch sauber recherchiert und mehr oder weniger objektiv. Lang lang ist’s her… Seitdem ich jedoch (Mainstream-)Medien kritischer betrachte, verblasst der einstige Schein doch immer mehr. Gerade auf Spiegel Online kann man krudes Zeug lesen – da werden aus den persönlichen Vorlieben eines Redakteurs schnell allgemeingültige Fakten. Oder man betreibt, wie Albrecht Müller von den NachDenkSeiten das beobachtet hat, Meinungsmache, sog. „Kampagnenjournalismus“. Dies ist derzeit (wegen der nahenden Landtagswahlen) besonders deutich in Bezug auf die Piratenpartei zu beobachten. Es vergeht kein Tag, an dem nicht irgendeine teils Nichtigkeit über diese Partei bei SpiegelOnline auf die Startseite gezerrt und mit viel Trara wenig gesagt wird. Dabei geht es natürlich primär darum, die negativen Aspekte hervorzukehren. Keine Ahnung, ob der Spiegel Angst um Rot/Grün hat, aber auffällig ist es schon, was da so passiert.

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Mrz
02
2011
2

Wir Sind Helden wollen nicht für BILD werben

Foto: Wikipedia

Diesen wunderbaren Artikel fand ich letzte Woche auf dem BILDblog und er machte ja auch schon in den Medien die Runde – „Wir Sind Helden wollen nicht für ‚Bild‘ werben”, eine großartige Reaktion der deutschen Popband Wir Sind Helden auf das Ansinnen der Reklamefuzzis von Jung von Matt, doch für die BILD-„Zeitung“ Reklame zu machen wie schon viele andere Promis zuvor dies leichtfertigerweise taten (nicht nur Typen, von denen man eh nix anderes erwartet als die eigene Visage in jede laufende Kamera zu halten (Mario Barth, JB Kerner), sondern auch Personen, von denen man etwas mehr Nachdenklichkeit hätte verlangen können (Weizsäcker, Gysi)). Genau SO, wie WSH auf das Schreiben geantwortet haben, sollte es jeder tun, der für solche Kampagnen vor den Karren gespannt werden soll – größter Respekt für diese großartige Replik! (Um diesen offenen Brief gab es so viel Wirbel, dass die WSH-Site zwischenzeitlich in die Knie gegangen ist – hier wäre alles im Original nachlesbar.)

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Sep
23
2010
2

Lesetipps: „Die Diktatur des Lebenslaufs“ / „Welch hoffnungsloses Menschenbild!“ / Feuchte Luft und Hundekot können Strom liefern

© siwlian, stock-xchng

Die Debatte um Sarrazins Buch und Thesen neigt sich ja nun hoffentlich bald dem Ende zu, auf dass die nächste Sau durch’s mediale Dorf getrieben werden kann. Dennoch möchte ich noch kurz auf den wirklich lesenswerten Artikel des SPD-Vorsitzenden Sigmar Gabriel in der ZEIT hinweisen – „Welch hoffnungsloses Menschenbild!“. Ruhig und sachlich zeigt er die Perfidie in Sarrazins Gedankengängen auf, ohne gar zu sehr mit der Rassismuskeule zu wedeln. Ich denke, nach der Lektüre dieses Texts sollte man das Sarrazinsche Werk nicht mehr als Grundlage für irgendwelche Debatten heranziehen, es hat sich selbst als vorgestrig disqualifiziert.

(…) Eines steht fest: Man kann Thilo Sarrazin jedenfalls nicht vorwerfen, er würde nicht klar und deutlich schreiben, was er denkt und was er will. Sein Buch ist nicht mehr und nicht weniger als die Rechtfertigungsschrift für eine Politik, die zwischen (sozioökonomisch) wertvollem und weniger wertvollem Leben unterscheidet. Er greift dabei zurück auf bevölkerungspolitische Theorien, die Ende des 19. Jahrhunderts und in der ersten Hälfte des 20. Jahrhunderts die Grundlage für die schrecklichsten Verirrungen politischer Bewegungen wurden. Staatliche Entscheidungen über gewünschtes und unerwünschtes Leben führten in Schweden – unter Anleitung von Sozialdemokraten (!) – zu 60.000 Sterilisationen. Und auch in Deutschland war es in den ersten Jahrzehnten des 20. Jahrhunderts sowohl in bürgerlichen wie in sozialdemokratischen Kreisen durchaus populär, für eine vom Staat getroffene Unterscheidung zwischen gewünschter und unerwünschter Fortpflanzung einzutreten. Am katastrophalen Ende bemächtigten sich die Nationalsozialisten der Eugenik. Andere hatten ihnen dafür den Boden bereitet, und Wissenschaftler lieferten die perversen Begründungen für die Auslöschung »unwerten« Lebens. (…)

(…) Das gleiche gilt für ihn auch für den Länderfinanzausgleich zwischen dem Süden und dem Norden Deutschlands, weil » die in Schwaben lebenden Menschen durchschnittlich einen höheren Intelligenzquotienten haben als jene in der Uckermark (…)«. (S. 24) Nicht die Deindustriealisierung des Nordostens nach der Wiedervereinigung ist also schuld am hohen Anteil von Hartz-IV-Empfängern, sondern die genetisch bedingt weniger tüchtige Bevölkerung (vgl. S. 77). Wer denen im Norden oder im Nordosten Geld gibt, der schmeißt für Thilo Sarrazin nur Geld zum Fenster heraus, denn Geld macht nicht klüger. Es führt nur dazu, dass die Dummen weiter unter sich bleiben können. Aber eigentlich ist das Ganze noch viel schlimmer, denn selbst die Abwanderung aus dem Norden in den Süden ist kein Ausweg: Wenn sich nämlich die Norddeutschen mit den Süddeutschen durch Abwanderung und Heirat vermischen, sinkt die durchschnittliche Intelligenz der Süddeutschen. Wohlgemerkt: Dieser absurde Unsinn stammt nicht aus einer Aschermittwochsrede in Bayern, sondern aus dem medial wie kein zweites Buch gehypten angeblichen »Integrations«-Bestseller Thilo Sarrazins. (…)

Ja, wie gesagt, es lohnt sich, den gesamten Artikel zu lesen. Wie auch – Themenwechsel – „Die Diktatur des Lebenslaufes“ in der taz. Hatten Kinder und Jugendliche früher noch vergleichsweise viel Zeit und Raum, um sich zu entfalten, um etwas auszuprobieren und Neigungen zu testen, so steht heutzutage das ganze Leben unter dem Damoklesschwert der Karriere, die man möglichst schon in der Grundschule anpeilt und dann konsequent und zielstrebig in so kurzer Zeit wie möglich nach der Uni erreicht. Diese Durchökonomisierung und diesen Einfluss der Effizienz auf das eigene Leben habe ich hier im Blog ja schon einige Male sehr kritisch gesehen.

(…) Fred Grimm ist ein Experte für das Lebensgefühl junger Generationen. Für sein Buch „Wir wollen eine andere Welt“ hat der Autor in Briefen und Tagebüchern junger Menschen seit 1900 recherchiert. Die Lage der aktuellen Jugend analysiert Grimm klar: „Es gab bessere Zeiten, jung zu sein“. Während der eine Teil der Jugend unter der „Diktatur des Lebenslaufes“ leide, lebe der andere im Bewusstsein, in der Gesellschaft überflüssig zu sein.

Ähnlich sehen das diejenigen, die mit den Auswirkungen eines karriere-orientierten Bildungssystems direkt konfrontiert sind. Der rheinland-pfälzische Schülervertreter Philipp Bodewing bemängelt die Ganztags-Gängelung junger Menschen in den Schulen. Immer früher müssten junge Menschen immer größere Unterrichtsmengen verarbeiten, strikt nach Lehrplan. Raum zur eigenen Entfaltung bleibe da kaum. (…)

Interessantes gibt es aus der Forschung zu berichten – trotz der unsinnigen Laufzeitverlängerung der Atomkraftwerke hierzulande („unsinnig“ natürlich nur für die Bürger, nicht für die Konzerne) wird auf immer neue Weisen versucht, Energie aus alternativen Stoffen zu gewinnen. Pressetext.de führte unlängst zwei ungewöhnliche Varianten an – „Feuchte Luft kann Strom liefern“ und „Hundekot beleuchtet einen Park“. Es lohnt sich also anscheinend, auch in ungewöhnliche Richtungen zu denken. Ob aus den Experimenten jemals etas wirklicb Verwertbares entspringt, steht natürlich in den Sternen.

Zur Debatte rund um den Wachstumszwang unserer Wirtschaft, den auch die Politiker einhellig am Laufen halten, gibt es einen weiteren gelungenen Beitrag, diesmal von Cornelius Patscha auf changeX – „Auf der Suche nach einem Ausweg aus dem Wachstumsdilemma“. Ich hatte ja vor einigen Tagen bereits auf den neuesten Artikel von Niko Paech hingewiesen (HIER), der allerdings eine noch etwas konsequentere/radikalere Sicht auf das Problem hat.

(…) Doch Wohlstand allein am Umfang des materiellen Besitzes ausmachen zu wollen, würde zu kurz greifen. Das Wohlergehen des Einzelnen ist entscheidend. Seit mehr als einem Jahrhundert wird die Mehrung von Wohlstand jedoch vor allem in einer Mehrung des materiellen Konsums gesehen. Das Wachstum des Bruttoinlandsprodukts (BIP) steht im Fokus wirtschaftlicher und vieler politischer Aktivitäten. Der Ökonom E. F. Schumacher, der als früher Prophet der Nachhaltigkeit gilt und die Wendung “small is beautiful” geprägt hat, machte auf die Tendenz aufmerksam, dass im Streben nach wirtschaftlicher Expansion die eigentlichen Ziele in Vergessenheit geraten und die eingesetzten Mittel ihren Platz einnehmen können. Das Wohlergehen des Einzelnen läuft Gefahr, weniger Beachtung zu finden, wenn die Sicherstellung der wirtschaftlichen Expansion vom Mittel zum Ziel wird. (…)

(…) Wenn im Jahr 2050 rund neun Milliarden Menschen nach Nahrung, Kleidung und einem Dach über dem Kopf verlangen, und darüber hinaus noch nach einem Auto, einer Villa und einem Pool, stoßen auch lobenswerte und notwendige Ideen für geschlossene Stoffkreisläufe, wie zum Beispiel Cradle to Cradle, an ihre Grenzen. Solch eine Weltwirtschaft wäre um ein Vielfaches größer als unsere heutige. Die Kosten für Umwelt und Gesellschaft wären es vermutlich auch. Dennoch fahren wir mit voller Kraft darauf zu. (…)

(…) Ob wir uns in Zukunft weiterhin daran messen, wer sich die meisten, neuesten, teuersten Güter leisten kann oder wessen Lebensstil Umwelt und Ressourcen am besten schont, das entscheidet jeder für sich. Doch auch wenn sich unsere Lebensweise deutlich ändern wird, geht es beileibe nicht darum, wieder in Höhlen zu hausen. Es wird weiter konsumiert werden, nur anders und weniger. (…)

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Dez
02
2009
6

Die Zeitraffer – Die Entschleunigung unserer Zukunft

Habt Ihr eigentlich auch „nie Zeit“? Zerrinnt Euch der Tag so zwischen den Fingern und es ist schon wieder Schlafenszeit, wo Ihr doch gefühlt eigentlich gerade erst aufgestanden seid? Unsere heutige Industriegesellschaft sorgt für eine stetige Beschleunigung unseres Zeitempfindens, für immer mehr Gehetze, alles im Dienste eines sich genauso wild steigernden Wirtschaftswachstums, auf der Suche nach immer mehr Dingen, immer mehr Geld, immer mehr mehr mehr… In ihrer Reihe „Z wie Zukunft“ brachte der Fernsehsender 3sat letztes Jahr die interessanten Kurzfilm „Die Zeitraffer – von der Entschleunigung unserer Zukunft“ von Sabrina Dittus und Nico Weber. Da ich in meinem Blog auch immer wieder einen Blick über den Rand der Konsumgesellschaft hinzu Utopien oder anderen Gesellschaftsentwürfen hin wage, passt dieser Beitrag perfekt hierher. [Quelle]

Tempowahn, Tempovirus, Temporausch. Tempo, Profitstreben und die sozialen Folgen, allzeitige Verfügbarkeit, Zeitgewinn durch Zeitverlust – das sind nur einige Stichworte, die die Debatte um Entschleunigung und Zeitnot bestimmen. Konsens ist: Zeit ist ein Gut. Und heute ist Zeit zu einem knappen Gut geworden. Nicht Geld, nicht Macht, sondern Beschleunigung regiert die Welt. Die Schwierigkeit liegt keineswegs darin, dass die Zeit knapp ist, sondern dass wir schlecht mit dieser Zeit umgehen.

Die Dokumentation “Die Zeitraffer” macht sich auf die Suche nach der gesparten, verlorenen Zeit und nach Perspektiven, Visionen. Mit Apokalyptikern wie dem Jenaer Soziologieprofessor Hartmut Rosa, Beschleunigungstheoretiker, für den es nur Ausstieg oder Kollaps gibt, und der Empirikerin Nadine Schöneck, die wider besseres Wissen mit dem Tempowahn Schritt zu halten versucht.(…)

(…) Dabei geht es nicht um eine Verlangsamung des Tempos. So einfach ist es nicht: manches könnte sogar schneller gehen, anderes eben langsamer. Es geht um eine differenzierte Befürwortung von mehr “Zeitsouveränität”.

Wird der Mensch in Zukunft nicht mehr in ein abstraktes Konzept der Zeit gezäunt werden? Wird es eine neue Kultur der Zeit geben? Eines ist sicher: Der Takt der Gesellschaft muss sich ändern. Aber wie?

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