Apr
13
2009
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Adbusters erringt juristischen Sieg in Kanada

bild-4Bei ihrem Kampf für Mediendemokratie und ein Aufbrechen der verkrusteten Strukturen (Quasi-Monopole) auf dem Mediensektor hat das kanadische Adbusters-Magazin einen wichtigen juristischen Teilerfolg für sich verbuchen können. Hintergrund ist die Absicht von Adbusters, konsumkritische bzw. auf soziale Anliegen aufmerksam machende Werbespots auf verschiedenen großen Fernsehsendern platzieren zu können, die jedoch bislang von den Medienkonglomeraten abgelehnt wurden, wogegen Adbusters vor Gericht zu ziehen versucht. Die Vorstellung von einem Fernsehprogramm, in dem tatsächlich auch alternative Stimmen mit Meinungen & Ansichten außerhalb des telemedialen Mainstreams zu sehen sind, erscheint einem derzeit fürwahr recht utopisch… Hier der von mir übersetzte Wortlaut der aktuellen Pressemitteilung zu diesem Fall:

Adbusters erringt juristischen Sieg gegen Kanadas Mediengiganten – juristische Schritte in den USA können die nächste Stufe sein

Nach 15 Jahren rechtlicher Rangeleien im Versuch, Demokratie in die öffentlichen Sendeanstalten zu bringen, hat Adbusters endlich einen großen Sieg errungen. Der oberste Gerichtshof von British Columbia hat uns einen Einspruch gewährt in unserem Meilensteinfall gegen Kanadas CBS und Canwest Global und uns damit das Okay gegeben, einen Präzedenzfall zu setzen und einige öffentliche Rechte an den Sendefrequenzen zu verlangen (hier kann das Urteil des Gerichts nachgelesen werden).

Menschen verbringen heutzutage beispiellose 8.5 Stunden pro Tag vor Bildschirmen, und trotz des Einflusses neuer Bildschirmformate – Handys, Computer, Kindle (ein ebook-Lesegerät) – dominiert Fernsehen nach wie vor. Es ist das mächtigste Kommunikationsmedium unserer Tage. Und es ist ein Ort, an dem vor allem kommerzielle Gesetze herrschen und abweichende Stimmen zensiert/ausgeblendet werden. Adbusters Versuche, Sendezeit für ihre auf soziale Anliegen abzielenden Clips bei den großen kommerziellen Stationen zu kaufen, wurden all die Jahre immer wieder abgeschmettert.

Der Äther ist öffentliches Eigentum – genauso wie Bürgersteige oder Parks. Sie sind öffentlicher Raum, in dem die Redefreiheit bewahrt werden muss. Dies ist eine inspirierende Vorstellung für Medienaktivisten und könnte den Weg für weitere juristische Siege ebnen – nicht nur für Fernsehfrequenzen, sondern auch im Cyberspace.

Wenig überraschender Weise hat keine von Canwests 13 Zeitungen oder 23 Fernsehkanälen über den Spruch des Obersten Gerichtshofs berichtet. Die Stille war ohrenbetäubend. Kanadier sollten sich immer bewusst darüber sein, dass das größte Medienkonglomerat unseres Landes die Nachrichten nach eigenem Gusto zensiert.

Diese Sender brachten hingegen Beiträge zu dieser Geschichte: CBC Radio, the Globe and Mail, the Georgia Straight und the Tyee.

CBS, NBC, ABC, FOX, MTV und the Food Channel haben es in den vergangenen 15 Jahren ebenfalls immer wieder abgelehnt, uns Sendezeit zu verkaufen, und deshalb möchten wir einen Prozess für Redefreit in den USA führen. Wenn Sie amerikanische Anwälte kennen, die uns in diesem Fall unterstützen würden, schicken Sie mir eine E-Mail an kono@adbusters.org.

Am Ende wird eine ganze Reihe von Prozessen auf der ganzen Welt stehen, die das halbe Dutzend an Medien-Megakonzernen, die den Großteil der Nachrichten und Unterhaltung, die um den Planeten schwirrt, kontrollieren, dazu zwingen werden, einen Teil dieser Kontrolle wieder an die Bürger zurückzugeben.

Dies ist einer der Adbusters-Spots, um die es speziell ging – gedreht für den Buy Nothing Day 2007:

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Mrz
06
2009
4

Brand spangled Banner

Zur Auflockerung in diesen unsicheren Zeiten ein paar Adbusting- und Adbusters-Videos, getreu dem Motto: „Das Unglück muss zurückgeschlagen werden“ bzw. „No Logo!“.

„Brand spangled Banner“

„Mastercard’s Priceless Adbust“

„WalMart Uncommercial“

„Logo Kids“

„Logorrhea“

„Adbusting“

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Mrz
04
2009
2

Herman Daly – Ein Wirtschaftssystem des langfristigen Gleichgewichts (Steady-State-Ökonomie)

adbusters_81_hermandalyDas kanadische Adbusters-Magazin – das wohl bekannteste Organ der Culture Jammer – wählt jedes Jahr die „Person des Jahres“. 2008 war dies der Wirtschaftswissenschaftler Herman Daly, der für seine unorthodoxen Ansichten bekannt ist. Ich präsentiere Euch heute, mit freundlicher Genehmigung, meine Übersetzung der Adbusters-Laudatio sowie Dalys anregenden Artikel A Steady-State Economy aus Adbusters 01/2009. [Da der Artikel auch manches an Fachvokabular enthält, das zu übersetzen mir nicht so ohne weiteres gegeben ist, habe ich bei einigen Begriffen Links zu erklärenden Seiten eingefügt; sollte ich Übersetzungsfehler gemacht haben, bitte ich um entsprechenden Hinweis. Teils holprige Sätze bitte ich mir dementsprechend auch nachzusehen.]

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Das TIME magazine hat gerade seine „Person des Jahres“ bekannt gegeben, und ja, Sie haben’s erraten, sie entschieden sich für Obama. Diese Wahl ist zweifellos eine gute, aber es ist eine gefahrlose Wahl, innerhalb der Grenzen des „business as ususal“. Adbusters „Person des Jahres“ ist Herman Daly, ein subversiver Denker, dessen Ideen in Richtung eines verlockenden Auswegs aus der globalen Erderwärmung und ökonomischer Zusammenbruchsszenarien weisen, in denen wir derzeit gefangen sind. Herman Daly ist „die wahre Sache“: der „memester des Jahres“ (Anm. PM: „memester“ ist jemand, der dafür sorgt, Meme (Gedanken-Gene) in Umlauf zu bringen und damit den Meinungsmainstream zu durchbrechen). Finden Sie heraus, wieso wir bei adbusters.org ausgerechnet ihn gewählt haben.

Herman Daly ist nicht der normale neoklassische Ökonom, obwohl er es hätte sein können, wenn es nicht einige Schlüsselerlebnisse in seinem Leben gegeben hätte. Wie die meisten Studenten der Wirtschaftswissenschaften glaubte auch Daly einst, dass Wachstum der Schlüssel zur Lösung der Menschheitsprobleme ist. Aber während er seinen Doktortitel unter der Leitung von einem der renommiertesten Ökonomen der damaligen Zeit – Nicholas Georgescu-Roegen – machte, wurde Dalys Vertrauen in das Wachstum erschüttert.

Obwohl er einige beachtliche Beiträge zum Gebiet der neoklassischen Ökonomie geleistet hatte, begann Georgescu-Roegen zu der Zeit, als er Dalys Doktorvater wurde, kritische Schwächen der neoklassischen Theorie zu entdecken: sie versäumte, zu berücksichtigen, wie wirtschaftliche Prozesse Ressourcen verschlingen und Müll produzieren. Weiteres Wachstum bedeutete eine schnellere Rate der Ressourcenauslöschung und noch mehr Müll. Diese Saat des Zweifels, die Georgescu-Roegen in Dalys jungen Geist einpflanzen konnte, begann zu wachsen, als Daly „Silent Spring“ las, ein bahnbrechendes Buch, das vor den Gefahren von Industriechemikalien in der Nahrungskette warnte. Nachdem er einen Lehrauftrag in Brasilien im Jahre 1968 angenommen hatte, beobachtete Daly aus erster Hand, wie Bevölkerungswachstum die Umwelt vor Ort negativ beeinflusste. Sein Glaube an das Wachstum war zerronnen. Seinen Platz nahm eine schwerwiegende Sorge ein über die offensichtliche Gleichgültigkeit, die seine Kollegen in den Wirtschaftswissenschaften gegenüber der Beziehung zwischen Wirtschaft und Umwelt an den Tag legten.

Vier Jahrzehnte lang arbeitete Daly unermüdlich daran, das Wachstumsdogma, das die moderne Gesellschaft so enthusiastisch verinnerlicht hat, herauszufordern. Er veröffentlichte mehrere Bücher und mehr als 100 Artikel, und Daly versuchte sogar, Veränderung von innen heraus zu bewirken, als er sechs frustrierende Jahre bei der Weltbank verbrachte, wo er beobachten musste, welch fehlgeleitete Politik aus einer „unrealistischen Vorstellung von Entwicklung als Verallgemeinerung des nördlichen Konsumüberflusses“ entsprang.

Dadurch, dass viele Naturwissenschaftler gezeigt haben, dass wir, wenn wir einen katastrophalen Klimawandel verhindern wollen, aufhören müssen, CO2 in die Atmosphäre zu pumpen, beginnen Mainstream-Ökonomen grummelnd, die Tatsache zu akzeptieren, dass es ökologische Grenzen für unser Wachstum gibt. Während die Mehrheit sich immer noch nicht eingestanden hat, dass Wachstum ein falsches Idol ist, ist die Wahrscheinlichkeit groß, dass, sobald eine Grenze erst einmal akzeptiert wurde, andere folgen werden. Sobald diese Grenzen akzeptiert sind, beginnt die gesamte Logik des permanenten Wachstums in sich zusammen zu brechen.

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Herman Daly:
Ein Wirtschaftssystem des langfristigen Gleichgewichts (Steady-State-Ökonomie)

Die Wachstumsökonomie geht in die Knie und wir müssen eine Ökonomie des stabilen Zustands (des langfristigen Gleichgewichts/Steady-State) anstreben. Die Antwort des Steady-State ist, dass die Reichen ihr Wachstum an (Ressourcen-)Durchsatz reduzieren, um Ressourcen und ökologischen Raum für die Armen freizusetzen, während sie ihre lokalen Bemühungen auf Entwicklung, technische und soziale Verbesserungen konzentrieren, die frei mit den armen Ländern geteilt werden können.

dal1705ld2Die Erde als Ganzes befindet sich näherungsweise in einem langfristigen Gleichgewicht. Weder die Oberfläche noch die Masse der Erde wächst oder schrumpft; der Zufluss an Strahlenenergie entspricht dem Abfluss (der Treibhauseffekt hat die Abstrahlung verlangsamt, aber der daraus resultierende Temperaturanstieg wird sie wieder vergrößern); und Materialimporte aus dem Weltraum sind ca. so groß wie die Exporte (beides vernachlässigbare Größen).

Dies bedeutet jedoch nicht, dass die Erde statisch wäre – eine Vielzahl an qualitativen Veränderungen kann in einem stabilen Zustand vor sich gehen, und hat definitiv auch auf der Erde stattgefunden. Die wichtigste Änderung in der jüngeren Zeit war das enorme Wachsen eines Untersystems der Erde, der Wirtschaft, in Relation zum Gesamtsystem, der Ökosphäre. Dieser gewaltige Schritt von einer „leeren“ zu einer „vollen“ Erde ist wirklich „Etwas Neues unter der Sonne“, wie der Historiker J.R. McNeil in seinem Buch mit dem selben Titel schreibt. Je mehr sich die Wirtschaft der Größe der gesamten Erde annähert, desto stärker muss sie sich der physikalischen Verhaltensweise der Erde fügen. Und diese Verhaltensweise ist ein stabiler Zustand – ein System, das qualitative Entwicklung erlaubt, aber kein endloses aggregiertes quantitatives Wachstum vorsieht. Wachstum ist mehr von der gleichen Sache; Entwicklung ist die gleiche Menge von besseren (oder zumindest anderen) Sachen. Die verbleibende natürliche Welt ist nicht mehr länger in der Lage, die Quellen und Abflüsse für den Stoffwechseldurchsatz zur Verfügung zu stellen, der nötig ist, um die derzeitige überdimensionierte Wirtschaft am Laufen zu halten – und erst recht keine weiter wachsende Wirtschaft. Ökonomen haben sich zu sehr auf den Wirtschaftskreislauf konzentriert und dabei vergessen, den Verdauungstrakt zu studieren. Wachsender Durchsatz bedeutet mehr von der gleichen Nahrung durch einen noch größeren Verdauungstrakt zu pressen; Entwicklung bedeutet, bessere Nahrung zu essen und diese gründlicher zu verdauen. Es ist eindeutig, dass die Wirtschaft sich an die Regeln eines stabilen Zustands anpassen muss – qualitative Entwicklung anstreben, aber anhäufendes quantitatives Wachstum stoppen. Der Anstieg des Bruttoszialprodukts (BSP) verschmelzt diese beiden sehr unterschiedlichen Dinge.

200 Jahre lang haben wir in einer Wachstumswirtschaft gelebt. Das macht es schwierig, sich vorzustellen, wie eine Steady-State-Ökonomie (SSÖ) aussehen würde, obwohl die Menschheit die meiste Zeit ihrer Geschichte in einem Wirtschaftssystem gelebt hat, in dem jährliches Wachstum vernachlässigbar war. Einige denken, eine SSÖ würde bedeuten, unter einer kommunistischen Diktatur festzufrieren. Einige sagen, dass großer technischer Fortschritt (Energieeffizienz, Recycling) so einfach ist, dass die Anpassungen dadurch sowohl profitabel werden wie auch Spaß machen würden.

Unabhängig davon, ob es hart oder einfach wird, müssen wir eine SSÖ zu erreichen versuchen, weil wir nicht weiter wachsen können, und tatsächlich ist das sogenannte „wirtschaftliche“ Wachstum bereits unwirtschaftlich geworden. Die Wachstumswirtschaft versagt. Mit anderen Worten, die quantitative Ausbreitung des wirtschaftlichen Subystems erhöht Umwelt- und soziale Kosten stärker als die Produktion profitiert, was uns ärmer und nicht reicher macht, zumindest in den Hochkonsum-Ländern. Wenn man die Gesetze des sinkenden Grenznutzens und steigender Grenzkosten bedenkt, kann dies nicht überraschen. Und manchmal macht neue Technologie es sogar noch schlimmer. Zum Beispiel brachte Bleifluid den Vorteil, Maschinenklopfen zu verringern, dafür wird ein giftiges Schwermetall in die Biosphäre gepustet; Fluorkohlewasserstoffe brachten uns nichtgiftige Treibgase und Kühlmittel, aber zum Preis eines Lochs in der Ozonschicht und einer daraus resultierenden verstärkten ultravioletten Strahlung. Es ist schwer definitiv festzustellen, dass das Wachstum inzwischen die Kosten stärker steigen lässt als den Nutzen, weil wir uns nicht darum kümmern, die Kosten vom Nutzen in unseren volkswirtschaftlichen Rechnungen zu trennen. Statt dessen fassen wir bei der Berechnung des Bruttosozialprodukts (BSP) beides zusammen als „Aktivität“.

Ökologisch orientierte Ökonomen haben die empirischen Belege geführt, dass Wachstum in den Hochkonsum-Ländern bereits unwirtschaftlich ist. Da neoklassische Ökonomen nicht in der Lage sind, zu beweisen, dass Wachstum, ob nun als Verarbeitungsmenge oder als BSP, uns besser da stehen lässt und nicht schlechter, stellt dies eine blinde Ignoranz von ihrer Seite dar, wenn sie weiterhin anhäufendes Wachstum als die Lösung unserer Probleme predigen. Ja, die meisten unserer Probleme (Armut, Arbeitslosigkeit, Umweltschäden) wären leichter zu lösen, wenn wir reicher wären – das ist nicht der Punkt. Der Punkt ist: Macht uns ein Wachstum des Bruttosozialprodukts nach wie vor wirklich reicher? Oder macht es uns inzwischen eher ärmer?

Für arme Länder bedeutet ein Anstieg des BSP nach wie vor eine Erhöhung des Gemeinwohls, zumindest, wenn es vernünftig verteilt wird. Die Frage ist, was die beste Möglichkeit für die reichen Länder ist, um den ärmeren zu helfen? Die Antwort der Weltbank besteht darin, dass die Reichen weiterhin so schnell wie nur irgend möglich wachsen sollen, um Märkte für die Armen bereitzustellen und Kapital anzusammeln, um in ärmeren Ländern zu investieren. Die Antwort des Steady-State ist, dass die Reichen ihr Durchsatzwachstum verringern, um Ressourcen und ökologischen Raum freizugeben, den die Armen nutzen können, während sie ihre lokalen Bemühungen auf Entwicklung, technische und soziale Verbesserungen konzentrieren, die frei mit den armen Ländern geteilt werden können.

Die Mobilität des internationalen Kapitals, kombiniert mit freiem Handel, erlaubt es den Konzernen, den in öffentlichem Interesse betriebenen nationalen Regulierungen zu entfliehen, und ein Land gegen das andere auszuspielen. Da es keine weltweite Regierung gibt, sind sie in der Tat unkontrolliert. Die Institutionen, die noch am ehesten einer globalen Regierung entsprechen (Weltbank, Internationaler Währungsfond, Welthandelsorganisation), haben keinerlei Interesse daran gezeigt, transnationales Kapital zugunsten des Allgemeinwohls zu regulieren. Ihr Ziel ist es, diesen Konzernen zu helfen, zu wachsen, da unterstellt wird, dass Wachstum gut für alle ist – Ende der Diskussion. Wenn der Internationale Währungsfond den Wunsch hätte, die Mobilität des internationalen Kapitals zu begrenzen, um in der Welt komparative Vorteile zu sichern, gäbe es einige Dinge, die er tun könnte. Er könnte Mindesthaltedauern von ausländischem Kapital einführen, um Kapitalflucht und Spekulation einzudämmen und er könnte eine kleine Steuer auf alle Währungstransaktionen (Tobin-Steuer) fordern. Vor allem könnten sie Keynes Vorschlag einer multilateralen International Clearing Union wiederbeleben, das andauernde Ungleichgewichte der Handelsbilanzen (sowohl Defizite wie auch Überschüsse) direkt bestrafen und damit indirekt ein Gleichgewicht in den dem Handel zugrunde liegenden Kapitalbilanzen fördern würde, was zu einer Reduzierung der internationalen Kapitalströme führt.

Besteuerung der Sachen, von denen wir weniger wollen (Zerstörung und Verschmutzung) und Zurücknahme von Steuern bei Dingen, von denen wir mehr möchten (Einkommen, Wertzuwachs) – wie es auf Autoaufklebern steht: „Besteuere Schlechtes, nicht Gutes (Güter)“. Beginnen wir zum Beispiel, indem wir auf x $ Gewinn von der schlimmsten Wertzuwachssteuer, die wir haben, verzichten. Gleichzeitig sammeln wir x $ von der besten Ressourcenverbrauchssteuer, die wir ersinnen können. In der nächsten Legislaturperiode schaffen wir die zweitschlimmste Steuer auf Wertzuwachs ab und ersetzen sie durch die zweibeste Ressourcen-Steuer etc. Solch eine Politik würde die Ressourcenpreise erhöhen und stärkere Effizienz in der Ressourcenverwendung bewirken.

Wissen wird, anders als Warendurchsatz, nicht verringert, wenn man es teilt, sondern vervielfältigt. Sobald Wissen existiert, betragen die Opportunitätskosten des Teilens Null und somit sollte auch der Preis, es zu verteilen, Null sein. Internationale Entwicklungshilfe sollte mehr und mehr die Form von frei und aktiv geteiltem Wissen annehmen, begleitet von kleinen Kapitalhilfen, und weniger die Form gewaltiger zinsbelasteter Kredite. Wissen zu teilen kostet wenig, erzeugt keine Schulden, die eh niemals zurück bezahlt werden können, und es erhöht die Produktivität der wirklich konkurrierenden und knappen Produktionsfaktoren. Existierendes Wissen ist der wichtigste Input für die Produktion neuen Wissens, und dieses künstlich knapp und teuer zu halten, ist pervers. Patentmonopole (wie „Rechte an geistigem Eigentum“) sollten eine kürzere Laufzeit haben und nicht für so viele „Erfindungen“ erteilt werden wie derzeit.

Könnte ein Wirtschaftssystem des Steady-State die aktuelle gewaltige Finanzstruktur stützen, die auf den Erwartungen zukünftigen Wachstums aufbaut? Wahrscheinlich nicht, weil Zinssätze und Wachstumsraten niedrig wären. Investitionen bestünden primär in Ersatzinvestitionen und qualitativen Verbesserungen. Es gäbe vermutlich ein gesundes Schrumpfen der gigantischen Schuldpyramide, die bedrohlich über der Realwirtschaft schwebt und einzustürzen droht. Außerdem würde eine SSÖ von der Abkehr von unserem derzeitigen Mindestreserve-Bankwesen hin zu einem System des 100%igen Rückstellungsbedarfs (100%ige Eigenkapitalquote?) profitieren.

Dies würde unsere Geldversorgung zurück in die Hände der Regierungen legen statt sie in den Händen des privaten Bankensektors zu belassen. Geld wäre ein wirkliches politisches Instrument anstatt nur das Nebenprodukt von kommerziellem Leihen und Verleihen mit dem Ziel der Wachstumssteigerung. In dem Mindestreserven-System wird die Geldversorgung während eines Booms ausgeweitet und während eines Abschwungs verringert und verstärkt somit die zyklischen Tendenzen der Wirtschaft. Der Profit (Geldschöpfung) des Erschaffens (zu vernachlässigbaren Kosten) und der erste zu sein, neues Geld ausgeben zu können – und dessen vollen Tauschwert zu erhalten – würde der Allgemeinheit zugute kommen statt dem privatwirtschaftlichen Sektor. Die Rückstellungsanforderungen – etwas, das die Zentralbank sowieso manipuliert/beeinflusst – könnten von ihrem momentan sehr niedrigen Niveau schrittweise auf 100 Prozent angehoben werden. Kommerzielle Banken würden ihr Geld mit finanziellen Vermittlungen verdienen (indem sie das Geld von Kreditgebern an Kreditnehmer vermitteln) sowie durch Servicegebühren für Kontobewegungen, anstatt Geld, das sie aus dem Nichts schöpfen, zu Zinssätzen zu verleihen. Geld zu verleihen, das tatsächlich von jemandem gespart wurde, stellt das klassische Gleichgewicht zwischen Zurückhaltung und Investition wieder her. Diese zusätzliche Disziplinierung beim Leihen und Verleihen würde solche Debakel wie bei der aktuellen „Subprime-Krise“ verhindern. Hundertprozentige Rückstellungsverpflichtungen würden sowohl die Wirtschaft stabilisieren als auch das Schneeballsystem der Kredithebelungen bremsen.

Diese Übergangsmaßnahmen mögen vielen Menschen radikal erscheinen, wir sollten aber im Hinterkopf behalten, dass sie nicht nur eine nach und nach angewendet werden können, sondern auch auf den konservativen Pfeilern von Privateigentum und dezentraler Marktverteilung basieren. Sie erkennen ganz einfach an, dass Privateigentum seine Legitimation verliert, wenn es zu ungleich verteilt ist und dass der Markt seine Legitimation verliert, wenn die Preise nicht die volle Wahrheit über die Kosten widerspiegeln. Außerdem wird Makroökonomie absurd, wenn ihre Größenordnung von der Grundstruktur her erfordert, über die biophysikalischen Grenzen der Erde hinaus zu wachsen. Und lange vor dieser radikalen phsyikalischen Grenze stoßen wir auf die konservative ökonomische Grenze, dass die Zusatzkosten für weiteres Wachstum größer werden als der daraus resultierende zusätzliche Nutzen.


Abstand nehmen vom Umkipppunkt
Zehn grundlegend entscheidende Schritte, um eine ökologisch lebensfähige ökonomische Zukunft zu erlangen

1. „Cap auction trade systems“ für grundlegende Ressourcen (kann ich schwer übersetzen; wohl vergleichbar mit der von Versteigerung von Verschmutzungsrechten o.ä.; Anm. PM) – Eine Begrenzung nach oben für biophysikalische Größen, in Bezug auf die Knappheit der Quelle (Ressourcen) oder des Abflusses (Müll), je nach dem, was knapper ist. Die Versteigerung erfasst die Knappheitsrenten (den Preis für knappe Güter) für eine gleichberechtigte Weiterverteilung. Handel erlaubt eine effiziente Allokation auf die besten Verwendungsmöglichkeiten.

2. Ökologische Steuerreform – Der Fokus der Steuern wandert von der Besteuerung von Wertzuwachs (Arbeit und Kapital) hin zu dem, „wozu der Wert hinzugefügt wird“, insbesondere der entropischen Verarbeitungsmenge von Ressourcen, die der Natur von der Wirtschaft entzogen wird (Abbau), und anschließend wieder zurück in die Natur gelangt (Verschmutzung). Dies internalisiert externe Kosten und erhöht Umsätze auf gerechtere Weise. Somit preist dies den knappen, aber bisher nicht eingepreisten Beitrag der Natur in die Produktionskosten ein.

3. Begrenzung des Ausmaßes an Ungleichgewicht in der Einkommensverteilung – Ein Minimal- und ein Maximaleinkommen. Ohne aggregiertes Wachstum setzt Armutsreduktion Umverteilung voraus. Vollständige Gleichheit ist unfair; unbegrenzte Ungleichheit ist unfair. Strebt faire Grenzen der Ungleichheit an.

4. Verkürzung der Länge eines Arbeitstages, einer Arbeitswoche, eines Arbeitsjahres – Dies erlaubt größere Freiheiten für Freizeit oder persönliche Arbeit. Vollbeschäftigung für alle ist ohne Wachstum kaum zu erreichen.

5. Regulierung des internationalen Handels – Eine Abkehr vom freien Handel, freier Kapitalmobilität und Globalisierung; kompensatorische Tarife/Zölle/Gebühren werden eingeführt, um eine effiziente nationale Politik der Kosteninternalisierung vor der Standard-senkenden Konkurrenz durch andere Länder zu schützen.

6. IWF, Weltbank und WTO werden zurückgestuft auf ein Niveau, das Keynes Plan für eine multilaterale, internationale Clearing Union entspricht, die Strafgebühren auf Bilanzüberschüsse oder -defizite der Länder erhebt; dies ermöglicht ein Gleichgewicht der Währungskonten, verhindert riesige Kapitaltransfers und Schulden im Ausland.

7. Übergang zu einer 100%igen Eigenkapitalquote statt des Mindestreserven-Banksystems. Die Kontrolle über die Geldversorgung und -schöpfung wird in die Hände der Regierung anstatt privater Banken gelegt.

8. Die verbleibenden Allgemeingüter von konkurrierendem natürlichen Kapitel (? „rival natural capital“) werden in öffentliche Treuhandgesellschaften überführt und mit Preisen versehen, wodurch sie von privater Beschränkung befreit sind und die nicht-konkurrierenden Allgemeingüter Wissen und Information einen Preis erhalten. Damit wird ein Schlussstrich unter das bisherige Verhalten gezogen, das Knappe so zu behandeln, als wäre es nicht knapp, und das Nicht-Knappe als knapp.

9. Stabilisierung der Bevölkerung – Hinarbeiten auf ein Gleichgewicht, in dem Geburten plus Einwanderer der Summe von Sterbefällen und Auswanderern entsprechen.

10. Reform der volkswirtschaftlichen Konten – Aufteilung des Bruttosozialprodukts in ein Kosten- und ein Ertragskonto. Vergleicht sie anhand der Marge (? „marge“ / Grenznutzen?) und stoppt das Wachstum, sobald die Grenzkosten den Grenzerlösen entsprechen. Auf keinen Fall werden diese beiden Konten zusammengezählt.

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Jan
20
2009
2

Was ist eigentlich Culture Jamming? Und was soll Adbusting?

Angesichts der Tatsache, dass ich in meinem Konsumpf-Blog schon des Öfteren von Culture Jamming und Adbusting geschrieben, diese Begriffe aber noch gar nicht explizit gewürdigt habe, möchte ich mich an einer kleinen persönlichen Definition dieser beiden Begriffe/Konzepte versuchen.

1abtvDer Ausdruck „Culture Jamming“ stammt ursprünglich aus den 80er Jahren und wurde erstmalig von der (sozialkritischen) amerikanischen Band Negativland verwendet. Einen größeren Bekanntheitsgrad erreichte CJ, als Kalle Lasn in Kanada das Adbusters Magazine als „Culturejammer’s Headquarters“ gründete und das Buch „Culture Jamming“ veröffentlichte, in welchem er die neue Bewegung in Bezug zu den französischen Situationisten um Guy Debord („Die Gesellschaft des Spektakels“) setzt. Einige Jahr vor diesem Buch 1993 brachte Mark Dery in seinem Artikel „Culture Jamming: Hacking, slashing and sniping in the empire of signs” den Begriff einem größeren Publikum dar.

Culture Jamming, das bedeutet direkt übersetzt das Blockieren, Stören, Verkleben der Kultur. Wobei unter Kultur hier insbesondere die Zustände verstanden werden, die unser Leben der Durchökonomisierung und Kommerzialisierung zuführen, d.h. alles rund um das Hamsterrad aus permanenten Produzieren und Konsumieren. Culture Jamming ist somit natürlich immer auch Konsumkritik. Aber Culture Jamming geht darüber und über bloßen „nachhaltigen“ oder „politischen“ Konsum hinaus und beinhaltet, was nur folgerichtig ist, auch einen sehr kritischen Blick darauf, welche Inhalte und Weltbilder uns in den Medien rund um die Uhr vermittelt werden. Das Augenmerk ist zudem auf die demokratische Entwicklung gerichtet, die durch Marktmachtkonzentration (u.a. im Mediensektor) bedrängt und gefährdet wird. Das heißt, Fernsehkritik ist ebenfalls elementarer Bestandteil des CJ, da die Berieselung mit den bunten Bildern die Menschen sediert und zu passiven Empfangssubjekten von inszenierten Spektakeln degradiert. Und Culture Jamming ist nicht zuletzt ganz klar Werbekritik. Sowohl an einzelnen Kampagnen, die ein krankes Menschenbild vermitteln oder schädliche Produkte schönfärben, sprich: den Betrachter hinters Licht führen und zum Konsum animieren wollen. Wie auch an der grundsätzlichen Beeinflussung der Bürger=Konsumenten durch die Reklameindustrie, Stichwort „Mindfuck“.

Culture Jammer wollen mit ihrem Tun also letzten Endes erreichen, dass aus stumpfen, willigen Konsumenten wieder (oder erstmalig) wache Bürger werden, dass Menschen beginnen, das zu hinterfragen, womit sie tagein, tagaus bombardiert werden, dass sie ihr eigenes Hirn einschalten und sich auch gegen die stetig voranschreitende Usurpierung des gesamten (öffentlichen) Lebens durch den Kommerz zur Wehr setzen. Gleichzeitig soll die Macht der Konzerne, die in immer mehr Lebensbereiche hereinragt, gestoppt und gebrochen werden. Runter von der passiven Fernsehcouch, Schluss mit dem resignierten Schulterzucken und statt dessen selbst aktiv werden, so lautet das Motto.

marlboro-countryEine Methode, dies zu erreichen, ist das sog. Adbusting. Hier werden Produktanzeigen kreativ verändert, entstellt und die Werbebotschaften teils in ihr Gegenteil verkehrt, um das, was hinter der schillernden bunten Werbefassade steckt, zum Vorschein zu bringen. Mit den Mitteln der Parodie und Ironie wird der stete Strom der systemformenden und -bestätigenden Symbole und Aussagen unterbrochen und mit neuen Inhalten gefüllt, die in der Regel näher dran an den tatsächlichen Hintergründen der materiellen Gesellschaft sind (sog. „SpoofAds“). Ziel ist es also, den Betrachter zu verwirren, aus den gewohnten Bahnen zu schubsen, sein Sehen zu deautomatisieren und dazu zu bringen, kritischer an das heranzugehen, was ihm die Dödel aus den Marketingabteilungen weismachen wollen. Hierin steckt ein gewaltiges subversives Potential, u.a. da den Rezipienten solcher Adbustingaktionen oft nicht bekannt ist, von wem diese stammen und worin die genaue Absicht der Verwirrung besteht. Wie bei einer Guerilla-Bewegung wird gerne aus dem Hintergrund agiert und agitiert.

absoluteonice-previewSehr gut beschriebene, nachvollziehbare Einführungen in das Phänomen Culture Jamming/Adbusting bieten auch diese beiden Artikel, die ich Euch besonders ans Herz legen möchte:

  • Marc Alexander Holtz. „Mindfuck nach Till Eulenspiegel“ (einmal in der Version auf seinem persönlichen Blog, und dann in einer überarbeiteten Fassung auf Info-Parkour). Als vernünftig gesetztes, fehlerbereinigtes pdf könnt Ihr Euch den Artikel HIER herunterladen. Und als mp3-Podcast (gesprochen von Henriette Carla Schrader & Marc Alexander Holtz) HIER.

Werbegegner nehmen sich das Recht auf Werbung zu antworten. Die Idee ist es, Konsumenten zu der Erkenntnis zu verhelfen, dass er wenig bis gar nichts darüber weiß, was „wirklich“ ist. Es geht um die generelle Sensibilisierung des eigenen Geistes, um richtige von falschen, wichtige von unwichtigen Informationen unterscheiden zu können.

  • Christoph Behnke. „Culture Jamming und Reklametechnik“ (europäisches institut für progressive kulturpolitik). Eine eher mit gewissem wissenschaftlichen Anspruch geschriebene Abhandlung, in der es auch um Erfolgsaussichten und eventuelle Widersprüche im CJ geht.

Wir wollen im folgenden zwei Praktiken des Culture Jamming analytisch unterscheiden: eine interne Strategie, die ihre Praktiken insbesondere an den vorhandenen Formen der Reklametechnik ausrichtet und dort eine ganze Bandbreite von Themen ‘alternativ’ kommuniziert wie Alkoholmissbrauch, Tabakmissbrauch bis hin zu politischen Fragestellungen im Kontext der Globalisierung, Stichwort ‘No Logo’. Dem steht gegenüber ein externer Gebrauch des Culture Jamming, wo die Technik der Kommunikation, die Aufmerksamkeitsökonomie selbst zum Gegenstand der Auseinandersetzung wird, wo also eher der „Triumph der Reklame in der Kulturindustrie, die zwanghafte Mimesis der Konsumenten an die zugleich durchschauten Kulturwaren“ unterlaufen werden soll, indem z.B. die Zerstreuung als dominante Rezeptionsform ausgeschlossen wird. Diese Praktiken entstehen naturgemäß im Kunstfeld.

i-need-a-riot-dfacenu2[via]

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Jan
13
2009
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Die Zurückeroberung von „cool“

(Dies ist meine Übersetzung des Artikels „The Reconquest of Cool“ des streitbaren Adbusters-Gründers und „Ur-Culture-Jammers“ Kalle Lasn, der als Editorial in der März 2008er Ausgabe vom Adbusters Magazine erschien. Der Text passt auch gut zu meiner Serie über die Schädlichkeit der Werbung, insbesondere zum ersten Teil, war doch die Aneignung von Begriffen für Werbezwecke dort ebenfalls Thema.)

cool-typical_french_parisian_girlVierzig Jahre nachdem Konzerne den Begriff „cool“ gekidnappt haben, wird es Zeit, wieder ein authentisches „cool“ von der Basis her zu erschaffen.

Von seinen Wurzeln in Afrika bis zur Jugendkultur heutiger Tage war cool immer eine Gesinnung des Widerstands gegen Unterjochung, ein Ausdruck von Rebellion und eine Trotzhaltung.

In den 60er Jahren, mitten in einer der größten kulturellen Revolutionen unserer Zeit, entdeckten die Konzerne, dass cool unglaublich gewinnträchtig sein kann. Während junge Menschen spontan auf die Straßen gingen und Festivals und Anti-Kriegs-Demonstrationen organisierten, begannen Konzerne damit, diese Gegenkultur zu plündern und auffällige Symbole und Redewendungen in ihre Werbekampagnen einzubauen.

So begann ein Tanz des authentischen „cool“ mit dem vorgetäuschten, kommerziellen „cool“. Wie Thomas Frank in seinem Buch „The Conquest of Cool“ („Die Eroberung von cool“) 1997 erklärte, wurde cool Schritt für Schritt „zentral für die Art und Weise, wie der Kapitalismus sich selbst verstand und gegenüber der Öffentlichkeit erklärte.“ In einem der erstaunlichsten kulturellen Staatsstreiche aller Zeiten haben Werbeagentur-Gurus herausgefunden, „wie man eine Maschine konstruieren kann, die Entfremdung und Verzweiflung in Konsens verwandelt.“

Vierzig Jahre nach der Übernahme von cool durch die Konzerne, findet wir uns erneut in einer Ära eines außergewöhnlichen kulturellen und politischen Umbruchs wieder. Die globale Erderwärmung jagt uns Angst ein, eine Seuche von Stimmungsverwirrungen untergräbt unsere Zuversicht und der Krieg gegen den Terror verwandelt sich in einen 4. Weltkrieg mit offenem Ende; wir fühlen uns unsicherer als je zuvor.

Plötzlich wachen die Menschen in Scharen aus dem Traumland des Konzern-cool auf. Wir werden uns bewusst, dass wir, seitdem wir als kleine Babys um das Fernsehgerät im Wohnzimmer herum krabbelten, belogen wurden, mit Propaganda überzogen – uns wurde unaufhörlich, Tag für Tag, erzählt, dass wir unser Glück im Konsumieren finden würden. Deshalb haben wir, wie Ratten in einer Skinner-Box, permanent auf den KAUF-Knopf gedrückt – Millionen von uns marschieren im Gleichschritt, alle den gleichen Konsumententraum träumend.

Nun hebt sich der Nebel. Wir verstehen endlich, wohin uns dieses Schein-cool geführt hat: nicht zu Glück und Wohlstand, wie es in den Anzeigen versprochen wurde, sondern zu Zynismus, Umweltzerstörung und einer brutalen Ellenbogengesellschaft.

Dies ist der magische Augenblick, in dem das kapitalistische „cool“ ins Schlingern geraten und ein authentisches „cool“ wieder nach oben gelangen kann. Und nach Jahrzehnten des Herumirrens in der Wildnis, wird uns auf der Linken endlich klar, worum es bei diesem magischen Moment geht. Clive Hamilton – der Autor von Growth Fetish („Wachstumsfetisch“) und „Affluenza“ – bringt es in seinem Artikel „What’s Left? The Death of Social Democracy” („Was ist Links/was bleibt übrig? Der Tod der Sozialdemokratie“) auf den Punkt, wenn er schreibt: „Das bestimmende Problem der modernen industriellen Gesellschaft ist nicht Ungerechtigkeit sondern Entfremdung … die zentrale Aufgabe fortschrittlicher Politik besteht heutzutage nicht darin, Gleichheit zu erzeugen, sondern Befreiung.“

Vergesst es, die Symptome zu behandeln. Vergesst das Heckenlabyrinth der Identitätspolitik. Entflieht den glorreichen Kämpfen um Gleichheit und sozialer Gerechtigkeit der Vergangenheit. Befreit Euch statt dessen vom kapitalistischen „Mindfuck“ (geht in Richtung Gehirnwäsche; Anm. PM). Fangt an, wieder authentisches „cool“ von der Basis her zu entwickeln. Der Rest wird folgen.

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Dez
27
2008
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Miro – Demokratisch fernsehen

Wer heutzutage den Fernseher anschaltet, muss auf der Suche nach halbwegs gehaltvollem Inhalt durch jede Menge visuellen Schund & Schrott waten. Selbiger wird in verblödender, von Reklame zerfressender Manier durch die vielen Privatsender – die wiederum einigen wenigen großen Medienkonzernen verpflichtet sind – tagtäglich nonstop ausgestrahlt. In meist etwas geschickter verpackter, dennoch (bzw. gerade deswegen) oft ebenso der Des- bzw. Pseudoinformation und Einlullung dienenden Weise finden wir solche „Inhalte“ auch zuhauf im öffentlich-rechtlichen Sendebereich (niemand, der z.B. Polittalkshows wie von Anne Will o.ä. sieht, sollte sich der Illusion hingeben, hernach irgend etwas Substantielles über ein Thema erfahren zu haben). Ist Fernsehen also letztlich demokratieschädlich, weil nur gemainstreamte „Informationen“ ausgestrahlt werden, die die Menschen vom Bilden eigener, nicht vorformatierter Meinungen abhalten (sollen)? Wie schwierig es ist, mit Anliegen abseits der ökonomischen Verwertungslogik Gehör zu finden, erlebt beispielsweise auch Kalle Lasns Adbusters Magazine, das versucht, ihre aufklärerischen Uncommercials bei einzelen Sendern unterzubringen und regelmäßig abblitzt.

Es geht aber auch anders. Das Internet befreit denjenigen, der möchte, schon seit einiger Zeit von der tumben Beschallung mit Einheitssoßen-Radio, weil man hier eine riesige Auswahl an kostenlosen und werbefreien Inernetsendern finden kann. Auch im TV-Bereich ist Rettung in Sicht – der gratis erhältliche Open Source Miro TV-Player soll Fernsehen zu einer demokratischeren Angelegenheit machen. Die Website Solidarische Ökonomie schreibt zu diesem interessanten Projekt:

Mit dem Open Source Media Player Miro hat die Zukunft des offenen Fernsehens begonnen. Der Mediaplayer ist ein Produkt der Participatory Culture Foundation, die sich die Demokratisierung des Mediums Fernsehen zur Aufgabe gemacht hat. Über 3400 verschiedene Kanäle können derzeit über Miro abgerufen werden.

Mehr als 100 Kanäle widmen sich sozialen Bewegungen und zeigen Bilder von Aktionen, die man im konventionellen Fernsehen nicht zugesicht bekommt. Auch zu Wissenschaft, Technik und Kultur sind interessante Kanäle zu finden.

>> Zur Miro-Website

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Nov
29
2008
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Buy Nothing Day 2008 – offizielles Statement von Adbusters

BUY NOTHING DAY ORGANIZERS CONFRONT THE ECONOMIC MELTDOWN HEAD ON

Now in its 17th year, Buy Nothing Day is celebrated every November by environmentalists, social activists and concerned citizens in over 65 countries around the world. Over the years, Buy Nothing Day (followed by Buy Nothing Christmas) has exploded into a global movement, inspiring the world’s citizens to live more simply and buy a whole lot less.

Designed to coincide with Black Friday (which this year falls on Friday, November 28) in the United States, and the unofficial start of the international holiday shopping season (Saturday, November 29), the festival takes many shapes, from relaxed family outings, to free, non-commercial street parties, to politically charged public protests, credit-card cut-ups and pranks and shenanigans of all kinds. Anyone can take part provided they spend a day without spending.

Featured by such media giants as CNN, USA Today, MSNBC, Wired, the BBC, The Age and the CBC, Buy Nothing Day has gained momentum in recent years as the climate crisis has driven people to seek out greener alternatives to unrestrained consumption.

This year, Buy Nothing Day organizers are confronting the economic meltdown head-on – asking citizens, policy makers and pundits to examine our economic crisis.

“If you dig a little past the surface you’ll see that this financial meltdown is not about liquidity, toxic derivatives or unregulated markets, it’s really about culture,” says the co-founder of Adbusters Media Foundation, Kalle Lasn. “It’s our culture of excess and meaningless consumption — the glorified spending and borrowing of the past decade that’s at the root of the crisis we now find ourselves in.”

Economic meltdown, together with the ecological crisis of climate change could be the beginning of a major global cultural shift — the dawn of a new age: the age of Post-Materialism.

“A simpler, pared-down lifestyle – one in which we’re not drowning in debt – may well be the answer to this crisis we’re in,” says Lasn. “Living within our means will also make us happier and healthier than we’ve been in years.”

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Nov
27
2008
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Samstag, 29.11.: der „Buy Nothing Day 2008”

Wie jedes Jahr am Tag vor dem ersten Advent, so ist auch 2008 wieder Buy Nothing Day – initiiert wurde diese Aktion 1992 durch Kalle Lasns Adbusters, als Antwort auf den gerade zur Weihnachtszeit besonders stark grassierenden Konsumwahn. Statt zu kaufen soll man am B.N.D. mal einen Tag inne halten und sein Portemonnaie zu Hause lassen. Bevor jetzt jemand kommt und meint „Ach, dieser eine Tag ändert doch auch nichts an der Malaise unserer Zeit!” – es geht hierbei weniger darum, die Wirtschaft durch einen Tag Käuferstreik „in die Knie zu zwingen” (das wäre ja auch ein unsinniges Ansinnen), sondern um eine eher symbolische Geste, und um die Bewusstmachung, wie sehr Konsum inzwischen integraler Bestandteil unseres alltäglichen Lebens geworden ist (mit all seinen negativen Folgen & Ausprägungen, von Umweltzerstörung bis „Finanzkrise”). Mal sehen, wer es schafft, am 29.11. kein Geld auszugeben…

Weitere Infos findet Ihr z.B. auf der offiziellen Adbusters-Seite zum Buy Nothing Day, und auch bei sum1 und der OEH Klagenfurt.

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