Nov
06
2011
10

PI und der braune Sumpf

© Storch Heinar

Das Tolle am Internet ist ja die unglaubliche Vielfalt, der man dort begegnen kann – oder manchmal auch muss, denn oft genug wird man ungefragt mit abseitigen Seiten konfrontiert, seien es nun unseriöse Gewinnspiele, Abofallen, Pornosites oder dubiose Anbieter von Ratgebern, mit deren Hilfe man innerhalb weniger Wochen reich wird, wenn man nur genug Freunde dazu überredet, sich den Ratgeber ebenfalls zu kaufen. Ebenso bunt wird es, wenn man sich in den Bereichen der „altenativen Medien“, also abseits von SpiegelOnline oder bild.de bewegt und versucht, glaubwürdigere Informationen als die aus den Mainstreammedien zu finden. Mit nur wenigen Klicks ist man auf einer ultralinken Seite von Anarchosyndikalisten, und genauso leicht kann man sich auch auf protofaschistische Verschwörungsseiten verirren. Nun ist es ja im Prinzip toll, dass wir in einer (Art) Demokratie leben, in der es Meinungsvielfalt gibt – und in einer pluralen Gesellschaft muss man natürlich auch konträre Ansichten aushalten können.

Was natürlich nicht heißt, dass man auch alles gutheißen sollte, was da so an den Ecken der Gesellschaft an fauligem Gedankengut blüht, wächst und gedeiht. Gerade im Internet gibt es Foren und Blogs, die mittlerweile große Aufmerksamkeit für sich verbuchen können, und das mit plumpen rassistischen, antiislamistischen, nationalistischen, chauvinistischen, erzkonservativen und ähnlichen Inhalten. Der große Anlaufpunkt für dem rechten Gedankengut zugetane Menschen ist Politically Incorrect (sowas wird von mir natürlich nicht verlinkt!), eine der meistbesuchten Seiten im deutschen Netz, was schon sehr betrüblich und auch bedenklich ist. Lange Zeit konnte sich diese bräunlich angeranzte, perverse Plattform fast unbemerkt von den normalen Medien entwickeln, aber nach dem Attentat von Oslo haben diverse Sendungen das Thema in der letzten Zeit doch auf die Tagesordnung gehoben und über die dortigen Umtriebe und auch das Treiben von rechten Kräften im Internet berichtet.

So zum Beispiel Monitor mit „MuslimFeinde in Deutschland – Volksverhetzer im bürgerlichen Gewand“:

“Nicht erst seit Oslo weiß man: Es gibt ein neues rechtes Spektrum in Europa, das sich vom Antisemitismus abwendet und einen neuen Feind entdeckt hat – den Islam. Sie nennen sich Islam-Kritiker. Kritiker, das klingt ja so sachlich. Doch sind sie wirklich nur harmlose Kritiker? Es gibt Brandstifter und geistige Brandstifter. Und hat die eigentlich jemand im Blick? Isabel Schayani und Jan Schmitt über eine neue Bedrohung, die offenbar niemand so richtig ernst nimmt.”

(…) Wächst denn die Islamfeindlichkeit? Wahlkampf in Berlin, gestern. Eine Demonstration der Partei “Die Freiheit”. Sie wollen den “Vormarsch des Islam” aufhalten. Sie sind bürgerlich, mittelständisch und gerne deutsch. Im Windschatten der Sarrazin-Debatte gründete sich die Partei am rechten Rand. Mitten drinnen Markus Hoppe, der für die Partei kandidiert. Ein Mann mit Vergangenheit. Bis letzten Sommer wählte er noch andere Methoden, um die islamische Gefahr zu bekämpfen. Er gehörte zur Berliner Gruppe von Politically Incorrect, PI. PI ist die populärste Internet-Plattform der Islamgegner. Mit antiislamisch und rassistisch ist diese Seite freundlich umschrieben. (…)

Auch die Sendung quer im Bayerischen Fernsehen ging in „Islamhass – Wie gefährlich sind die Neuen Rechten?“ dieser Frage nach:

In einem 1500 Seiten langen “Manifest” hat der Massenmörder von Norwegen sein islamfeindliches Weltbild dargelegt. Er vertritt dabei eine neue Form des Rechtsextremismus: Er ist kein Antisemit und er distanziert sich von klassischen Neonazis. Auch in Deutschland findet sich eine ähnliche europa-, fremden- und islamfeindliche Bewegung: Sie tritt nicht mehr in Springerstiefeln auf, sondern gibt sich intellektuell und will damit rechtskonservative, bürgerliche Kreise ansprechen. Extremismusexperten sind sich völlig uneinig, wie die Gesellschaft mit diesen neuen Rechten umgehen sollte.

Und Ähnliches ist auch von Panorama in „Oslo-Massaker: Deutsche Rechtsradikale in Erklärungsnot“ zu sehen:

In seinem 1500 Seiten starkem Manifest skizziert er seine Feindbilder: Zuwanderer, Andersgläubige, Demokraten – kurz: eine offene Gesellschaft. Motive und Rechtfertigungen eines Rechtsradikalen? Die Rechten in Deutschland wollen offiziell davon nichts wissen. Schon kurz nach dem Terrorakt distanziert sich die NPD von den Anschlägen. Einen ideologischen Zusammenhang zwischen ihnen und Breivik gebe es nicht.

In der Anonymität des Internets klingt das jedoch ganz anders. Und erst recht, wenn man mit den Rechten persönlich spricht. Panorama mit Reaktionen deutscher Rechtsradikaler auf die Anschläge von Oslo.

Da lob ich mir dann doch die Front Deutscher Äpfel, die der Deutschtümelei entsprechend humoristisch-aktivistisch entgegentreten.


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