Jul
23
2013
2

Werbung: einige volkswirtschaftliche und soziale Auswirkungen, Teil 1/2

Ich freue mich, Euch heute mal wieder einen Gastbeitrag anbieten zu können, der auch genau zum Thema meines Blogs passt, da er sich mit den mannigfaltigen negativen Folgen der Reklame auf unser Leben beschäftigt – etwas, das mich bekanntlich auch seit jeher umtreibt. Der Artikel stammt von Prof. Dr. Christian Kreiß von der Hochschule Aalen, der auch Autor des gerade erschienen Buches „Profitwahn – Warum sich eine menschengerechtere Wirtschaft lohnt“ (Tectum Verlag) ist.

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Werbung: Einige volkswirtschaftliche und soziale Auswirkungen
Von Prof. Dr. Christian Kreiß, Hochschule Aalen

I. Werbung und Fehlallokation von Ressourcen
Angenommen, Robinson Crusoe würde mit vier weiteren Leidensgenossen auf eine einsame Insel verschlagen. Er selbst übernehme das Angeln, ein anderer das Herstellen von Kleidung und Schuhen, der Dritte bestelle die Felder und der Vierte sorge für Hausbau und Haushalt. Der Fünfte übernähme die Aufgabe, für jeden der vier anderen bei den jeweils drei anderen Marketing und Werbung zu machen. Wie viel trägt der Fünfte zum Wohle aller bei?

Der bekannte Verhaltensforscher und Nobelpreisträger Konrad Lorenz schildert ähnliche Prozesse für das Tierreich. Bei einer bestimmten Fasan-Art (vgl. Lorenz, S.46f.) ist es für einzelne Männchen rational, immer größere und längere Federn zu bekommen, weil sie dann leichter Weibchen finden. Dieser Selektionsprozess führt dazu, dass diejenigen Männchen mit den größten und längsten Federn die meisten Nachkommen erhalten. Über viele Generationen wird dadurch bewirkt, dass die Männchen kaum mehr fliegen können und dadurch viel leichter Raubtieren zum Opfer fallen, so dass diese Entwicklung zur Gefahr der Vernichtung der Fasan- Art führt. Derartige artschädigende Selektionsprozesse diagnostiziert Konrad Lorenz für eine ganze Reihe von Tierarten und kommt zu dem Schluss: „Die Evolution des Argusfasans hat sich nun einmal in eine Sackgasse verrannt, die darin besteht, dass die Männer in Bezug auf möglichst große Armschwingen miteinander konkurrieren, mit anderen Worten, die Tiere dieser Art werden niemals die vernünftige Lösung finden und „beschließen“, diesen Unsinn hinfort sein zu lassen.“ (Lorenz, S.47)

Das Phänomen „Werbung“ könnte einen solchen kollektiven „Unsinn“ darstellen, ein Immer- Größer-Werden von Tätigkeiten, die unser aller Leben unnötig verteuern und wo möglicherweise ein kollektiver Beschluss rational wäre, diese Tätigkeiten hinfort zu reduzieren. Diese Fragestellung ist Gegenstand der folgenden Ausführungen.

Ein Beispiel zur Verdeutlichung: In Deutschland gibt es bestimmte Berufszweige, für die deutliche Werbeeinschränkungen gelten, z.B. Heilberufe wie Ärzte, Tierärzte, Therapeuten, für Rechtsanwälte, Steuerberater oder Architekten. (Lorenz, S.47) Was würde geschehen, wenn diese Werbeeinschränkungen aufgehoben oder gelockert würden? Für einzelne, zum Beispiel neu in den Markt eintretende Tierärzte, Rechtsanwälte oder Architekten wäre es individuell rational, zu werben. Sie würden mit Werbung beginnen. Einige der etablierten Konkurrenten müssten aus Sorge vor Marktanteilsverlusten nachziehen und so dürften die Werbeausgaben in diesen Branchen, gemessen am heutigen geringen Werbebudget, deutlich ansteigen.

Was wären die Folgen für die Allgemeinheit?
1. Durch die gestiegenen Werbeausgaben werden die Heilerfolge, die Rechts- oder Steuerberatung und die Architekturleistungen vermutlich nicht besser.
2. Wer zahlt die zusätzlichen Werbeausgaben? Die erhöhten Werbeausgaben werden auf die einzelnen erbrachten Leistungen umgelegt: Arztrechnungen, Architekturhonorare, Anwaltsgebühren würden teurer, da der einzelne Arzt, Architekt oder Anwalt die gestiegenen Werbeausgaben auf den von ihm verlangten Preis aufschlagen muss. Statt Heil- und Architektenleistungen erhalten wir für unser Geld Bilder und flotte Sprüche über Heil- und Architektenleistungen. Dabei stellt sich die Frage: Wollen wir wirklich lieber Bilder von Leistungen statt die Leistungen selbst?

Im Ergebnis würde das Leben bei Deregulierung der bestehenden Werbeeinschränkungen für fast alle Bürger teurer, da Arztbesuche, Hausbauten und Anwaltsleistungen teurer, aber nicht besser würden. Es entstünde ein realer Nachteil für die Menschen, da sie nun weniger von ihrem Einkommen für andere Zwecke zur Verfügung haben. Ein Teil ihres Budgets würde in die Werbebranche umgelenkt. Eine Aufhebung oder Einschränkung des Werbeverbotes für diese Branchen wäre kollektiv irrational, auch wenn es individuell für einzelne Ärzte, Anwälte und Architekten sowie für die Werbebranche rational wäre.

In der Ökonomie spricht man in diesem Zusammenhang vom so genannten “Prisoner‘s Dilemma“ und man behandelt solche Ansätze im Rahmen der „Public Choice“- bzw. der Spieltheorie. (Vgl. Kirsch, S. 176 ff. oder Mueller, S. 498-500)

Das Grundproblem ist das Folgende: Obwohl jeder einzelne (Markt-) Teilnehmer sich vernünftig und rational entscheidet, kommt für die Allgemeinheit ein unvernünftiges Ergebnis heraus. Ein anschauliches Beispiel hierfür ist ein Theater- oder Konzertbesuch: Für einen einzelnen Besucher kann es rational sein, aufzustehen, um besser zu sehen, z. B. wenn ein großer Mensch vor ihm sitzt. Dann muss der hinter ihm Sitzende ebenfalls aufstehen, weil er sonst fast nichts mehr sieht. Solche Prozesse können dazu führen, dass am Schluss alle Besucher stehen statt zu sitzen. (Vgl. Hirsch, S.5: „If everyone stands on tiptoe, no one sees better“) Für jeden einzelnen war es rational aufzustehen, für alle gemeinsam ist es nachteilig. In dem Maße, in dem in der Ökonomie oder allgemein im gesellschaftlichen Leben solche Prozesse stattfinden, finden kollektive Fehlentscheidungen statt.

Auf Werbung bezogen ist es für jedes einzelne Unternehmen nicht nur rational, sondern oft sogar überlebenswichtig, Werbung zu treiben. Wenn z.B. ein großer Automobilhersteller plötzlich alle Werbung einstellen würde, dürften deutliche Marktanteilsverluste mit entsprechendem Gewinnrückgang, wenn nicht Verlusten die Folge sein, die möglicherweise für das Unternehmen existenzbedrohend sein könnten.

Um welche beeindruckende Flut von Tätigkeiten es sich dabei handelt, kann man an folgenden Zahlen ablesen, die einer der international führenden Werbeexperten, Martin Lindstrom, anführt: „Mit 66 Jahren werden die meisten von uns rund zwei Millionen Fernsehspots gesehen haben. Umgerechnet bedeutet das acht Stunden Werbung täglich an sieben Tagen in der Woche und das ganze sechs Jahre lang.“ (Lindstrom, S. 47)

Ende 2010 waren in der Werbebranche Deutschlands 549–499 Personen beschäftigt, davon 187.055 im Kernbereich der Werbewirtschaft (Werbegestaltung, Auftraggeber von Werbung, Werbemittel- Verbreitung) und 362.444 Personen in den Zulieferbetrieben wie Druckindustrie und Papierwirtschaft sowie im Telefon- Marketing. (ZAW 2011, S. 86)

Zu diesen etwa 550.000 Menschen muss man hinzurechnen diejenigen Beschäftigten, die in ihren Unternehmen für Marketing zuständig sind, also z.B. alle Mitarbeiter bei Konzernen, die sich mit Werbung und Marketing beschäftigen. Es ist sehr schwierig, hierfür verlässliche Zahlen herauszufinden. Man kann sicherlich mit mehreren Millionen Beschäftigten in Deutschland rechnen, die sich überwiegend mit Werbung und Marketing auseinandersetzen.

II. Werbung und Information
Wie viel Information enthält Werbung? Ein häufig zu Gunsten der Werbung gehörtes Vorurteil lautet, Werbung informiere. (So argumentiert z.B. der Zentralverband der deutschen Werbewirtschaft: „Denn der mündige Bürger hat ein Recht auf Information zu Produkten“, ZAW 2011, S.201)  Welche Information würde man erwarten, wenn man sich z.B über ein Erfrischungsgetränk informieren möchte? Vermutlich Hinweise auf den Preis, Zucker-, Kalorien-, Koffeingehalt, Additive, Auswirkungen auf Wohlbefinden bzw. Gesundheit, z.B. Diabetes- oder Übergewichtsgefahr, etc. Nun versuche man, sich einen Werbespot großer Erfrischungsgetränkehersteller vor Augen zu führen. Wie viele Antworten auf informative Fragen sind darin enthalten?

Einschlägige wissenschaftliche Lehrbücher zeigen (vgl. das wohl führende wissenschaftliche deutsche Marketing- Lehrbuch von Meffert, S. 740), dass ein großer Teil der Werbung nicht informativ, sondern emotional ist und es werden darin ausführliche Hinweise geben, wie man die Werbebotschaften so gestaltet, dass sie emotional wirken und nicht informativ. (Vgl. auch Homburg, Krohmer, S.795)

Beeindruckende Beispiele dafür, dass Werbung überwiegend mit Emotionen und Unterbewusstem zu tun hat, führt der international renommierte Experte im Bereich Marketing und Verfasser des Best- Sellers Buy-ology, Martin Lindstrom an. Er zeigt, dass beispielsweise Produktinformationen bei Fernsehwerbung für Autos nicht vorkommen, sondern dass die verschiedensten Automarken genau die gleiche, rein emotionale Werbung benutzen. (Vgl. Lindstrom, S. 48: „Marke und Modell waren jeweils verschieden, aber die Werbung war immer die gleiche. Der gleiche Schwung. Die gleiche Kurve. Die gleiche Wüste. Die gleiche Staubwolke.“) Ähnlich bei sehr erfolgreicher Werbung für ein bekanntes Erfrischungsgetränk in einer der beliebtesten Fernsehsendungen der USA, in der alles auf emotionale Platzierung ankomme, während Information über das Produkt nicht existiere. (Vgl. Lindstrom, S. 57ff.) Lindstrom führt viele Beispiele an, die zeigen, dass Produktinformation bei erfolgreicher Werbung keine Rolle spielt. Dennoch halten 46,2% der befragten Bundesbürger Werbung im Fernsehen „für recht informativ“ (Die Welt in Zahlen 2012, S.95), was auf eine interessante Fehlwahrnehmung hinweist.

III. Werbung und geplante Obsoleszenz (geplanter vorzeitiger Verschleiß von Produkten)
Geplante Obsoleszenz, d.h. die geplante, vorzeitige Veralterung von Produkten wirkt wie ein künstliches, aber unseren Wohlstand senkendes Beschäftigungsprogramm: Wenn Glühbirnen, Drucker oder andere Elektrogeräte nur halb so lange funktionieren wie sie eigentlich könnten (vgl. Schridde/ Kreiß oder Reuß/ Dannoritzer, Kaufen für die Müllhalde) bedeutet dies, dass man doppelt so viele Menschen (und Kapital) beschäftigt wie nötig.

Die ökonomisch wohl wichtigste Spielart geplanter Obsoleszenz ist diejenige, die durch Werbung herbeigeführt wird.15 Sie bewirkt, dass Millionen von Gütern, die noch funktionieren, vorzeitig weggeworfen werden, Müllberge produziert werden16 und wir alle mehr und länger arbeiten müssen bzw. unsere Reallöhne niedriger sind als erforderlich.

IV. Werbung und Ethik
Der Zentralverband der deutschen Werbewirtschaft argumentiert unter der Überschrift „Verbraucher nicht entmündigen“17, dass „regulatorische Vorhaben“ wie „verschiedene Kennzeichnungspflichten (etwa bei Lebensmitteln)“ verbraucherfreundliche Lösungen behindere, was „Bevormundung, wenn nicht sogar die Entmündigung der Verbraucher“ (ZAW 2011, S.197) nach sich ziehe.

Was konkret könnte damit gemeint sein? Seit Jahren wird laut Greenpeace von Wissenschaftlern z.B. davor gewarnt, dass bestimmte Farbstoffe in Lebensmitteln gesundheitsschädigend seien. Daraufhin beschloss die EU 2010 eine Kennzeichnungspflicht (statt eines Verbotes) auf entsprechenden Verpackungen, damit sich Verbraucher über die schädigenden Folgen des Verzehrs informieren können. (Vgl. Greenpeace Magazin 4/ 2010: Zappelphillipp – Farbstoffe machen Kinder krank)

Sind es solche Kennzeichnungspflichten, die laut Zentralverband der deutschen Werbewirtschaft verbraucherfreundliche Lösungen behindern und zu „Bevormundung, wenn nicht sogar Entmündigung der Verbraucher“ führen? Wozu drängt der Zentralverband der deutschen Werbewirtschaft? Solche Kennzeichnungspflichten zu unterlassen, also die Verbraucher, in diesem Fall insbesondere Kinder (da es sich z.B. um Gummibärchen handelt), der „Information“ allein durch die werbeführenden Hersteller auszusetzen?

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Morgen geht es weiter mit Teil 2.

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Mai
12
2011
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Konsum und Verantwortung – Aber bitte mit Ethik!

Die CI Romero, die sich in der Vergangenheit u.a. auch mit engagierten Adbust-Flyern zu Discountern und Ausbeutung hervorgetan hat, hat sich in ihrem Schwerpunktheft vor einiger Zeit mit dem Thema „Konsum und Verantwortung“ beschäftigt, das inzwischen fast komplett in pdf-Form online steht. Untenstehend findet Ihr die Artikel, die sich explizit mit der Konsumproblematik auseinandersetzen und diese aus verschiedenen Perspektiven beleuchten:

Schwerpunkt: Aber bitte mit Ehtik! Konsum und Verantwortung

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Mrz
06
2011
2

Permakultur bitte!

Auch wenn man es hier im Norden noch nicht merkt – der Frühling naht, und damit die Zeit des Säens, Blühens, Wachsens. Selbst in den Städten (Vorsicht, Wortspiel:) sprießen immer mehr Initiativen aus dem Boden (z.B. Transition Towns), die sich mit der Selbstversorgung beschäftigen. Sehr interessant ist in dem Zusammenhang auch die sog. Permakultur (vor allem für diejenigen, die über einen Garten verfügen), über die Michaela Brötz, die die Website Der Knauserer betreibt, in ihrem letzten Newsletter berichtet. Ich möchte den Artikel hier in Gänze wiedergeben, da er gute Anregungen enthält und natürlich bestens in ein konsumkritisches/nachhaltiges Umfeld passt. Weitere Infos zur Permakutlur findet man auch im Nachhaltig beobachtet-Blog oder auch beim Farmblogger.

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Permakultur bitte!

Ich habe ja für die örtliche Erwachsenenschule (das mach ich auch noch – aber Basisbildung ist wichtig) eine Veranstaltung “Einführung in die Permakultur” organisiert. Hier meine Mitschrift:

WAS IST PERMAKULTUR?
Permakultur ist nicht eine Liste an Gestaltungselemente für den Hausgarten oder die Landwirtschaft. Sie ist viel mehr. Sie ist ein System, das Elemente der Gestaltung wie Teiche und Kräuterspiralen nutzt. Diese Elemente werden mit ihren Wechselwirkungen und Zusammenhängen zu einem ganzen gefügt, wobei die Natur als Vorbild dient.

Neben dem Lehrmeister Natur greift die Permakultur (permanent agriculture oder moderner permanent culture) auf traditionelles Wissen zurück, bedient sich aber gleichzeitig neuer Erkenntnisse und Technologien, die das System unterstützen.

DIE ETHIK
Als umfassendes System hat die Permakultur auch eine Ethik formuliert, die man wie folgt zusammenfassen kann:
SORGE FÜR DIE ERDE
SORGE FÜR DEN MENSCHEN
TEILE GERECHT
UND BEGRENZE DAS WACHSTUM
(O-Ton: Es gibt auch in der Natur unbegrenztes Wachstum, allerdings heißt es da Krebs.)

– Ausdrücklich wir die eigene Verantwortlichkeit unterstrichen.
– Niemand und nichts ist Schuld. (Wir neigen gerne dazu.)
– In der Permakultur ist aber das Problem Teil der Lösung.
– Die Planung seiner Umwelt mit den Gestaltungsprinzipien der Permakultur steht am Anfang des Schaffens.

Permakultur denkt in Kreisläufen und hat somit auch ein anderes Verhältnis zu Konsumgütern. Für sie gibt es die 5 Rs:
1. refuse – vermeide
2. reduce – reduziere
3. reuse – verwende es wieder
4. repair – repariere
5. recycle – verwerte es wieder

DIE PLANUNG
Die naturorientierte Planung des Umfeldes mit einer Blickrichtung auf möglichs effizientes Arbeiten steht am Anfang jeder Permakulturtätigkeit.
1. Der Bestand
Eine genaue Beobachtung ist nötig: wo steht das Haus, wo ist wasser, wie lange ist Sonne, gibt es sumpfige Stellen
2. Planung
Einteilung des Umfeldes in Zonen:
Zone 1: wo man sich sehr oft aufhält (täglich)
Zone 2: wo man sich seltener aufhält (wöchentlich)

Zone x: Wildzone (Ruhezone mit zB Todholzhaufen)
(Planungsbeispiel:
http://permakultur.wordpress.com/planung/planungsbeispiel-fur-einen-hausgarten/)
3. Anlage der Gestaltungsprinzipien
Die Permakultur bietet viele Elemente zur Gestaltung an:
– Kräuterspirale
– Hochbeete
– Hügelbeete
– Kraterbeete
– Trockenmauern
– Teiche
– hühnerbeheiztes Gewächshaus
– Mulchen
– usw.

DIE GESTALTUNGSPRINZIPIEN

Wichtig ist, dass diese Prinzipien niemals isoliert gesehen werden. Daneben müssen sie auch mehrere Funktionen übernehmen. ZB Mulchen – Mulchen ist arbeitssparend, man hat mehr Wasserspeicher und Futter für Lebewesen Kräuterspiralen sind ein guter Platz um auf kleinem Raum Kräuter anzupflanzen. Sie sind durch ihre Mauern und Steine ein Lebensraum für Tiere und sie bieten Randzonen.

Das flache Beet wie wir es aus Hausgärten kennen wird in der Permakultur durch Hoch- und Hügelbeete ersetzt. Durch das Einarbeiten von Holz und Zweigen finden im Beetinneren Verrottungsprozesse statt, die Wärme an die oberen Erdschichten abgeben und so heizen und das Wachstum begünstigen.
http://www.biologiedidaktik.at/pflanzen/hochbeet.html
http://www.haus.de/PH2D/ph2d.htm?snr=4737&snr2=4736

Die Permakultur nützt und fördert Randeffekte, da Ränder die Zonen mit der größten Effektivität in der Natur sind. Ein gutes Beispiel für diese Randeffekte ist ein Schlüssellochbeet: wir neigen zu 4-eckigen Beeten, die auch viel Weg benötigen. Schlüssellochbeete sind rund und werden von der Mitte aus bearbeitet.
Bsp: http://www.cityfarmer.info/2008/08/06/a-keyhole-garden-for-households-in-africa/

Eine große Aufmerksamkeit liegt auch darin, biologische Helfer nicht auszusperren sondern effektiv einzusetzen:
a) Nutztiere: mit Hühnertraktoren oder mobilen Ställen für Schweine werden die Nutztiere dazu eingesetzt den Boden umzugraben und zu düngen:
sucht unter Google/Bilder nach chicken tractor, dann ist euch das Prinzip schnell klar.
Hühnerbeheizte Gewächshäuser nutzen die Abwärme der Tiere, um das angrenzende Gewächshaus mitzuheizen.
http://selbstversorgerforum.de/viewtopic.php?t=627

b) Wildtiere: Mit Wildbienenhotels werden die nützlichen Bestäuberinnen angelockt:
http://www.naturkosmetik.l-seifert.de/wildbienenhotel.php
Mit Benjeshecken und Todholzhaufen werden Vögel, die wichtige Samenverbreiter sind angelockt.
In Trockenmauern und Wildsträucherhecken finden allerlei Nützlinge Platz, die man zur Samenverbreitung oder Schädlingsbekämpfung einsetzen kann.

c) biologische Helferlein:
Leguminosen führen dem Boden Stickstoff zu.
Blumen sind Bienenweiden.
Pflanzen können zu Jauchen angesetzt werden.
Einige Pflanzen können direkt in der Schädlingsbekämpfung eingesetzt werden.

Es ist auch wichtig die einzelnen Mikroklimata zu verstehen und zu nutzen: Komposthaufen, Steine, Ränder

Der Einbau von Sonnenfallen wie Teichen oder Steinmauern ermöglicht den Anbau von Pflanzen, die normalerweise in unseren Breiten nicht wachsen.

Die Anlage von Trocken- und Feuchtbiotopen ist sehr wichtig. Vertikale Strukturen werden durch Spalierobst etc. genutzt.

WEIT ÜBER DEN GARTEN HINAUS
Die Permakultur beschäftigt sich natürlich bei ihrer Planung des menschlichen Umfeldes nicht nur mit dem Garten oder der Landwirtschaft, auch andere Dinge fließen in die Umwelt ein:
– Außenanlagen für Energieautarkheit zB
a) Außenküchen mit Lehmbacköfen
b) Solardörrer
– Alternative Bauformen mit natürlichen Materialien wie
zB Cordwood
– Das Aktivieren alter Handwerkstechniken
– Kenntnisse der Wildpflanzen
– Vermehrung von Saatgut
– Vermehrung von Tieren

Wichtig ist auch noch der Aspekt des Teilens und des Schaffens neuer Formen des gemeinsamen Wirtschaftens:
– Einkaufsgemeinschaften
– Erzeuger-Verbrauchergruppen
– Gemeinschaftsinitiativen
– Öko-Dörfer
– Tauschkreise
– Komplementärwährungen
– CSA (Konsumenten beauftragen Bauern, Land für Selbstanbau, gemeinsamer Ackerbau, Märkte und Gemüsekisten, interkulturelle Gärten)

Weiterführende Literatur:

Die Bibel der Permakultur:
Handbuch der Permakultur – Bill Mollison
ISBN 978-3-200-01258-5

Gutes Permakultur-Buch für Gartler
Permakultur Gärten sind anders – Ortner/Zachl

Schöne HP mit einem sehr anregenden Film:
http://www.permakulturwerkstatt.net/permakultur_005.htm

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Dez
29
2010
3

Macht und Korruption – Ist alles erlaubt?

Heute möchte ich Euch nur kurz auf diesen sehr interessanten Beitrag des ORF im Rahmen der Sendereihe „Ethik im Gespräch“ hinweisen – „Macht und Korruption: Welchen Wert hat Ethik?“, der sich mit der zunehmenden Käuflichkeit politischer Entscheidungen befasst. Ursprünglich stand die Sendung im YouTube-Kanal von Mediafootprint zur Verfügung, der leider gerade gelöscht wurde.  Hier der dazugehörige Originaltext von Mediafootprint:

Korrupte Politiker (Gesetzgeber) lösen sich von der Gesellschaft ab und machen sich zu Mitgliedern eines Kreises von Vorteilsnehmern der Strukturen, die sie selbst gemeinwohlbelastend zwischen den Wahlterminen geschaffen haben. Der Mißbrauch von Mandatsvertrauen ist gesetzlich nicht strafbar aber offensichtlich. Die Bürger erkennen diese pervertierte Gesetzgebung, die ihnen Beschränkungen auferlegt und “geschäftlich” vernetzten Privilegierten Handlungsfreiheiten gibt.
Die vernachlässigte Justiz, welche oft nur noch als Rechtsmechanismus für wirtschaftliche Vorhaben ausgebaut wird, bekommt immer weniger Ansehen als Rechtsgrundlage für eine chancengleiche und gerechte Gesellschaftsordnung. Sie erscheint und ist verquert, gesellschaftlich undurchdacht nicht mehr bürgerkonform. Der Rechtsmechnismus wendet sich gegen die Bürger hin zu den juristischen Personen, sprich Unternehmungen. Wer als juristische Person auftritt, kann das Recht gegen die eigene Person eher abwenden und auch das Recht für seine Interessen gegen Bürger durch die bestehende Vertragsfreiheiten und Ungleichheit bei der Finanzierung von Rechtsverfahren nutzen. Die Sittenwidrigkeit der Vertragsklauseln sind durch viele Ausnahmen und schwammige Begrifflichkeiten in Gesetzen oft nicht oder nur sehr schwer anfechtbar. Es besteht zunehmend, aufgrund der korrumpierten Gesetzgebung keine gleichberechtigte Gesellschaftsordnung mehr.

Und dies die offizielle Beschreibung des ORF:

“Ethik im Gespräch – Macht und Korruption: Welchen Wert hat Ethik?”
Bei „Ethik im Gespräch“ diskutieren Philosophen in kompakter, kontroverser Form einen Aspekt praktischer Philosophie und Ethik. Moderator ist der Philosoph Peter Kampits von der Universität Wien.
Immer wieder werden Fälle von illegalen Parteispenden und Korruption in der Politik aufgedeckt. Das führt zu wachsender Politikverdrossenheit bei den Wählern. Das Interesse der Politiker, die Korruption einzudämmen, hält sich in Grenzen. Dabei zeigt ein Vergleich mit Ländern wie Kanada oder Großbritannien, dass Gesetze möglich sind, die illegalen Parteispenden vorbeugen. Unter der Überschrift „Gewinner und Verlierer? Populismus in der Politik“ wird das Zunehmen populistischer Parteien in der europäischen Politik diskutiert. Diese operieren mit eindimensionalen Feindbildern. Globalisierung, wachsende Einkommensunterschiede und Migrationsströme fördern populistische Tendenzen. Was sagt die Politische Ethik dazu? Peter Kampits, Philosoph, diskutiert mit dem Politikwissenschaftler Anton Pelinka von der Central European University, Budapest.

Generell scheint diese Sendereihe hochinteressant zu sein, wenn man sich mal die Themen der letzten Monate so anschaut (viele der Videos kann man sich noch auf der Website anschauen):

  • Demokratie-Verlust – Wer hat das Sagen?
  • Darf man Tieren Leid antun?
  • Tierethik kontra Fleischindustrie und Tierversuche
  • Umweltethik: Das Verhältnis des Menschen zur Natur
  • Umweltethik: Wozu Naturschutz?
  • Wirtschaft steuert Wissenschaft – Ethik ade?
  • Ethische Grenzen wissenschaftlicher Forschung
  • Medien und Manipulation
  • Qualität und Quote – Zukunft der Medien?
  • Designerbabys – Kinder aus dem Katalog?
  • Staat oder Privat – Wirtschaftsfreiheit am Ende?
  • Soziale Verantwortung – Gewissen wozu?

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