Dez
03
2010
2

Reverend Billy & The Church of Life After Shopping

Shopping. Ist es nicht der eigentliche Sinn des Lebens, macht es nicht mehr Spaß als alles andere, ist es nicht viel wichtiger als all die anderen langweiligen Aspekte des Daseins? Nein. Allerdings muss man schon den Eindruck bekommen, das Shoppen die vorrangigste Aufgabe des Konsumbürgers, wenn man in den Medien unisono die als Jubelmeldung verbreite frohe Kunde hört, dass „das Konsumklima“ wieder freundlicher geworden sei und alles bergauf gehe, weil die Leute wieder konsumieren, als hätte es nie eine Finanzkrise gegeben (und als könnte sich die Menschheit die Planeten, die sie für die Ressourcen ihres Expansionswahns benötigt, ebenfalls in der Mall um die Ecke kaufen).

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Nov
09
2010
5

Shopdropping – Subversive Konsumunterwanderung


Es wird mal wieder Zeit für ein paar subversive Strategien gegen den Konsum- und Marketingterror der heutigen Zeit. Wer sich als Culture Jammer oder Adbuster die Frage stellt, wie er seine Botschaften so platzieren kann, dass sie auch gesehen/gelesen werden, wird sicherlich früher oder später einmal über den Begriff des Shopdropping (oder auch Droplifting) gestolpert sein. An der begrifflichen Nähe zum Shoplifting (Ladendiebstahl) kann man erkennen, dass es sich um ein ähnliches Prinzip handelt – nur genau umgekehrt! Statt also widerrechtlich etwas aus einem Geschäft zu entwenden, lässt man etwas im Laden zurück. Selbstgebasteltes, Produkte mit anderen Aufdrucken und Aussagen als die, die man von den Konzernen sonst kennt, Dinge mit aufklärerischem oder verwirrendem Charakter. In den USA ist diese Form des Ausnutzens der Konsumkanäle zum Umdrehen der Unternehmenskommunikation schon seit längerem ein heimlicher „Sport“, der auch in diversen YouTube-Videos dokumentiert wird und zu dem es sogar eigene Website-Projekte gibt.

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Okt
29
2010
6

Chevrons neue Anzeigenkampagne von den Yes Men erfolgreich konterkariert

Als einer der großen Ölkonzerne gehört Chevron natürlich, wie Shell, Exxon und die anderen, zu den Firmen, die durch ihr wirtschaftliches Treiben besonders viel Schaden anrichten in der Welt. Und wie so viele andere Firmen, deren Geschäftsprinzip in der Umweltzerstörung besteht, versucht nun natürlich auch Chevron, sich mit Hilfe von Marketing und Reklame ein grüneres Image zu verschaffen. Dieses Greenwashing ist bereits bei BP grandios gescheitert, wie wir alle wissen. Chevron hat jedenfalls in den USA eine Millionen-Dollar-teure Kampagne gestartet, in der sie eine Mischung aus Street Art und Pseudo-Aktivismus an den Tag legen und den Menschen suggerieren wollen, dass sich das Unternehmen um die Belange der Menschen kümmert. Ein so jämmerlicher Versuch zieht selbstverständlich den Unmut der amerikanischen Culture Jammer-Gruppe The Yes Men auf sich, und so haben die Jungs die Chevron-Kampagne Anfang der Woche ein wenig umgedichtet und mit gefälschten Pressemitteilungen für viel Wirbel in den Medien gesorgt. Die Parodie auf Chevron findet Ihr übrigens auf dieser Website hier. Der Blog der Yes Men schildert in „Activisits derail massive Chevron Ad-campaign, spark media vaudeville“, wie alles vor sich ging – ich übersetze Euch den Text mal eben:

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Okt
21
2010
2

Adbusters Woche der Rebellion – Briefings #4 bis #6

So, nachdem ich letzten Freitag schon über die vom Adbusters Magazin geplante „Week of Carnivalesque Rebellion“ vom 22.–28. November berichtet habe (HIER), folgen heute wie versprochen die von mir übersetzten Briefings #4 bis #6, in denen es um weitere Details und Vorbereitungen für die große weltumspannende Culture Jamming-Aktion geht.

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Okt
15
2010
7

Adbusters ruft auf zu einer „week of Carnivalesque Rebellion“ im November

Das kanadische (Internet-)Magazin Adbusters, das als eine zentrale Anlaufstelle für Culture Jammer und Adbuster dient und von Kalle Lasn, einem der Vordenker der „Bewegung“ mitgegründet wurde, ruft immer wieder Aktionen ins Leben, die sich gegen den Konsumismus unserer Tage wenden. So gibt es z.B. einmal im Jahr den (inzwischen in vielen Ländern der Welt initiierten) Buy Nothing Day, es gibt die TV-Turnoff- und Digital-Detox-Week, die die Menschen zum Überdenken ihrer Konsumgewohnheiten bewegen sollen. Dieses Jahr haben die Macher noch Größeres vor – sie wollen eine „Woche der karnevalartigen Rebellion“ starten, um dem Konsumkapitalismus ein Schnippchen zu schlagen. Ich übersetze Euch an dieser Stelle den (etwas vollmundigen bis größenwahnsinnigen) Einleitungstext sowie den Anfangsaufruf, der vor einer Weile veröffentlicht wurde – „Tactical Briefing #1“:

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Okt
04
2010
--

Lesetipps: Yes Men / Qualität / Umsonst-Ökonomie

In meinen Lesetipps stelle ich ja zuweilen Artikel vor, die manchmal nur Randgebiete der Blogthemen berühren oder kleine Schlaglichter auf Entwicklungen um uns herum werfen. Die heutigen drei Netzfundstücke treffen jedoch allesamt voll ins Schwarze. In Der Freitag findet sich mit „Es ist harte Arbeit“ ein Interview mit Mike Bonanno, einem der Yes Men, den wohl bekanntesten Culture Jammern unserer Tage. Nicht zuletzt angesichts der vielen schönen Adbusts, die in den letzten Tagen so bei uns „auf den Markt“ kamen, und der generellen unzufriedenen Stimmung im Land, kommen seine „sieben goldenen Regeln für den politischen Aktivismus“ genau richtig:

(…) Kurz zuvor ist er in Berlin gelandet, wo er bei der Ausstellung „Zur Nachahmung empfohlen. Expeditionen in Ästhetik und Nachhaltigkeit“ (Uferhallen Berlin, bis 10. Oktober) den Film der Yes Men vorstellt. Aber was sind schon Äußerlichkeiten? Als Igor Vamos lehrt er an einer New Yorker Universität. Bekannt sind er (als Mike Bonanno) und sein Kollege Jacques Servin (als Andy Bichlbaum) vor allem als Kommunikationsguerilleros, die im Managerkostüm all das deutlich sagen, was sonst hinter gestelzten Shareholdervalue-Phrasen versteckt ist. (…)

(…) Ihr Kollege Bichlbaum trat einmal vor Managern bei einer Konferenz in einem goldenen Catsuit auf, nannte Mahatma Gandhi den schlimmsten Protektionisten der Geschichte und bekam am Ende lebhaften Applaus. Wie sicher sind Sie, dass viele Leute sich nicht nur Comedy anschauen wollen, wenn sie einen Film der Yes Men sehen?

Wir versuchen natürlich das Risiko zu minimieren, nutzlos zu werden. Wenn die Leute in ihrem Ohrensessel sitzen, können sie sich hinterher trotzdem immer noch entscheiden, ob sie nicht vielleicht doch aktiv werden wollen. Wir arbeiten wie PR-Agenturen. Die schmeißen Millionen raus, um Zahnpasta in die Nachrichten zu kriegen, und sie tun das, weil sie herausgefunden haben, dass es funktioniert. Werbung wirkt – das nervt mich, aber so ist es. Und wir sagen, okay, dann muss dasselbe Prinzip auch bei uns funktionieren. Es ist aber, so sehen wir es, weniger Gehirnwäsche als der Versuch, Gehirnwäsche rückgängig zu machen. (…)

Im Wirtschaftsmagazin brand eins macht sich Wolf Lotter in seinem Leitartikel „Die Geprellten“ Gedanken über die Bedeutung des Wertes Qualität in unserem Wirtschaftssystem. Auch wenn einiges von dem, was er dort schreibt, mehr die konkreten Abläufe in einzelnen Unternehmen betrifft, so bezieht er doch auch zu einigen grundlegenden Fehlentwicklungen bei Kunden und Konsumenten Stellung (Stichwort Billigwahn / Discounter), die gut in meinen Blog passen:

(…) Wenn beispielsweise ein Bäcker seine Brötchen mit schlechtem Mehl und zu viel Wasser buk, also jene Qualität bot, die heute an jeder Straßenecke in sogenannten Backshops zu haben ist, dann wurde die Sache relativ schnell ernst. Wie ernst, kann man etwa im schönen Mühlenmuseum im niedersächsischen Gifhorn besichtigen. Hier sehen wir eine Vorrichtung, die aus einer etwa fünf Meter langen Wippe besteht, an der ein Holzkäfig baumelt, den man “Schupfe” oder “Prelle” nennt. In diesen Korb wurden Bäcker gesteckt, die behaupteten, eine gute Qualität zu liefern, tatsächlich aber ihre Kunden mit minderwertigem Kram prellten. Die Kundschaft versammelte sich, der Bäcker kam in die Prelle, wurde mehrmals hintereinander – wie beim Kielholen – in den Brunnen gesteckt, mit Steinen beworfen und lauthals beschimpft. (…)

(…) Heute sind weite Teile der Bevölkerung mit der Produktion und Inverkehrbringung von Ramsch und miesem Service beschäftigt. Das mittelalterliche Rechtsmittel ist sozusagen wegen Überlastung ausgeschöpft. Denn wenn alle geprellt würden, die es verdienen – die Körbe wären voll bis zum Horizont, gefüllt auch mit jenen, die miese Qualität kaufen und damit den ganzen Pfusch erst ermöglichen. Die gesamte Geiz-ist-geil-Gesellschaft gehört in die Bäckerprelle. (…)

(…) Geiz ist der natürliche Feind der Qualität. Wer nichts zahlen will, kriegt auch nichts. So machen sich viele Kunden selbst zu Geprellten. (…)

Apropos Ökonomie – um ein WIRKLICH anderes Wirtschaften als nur ein Qualitätsverbessern geht es Birgit Gärtner in „Umsonst-Ökonomie gegen den Konsumterror“. Statt merktgerechter Zurichtung aller Lebensbereiche dient die Ökonomie hier wieder der Bedürfniserfüllung und nicht der Gewinnmaximierung:

(…)

Hinter dem Konzept der Umsonst-Ökonomie steckt indes mehr als eine simple Tauschbörse: Es geht um Kapitalismuskritik – und mehr als das, um die Idee einer Ökonomie ohne zwanghafte Steigerung des Bruttosozialprodukts, Profitmaximierung und damit verbundenen Konsumzwang, sondern ausgerichtet an den Bedürfnissen der Menschen, kurzum: die praktische Entwicklung der Utopie einer herrschaftsfreien Gesellschaft.

Zum fünften Mal trafen sich in der vergangenen Woche in Bremen die Aktivistinnen und Aktivisten aus dem Bereich der Umsonst-Ökonomie der gesamten Bundesrepublik und Österreich zum Vernetzungstreffen “Gib und Nimm”, um Erfahrungen und Ideen auszutauschen, alternative Wirtschaftsmodelle zu diskutieren, Utopien zu spinnen, zu klönen und zu feiern. (…)

Laut dem französischen Soziaphilosophen André Gorz beruht der Kapitalismus auf ständig wachsendem Konsum. Anders könnten wirtschaftliche Gewinne immer weniger realisiert werden. Immer neue Wachstumsfelder müssten gefunden werden. Werbe- und Marketingexperten sorgten dafür, dass die Nachfrage mittels psychologischer Techniken gesteigert werde. Das Bewusstsein der Konsumenten werde so bearbeitet, dass ständig neue Bedürfnisse und Wünsche geweckt würden. (…)

Pjotr Alexejewitsch Kropotkin war ein russischer Anarcho-Kommunist, dessen wichtigstes theoretisches Werk “Gegenseitige Hilfe in der Tier- und Menschenwelt” als eine Gegenthese zum Sozialdarwinismus zu verstehen ist. Er versuchte zu zeigen, dass die Kooperation die erfolgreichste Strategie in der Evolution ist. Im Gegensatz zu Marx beschäftigte er sich auch mit zwischenmenschlichen Beziehungen und ging davon aus, dass Gewalt- und Herrschaftsverzicht nur auf einem tragfähigen ethischen Fundament möglich ist. (…)

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Sep
08
2010
1

Billboard Liberation Front Manifest

Die Billboard Liberation Front gehört mit zu den „Urvätern“ des Adbusting und kämpft bereits seit zwei Jahrzehnten in den USA gegen das Überhandnehmen von Reklame und Kommerzbotschaften im öffentlichen Raum, primär gegen Plakatwände. Dabei nimmt sie sich das Recht heraus, auf die sonst nur einseitig funktionierenden Werbebotschaften der Konzerne zu antworten und die Wahrheiten hinter den schillernden Marketingfassaden bloß zu legen. Auf ihrer Website, die so angelegt ist, als wäre sie eine Marketingfirma und würde für Firmen „Werbeverbesserungen“ anbieten, zählt sie McDonald’s oder Phillip Morris zu ihren „Kunden“, für die sie entsprechend tätig war. Zum Beispiel dies hier (Vorher/Nachher-Bilder):

Interessant finde ich dabei auch ihr „Manifest“, in dem sie (in zum Teil sehr sarkastischer Art und Weise) Stellung beziehen zum Kommerzwahn unserer Zeit. Ich übersetze es hier mal eben:

————

Das BLF Manifest

Am Anfang war die Werbung. Und die Werbung wurde dem Konsumenten durch den Werbetreibenden gebracht. Wünsche, Selbstbild, Ambitionen, Hoffnung; all dies findet ihren Ursprung in der Werbung. Durch die Werbung und die Absichten der Anbieter formen wir unsere Ideen und lernen die Mythen, die uns zu dem machen, was wir als Menschen sind. Dass diese Methode alle früheren Formen von Selbst-Definition ersetzt hat, steht außer Frage. Es ist klar, dass die Werbung heutzutage die angesehenste Position in unserer Kosmologie inne hat.

  • Werbung überzieht alle Ecken unseres Wachlebens; es durchdringt unser Bewusstsein dermaßen, dass sogar unsere Träume oft ununterscheidbar von einer schnellen Abfolge von TV-Werbespots sind.
  • Verschiedene Arten von Medien dienen der Reklame als primäre Kanäle zu den Menschen. Komplett neue Medien wurden erfunden, nur um den Prozess der Vermittlung von Werbung zu erleichtern.
  • Altmodische Auffassungen, dass Kunst, Wissenschaft und Spiritualität die höchsten Errungenschaften und die edelsten Ziele des menschlichen Geistes seien wurden an den kristallinen Stränden des Aufkaufs/der Übernahme ausgemerzt; der heiligen Jagd nach Konsumgütern. Alle alten Formen und Philosophien wurden clever vereinnahmt und zurückgegeben in Form von Marketingstrategien und Konsumentenkampagnen durch die neuen Schamanen, die Werbeschaffenden.
  • Spiritualität, Literatur und die phyisikalischen Künste Malerei, Skulptur, Musik und Tanz werden im Großen und Ganzen in der gleichen Art produziert, verpackt und konsumiert wie ein neues Auto. Produktinhalte, diktiert durch Trends und Hipness, haben eine eingebaute Halbwertszeit, die dem Produzentenkalender entspricht, um durch neue Modelle ersetzt zu werden.
  • Product Placement in Film und Fernsehen haben die Handlung, die Entwicklung der Charaktere und andere veraltete Strategien in punkto Bedeutung in der Tagesordnung der Filmemacher ersetzt. Die Regisseure, die die größten Budgets unter sich haben, haben ihre Erfahrungen häufig im Bereich von TV-Reklame und Musikvideos gemacht.
  • Künstler werden danach beurteilt und belohnt, wie ihre Position in der fortwährenden Kommodifizierung von Kunstobjekten aussieht. Sich vor Moden und den Launen der Galeriekultur verneigend, versuchen diese Künstler verspielte Sammlerstücke oder „Jahrgangs“-Objekte zu schaffen, die erfolgreich den Sammlermarkt bedienen. Die erfolgreichsten Künstler sind jene, die ihre Kunst am erfolgreichsten verkaufen können. Mit zunehmender Häufigkeit lernen sie von den Werbeschaffenden; sie brauchen nicht länger fälschlicherweise die Unterscheidung zwischen „feiner“ und „kommerzieller“ Kunst aufrechtzuerhalten.
  • Und so sehen wir, dass die Werbung unsere Welt definiert, indem sie sowohl den Fokus auf das „Image“ wie auch die Kultur des Konsums richtet, die schlussendlich alle Individuen anzieht und inspriert, begierig darauf, mit ihren Mitmenschen in tiefsinniger Weise zu kommunizieren. Es ist klar, dass Er, der die Werbung kontrolliert, mit der Stimme unserer Epoche (dem Zeitgeist) spricht.
  • Du kannst Fernsehen, Computer und Radio ausschalten/zerschlagen/abschießen/zerhacken oder in anderer Form vermeiden. Du wirst nicht dazu gezwungen, Zeitschriften zu kaufen oder Zeitungen zu abonnieren. Du kannst deinen Rottweiler auf Vertreter abrichten. Von all den Arten von Medien, die benutzt werden, um Reklame zu verbreiten, gibt es nur eine, der man nur als Bettlägeriger oder Menschenfeind entfliehen kann. Wir sprechen natürlich von Werbeplakatwänden (billboards). Zusammen mit seinen kleineren Cousins, Werbepostern und Aufklebern/Grafiken, ist die Werbeplakatwand omnipräsent und niemand, der durch unsere Welt geht, kann ihr entfliehen. Jeder kennt die Werbeplakatwand; sie ist in jedermanns Bewusstsein.
  • Aus diesen Gründen setzt die Billboard Liberation Front jetzt und für alle Zeit fest, dass zu Werben bedeutet, zu Existieren. Zu Existieren heißt zu Werben. Unser äußerstes Ziel ist nichts anderes, als eine persönliche und eigene Werbeplaktwand für jeden Bürger. Bis zu dem glorreichen Tag der globalen Kommunikation, an dem jeder Mann, jede Frau und jedes Kind der Welt in 100 Punkt Schriftgröße von seinem Dach aus zuschreien oder zusingen kann; bis zu diesem Tag werden wir fortfahren, alles in unserer Macht stehende zu tun, um die Massen darin zu ermutigen, alle möglichen Mittel auszuschöpfen, die vorhandenen Medien zu requirieren und sie nach ihren eigenem Gusto zu verändern.
  • Jedes Mal, wenn du eine Werbebotschaft in deinem Kopf änderst, wenn du auf eine Plakatwand kletterst und physisch die originale Botschaft und Grafik verwandelst, jedes Mal, wenn du den Slogan abänderst, gelangst du in den Stand der Hohepriesterschaft der Werber.

Jack Napier
John Thomas

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Sep
01
2010
1

Surftipp: Packard Jennings’ Pocket Survival Guide und weitere Ideen für Aktivisten

Der amerikanische Künstler Packard Jennings zeigt auf seiner Website Centennial Society, wie vielfältig und sowohl amüsant wie auch subversiv Widerstand gegen den alltäglichen Konsumwahn sein kann. Er präsentiert dem verblüfften Leser eine ganze Reihe seiner Aktionen, mit denen er vor gut 15 Jahren begann und mit denen er nach wie vor Zeichen setzt gegen ein aus Reklame und kaufbaren Werten bestehendes medial vermitteltes Gesellschaftsbild. Aus der Fülle seiner in der Regel von ihm selbst illustrierten und durchgeführten Culture-Jamming.Aktionen möchte ich nur eine Handvoll ehrausgereifen – es lohnt sich aber auf jeden Fall, sich auch die anderen anzuschauen. Vielleicht animieren sie den einen oder anderen ja, ebenfalls entsprechend tätig zu werden. Zwar sind diverse der von Jennigs zur Verfügung gestellten Aktivisten-Materialien schon auf den amerikanischen Markt abgestimmt und zum Teil im Grenzbereich von Kunst und Aktivismus, aber als Anregung taugen sie allemal!

Ein paar Aktionen möchte ich hier schlaglichtartig herausgreifen. Z.B. den liebevoll gestalteten Pocket Survival Guide, der zeigt, wie man mit den ganzen Plastikverpackungen den Klimaschäden, den die Produktion dieser Verpackungen auslösen, entkommen kann. Etwas zum Verwirren der Betrachter und so ganz ohne Text vielleicht nicht für jeden nachvollziehbar… Dazu gibt es auch ein nettes Video, in dem wir erfahren, wie man den Guide bastelt und dann an die passenden Produkte im Supermarkt klebt.

Noch anarchistischer ist das „Business Reply Pamphlet“ – dieses soll man in die vor allem in den USA massenhaft versendeten „Porto bezahlt Empfänger“-Rückumschläge packen und an die entsprechenden werbenden Firmen zurücksenden. Das Pamphlet ist eine Anleitung zum Umsturz und zur Auflehnung gegen die (in diesen Firmen) herrschenden Zustände. Überzeichnet radikal aber wirklich unterhaltsam. Für heimische Zwecke könnte man sich sicherlich überlegen, irgendwelche anderen passenden Botschaften, Hinweise zu aufklärenden Websites (wie Konsumpf ;-) oder ähnliches in solche Umschläge zu tun und wegzuschicken.

Geradezu klassisch (im Sinne des Culture Jammings) sind Jennings’ „Überarbeitungen“ von Plakatwänden zu bezeichnen („Billboard Alterations“) – Adbusting, wie es sein soll:


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Aug
11
2010
10

Street Art-Skulpturen – Die neue Stadt-Guerilla

Adbusting und Culture Jamming sind ja Methoden, wie der einzelne in den von kommerziellen oder stadtplanerischen Interessen besetzten öffentlichen Raum eingreifen kann, um ganz im Sinne der Situationisten eine Deautomatisierung des Sehens und ein Aufbrechen gewohnter Muster zu bewirken (um es mal geschwollen auszudrücken ;-). Dabei ist Street Art immer an der Grenze zwischen dem rein künstlerischen Aspekt und auch durchaus beabsichtigter Kritik an Firmen, Zuständen oder allgemeiner alltäglicher Abstumpfung. Vor einiger Zeit brachte das Art-Magazin einen netten Artikel über „Street Art-Skulpturen – Die neue Stadtguerilla“, bei dem vor allem die üppige Bilderstrecke lohnenswert ist, da sie viele gelungene Beispiele origineller und ungewöhnlicher Eingriffe in den öffentlichen Raum der Städte zeigt:

Illegale Skulpturen und Interventionen im öffentlichen Raum sind der neueste Streich der Postgraffiti-Generation. Street Art verwandelt die Stadt in einen Abenteuerspielplatz der Kunst. […]

[…] Kultur entsteht durch Spiel – den Spaß daran und durch die daraus entstehende Spannung. “Der Mensch ist nur da ganz Mensch, wo er spielt”, schrieb Friedrich Schiller einst. Und der niederländische Kulturhistoriker Johan Huizinga präg­te den Begriff “Homo ludens”, den spielenden Mensch, der für die Street-Art-Künst­ler so beschreibend ist. Die Straße wird zur Leinwand, die Stadt zum Abenteuerspielplatz. Zweck­ge­bundene Stadtmöbel werden zweck­entfremdet. Jede Bushaltestelle, jede Sitzbank, jeder Pflas­terstein ist ein nächstes, potenziel­les Kunstwerk. Und die Künstler spielen mit dem Stadtraum, den Bewohnern und der Geschichte der künstlerischen Avantgarde. Ein Schuss Spontaneität der Situationisten, ein paar choreografische Fluxus-Elemente, ein bisschen Land Art, eine Dosis Dada-Absurdität, verquirlt mit Ready-Mades und Minimalismus – und fertig ist die Street-Art-Skulptur. Aber man muss diese Bezüge auch nicht erkennen, um Street Art zu verstehen. “Street Art versteckt sich nicht in Museen. Sie funktioniert in unserem alltäglichen Le­bensraum, ist Kunst für die Masse, und kann trotzdem intellektuell und konzeptionell sein”, sagt Brad Downey. “Street Art ist wie Baudrillard in Disneyland.”

Brad Downey: "La Somme de L'Oxygéne Dans une Cabine Téléphonique", 2008 (Courtesy Reinkingprojekte)

Harmen de Hoop: "Damen/Herren", Berlin, 1993

Slinkachu: "Stubbed out", 2006

(Ansonsten ist natürlich immer ein Besuch bei rebelart zu empfehlen, um noch mehr (subversive) Streetart zu sehen.)

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Mai
21
2010
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Buchbesprechung: Andreas Völlinger „Im Zeichen des Marktes“

voellinger-im-zeichen-des-marktesNach all den Büchern, die sich mit den mehr praktischen Aspekten des Culture Jamming und der Konsumkritik beschäftigen, stieß ich vor einigen Wochen zu meiner Freude auf ein theoretisch ausgerichtetes Werk, das diese Widerstandsform und die kritische Auseinandersetzung mit dem Konsumkapitalismus (so nennt der Autor unser System konsequent im gesamten Buch) von (kommuniktions)wissenschaftlicher Seite her beleuchtet. Andreas Völlingers „Im Zeichen des Marktes. Culture Jamming, Kommunikationsguerilla und subkultureller Protest gegen die Logo-Welt der Konsumgesellschaft“ gelingt es dabei, die Grundlagen des sog. „semiotischen Widerstands“ gegen die herrschende Logo- und Zeichenflut, die uns durch die Kozerne via Marketing, Werbung und Medien aufgezwungen wird, gekonnt darzulegen als auch über verschiedene Formen subkulturellen Widerstands (wie Skateboarding, Graffitti und Adbusting) zu referieren.

Auch wer sich schon intensiv mit der gesamten Thematik befasst und z.B. die Bücher von Kalle Lasn oder Naomi Klein gelesen hat, wird hier noch einiges Neues entdecken, zumal der Reiz dieser Untersuchung des Autors sicherlich darin liegt, dass er einen weiten Bogen von postmodernen / poststrukturalistischen Theorien von Eco, Debord, Barthes oder Bourdieu, wie sie manch Studenten in der Uni begegnen, hin zu den praktischen und konkreten Aspekten (The Yes Men, Subvertising) schlägt. Dies geschieht alles auch mit einer eindeutigen Sympathie für die Absichten von Culture Jammern und anderen Gruppen, die sich gegen die Durchkommerzialisierung des Alltags stemmen (wie vor allem im persönlich geprägten Ausblick am Ende des Buches deutlich wird). Auf knapp 150 Seiten wird ein umfassender und dennoch recht kompakter Überblick gegeben, wie breit die Ideen des „zeichenhaften Widerstands“ in der Gesellschaft bereits gestreut sind und in welch unterschiedlichen Ausprägungen sie vorkommen können und wo die Grenzen und Risiken liegen. Der Autor zeigt auch, wie weit Konzerne mit ihren Symbolen und Logos in unserem Alltag hereinreichen und dass öffentliche Räume (und damit das gesellschaftliche Miteinander) immer stärker gefährdet sind, zu reinen Konsumräumen zu werden.

Die wissenschaftlich gehaltene Sprache und die vielen Literaturangaben und Querverweise mögen dabei vielleicht den einen oder anderen Aktivisten erst einmal abschrecken – sollten sie aber nicht! Eine wahre Fundgrube stellt nämlich die umfangreiche Literaturliste im Anhang dar, die auch für mich noch viele bis dato unbekannte Internet-Quellen und auch Leseanregungen bereit hält – davon werden alle Leser meines Blogs in der Zukunft sicher noch profitieren. :-)

Mein Fazit: ein spannendes Buch, das eher für Fortgeschrittene gedacht ist bzw. für Menschen, die sich Themen lieber wissenschaftlich-theoretisch nähern. Von daher ist Völlingers Werk natürlich kein Ersatz für „Aufrüttler“ wie Lasns „Culture Jamming“ oder „Das Schwarzbuch Markenfirmen“, sondern eine gute ergänzende Lektüre, die einige neue Facetten der Bewegung aufzeigt und Culture Jamming und Adbusting auch im wissenschaftlichen Diskurs verstärkt ankommen lässt. Ein Angriff auf die Deutungshoheit der Zeichen, die bisher bei den Konzernen und ihren Medien liegt, muss meiner Meinung nach sowieso von den verschiedensten Seiten aus erfolgen, wenn eine Schwächung Aussicht auf Erfolg haben soll, um ein kritischeres Bewusstsein bei den Menschen für die sie umgebenden Botschaften zu wecken und zu schärfen.

Während die Mitglieder einer subkulturellen Gemeinschaft durch semiotischen WIderstand hauptsächlich Abgrenzung betreiben, kann Culture Jamming als Mittel der Kontaktaufnahme dienen, um gerade dort anzusetzen, wo herkömmliche Argumentation gegen das herrschende System versagt:

„Wo Aufklärung nicht ankommt, kann Kommunikationsguerilla die wirksamere Taktik sein, wo es eine aufnahmebereite Zielgruppe oder gesellschaftlichen Druck gibt, ist Aufklärung und Information angesagt, und oft greifen beide ineinander.“ (autonoma a.f.r.i.k.a. gruppe)

Aus dieser Warte bietet Culture Jamming eine Möglichkeit, Gesellschaftskritik auch zu jenen Menschen zu tragen, die sich dieser verweigern – Debord würde hier wohl argumentieren, dass sie der vom konsumkapitalistischen Spektakel erzeugten Passivität erlegen sind – und möglicherweise auch bei ihnen einen Denk- und vielleicht sogar Umdenkprozess anzuregen.

Dieser Aus- und Ansicht des Autors schließe ich mich gerne an.

Andreas Völlinger „Im Zeichen des Marktes. Culture Jamming, Kommunikationsguerilla und subkultureller Protest gegen die Logo-Welt der Konsumgesellschaft“, Tectum Verlag 2010, 148 S., 24.90 €

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