Mrz
11
2011
4

Die Durchkommerzialisierung der digitalen Welt – Teil 1: Facebook

„Es war einmal…“ So fangen für gewöhnlich Märchen an. Hoffentlich werden nicht irgendwann unsere Enkel und Urenkel von Anfangstagen des Internets und des freien Informationsflusses so erzählen müssen: „Es war einmal eine Zeit, in der immer größeren Bevölkerungsschichten Informationen zugänglich wurden und politische und demokratische und kritische Meinungsbildung für viele Menschen erschwinglich und möglich wurde. Dann kamen die großen Konzerne, entdeckten die digitalen Medien für sich und nahmen sie fortan für sich in Beschlag.“ Der Trend zu immer mehr Kommerz im Netz ist ja nun schon seit Jahren in vollem Gange, und seitdem die Medienkonglomerate die Bedeutung des neuen Mediums erkannt haben, drängen sie immer stärker auf eine Art gewinnmaximierende Gleichschaltung. Natürlich versucht auch die Politik, zunehmend Einfluss auf das Internet und die dort vorhandenen Meinungs- und Informationsströme zu nehmen (nicht nur in Diktaturen wie Libyen etc., sondern auch im ach so demokratischen Westen, Stichwort „Netzsperren“), aber in meinem heutigen Artikel soll es um die wirtschaftlichen Interessen gehen, die zum Teil den politischen jedoch durchaus in die Hände spielen. Haben wir eh nur „Die Illusion vom freien Internet“, wie der Slow-Media-Blog vor einigen Monaten urteilte?

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Feb
28
2011
2

Lesetipps: Guttenberg-Sonder-Edition

Foto: Wikipedia

Gerade einmal eine gute Woche ist vergangen, als ich hier im Blog über die Guttenberg-Plagiatsaffäre berichtete, und eigentlich ist es ja nicht meine Art, Themen so kurz hintereinander erneut aufzugreifen, noch dazu wo es auch ums tagespolitische Geschäft geht. Aber an Hand des aktuellen Beispiels des Copy-Paste-Freiherrn kann man so mustergültig das Wirken unserer Demokratie, also von politischen Machterhaltsbestrebungen und medialem Lagerkampf beobachten, dass es sich doch lohnt, einen Blick darauf zu werfen, was sich in den letzten Tagen so getan hat.

Allen voran möchte ich Euch UNBEDINGT den Beitrag auf BR-Online „Wir sind einem Betrüger aufgesessen“ ans Herz legen, in dem der Bayreuther Staatsrechtler Prof. Lepsius in bislang selten gehörter Deutlichkeit Stellung zu Guttenbergs Verhalten nimmt. Solch einen Klartext wünscht man sich auch anderswo, und es wäre schön, wenn dieses Interview z.B. auch an prominenter Stelle im Fernsehen ausgestrahlt werden würde und nicht in den Untiefen des Netz vergammelt:

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Dez
12
2010
2

Stoppt die Einschüchterungs-Kampagne gegen Wikileaks!



Die „Enthüllungs-“ und „Whistleblower“-Website Wikileaks ist derzeit ja eines der heißesten Themen in der Medienlandschaft und beschäftigt Journalisten, Blogger, Redakteure rund um den Globus. Erstmals Anfang des Jahres durch die Veröffentlichung eines Videos, das den Beschuss von Journalisten und unbewaffneten Zivilisten im Irak durch einen amerikanischen Helikopter dokumentierte, in den Fokus der Öffentlichkeit gerückt, gelang der endgültige „Durchbruch“ zum neuen Staatsfeind Nr. 1, nachdem man begonnen hatte, diverse Diplomatendepeschen online zu stellen. Einige Zeitschriften wie Der Spiegel durften schon vorab reinschauen und konzentrierten sich dann quotenwirksam auf die boulevardesken Elemente, die Wikileaks aufdeckte. Naja, das wisst Ihr ja sicher auch schon alles. Dass bei den oberflächlichen Berichten über die Wikileaks-Inhalte viel Brisantes (absichtlich?) unter den Tisch gekehrt wurde und man statt dessen von der Teflon-Kanzlerin Merkel erfuhr, darüber gab es in der letzten ARD-Sendung Monitor einen interessanten Beitrag, der auch die Frage nach Pressefreiheit und Zensur stellt – „Mehr als Klatsch und Tratsch – die wirklichen Enthüllungen von Wikileaks“:
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Okt
01
2010
2

Kongress Öffentlichkeit und Demokratie in Berlin

Auf diese hochinteressante Veranstaltung, die von heute bis zum Sonntag in Berlin stattfindet, möchte ich Euch doch unbedingt auch noch hinweisen, gehören freie Medien doch auch zu den Kernthemen meines Blogs – der Kongress Öffentlichkeit und Demokratie findet in den Räumen der Friedrich-Ebert-Stiftung und des Wissenschaftszentrums Berlin statt und hat es sich zur Aufgabe gesetzt, eine demokratische Öffentlichkeit (statt einer konzernkontrollierten) zu schaffen. Er ist in die vier Themenstränge „Geheimhaltung und Transparenz“, „Politik mit Worten und Bildern“, „Massenmedien von innen und außen“ und „Öffentlichkeit von unten“ aufgeteilt.

Vom 1. bis 3. Oktober 2010 findet in der Friedrich-Ebert-Stiftung und im Wissenschaftszentrum in Berlin der bundesweite Kongress Öffentlichkeit und Demokratie für über 600 Personen statt. Zwei Leitfragen werden dort im Mittelpunkt stehen: In welchem Zustand befindet sich die politische Öffentlichkeit in Deutschland? Und falls dieser Zustand beklagenswert ist, wovon ausgzugehen ist – was kann dagegen getan werden?

Folgende Punkte sollen mit Hilfe des Kongresses konkret erreicht werden:

  • eine fundierte, breite und kritische Bestandsaufnahme der Öffentlichkeit in der BRD,
  • ein Problembewusstsein für die Gefährdung demokratischer Öffentlichkeit,
  • eine Initialzündung für die Zusammenarbeit von Initiativen unterschiedlicher Felder,
  • die Verbreitung von “best practices” einer kritischen Öffentlichkeit,
  • die audio-visuelle Dokumentation des Kongresses, ausführlich im Internet und zusammengefasst als Reader sowie
  • den Erhalt und Ausbau der Webseite als wissenschaftliche Ressource.

Viele Einzelpersonen aus Wissenschaft, Politik und Publizistik unterstützen den von einem Personenbündnis initiierten Kongress schon seit der Entstehungsphase. Als Förderer stellen die Kongressträger die Finanzierung, während die inhaltlichen Foren in einem offenen, transparenten Verfahren durch diverse Initiativen und Personen gestaltet werden.

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Sep
13
2010
5

Revolution – eine Gebrauchsanleitung

Auf Duckhome wurde ich neulich auf eine Dokumentation des Senders Arte aufmerksam gemacht, die den vielversprechenden Titel „Revolution – eine Gebrauchsanleitung“ trägt und sich mit einigen grundlegenden erfolgversprechenden Stragien beim Umsturz eines verhassten Regimes befasst; dies am Beispiel verschiedener Bewegungen in Osteurope (Serbien, Ukraine…) verdeutlicht. Duckhome bezweifelt in seinem Posting (wohl zu Recht), dass es in Deutschland jemals so weit kommen könnte, zu obrigkeitshörig ist doch die deutsche Mentalität. Und zu gut geht es auch heute noch den meisten Bürgern, zu sehr haben sie sich ans bisherige System gewöhnt, als dass hier umstürzlerisches Potential brodeln würde.

Ich denke allerdings auch, dass so eine Revolution herzlich wenig bringt, vor allem, wenn man gar nicht so genau weiß, gegen wen man sich eigentlich auflehnt und was man anschließend für ein System errichten möchte. Merkel & Westerwelle abzusetzen (was spätestens nach den ausgekungelten Atomplänen im Sinne der demokratischen Kultur zwingend nötig wäre!) und durch andere Politiker zu ersetzen z.B. würde letztlich auch nicht wirklich weiter helfen, solange ein Geflecht aus Medienkonglomeraten, Lobbyisten und Großkonzernen das Ruder in der Hand hält. Und solange die Menschen auf billigen Konsum getrimmt sind und egoistisch dem eigenen Genuss frönend ihr Konsumentenleben leben, werden wohl auch andere Regierungen, wie auch immer sie ins Amt kommen, nicht viel voranbringen. Ein Bewusstseinswandel, ein Umdenken im eigenen persönlichen Rahmen, wäre meines Erachtens auf breiter Basis vonnöten (quasi eine Revolution in den Köpfen), damit ein echter Wandel im Land und im System möglich ist und nicht nur einfach eine neue Riege von Machtmenschen, egal welcher Couleur, das Steuer übernimmt. Alte linke Vorstellungen von einem Aufstand der „arbeitenden Klasse“ sind wenig erfolgversprechend und auch wenig verlockend, zumal wenn die meisten Menschen gar keine wirkliche Veränderung wollen… Ich möchte jedenfalls keine „Diktatur des Proletariats“, sondern eher eine freie Gesellschaft, in der die Arbeit einen geringeren Stellenwert hat als heutzutage und in der nicht alle Lebensbereiche einer Durchökonomisierung zugeführt werden. Ob das durch eine Revolution erreichbar ist, tja… Schaun mer mal. :-)

Die in der Doku geschilderte Vorgehensweise gibt interessante Hinweise, aber die „Finanzierung durch den Westen“ würde bei einer ähnlichen revolutionären Entwicklung in Deutschland wohl ausbleiben. (>> zu den YouTube-Seiten, da das Einbinden irgendwie nicht klappt)


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Jun
27
2010
7

In was für einer Gesellschaft leben wir eigentlich? 1/2

Aktuell findet die 10. KarmaKonsum-Konferenz in Frankfurt/Main statt. Eher zufällig entdeckte ich bei Twitter eine Aussage von Bernd Kolb, der in seiner Eröffnungsrede erstaunliche Daten zu Gehör brachte: „9% aller deutschen Kindergeburtstage werden inzwischen bei McDonald’s gefeiert.“ Als ich dies las, fehlten mir zunächst einmal die Worte – wie schrecklich ist das, dass so viele Kinder ihren Geburtstag in einer industriell gefertigten, von Marketingzombies und „Storedesignern“ erdachten 08/15-Kunstwelt feiern und dabei mit miesem, ungesundem und umweltschädlichem Fast Food abgefüllt werden? Welche Eltern lassen so einen Unfug zu und führen ihre Kinder schon früh in eine normierte Marken- und Konsumorientierung? Traurig.

Wie das Leben so spielt passte diese Meldung hervorragend zu einigen anderen Artikeln, die mir in den letzten Tagen über den Weg gelaufen sind und die ich deshalb unter dem Blickwinkel des Zustands der momentanen Gesellschaft, in der wir leben, hier versammeln möchte. Sie zeigen nebenbei, dass auch die so oft geschmähten Mainstreammedien durchaus immer mal wieder Interessantes zum kritischen Diskurs beitragen (können). Dass unsere „Prä-Kollaps-Gesellschaft“ unter dem Einfluss neoliberalen Ellenbogendenkens an allen Ecken zu bröseln beginnt, zeigt und fördert die Politik quasi täglich durch ihre volksfernen, klientelgesteuerten Entscheidungen. Jüngstes Beispiel: Das Geklüngel um die Wahl des Bundespräsidenten. Ohne viel Federlesens „zauberte“ unsere Kanzlerdarstellerin den ihr genehmen Kandidaten aus dem Hut, ohne Rücksicht darauf, welcher Kandidat sich eher eignen würde. Der Philosoph und Autor Richard David Precht stellt in seinem flammenden Plädoyer in der ZEIT klar, dass solch ein Gebaren ein weiterer Sargnagel für eine lebendige Demokratie ist und die Menschen weiter in Politikverdrossenheit treibt – „… und keiner wacht auf – Leben wir noch in einer Demokratie oder überlassen wir die Politik lieber einer kleinen Führungselite?“:

[…] Es ist schwierig, Angela Merkel etwas begreiflich zu machen, wenn ihr Machterhalt darauf beruht, es nicht zu begreifen. Ein geeigneter Kandidat für das höchste Amt im Staate für Merkel – das ist nicht der Integerste, der Begabteste, der Klügste, der Eigenständigste, Umsichtigste, der Brillanteste. Ein geeigneter Kandidat ist der aus Sicht der Kanzlerin geeignetste Kandidat. Das heißt: nicht der Integerste, der Begabteste, der Klügste, der Eigenständigste, der Umsichtigste oder der Brillanteste. […]

[…] Die Aufgabe, die auf einen künftigen Präsidenten zukommt, ist mit keiner zuvor vergleichbar. Das Land hat die mutmaßlichen Grenzen seiner wirtschaftlichen Expansion erreicht. Was ansteht, ist der geordnete Rückzug aus dem Wachstumswahn. Sparzwänge und Verteilungskämpfe nie gekannten Ausmaßes werden das Klima in der Bundesrepublik verändern. Die Luft wird dünner, der Tonfall rauer. Wir wissen nicht, wie lange es noch Parteien in Deutschland gibt, aber allesamt arbeiten sie ungebremst an ihrem Verschwinden. Die Wahlbeteiligungen sinken dramatisch, das Ansehen unserer Politiker ist auf dem Tiefstand. […]

[…] Das Risiko dabei ist offensichtlich: Politik, ebenso wie Wirtschaft, ist an Voraussetzungen gebunden, die sie nicht selbst erzeugen kann. Wenn jeder in der Wirtschaft ausschließlich zweckrational seine Gewinne mehrt, wird das Fundament unterspült: Vertrauen, Fairness, Augenmaß und Anstand. Die Marktnormen kannibalisieren die Sozialnormen. Und die Folge sind Wirtschaftskrisen, am Schwarzen Freitag nicht anders als heute. Die Politik aber, und dies bleibt zumeist unbemerkt, folgt den gleichen Gesetzen. Sie setzt ein Interesse an der Demokratie voraus, ein Vertrauen in die Regierenden und die Annahme von Wahrhaftigkeit: dass ein jeder sich müht, nicht zu seinem eigenen Besten, sondern zum Besten des Landes. Die Zweckrationalität des Regierens jedoch folgt einer ganz anderen Logik – das Kanzleramt ist nicht Deutschland. An der Macht zu bleiben verlangt nicht Wahrhaftigkeit und Fairness. Regieren gebiert keine Solidarität, sondern sie verzehrt sie. Erneuernde Wechsel, die mehr sind als ein »Weiter so!« unter anderen Fahnen, sind deshalb unumgänglich. […]

Wenn Rücksichtslosigkeit und egozentrische Selbstverwirklichung das moderne Credo darstellen, dann kann es nicht verwundern, dass auch die zukünftige „intellektuelle Elite“ oft einen eindimensionalen, karrierefixierten und eigennutzenmaximierenden Weg einschlägt. Auf Spiegel Online schildert Klaus Werle in „Karriere, Karriere, Knick“ den bedrückend flachen geistigen Horizont der heutigen Studentengeneration:

Studenten machen sich selbst zum passgenauen Firmenfutter. Ultra-pragmatisch perfektionieren sie ihre Lebensläufe, straff, stur, strategisch. Doch bei allem Ehrgeiz vergessen sie das Wichtigste: Manchmal sind die krummen Wege die geraden. […]

[…] Aber profitieren auch die Studenten selbst? Zumindest glauben es viele; die Optimierung der Bildung haben sie längst verinnerlicht. “Alles Tun wird auf die eigene Marktgängigkeit, die Verwertbarkeit im Lebenslauf hin abgeklopft”, so Jugendforscher Hurrelmann. Anna-Lena sagt: “Wir sind schon eine ichbezogene Generation. Jeder will in Rekordzeit, mit Rekordnoten durch die Uni. Manchmal frage ich mich, wie ich das Pensum noch steigern soll, wenn ich im Beruf bin.” Ironisch schaut sie auf ihre schmale Festina-Uhr, als sei es deren Schuld, dass der Tag nur 24 Stunden hat. […]

[…] Woran es fehlt, sind Menschen mit Köpfchen und Neugier. Die mit Kreuzungen, Sackgassen und Umleitungen umgehen können – nicht nur mit Einbahnstraßen. Die mit individuell Besonderem statt mit Mainstream-Wissen überzeugen. Das lernt man nicht, indem man einen normierten Ausbildungskanon im Rekordtempo absolviert. […]

Morgen geht es weiter mit Teil 2.

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Jun
24
2010
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Buchbesprechung: Kembrew McLeod „Freedom of Expression®“

Professoren stellt man sich ja oft als trockene, weltfremde und verkopfte Menschen vor – Leute, die in ihrer eigenen Welt leben, im Elfenbeinturm, entrückt und theorielastig. Kembrew McLeod, Juraprofessor an der Stanford Law School, ist da ein anderes Kaliber – in der Jugend Breakdancer und auch jetzt noch an der HipHop-Szene interessiert, kritisch und humorvoll. Folgerichtig ist sein Buch „Freedom of Expression®: Resistance and Repression in the Age of Intellectual Property“ auch ein Lesegenuss, trotz des ernsten Hintergrundes des die Kreativität erdrosselnden Um-sich-Greifens von konzernbegünstigenden Copyrightklauseln. Mit Ironie und Augenzwinkern schildert McLeod die Entwicklungen auf dem Gebiet des Urheberrechts, und dies nicht theoretisierend und aus wissenschaftlich-juristischem Blickwinkel, sondern mit dem Augenmerk auf die Auswirkungen. So verwendet der Autor den Begriff „freedom of expression®“ in seinem Buch immer mit einem angefügten ®, da er sich diesen bei der amerikanischen Patent- und Markenrechtsbehörde USPTO als Gag tatsächlich für 5 Jahre hat sichern lassen (unglaublich, dass so etwas überhaupt möglich ist!) und führt das ganze System bereits damit ad absurdum – selbst die Redefreiheit lässt sich also mit einem Markenschutzrecht versehen.

Ein starker Fokus von McLeod liegt auf dem musikalischen Bereich, der die Auswirkungen der immer strenger und enger werdenden Regelungen zu spüren bekommt. So geht der Autor weit zurück, in eine Zeit, als Musik noch von jedem frei verwendet und vor allem modifiziert und erweitert oder umgetextes werden durfte. Im Laufe des 20. Jahrhunderts entstanden dann erste Begrenzungen, die in die künstlerische Freiheit einzugreifen begannen. Mit einem Kopfschütteln registriert man als Leser zu Beginn des Buches noch, wie Time Warner sich schon früh die Rechte an dem Lied „Happy birthday to you“ gesichert hat (das im 19. Jahrhundert aus der Volksmusik entstand) und anschließend jegliche öffentliche Aufführung mit einer Lizenzgebühr versehen wollte – unter anderem wurde gegen Pfadfindergruppen vorgegangen, die das Lied am Lagerfeuer sangen (und damit „öffentlich aufführten“). Nach einem Entrüstungssturm in den Medien gab das Unternehmen dann nach und genehmigte dem Pfadfinderverband „großzügig“, das Lied für eine symbolische Zahlung von 1 US$ pro Jahr, weiterhin singen zu dürfen. McLeod nennt die Typen, die ihre Copyrightansprüche gnadenlos verfolgen, folgerichtig und mit süffisantem Unterton „overzealous copyright bozos“, und ihr Auftreten zieht sich wie ein roter Faden durch das Buch. Sie behindern sowohl Musiker und Künstler in ihrem Schaffen als auch jeden, der für seine Arbeit auf schon veröffentlichtes Material zurückgreifen will.

Schnell wird klar, dass es zwar schön ist, wenn sich hierzulande die Piratenpartei gegen „Zensursula“ und Internetsperren positioniert, dass aber leider das Zensurunwesen schon viel tiefer in die Gesellschaft eingedrungen ist, als man sich so klar macht. Und keineswegs ist nur der „böse Staat“ daran schuldig, sondern es stehen knallharte wirtschaftliche Interessen dahinter. Ursprünglich waren Copyrightgesetze einmal dazu gedacht, um dem Rechteinhaber gewisse wirtschaftliche Privilegien, die aus seiner Erfindung/Komposition/etc. entsprangen, zu sichern, doch mittlerweile werden Abmahnungen auch dazu eingesetzt, um kritische Äußerungen und Berichterstattungen über Firmen zu unterdrücken – hierin liegt eine sehr große Gefahr für die Zivilgesellschaft und die Demokratie.

Kembrew McLeod beleuchtet in seinem Werk eine Vielzahl von Facetten und liefert eine Unzahl an (zum Teil haarsträubenden) Beispielen, die diese fatale Entwicklung belegen – von den Problemen, die HipHop-Künstler wegen ihrer Samples haben über das Patentieren von Genen durch Großkonzerne bis hin zu der Durchprivatisierung öffentlicher Räume und Güter und dem Kampf der Unterhaltungs-Industrie gegen Filesharing-Börsen. Stets zeigt er dabei deutlich seine Sympathie für einen freien Fluss an Informationen und des Wissens und spricht sich gegen überzogene und alles bedrohende Rechtssprechungen aus. Der locker-flockige Schreibstil macht Spaß und erleichtert das Lesen, und nicht zuletzt all jene Leser, die sich auch ein wenig für Musik interessieren, werden hier viele spannende Details und Einsichten und Aussagen vieler Musiker finden.

Das Beste zum Schluss: passend zum Tenor seines Buches gibt es das komplette Werk auch als kostenlosen pdf-DownloadHIER! Und von einer eigenen Website wird das Buch ebenfalls begleitet – HIER.

Kembrew McLeod: „Freedom of Expression®. Resistance and Repression in teh Age of Intellectual Property“, University of Minnesota Press 2007, ca. 380 S., ca. 14 US$

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Mai
07
2010
1

Wissensbasis: Marktradikale Pressuregroups

Jetzt so kurz vor der NRW-Wahl möchte ich doch endlich mal einen Artikel zur Lektüre empfehlen, in dem es um die mannigfaltigen Verstrickungen der Politik mit der Wirtschaft geht – „Marktradikale Pressuregroups – Die Macher hinter den Kulissen – Wie INSM, Atlantik-Brücke, Aspen-Institute und ähnliche Netzwerke Deutschland heimlich regieren“ von Hermann Ploppa. Erschienen ist er auf linkezeitung.de, weshalb man sich bei der einen oder anderen Information natürlich auch (wie bei allem, was irgendwo gedruckt steht) fragen muss, inwieweit dis alles objektiv dargestellt wird. Dennoch waren mir vorher viele Dinge so nicht bewusst und auch nicht, wie tief der Sumpf, den wir noch Demokratie nennen, mittlerweile geworden ist. Manchmal mussman sich dann schon fragen, ob das, was uns in den Mainstream-Medien normalerweise so gezeigt wird, nicht nur die Inszenierung eines schönen Scheins ist, der nicht mehr der Realität entspricht. Aber urteilt selbst und lest erstmal den Beitrag, der nicht nur wegen seiner Länge wahrlich keine leichte Kost ist.

[…] Wer verstehen will, wie politische und wirtschaftliche Entscheidungen getroffen werden, ist zunächst auf die Spitze des Eisbergs verwiesen: Politiker, Verbandsfunktionäre oder Gewerkschaftsführer. Die eigentlichen Beeinflusser und Entscheider befinden sich jedoch hinter der schützenden Fassade der Tagespolitik. Hinter der Fassade befinden sich Netzwerke, die seit Jahrzehnten planmäßig die Eliten beeinflussen und steuern. Sie arbeiten daran, in der Wissenschaft das Paradigma durchzusetzen, zum Dogma des Marktradikalismus gäbe es keine Alternative. Marktradikalismus: so wenig Staat wie möglich, so viel Markt wie möglich. Die Massenbeeinflussung durch Medien wird zentral in diesem Sinne orchestriert. […]

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Apr
06
2010
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Weniger Demokratie wagen

Heute mal ein kurzer Lesetipp, den ich eigentlich schon seit längerem an den Mann bringen sollte – Jan Pehrke schrieb im letzten November auf Telepolis „Weniger Demokratie wagen – von der Demokratie zur Postdemokratie“ über den Zustand unserer Demokratie und die gefährlichen Zerfallserscheinungen einer auf mediale Präsentation bauenden Staatsform:

(…) Der Wähler als Konsument

Die Politik ist in Zeiten der Postdemokratie ein Produkt und der Wähler ein Konsument, dessen Gunst errungen werden will. Dafür müssen sich die Kandidaten und ihre Partner mächtig ins Zeug legen. So zwangen Wahlkampf-Manager die arme Hillary Clinton einst an den heimischen Herd zum Kuchenbacken zurück, um mit der Hausfrauen-Rolle gegen ihr Intellektuellen-Image anzukämpfen. Besonders viel dramaturgischen Aufwand erfordern dabei die TV-Duelle, bei denen sich die Bewerber zumeist exakt an ihre Drehbücher halten und – zumindest bei CNN – eine Focus-Gruppe ihre Aussagen in Echtzeit bewertet. (…)

Unerbittlich straft die Öffentlichkeit Fehler ab. Auf Respekt können die Politiker in der Zuschauer-Demokratie nicht mehr zählen, wenn sie um sich und ihre Programme werben. Aber ein Machtzuwachs für den Konsumenten ist damit nur scheinbar verbunden, denn: “Auf Werbung kann man nicht antworten”, wie Colin Crouch in einem anderen Zusammenhang schreibt. Der Staatsbürger bleibt immer ein zur Passivität verurteilter Zuschauer. Je näher ihm die Politik zu kommen scheint, desto ferner rückt sie ihm in Wirklichkeit. (…)

Aber nicht nur die Parteien weisen zunehmend Demokratie-Defizite auf, auch das politische Handeln selbst wird autokratischer. So erfreut sich das Regieren per Dekret, also unter Ausschaltung des Parlaments, weltweit zunehmender Beliebtheit. Der “Sozialismus des 21 Jahrhunderts greift ebenso gerne darauf zurück wie George W. Bush, der seine Sicherheitsgesetze so am Kongress vorbeischmuggelte, oder Berlusconi. Wenn diesem die Demokratie mal zu lange dauert und deshalb ein “Parlament von Deprimierten” zu schaffen droht, macht er ihr mit Dekreten Dampf oder stellt einfach die Vertrauensfrage.

Zudem öffnet sich die Politik in erhöhtem Maße irgendwelchen Nebenregierungen. Die rot-grüne Koalition hatte es sich beispielsweise zur Gewohnheit gemacht, einen Gutteil des Tagesgeschäftes durch Outsourcing diversen Gremien zu übertragen. Sie rief unter anderem die Hartz-Kommission, die Föderalismus-Kommission, die Rürup-Kommission und den nationalen Ethikrat ins Leben. (…)

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Feb
19
2010
2

Ein paar Lesetipps zum Wochenende: „Sie können nur billig“, „Facebook weiß alles über uns“ und „Wann stehen die Deutschen auf?“

Das Wochenende naht und wie könnte man es besser verbringen als mit der Lektüre einiger interessanter, aufschlussreicher Artikel? Eben. Deshalb empfehle ich hier wieder einige Texte, die mir im Laufe der letzten Tage besonders aufgefallen sind.

colorful_price_labelBeispielsweise hat Die Zeit den lesenswerten Bericht „Einzelhandel: Sie können nur billig“ veröffentlicht, in dem es – man ahnt es schon – natürlich zum einen um meine speziellen „Freunde“, die Discounter, geht. Zwar werden, wie so oft in den Medien, nur einige der Folgen, die die Billigmasche für die Gesellschaft hat, angesprochen und insbesondere auf die Ausbeutung der Mitarbeiter abgestellt, aber immerhin zeigt der Artikel auch, dass durch den permanenten, durch die Discounter ausgelösten Preiskampf inzwischen auch die anderen Einzelhandelsketten, also Rewe, Edeka etc., voll einsteigen und ebenfalls Preise und Kosten zu drücken beginnen. Ich habe an dieser Stelle ja schon des öfteren gepredigt, die großen Ketten (und allen voran die Discounter) zu meiden; der Artikel bestätigt mich da wieder mal.

(…) Alle wissen um die verheerende Wirkung – und tun es trotzdem immer wieder: Sie senken die Preise. Die mächtigen Chefs der großen Handelskonzerne können es nicht lassen, weil die Deutschen Schnäppchenjäger sind und selbst für gute Lebensmittel angeblich kein Geld übrig haben. Manche Waren werden geradezu verramscht. Doch auch das hat seinen Preis. Den zahlen häufig jene, die in den Läden hinter der Theke stehen, Regale einräumen oder an der Kasse sitzen. Wer im Handel beschäftigt ist, muss mit Lohndrückerei, Schikanen oder Schnüffeleien rechnen. (…)

(…) Ein Mitarbeiter wagte es zu Beginn des Jahres allerdings, vor Gericht zu ziehen. Er war als sogenannte Pauschalkraft bei Netto beschäftigt und fordert eine Lohnnachzahlung. Das Verfahren läuft noch. Textilhändler KiK hat einen solchen Prozess schon hinter sich. Ende März vergangenen Jahres wurde das Unternehmen wegen der Zahlung sittenwidriger Löhne verurteilt. (…)

In einigen weiteren Artikeln zu dieser Problematik legt Die Zeit noch nach, so mit „Billiger geht’s nicht“:

(…) Für die Händler bedeutet das empfindlich schrumpfende Geschäfte. Sie sparen deshalb, wo sie können. Zum einen nutzen die Großen unter den Händlern ihre Nachfragemacht, um Lieferanten zu pressen. So beklagt die Ernährungsindustrie einen Umsatzrückgang von vier Prozent. Das sei der stärkste Einbruch seit Bestehen der Bundesrepublik gewesen, so die Hersteller. Die Entwicklung hat nichts damit zu tun, dass die Verbraucher weniger essen und trinken. Mengenmäßig sind die Produktion und der Absatz von Lebensmitteln und Getränken nämlich konstant geblieben. Die Konsumenten zahlten einfach nur weniger für die Nahrungsmittel.

Gespart wird aber auch woanders. Selbst wenn man in vielen Läden inzwischen vergeblich nach Beratung sucht, zählt der Einzelhandel nach wie vor zu den personalintensiven Branchen. Was liegt da näher, als den Kostenfaktor Mensch zu reduzieren. Wie das geht, hat gerade die Drogeriemarktkette Schlecker vorgemacht: Verkäuferinnen entlassen und über eine Leiharbeitsfirma wieder einstellen. Zu viel geringerem Gehalt natürlich, Urlaubs- und Weihnachtsgeld werden bei der Gelegenheit gestrichen. Wer das nicht akzeptiert, dem droht Hartz IV. Zwar wird immer wieder behauptet, dass Schlecker ein Einzelfall sei. Seltsam ist nur, dass es keine hinreichenden Zahlen über den Einsatz von Leiharbeitern im Einzelhandel gibt. (…)

Und in „Gericht begrenzt Expansionsdrang der Discounter“ wird darüber berichtet, dass der Widerstand gegen diese Entwicklung auch von politischer und juristischer Seite zumindest sporadisch vorhanden ist:

(…) In Köln befindet sich rund 500 Meter vom anvisierten Standort entfernt eine Ansammlung von Geschäften und Dienstleistern, die bisher die Versorgung der Anwohner sicherten. Die Stadt befürchtete den Niedergang des gesamten Nahversorgungsbereiches, wenn der Discounter mit knapp 700 Quadratmeter Fläche dazukäme. Das Bundesverwaltungsgericht bestätigte diese Auffassung. (…)

Apropos Überwachung – die neuen Internetdienste wie Facebook erweisen sich ja als grandiose Datensammler. Nicht nur das, was die User bereitwillig in Massen von sich preisgeben, kursiert durchs Netz, nein, Facebook weiß noch viel mehr von unsereins, selbst wenn man gar keinen Facebook-Account hat. Die FAZ schreibt in „Soziale Netzwerke: Facebook weiß alles über uns“:

Wer Facebook nutzt, schenkt dem Unternehmen hinter dem sozialen Netzwerk viele private Informationen über sich. Und wer es nicht nutzt, behält seine Informationen für sich – könnte man meinen. Dass die Realität inzwischen anders aussieht, belegen immer mehr Erfahrungsberichte von Nichtmitgliedern, die sich von Facebook seltsam durchleuchtet fühlen. (…)

(…) Hendrik Speck, Professor für Digitale Medien an der FH Kaiserslautern, findet das sehr problematisch, aber ganz und gar nicht überraschend. „Facebook hat sich darauf spezialisiert, solche Verknüpfungen auszuwerten“, sagt er. Dabei mache es sich die Naivität und Faulheit derjenigen zunutze, die nur die Vorteile allumfassender Synchronisierung sähen. Gerade die „weichen Faktoren“, über die sich die Menschen definierten – wie Vorlieben und Kontakte –, seien für Facebook bares Geld wert und würden mit Hilfe von Algorithmen eingesammelt, „egal, ob der Betroffene seine Einwilligung gibt oder nicht“. Daraus macht Facebook-Gründer Mark Zuckerberg kein Geheimnis: Erst im Januar sagte er in einem Interview, Privatsphäre sei nicht mehr zeitgemäß. Mit deutschen Datenschutzgesetzen kann man dem kaum beikommen – für das amerikanische Unternehmen Facebook gelten sie nicht. (…)

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© asifthebes, stock.xchng

Der wohl wichtigste und tiefgreifendste Artikel wird diese Woche von Egon W. Kreutzer in seinem neuesten Paukenschlag geliefert – er analysiert die derzeitige Situation der Gesellschaft in Deutschland und stellt die Frage „Zwischen Schmerzgrenze und Hemmschwelle: Wann stehen die Deutschen auf?“. Kreutzer entwirft – basierend auf Naomi Kleins Schock-Strategien, drei mögliche Szenarien für die zukünftige Entwicklung im Land, die allesamt nicht übermäßig rosig, zum Teil auch sehr gefährlich klingen. Unbedingt lesen, auch die dazugehörige Diskussion!

(…) Die organisatorische Basis, die eine Revolte braucht, um wirkungsvoll und erfolgreich agieren zu können, ist also bundesweit nicht vorhanden.

Doch ist anzunehmen, dass sie bereits im Entstehen ist.

Wir werden, so meine Prognose, mit der Zunahme des Drucks im Kessel eine Entwicklung erleben, die auch in Deutschland nach dem Vorbildern in Nordirland, im Baskenland, in Kurdistan und Palästina, ein Zwitterwesen – halb offizielle Partei, halb Kampftruppe im Untergrund – hervorbringt, das sich – anders als die “Alten Kameraden”, ohne Rassismus, ohne Führerkult, ohne jede Anlehnung an das Dritte Reich, offen – und in verdeckten Aktionen – für die Wahrnehmung nationaler Interessen gegen die Übermacht der Global Player und für den Wiederaufbau des Sozialstaats einsetzen wird.

Massive Unterstützung aus der breiten Masse der Bevölkerung wird es dann geben, wenn die Kaufkraft der Hartz-IV-Empfänger nicht mehr ausreicht, um das Körpergewicht zu halten – und sich – neben den rund 10 Millionen Menschen, die heute schon zum Prekariat gezählt werden müssen, weitere 10 bis 15 Millionen in wirtschaftlichen Verhältnissen wiederfinden, die trotz fleißiger Arbeit kein menschenwürdiges Leben mehr ermöglichen.

Wenn die Bundesregierung dabei bleibt, die vollkommen unsinnige, neu ins Grundgesetz geschriebene Schuldenbremse und die EU-Vorgaben zur Neuverschuldung einzuhalten, ohne gleichzeitig die Steuern auf Kapitaleinkünfte und Vermögen und den Spitzensatz der Einkommensteuer massiv zu erhöhen, wofür es derzeit keinerlei Anzeichen gibt, wird dieser Zustand 2012 zwangsläufig erreicht und 2013 zu gewalttätigen Auseinandersetzung in ganz Deutschland führen.

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