Feb
07
2009
13

Lidl/Aldi/Discounter – Profite auf Kosten der Allgemeinheit, oder: Die Spirale abwärts. Teil 2/2

(Dies ist Teil 2 meines Discount-Diskurses – Teil 1 findet Ihr hier.)

Nach alledem ist es nur logisch, dass dieses gnadenlose Drehen an der Kostenschraube bis in den Schmerzbereich hinein nicht an den Unternehmensgrenzen der Discountketten Halt macht, sondern sich nahtlos auf die inländischen Zulieferbetriebe und deren Produzenten etc. ausdehnt. Da Aldi/Lidl usw. gewaltige Warenmengen abnehmen, aber um jeden Cent knausern, werden auch die Zulieferer unter den Druck gesetzt, zu sparen, Kosten zu senken, so billig wie nur irgend möglich zu produzieren/produzieren zu lassen, damit der Betrieb noch profitabel bleibt. Das bedeutet, dass die Probleme, die sich schon bei den Discountern zeigen, also Lohndumping, Ausbeutung der Mitarbeiter, unbezahlte Überstunden, direkt auch bei den nachgelagerten Firmen auftreten. Und dann wiederum bei den Produzenten oder bei den Landwirten, die die Industrialisierung der Landwirtschaft mit all den schädlichen Folgen für Böden & Umwelt (und der Gesundheit der Menschen) immer weiter voranpeitschen müssen. Mehr Chemikalien, um die Erträge zu erhöhen, der Einsatz von Leiharbeitern, von Wanderarbeitern aus Osteuropa, Schwarzarbeit, Aushöhlung der Arbeitnehmerrechte usw. usf. Der letztes Jahr von Günther Wallraff aufgedeckte Skandal um eine Brötchenfabrik, die unter schlimmsten Bedingungen für Lidl poduziert machte Schlagzeilen, wenngleich sich der gemeine Discountkunde offenbar selbst durch solche Meldungen nicht in seinem Kaufverhalten erschüttern lässt…

u1_sw_aldi-2_282x398Selbstverständlich haben die Discounter auch längst die Vorteile der Globalisierung für sich entdeckt und produzieren zuhauf in Billiglohnländern, um noch mehr Kram unter die Leute bringen zu können. Demzufolge herrschen in den Zulieferbetrieben außerhalb Deutschlands noch erbärmlichere Zustände, da hier Menschen unter fast unmenschlichen Bedingungen für den westlichen Billigwahn schuften müssen. Zeitlich sehr gut mit den ARD-Sendungen abgestimmt veröffentliche das Südwind-Institut für Ökonomie und Ökologie in Siegburg Anfang der Woche eine aufrüttelnde Studie über Arbeiterinnen in China, die für Aldi produzieren und bei denen kaum nennenswerte Arbeitsschutzregeln eingehalten werden. Wie auch, wenn das deutsche Unternehmen so wenig wie nur irgend möglich zahlen möchte und diesen Druck, wie eben schon geschrieben, direkt weiterreicht? Man lese dazu den Bericht aus der ZEIT („Aktionsware: Geizen auf Kosten chinesischer Arbeiter“) oder der taz („Aldi verstößt gegen die Arbeitsrechte“), genauso wie auch meine älteren Beiträge (hier, hier) und die ausführliche Studie der Kampagne Saubere Kleidung über die unfeinen Methoden von Lidl & kik bei der Herstellung der chemiedurchtränkten Billigtextilien, die bei uns im Lande ebenfalls reißenden Absatz finden.

Die Freude über diese „Schnäppchenhits“ wird getrübt durch die Umstände, unter denen sie produziert werden. Die meisten dieser importierten Waren stammen aus Zulieferfirmen, in denen “unmenschliche Arbeitsbedingungen” herrschen. ein.

Die Schnäppchen in Deutschland werden „erkauft durch systematische Verletzungen von Arbeits- und Frauenrechten“ in China, sagt die Autorin der Studie, Ingeborg Wick. In der chinesischen Textil- und IT-Industrie seien oft minderjährige Arbeiterinnen beschäftigt. Viele von ihnen müssten einen Teil ihres Lohns als Vermittlungsgebühr an ihre Schulen zahlen. Wochenlange Lohnzurückhaltung, Repressionen gegen Gewerkschaften – all das sei keine Seltenheit, nichts davon entspreche unseren Sozialstandards.

„Die meist weiblichen Beschäftigten arbeiten bis zu 91 Stunden pro Woche und können dennoch von ihren kargen Löhnen kaum leben“, sagt Wick. Der Arbeitsdruck sei enorm, Fehler würden mit Geldbußen bestraft.

Thomas Pany kommentiert dies auf Telepolis durchaus treffend:

„In Discountläden würden verstärkt Markenwaren und eine größere Sortimentsbreite für eine zahlungskräftige Mittelschicht angeboten”, heißt es dort und: “die größte Einzelgruppe der Kunden von Aldi [ist] die der Besserverdienenden“. Das ist für viele wahrscheinlich keine neue Erkenntnis und für die Informierten dürfte auch das Kernergebnis der Studie von Ingeborg Wick keine Überraschung sein: die bei Aldi angebotenen billigen Aktionsprodukte werden von den Zulieferbetrieben in China unter “massiver Verletzung von Arbeitsrechten” hergestellt.

Nimmt man aber die beiden Aussagen zusammen, dann ist es ein wenig verwunderlich, wie leicht sich der Mittelstand, der sich als Papa und Mama in Erziehungsgesprächen gerne als sehr informiert und moralisch orientiert zeigt, über solches Wissen in der Realität hinwegsetzt und fleißig beim Discounter einkauft. Oder ist es letztlich die Endorphinausschüttung beim Schnäppchenmachen, die klassenübergreifend ist? Der gelungene Aldi/Lidl-Großeinkauf – Anlass für kleine, wöchentliche Victory-Zeichen von Haushaltsackermännern und -frauen? Es scheint manchmal so.

Dies waren die Auswirkungen, die vor allem diejenigen treffen, die direkt oder indirekt im Umfeld der Discounter arbeiten (müssen) – wem das Wohlergehen anderer Menschen egal ist und wer auf Ethik und Moral pfeift, solange sie nicht ihn selbst betrifft, kann diesen Bereich vermutlich noch ausblenden und einfach weiter seinen Billigmist kaufen und sich freuen, dass er ja scheinbar so viel spart. Aber spart er wirklich? Führt das Pfennigfuchsen nicht vielmehr dazu, dass wir alle – und der Billigkäufer mit – drauflegen müssen und den günstigen Preis mit erodierenden Sozialsystemen, Umweltzerstörung, gesundheitlichen Risiken, der Verschandelung des Stadtbildes etc. am Ende doppelt und dreifach bezahlen? Ich denke schon – selbst, wer nur an die Maximierung des eigenen Nutzens (aber nicht ausschließlich ultrakurzfristig) denkt, ist besser beraten, den Discountern sein Geld nicht in den Rachen zu schmeißen.

einkaufswagen-aldiklBeispielsweise wird durch den niedrigen Preis, den die Aktionswaren haben, die Wegwerfmentalität gefördert – es wird viel Schund produziert, der dann vorschnell zu Müll wird. „Ach, das ist ja so günstig, da macht es ja nichts, wenn ich das Besteck nach einem Jahr wegschmeißen muss. Kauf ich mir halt wieder neues!“ (O-Ton einer Bekannten von mir!) Die daraus resultierende Ressourcenverschwendung zahlen wir alle, genauso wie die Umweltausbeutung und -zerstörung, die uns alle von Jahr zu Jahr teurer zu stehen kommt. Zumal dann, wenn Menschen in der sog. Dritten Welt die Existenzgrundlage entzogen wird, indem ihr Land, ihre Flüsse und Wälder, vergiftet werden, nur um billig und ohne lästige Umweltauflagen irgendeinen Ramsch herzustellen, der dann hier in der Ecke verstaubt oder alsbald auf der Müllkippe landet. Das perverse und selbstzerstörerische System, das unserem Wirtschaften zugrunde liegt (siehe The Story of Stuff), wird durch die Billigläden noch einmal extra angetrieben und verschärft die weltweiten Krisen immens!

Genauso fatal und teuer: die aus der voranschreitenden krebsgeschwürartigen Verbreitung der Discounter bei gleichzeitiger Zurückdrängung anderer, gewachsener Einzelhandelsstrukturen (=> bedrohliche Marktmachkonzentration) resultierende Arbeitsplatzvernichtung. Studien aus den USA haben ergeben, dass für jeden Arbeitsplatz, den WalMart schafft, 1.5 besser bezahlte Arbeitsplätze im Einzelhandel vernichtet werden (siehe z.B. das Buch von Franz Kotteder, Kapitel „Das vermeintliche Jobwunder“). Und WalMart ist im Vergleich zu Schlecker oder Aldi noch üppig mit Personal ausgestattet, so dass man sich die Folgen für den hiesigen Arbeitsmarkt entsprechend ausmalen kann. Die Folge davon ist natürlich ein allgemeines Absinken der Kaufkraft („Die Discounter erschaffen sich ihre eigene Kundschaft“), geringere Staatseinnahmen (durch niedrigeres Steueraufkommen) sowie höhere Staatsausgaben für Arbeitsmarktmaßnahmen (Hartz IV etc.) Diese Tendenz forcieren vor allem Aldi und Lidl noch dadurch, dass sie ihre Unternehmen in ganz besonders undurchsichtigen Stiftungsstrukturen angelegt haben, die dazu führen, dass die „armen“ Multimilliardäre noch zusätzlich Steuern sparen. Oder, anders formuliert: sie bereichern sich auf Kosten der Gemeinschaft. Wer in solchen Läden kauft, unterstützt dieses Sozialschmarotzer-Gebaren der Herren Albrecht und Schwarz aktiv mit seinem eigenen Geld und nimmt sich das, was er beim Einkauf angeblich spart, quasi mit der anderen Hand wieder aus dem Portemonnaie!

Also, kurz und gar nicht gut, mein leicht polemisches Fazit: Der Einkauf bei Discountern ist ignorant, unsozial und zerstörerisch (von dieser Einschätzung nehme ich diejenigen, die auf Grund ihrer persönlichen finanziellen Lage quasi dazu gezwungen sind, so billig wie nur irgend möglich einzukaufen, natürlich aus). Und, nein, Biowaren bei Aldi & Co. zu kaufen, ist KEIN „politischer Konsum“, sondern unterstützt ebenfalls nur dieses ausbeuterische und kranke System, statt nachhaltigere Alternativen zu fördern (auf dieses Thema werde ich noch mal in einem gesonderten Beitrag eingehen). Deswegen sollte sich auch bloß niemand von der neuen scheinheiligen Lidl-TV-Reklame einlullen lassen – das Discount-Prinzip ist und bleibt eine Abwärtsspirale, für uns alle.

Ein Kommentar der Süddeutschen Zeitung zur neuen Südwind-Studie soll meine Ausführungen beschließen – „Discounter in der Kritik – Wer auf Aldi zeigt…“:

Wer dies alles empörend findet, mag sich nun über Aldi aufregen – aber eines nicht vergessen: Wer mit dem Finger auf andere zeigt, zeigt immer auch mit drei Fingern auf sich. Ein Computer, der bloß 499 Euro kostet? Winterstiefel für 19,99 Euro? Lattenrost für 39,99 Euro? Dass an diesen Preisen irgend etwas nicht stimmen kann, konnte sich im Grunde jeder schon immer denken.

Und wer es jetzt nicht weiß, der will nicht wissen, sondern haben.

[Eins muss ich natürlich der Gerechtigkeit halber anmerken – diverse der oben aufgeführten Kritikpunkte betreffen nicht exklusiv nur die Discounter, sondern mittlerweile (wenn auch i.d.R. in abgeschwächter Form) ebenso generell große Handelsketten. Denn auch Markenware kann unter ausbeuterischen Bedingungen hergestellt werden (siehe Nike, H&M), so dass man dort den höheren Preis nicht für höhere Qualität, sondern fürs Image und die aufgemotzten Reklamekampagnen bezahlt. Deswegen sollte man sehr gut schauen, wo man kauft – Produkte, die NICHT von den weltweiten operierenden Megakonzernen stammen, sind schon mal eine gute Idee…]

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Wer nach alledem Discounter immer noch für tolle Einkaufsmärkte hält, dem habe ich noch eine Reihe weiterer Informationen anzubieten. So hatte Attac München 2005 eine Aktion gestartet, um auf die Missstände speziell bei Lidl hinzuweisen und dafür ein sehr gut gelungenes Adbusting eines Lidl-Werbezettels erstellt. Diesen Flyer könnt Ihr Euch hier herunterladen. Ideal zum Ausdrucken, Weiterverteilen und Aufklären ist auch dieses darauf basierende, im Internet kursierende doppelseitige Flugblatt.

Noch mehr Hintergrundwissen:

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Lidl/Aldi/Discounter – Profite auf Kosten der Allgemeinheit, oder: Die Spirale abwärts. Teil 1/2

lidlattacWer diesen Blog (und auch meinen musikbezogenen Coast Is Clear) seit einer Weile verfolgt, wird wissen, dass der Kampf gegen die Discounterschwemme und den Billigwahn von Anfang an ein wichtiges Thema für mich war. Schon seit längerem wollte ich an dieser Stelle eine ausführlichere Analyse der fatalen Folgen dieses Geschäftsmodells für Umwelt, Menschen und Gesellschaft schreiben – seit einigen Tagen ist ja auch in den Mainstreammedien das Interesse an Aldi, Lidl & Co. neu aufgeflammt. Ausgelöst nicht zuletzt durch den TatortKassensturz“ am letzten Sonntag, in dem es um die schlimmen Arbeitsbedingungen beim fiktiven Discounter „billy“ ging, und die anschließende Diskussionsrunde bei Anne Will mit dem Thema „Harte Bandagen beim Discounter” und Schilderungen von Betroffenen, die unter den Schikanen bei Lidl etc. zu leiden hatten und haben.

Dies nehme ich nun mal zum Anlass, genauer darzulegen, wieso Discounter ein Verarmungsmodell für uns alle (abgesehen von den Discountmilliardären selbst) und grundsätzlich nicht zu akzeptieren sind. So mancher Kritikpunkt an den Billigheimern ist natürlich schon länger bekannt, nur werden entsprechende Diskussionen meines Erachtens oft zu verengt geführt, d.h. sie berücksichtigen in der Regel nur einzelne Aspekte des leider sehr vielschichtigen und auch mit anderen Entwicklungen in der Wirtschaft & Gesellschaft verzahnten Problemfeldes. In meiner Buchrezension von Franz Kotteders Buch „Die Billig-Lüge. Die Tricks und Machenschaften der Discounter“ hatte ich vor einer Weile einige der Angriffspunkte ja bereits angerissen und dort auch erwähnt, dass die Mehrzahl der Discount-Kunden keineswegs zu den Einkommensschichten gehören, die quasi gezwungen sind, zu sparen, wo es nur geht, sondern es sich sehr wohl leisten könnte, andere Geschäfte zu besuchen.

Also, was ist so schlimm an der Aldisierung der Welt? Geld zu sparen und Lebensmittel und sonstige Waren für niedrigere Preise als im „normalen“ Einzelhandel zu kaufen, ist doch eigentlich eine tolle Sache? Ist Geiz nicht geil? Und tauchen Discounter-Produkte nicht bei Waren- und Geschmackstests immer mal wieder auf erstaunlich oberen Plätzen auf, trotz ihres billigen Preises? Wieso also mehr zahlen für eine (vermeintlich) mehr oder weniger vergleichbare Leistung?

Diese Fragen und Entgegnungen sind wohl die häufigsten, die man in entsprechenden Diskussionen zu hören bekommt. Es sind Äußerungen, die ausschließlich die (vermutete) kurzfristige Eigennutzenmaximierung ins Zentrum der Argumentation stellen und die demnach dem in unserem neoliberalen Wirtschaftssystem weithin propagierten Credo des schnellen Profits, der Quartalszahlenfixierung, kurz, dem „Nach mir die Sintflut / Hauptsache, mir geht’s gut“ perfekt entsprechen. Doch wie meistens bei extrem kurzsichtigen Betrachtungsweisen komplexer Abläufe werden die Mittel- bis Spätfolgen, die nicht nur zukünftige Generationen, sondern auch schon die Geizkäufer und Knauser selbst betreffen dürften, sowie die oft skandalösen Bedingungen, unter denen die Billigware aus dem Boden gestampft und vertrieben wird, von solchen Leuten komplett übersehen und unter den Teppich gekehrt.

Beginnen wir mit dem Punkt, den auch der Tatort und Anne Will besonders hervorhoben – den miesen Arbeitsbedingungen bei den Discountern selbst. Jedem, der sein Gehirn mal kurz einschaltet, sollte klar sein, dass die Discounter ihre billigen Preise primär auf Grund extremer Einsparungen erreichen können (und nicht etwa wegen großer Abnahmemengen oder spartanischer Architektur). Und da Mitarbeiter einen wesentlichen „Kostenfaktor“ für jede Bilanz darstellen, wird hier „natürlich“ (der Logik des Marktes folgend) als erstes gespart. Dies wirkt sich derart aus, dass in Discountläden weniger Menschen arbeiten als sonst im Einzelhandel üblich (=> höhere Belastung für den Einzelnen sowie generell steigende Arbeitslosigkeit im Sektor) und diese zudem noch schlechter bezahlt werden und generell unterhalb der üblichen Sozialstandards, wie man sie in reichen Ländern erwarten dürfte, schuften müssen.

aldi_250Beispielsweise verfügen gerade einmal 7 der ca. 3000 Lidl-Filialen in Deutschland über einen Betriebsrat, und auch die anderen Ketten wie Aldi und Schlecker unternehmen alles, um Betriebsräte zu verhindern und diejenigen, die sich gewerkschaftlich engagieren, psychisch unter Druck zu setzen und gar aus der Firma zu mobben (u.a. nachzulesen bei Kotteder). Der als-ob-leben-Blog präsentierte vor einigen Tagen eine kleine Auswahl aus tausenden von Beiträgen, die Betroffene im Discount-, aber auch dem sonstigen Handelsbereich nach der Anne Will-Sendung in den dortigen Blog schrieben und die einen erschreckenden Einblick in die Arbeitssituation heutzutage geben:

Hier mal einen kleinen Einblick in den Arbeitstag von mir und meinen Kollegen im Discounter.2 Frauen haben freiwillig gekündigt, weil sie den Druck nicht mehr aushalten konnten, ein Kollege hat sich runterstufen lassen vom Filialleiter zum stellv. Filialleiter (weniger Stunden) und ein Kollege ist so nervlich kaputt, dass er jetzt beim Arzt war und am Montag zum Nervenarzt überwiesen wurde, ganz zu schweigen von den Kolleginnen, die sich einen neuen Job gesucht haben – und das alles in eineinhalb Jahren.

Oder:

Folgendes hat sich bei mir zugetragen.
Eine Angestellte im 7 Berufsjahr wurde zu teuer.
Ich bekam vom Bezirksleiter die Anweisung “die muss weg ist zu teuer“
Ich habe nichts unternommen (Diebstahl unterschieben u.a)
Dann wurde ich aus meinem Urlaub zu Feierabend in die Filiale bestellt.
Der Bezirksleiter setzte mich und die Angestellte in den Aufenthaltsraum.
Der BZ-Leiter plusterte sich in seiner Manneskraft auf und warf der Angestellten Diebstahl vor. Sie stritt ab. Er wurde lauter und drohte!! Der BZ-Leiter erhöhte die Drohungen bis die Angestellte endlich nach gab und unter Tränen ihre Eigenkündigung schrieb.
Dann gingen alle nach Hause. Ich wusste nicht wie mir geschah.
Die Angestellte ging vor Gericht.
Ich musste aussagen.
Vor meiner Aussage wurde mir nahe gelegt, dass ich Alleinverdiener bin 3 Kinder und gebaut habe. Ich würde doch wissen, wer mein Arbeitgeber ist.
Ich der Zwangslage und unter Angst meine Existenz zu verlieren habe ich doch die Wahrheit gesagt.
Danach wurde ich so lange gemobbt bis ich selbst gekündigt habe.
Ein ex Aldi Marktleiter

aldi-chefs_250Ähnliche Schilderungen finden sich schon seit längerem auch auf der Seite Chefduzen – es lohnt sich, den dortigen Beitrag bzw. den Thread „Ob Lidl, Schlecker oder Aldi“, durchzulesen (hier als pdf, falls nicht mehr online). Er beginnt mit dem Zitat des Artikels „Fiese Arbeit – Alle unter Kontrolle“ aus der ZEIT vom 17.11.2005:

Ob Lidl, Schlecker oder Aldi – bei den Discountern regieren die Patriarchen. Und die Mitarbeiter dürfen nur eines: Funktionieren

(…) In einigen Filialen von Lidl kontrolliert bereits der Kassencomputer die Kassiererinnen. Pro Minute müssen sie mindestens 40 Artikel über den Scanner ziehen; Neulinge haben vier Monate Zeit, um die hohe Schlagzahl zu erreichen. Erzeugt wird eine Atmosphäre der Angst: Eine Verkäuferin aus Bremen berichtet, aus Furcht vor Kündigung mit hohem Fieber so lange im Laden gestanden zu haben, bis sie zusammenbrach. Lidl will sich zu einzelnen Vorwürfen nicht äußern.

(…) Der US-Handelsgigant Wal-Mart wollte seinen hiesigen Angestellten sogar ins Liebesleben hineinregieren und verbot ihnen Anfang des Jahres »private Beziehungen/Liebesbeziehungen« untereinander. Am Montag erklärte das Landesarbeitsgericht Düsseldorf diesen Teil der »Unternehmensethik«-Richtlinie für rechtswidrig. Wal-Mart betonte, man habe nur Abhängigkeitsverhältnisse verhindern wollen.

Von den Überwachungsskandalen speziell bei Lidl (für die das Unternehmen auch gerichtlich verurteilt wurde) hatte ich an dieser Stelle ja schon mal berichtet – und dass diese Art des „Mitarbeiterhandlings“ sich leider bei den anderen Ketten in ähnlicher Weise wiederfindet, zeigt z.B. dieser Bericht über Bespitzelungen bei Plus (die Staatsanwaltschaft ermittelt auch in diesem Fall).

Dieses war der erste Streich – morgen folgt Teil 2 meines Discount-Diskurses, in dem es um all die anderen üblen Auswirkungen der Billigheimer-Schwemme geht.

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Die Masche der Discounter – Billig-Eier

Dass ich nichts vom zerstörerischen Geschäftsmodell der Discounter halte, dürfte langjährigen Lesern meines Blogs inzwischen bekannt sein. Zu viel Schaden richtet der Billigwahn, das Preis-Gedrücke von Aldi, Lidl & Co. in der Umwelt und der Gesellschaft an. In der NDR-Sendung Markt gab es neulich einen schönen Beitrag, der am Beispiel der Eier-Produktion zeigte, wie die Billigbuden ihre Zulieferer und Landwirte in einen ruinösen Preiskampf treiben, unter dem nicht zuletzt die Tiere leiden, die schon jetzt in der Massentierhaltung unter unwürdigen Bedingungen als reines Produktionsmittel und nicht mehr als Lebewesen gelten. „Billig-Eier vom Discounter“:

Zur Freude vieler Verbraucher liefern sich einige Discounter zurzeit eine Preisschlacht bei Eiern. Aber wer profitiert von den Niedrigpreisen? Markt über die Hintergründe.

 

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Okt
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Primark – Mode zum Wegwerfen

Über das Discounter-Unwesen schreibe ich hier im Konsumpf ja praktisch schon von Anfang an. Zu verheerend sind die Auswirkungen von Aldi, Lidl, KiK & Co. auf Mensch und Umwelt (siehe z.B. HIER), und die Folgen des Billigwahns, der mittlerweile so selbstverständlich geworden ist, dass Konsumenten ihn kaum noch hinterfragen, bekommen vor allem die Menschen ab, die in ärmeren Ländern unseren Billigschund produzieren. Wer sich noch an die beiden Panorama-Dokumentationen über KiK erinnert, die deutlich zeigten, was es bedeutet, wenn ein Unternehmen an einem T-Shirt für zwei Euro fuffzich noch ordentlich Gewinn macht (siehe die YouTube-Videos HIER und HIER), der wird vermutlich auch nicht erstaunt sein, wenn er nun in der neuen Folge der ZDF Zoom-Reihe (die ich generell nur empfehlen kann!) sieht, was die englische Billigmodekette Primark so für Schäden anrichtet. Nicht zuletzt auch in den Köpfen der (meist jungen) KonsumentInnen – Kleidung, die man gar nicht mehr wäscht, sondern nach dem Tragen wegschmeißt… hallo, geht’s noch?! So langsam erreicht der Konsumismus wirklich schwer zu ertragende Dimensionen.

Wer immer der Illusion vom „kritischen“ oder „aufgeklärten“ Konsumenten anhängt, der sieht sich angesichts solcher Entwicklungen leider eines Schlechteren belehrt. Ich weiß gar nicht, was ich ekliger finden soll – die völlige Ignoranz der Konsumenten, die sich dann auf YouTube mit ihren Billigkäufen brüsten (hier sieht man, dass in unserem System die Formeln „Ich kaufe, also bin ich“ oder „Ich bin, was ich kaufe“ gelten) oder die Rücksichtslosigkeit des Konzerns, der auf dem Rücken der Arbeiter sein Zeug unter die Leute bringt und sinnlosen Konsum anfacht. Ehrlich gesagt ist es schwierig, hier einen Ansatzpunkt für Verbesserungen zu finden, da eben die grundsätzliche Entwicklung fatal ist und im Grunde ein Umdenken auf gesellschaftlicher Ebene bedeutet, beispielsweise, indem Konsum nicht mehr als „cool“ gilt…
Mode zum Wegwerfen“:

Schubsen, drängeln, kreischen – wo auch immer in Deutschland eine PRIMARK-Filiale eröffnet, herrscht Ausnahmezustand. Der irische Textil-Discounter erobert mit seiner Wegwerfmode die Fußgängerzonen. Bisher sind es in Deutschland zehn Filialen, acht weitere sind schon angekündigt. Immer Riesenverkaufsflächen, immer Toplagen. Ein Paradies für Teenager: hip wie H&M und billig wie KiK.

Ein T-Shirt für zwei Euro, eine Hose für elf Euro. Viele Fummel werden aufgrund ihres Spottpreises nicht einmal anprobiert, geschweige denn später gewaschen. Kaufen, anziehen, wegwerfen. Auf dem Internetportal Youtube tummeln sich begeisterte Teenies mit Videos über ihre Einkaufsbeutezüge, genannt „PRIMARK-Hauls“.ZDFzoom fragt: Wie kann PRIMARK so billig sein? Wenn ein T-Shirt nur zwei Euro kostet, dann muss irgendwo auf der Welt jemand den Preis dafür zahlen, sprich: für sehr wenig Geld sehr viel arbeiten. ZDFzoom macht sich auf die Suche: Laut Firmenangaben lässt PRIMARK unter anderem in Bangladesch produzieren, in rund 100 Fabriken. Als eine von vielen Textilketten ließ PRIMARK auch im Rana-Plaza-Gebäude in der Nähe der Hauptstadt Dhaka fertigen. Im April 2013 stürzte das Gebäude ein. Mehr als 1100 Menschen verloren ihr Leben, größtenteils Textilarbeiterinnen.

Ein penetranter Geruch

Immer wieder klagen Kunden über einen unangenehmen „giftigen“ Geruch in den PRIMARK-Geschäften. ZDFzoom forscht nach: Woher kommt der penetrante Geruch? Ist die Raumluft durch Schadstoffe aus den Textilien belastet?
In Internet-Foren finden sich immer wieder Berichte von PRIMARK-Kunden über Hautprobleme und allergische Reaktionen. Welche gesundheitlichen Risiken sind mit dem Tragen der Billigmode verbunden – zumal junge Leute vieles ungewaschen anziehen?
Anne Kauth und Ulli Rothaus gehen in der ZDFzoom Dokumentation „Mode zum Wegwerfen – Das Prinzip PRIMARK“ dem neuen Trend zur Wegwerfmode auf den Grund.


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Zeitbombe Steuerflucht – Wann kippt das System?

Vor einigen Monaten hatte ich hier in meinem Blog schon einmal eine Dokumentation empfohlen, in der es um das Thema Steuerflucht bzw., höflicher formuliert, „Steuervermeidung“ oder „Steuerminimierung“ insbesondere der großen international tätigen Konzerne ging („Flucht in die Karibik“). Denn während die Firmen von der Infrastruktur und allen anderen Vorteilen, die die Gesellschaften ihnen zur Verfügung stellen, profitieren, versuchen sie gleichzeitig alles, so wenig Geld wie möglich wieder zurückzugeben. Dieses Schmarotzer-Prinzip praktizieren nicht nur die Discounter wie Aldi oder Lidl seit Jahrzehnten, sondern vermehrt alle Unternehmen – vor allem börsennotierte, die ihren Aktionären und damit den Aktienkursen verpflichtet sind. Gleichzeitig – und das ist das Perfide, das mich selbst auch seit langem stört und was mit einer der Gründe war, diesen Blog hier ins Leben zu rufen – spielen sich die selben Firmen, die ihre Gelder minimal versteuert in irgendwelche sogenannten Steueroasen verschiffen, als große, tolle Gönner auf, gaukeln den Menschen in ihrer Reklame eine heile Welt vor und suggerieren, dass sie sich tatsächlich um die Menschen scheren würden. Am Arsch, wie man in gewissen Kreisen sagen würde.

Dass dieses System nicht ewig so weitergehen kann, sollte eigentlich jedem klar sein, der Eins und Eins zusammen zählen kann. Leider besteht die unbestechliche „Logik“ des neoliberalen, markthörigen Denkens in einer erschreckenden Kurzsichtigkeit und neigt dazu, davon auszugehen, dass alles immer so weitergehen könnte und würde. Die Optimierung des Eigennutzes der Konzerne wird früher oder später zu einem Ausbluten und Implodieren sozialer Systeme führen – wie ein Krebsgeschwür zerstören die Firmen damit aber am Ende auch sich selbst. Dass das keineswegs nur düstere Hirnegspinste meinerseits sind, sondern reale Gefahren, hat auch die aktuelle ARTE-Dokumentation „Zeitbombe Steuerflucht – Wann kippt das System?“ eindringlich gezeigt. An all das sollte man denken, bevor man das nächste Mal im Supermarkt wieder leichtfertig ein Produkt eines multinationalen Konzerns in seinen Einkaufskorb wandern lässt… Übrigens sind die Rundfunk- & Fernsehgebühren für solche Sendungen mal ausnahmsweise sehr gut angelegt!

Internationale Konzerne können Milliardengewinne erwirtschaften, ohne Steuern zahlen zu müssen. Wohlhabende Bürger wiederum bringen ihre Reichtümer mit Hilfe des Schweizer Bankgeheimnisses oder durch in Jersey ansässige Firmen vor dem Fiskus in Sicherheit. Finanzexperte und Journalist Xavier Harel bietet einen fesselnden Einblick in den Wirtschaftszweig Steuerflucht. Er enthüllt Steuersparmodelle, reist in Steuerparadiese und deckt den Zynismus der Banken auf.

WANN KIPPT DAS SYSTEM? Gerade erst mit dem Geld der Steuerzahler gerettet, erarbeiten die Banken neue Strategien, um ihren reichen Kunden die Steuerhinterziehung zu ermöglichen. Die Entlarvung von Steuerflüchtlingen wie Amazon und Total macht begreiflich, wie die tiefen Löcher in Europas Staatskassen entstehen konnten.

Man stelle sich vor, ein jeder könnte selbst entscheiden, ob er Steuern zahlen will, und trotzdem die von der Allgemeinheit finanzierten, sozialstaatlichen Dienstleistungen (Gesundheit, Bildung, Sicherheit, öffentlicher Nahverkehr usw.) in Anspruch nehmen. Das ist keine Utopie – es ist heute Realität.

Internationale Konzerne können Milliardengewinne erwirtschaften, ohne einen einzigen Euro Steuern zahlen zu müssen. Wohlhabende Steuerzahler wiederum bringen den Großteil ihrer Reichtümer mit Hilfe des Schweizer Bankgeheimnisses oder durch in Jersey ansässige Firmen vor dem Fiskus in Sicherheit.

Ganze Staaten drohen inzwischen aufgrund der immer umfangreicher werdenden Steuerflucht zusammenzubrechen. Schätzungsweise 20 bis 30 Billionen Dollar werden jedes Jahr in Steuerparadiesen versteckt. Dies entspricht zwei Dritteln der weltweiten Schulden.

Der französische Finanzexperte, Journalist und Autor Xavier Harel bietet einen faszinierenden, lehrreichen Einblick in den Wirtschaftszweig Steuerflucht. Er reist dafür auf die Cayman-Inseln, ins amerikanische Delaware, nach Jersey, in die Schweiz und nach Großbritannien.

Mit einer Prise Humor enthüllt Harel die meisterhaft erdachten Steuersparmodelle von Colgate, Amazon und Total und stellt auch die großen Beratungsfirmen wie KPMG, Ernst & Young sowie PricewaterhouseCoopers für ihre Mithilfe bei der Plünderung der Gesellschaft an den Pranger.

Zuletzt zeigt er den unglaublichen Zynismus von Banken wie UBS oder BNP auf. Gerade erst mit dem Geld der Steuerzahler gerettet, helfen sie ihren gut betuchten Kunden weiterhin dabei, ihre Reichtümer am Fiskus vorbeizuschleusen. Doch die Steuerflucht hat ihren Preis. In Griechenland zeigt Xavier Harel, wie ein europäisches Land Pleite ging, weil es nicht in der Lage war, Steuern einzutreiben. Und alle Länder sind vom Bankrott bedroht, wenn es nicht gelingt, den ungeheuerlichen Privilegien der Konzerne und reichen Steuersündern Einhalt zu gebieten.


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Mrz
28
2013
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Adbusting Workshop in Berlin

Diesen Aufruf der BUNDjugend Berlin will ich doch gerne an Euch weiterleiten – Adbusting in Aktion!

———–

Ad-Busting Workshop bei der BUNDjugend Berlin

Die Welt der Werbung umgestalten

Keine Lust auf Werbung! Man kann sich ihr praktisch gar nicht entziehen. Werbung steuert unser Konsumverhalten, schönt das Image von Großkonzernen, Organisationen und Politikern und tischt uns märchenhafte Lügen auf.

Doch man kann etwas dagegen tun – Adbusting!

Was das ist? Adbusting ist Straßenkunst, sozusagen eine kreative Kritik an unserer Konsumgesellschaft. Bestehende Werbung wird mit kleinen aber feinen Veränderungen eine neue Bedeutung verliehen oder sogar komplett umgekehrt. Dies gibt es auch auf digitaler Ebene.

Interesse in eine Einführung in diese Kunst? Dann kommt zum Ad-busting Workshop der BUNDjugend Berlin, in dem wir von einem angesehenen Referenten in der Szene angeleitet werden.

Der Workshop soll ganz unter dem Stern des baldigen Atomforum-Treffen hier in Berlin stehen und sich mit dessen Tücken auseinandersetzen.

Kurz und knackig:
Wann? 19.04-21.04.2013
Wo? in der Landesgeschäftsstelle der BUNDjugend Berlin
Erich-Weinert-Straße 82 (bei der S-Bahn Station Prenzlauer Allee)
Wie viel? 25 Euro für 2 ½ Tage

Anmeldungen oder weitere Fragen schreibt ihr einfach an Veronika (Kontakt: veronika@bundjugend-berlin.de)

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Written by Peter M. in: Adbusting,Aktionen | Schlagwörter: ,
Mrz
06
2013
2

H&M – der karitative Konzern?

Es ist doch immer wieder goldig, wenn multinationale Konzerne versuchen, sich mit Hilfe des sog. Greenwashings ein besseres Image zu verschaffen. Die schwedische Modekette H&M hatte in den letzten Jahren mit einer Vielzahl von Problemen zu kämpfen, da das via Reklame transportierte Saubermann-Image nicht so recht zu den tatsächlichen Arbeitsbedingungen in den Fabriken passt, die für das Unternehmen die hierzulande so günstigen Klamotten zusammennähen. Doch nun tritt H&M die Flucht nach vorn an und versucht sich mit einer neuen Idee zu präsentieren und dabei nebenbei auch gleich noch weitere Kundenbindung zu betreiben – quer berichtet in „Altkleiderkampf: H&M bringt Sozialdienste in Not“ über die neuesten Umtriebe dieser Firma:

Abgetragene Kleider können ein einträgliches Geschäft sein: 450 Euro pro Tonne lassen sich derzeit damit erzielen. Bisher haben meist karitative Organisationen ihre sozialen Dienste damit teilfinanziert. Doch jetzt haben auch klamme Kommunen und Bekleidungsunternehmen diesen Markt entdeckt. Die Modekette H&M bietet seit dieser Woche ein Einkaufsgutschrift von 15% auf abgegebene Altkleider. Das soll die Umwelt schützen – steigert aber vor allem das Image der Billigmarke. Ein plumper Versuch von “Greenwashing” (was ist das?), der Sozialdiensten den Markt abgräbt?

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Written by Peter M. in: Globalisierung,Konsumkritik,Konzernkritik | Schlagwörter: , ,
Nov
23
2012
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Starbucks, Google & Co. – die schmarotzenden Großkonzerne

So, bevor der Blutdruck zum Wochenende hin gar zu tief in den Keller sackt, hier ein kleiner Aufreger aus der ARD-Sendung Monitor, um das Blut wieder in Wallung zu bringen – „Google, Starbucks & Co.: Milliardengewinne fast steuerfrei“. Natürlich ist es für regelmäßige Leser meines Blogs nichts wirklich Neues, zu erfahren, dass die großen Unternehmen ihre Gewinne auf Kosten der Allgemeinheit machen und ihre Marktmacht durch politisches Zutun (oder zumindest politisches Nichtstun) weiter wächst, zum Schaden kleinerer Anbieter. Ich denke da nicht nur an die obskuren, ausschließlich der Steuervermeidung dienenden Firmenkonstruktionen bei Aldi & Lidl, sondern z.B. auch an Ikea.

Internationale Unternehmen wie Starbucks, Google, Facebook oder Apple machen in wohlhabenden Ländern wie Deutschland Milliardenumsätze – doch Steuern zahlen sie darauf kaum. Mit legalen Tricks verlagern sie ihre Gewinne statt dessen in Länder mit niedrigen Steuersätzen. So machte Google 2010 international einen Gewinn von 5,8 Mrd. Dollar und zahlte darauf nur 3% Steuern. Bei anderen Unternehmen sieht es ähnlich aus. Die EU könnte nur mit Zustimmung aller Mitgliedsstaaten dagegen vorgehen. Doch weil einige EU-Länder selbst von dem System profitieren, gilt das als sehr unwahrscheinlich. Bundesfinanzminister Wolfgang Schäuble hat trotzdem kämpferisch verkündet, gegen diese Steuertricks vorzugehen. Was er verschweigt: In Deutschland ermöglicht es die Regierung den Konzernen, ihre Steuerzahlungen geheim zu halten – so dass die Öffentlichkeit die schlechte Steuermoral vieler Konzerne in Deutschland nicht nachvollziehen kann

P.S.: Und denkt dran, dieses Wochenende ist Buy Nothing Day – der perfekte Anlass, von obigen Firmen schon mal nichts zu kaufen.

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Lidl-Check/McDonald’s-Check – Gedanken zu den „Markenchecks“ in der ARD

Da es ja nun nicht gerade an der Tagesordnung ist, dass Konzernkritik im Fernsehen zur besten Sendezeit ausgestrahlt wird (statt auf einem Sendeplatz nach 23 Uhr verbannt zu werden), möchte ich auf die ARD-Markenchecks noch einmal eingehen – zwei der 45minütigen Dokus liefen bisher, in denen einmal Lidl und enmal McDonald’s „auf den Zahn gefühlt“ wurde. Ich hatte in meiner Ankündigung des Lidl-Checks ja schon gewisse Zweifel an der Härte und Tiefe der in solchen Sendungen anklingenden Kritik geäußert:

… wobei man halt nie so weiß, was am Ende herauskommt, denn wenn sich Fernsehsender mit Aldi, Lidl & Co. beschäftigen, werden meistens nur Teilaspekte betrachtet, also die miesen Arbeitsbedinungen oder Bespitzelungen o.ä. aber selten die fatalen Auswirkungen für die Umwelt und die Gesellschaft als Ganzes, die durch die Billigspirale ausgelöst werden. Aber vielleicht bildet die ARD-Sendung da heute eine löbliche Ausnahme!

Gleich vorweg muss ich dazu sagen, dass ich mir die beiden besagten Markenchecks bislang nicht angeschaut habe (und dies wohl auch nicht mehr vor habe) – ich kenne aber die früheren „baugleichen“ Markenchecks, die vor einigen Monaten im WDR liefen (z.B. zu Aldi, IKEA und Ferrero), und ich habe jetzt einige Berichte und Kommentare zu diesen Sendungen gelesen, die meinen oben geäußerten Zweifel erhärten. Zum Beispiel schreibt der Spiegel in „Die öffentlich-rechtliche Burger-Wehr“:

(…) So gesehen ist der “McDonald’s-Check” also durchaus unbequem – auch wenn ein ziemlich gerissenes Quoten-Konzept dahintersteckt: Der Film ist Teil der Service-Reihe “Der Marken-Check”, in der die Versprechen großer populärer Konzerne geprüft werden. Das heißt, die Macher können mit kritischer Haltung auftreten – und gleichzeitig mit Namen klingeln, die jedem geläufig sind. Dass die Rechnung aufgeht, bewies letzte Woche der “Der Lidl-Check”, den 6,3 Millionen Zuschauer sehen wollten. Für ein Doku-Format ist das eine echte Quotensensation.

Das Ergebnis kommt nicht von ungefähr – beim “Marken-Check” im Ersten steht Infotainment vor investigativer Recherche, die Attitüde vor der Analyse. So lässt sich der McDonald’s-Report an diesem Montag schwerlich als lückenlose Beweisführung lesen, mit der dem Fast-Food-Riesen Mitarbeiter-Ausbeutung und zweifelhafte Fleischverwertung nachgewiesen werden kann. Vielmehr geht es darum, eine Art Diskussionsanstoß über die Schnellfraßkultur und die ihr eigenen Verarbeitungs- und Verbreitungswege zu geben. Eine ideale Rampe für einen Gesellschafts-Talk wie Frank Plasbergs “Hart aber fair”, der am Montag im Anschluss eine Diskussion unter dem Motto “Billig, schnell und fett – machen Burger und Discounter unser Essen kaputt?” leitet.

So kommt der “McDonald’s-Check” als unterhaltsames Burger-Bashing daher – echte Vergehen jenseits jener gegen den guten Geschmack können allerdings nicht nachgewiesen werden. (…)

(…) Einen gewissen Respekt nötigt einem diese Primetime-Sendung dennoch ab. In seiner aktuellen Werbe-Kampagne inszeniert sich McDonald’s als eine Art Volksbildungsinstitut, das mit seiner Personalpolitik Kindern aus bildungsfernen Haushalten den Karriereeinstieg ermöglicht. Die Bratstube als Vorspiel zur Management-Laufbahn? Bei so viel Zynismus ist ein etwas verkürztes Aufklärungsfilmchen wie “Der McDonald’s-Check” allemal erlaubt.

So schön es ist, dass sich Fernsehschaffende tatsächlich mal die Machenschaften und teils dubiosen Methoden von Großkonzerne vorknöpfen und dies dann auch zur Primetime bringen – immerhin waren die beiden bisherigen Checks echte Quotenbringer für das ARD –, so gut es mir auch erscheint, dass so auf die etwas sanftere Art Zweifel an den sonst oft genug unterhalb des Amüsierbetriebsradars operierenden und sich in Imagekampagnen und Martketing blendend darstellenden Unternehmen unters Volk gebracht wird, so sehr muss man auch anzweifeln, ob hier nicht die Chancen auf tiefergehende Kritik mit weiterreichenden Folgen für die Firmen verschenkt werden. Bei der Doku über McDoof wäre beispielsweise zwingend anzumerken gewesen, unter welchen Bedingungen das Fleisch hergestellt wird, was dieses Ankurbeln von billigem Fleischkonsum für die Umwelt, für die Tiere, letztlich auch für die Menschen und die Vielfalt der Esskultur etc. bedeutet.

Eins ist klar – und hier zeigt sich mal wieder der schädliche Griff der Werbung auf eine freie Gesellschaft –, zu einem Frontalangriff auf besagte Großkonzerne kann man als Fernsehsender, der auch von den Werbekunden lebt, nicht blasen (man darf sich ja nicht den Ast absägen, auf dem man sitzt!). Da ist es dann doch besser, es bei einem mahnenden Zeigefinger zu belassen und die Menschen nicht zu sehr aufzuklären. Der Spiegel hakt hier in einem weiteren Artikel noch mal nach – „Info-Offensive – Quote machen mit Lidl, McDonald’s, H&M“:

Das Erste auf dem Verbraucherschutz-Trip: Mit der Reihe “Marken-Check” über Lidl oder McDonald’s fährt die ARD Top-Quoten ein. Trotzdem will der Programmchef seinem Publikum lieber nicht zu viele konfrontative Reportagen zur Primetime zumuten. Eine Entscheidung gegen die Zuschauer.

(…) ARD-Programmchef Herres ist über den Publikumserfolg selbst ganz hin und weg: “Erwartet habe ich es nicht”, gibt er auf Anfrage von SPIEGEL ONLINE zu. “Aber gehofft schon. Wenn man den Statistiken Glauben schenken darf, kaufen 80 Prozent der Deutschen bei Discountern. Hier geht es also um ‘Alltag’, um gelebte Erfahrung. Es ist die persönliche Betroffenheit des Publikums, die zieht.” (…)

(…) Oder vielleicht doch? An vier Werktagen laufen auf der 20.15-Uhr-Schiene ausschließlich fiktionale Formate, könnte man da nicht irgendwo zwischen der Nonnen-Soap “Um Himmels Willen” am Dienstag und dem Badelatschen-Schmonzes “Das Traumhotel” am Freitag in der Primetime ein kleines Plätzchen für ein Info-Format finden? Wie wäre es zum Beispiel, wenn man sich einfach von den B-Krimis, die den Donnerstagabend verstopfen, freimachte?

Da dämpft der Programmdirektor lieber schnell allzu hohe Erwartungen: “Nun haben wir ja die Primetime bereits am Montag ein Stück weit für härtere Information geöffnet”, so Herres. “Aber auch Fiktionales und Unterhaltungssendungen brauchen gute Sendeplätze. Großflächige Veränderungen sind nicht geplant.”

Ab übernächster Woche ist dann also erst mal wieder alles wie gehabt in der ARD-Primetime am Montag. Dann röhrt wieder das Kamel.

In der taz-Kolumne nimmt Josef Winkler kein Blatt vor den Mund und legt den Finger an die Wunde der Halb-Weichspül-Dokus – „Wortklauberei: Lidl-Dreck-Heckmeck“:

(…) Nach 35 Minuten Rumgeplänkel und Popanz mit Testkäufern, die mit Stoppuhren in Supermärkte latschen, um zu “checken”, wie lang sie dafür brauchen, irgendwelches Zeugs zu kaufen (Stichwort: “Stress im Laden”), Billigmarmelade schleckenden Probanden, einem Verbraucherexperten, der in einem “virtuell nachgebauten Lidl” erklärt, dass es psychologisch total wichtig ist, wie das Gemüse präsentiert ist, weil der Kunde daraus auf den Rest des Ladens schließt (Schlüsse aus dieser redundanten Information wurden keine gezogen, und warum man einen virtuell nachgebauten Lidl brauchte, blieb auch unklar, aber Hauptsache, der Tricktechniker vom WDR war beschäftigt und ein Experte hat irgendwas verzapfen dürfen) – nach knapp 35 Minuten Quasi-Dauerwerbesendung also gings dann in den letzten zehn Minuten beim “Check”-Punkt “Fairness” doch noch in die Vollen:

Auf einmal waren die Reporter in Bangladesch und filmten mit versteckter Kamera in Fabriken herum, wo Frauen für 30 Euro im Monat bis zu 16 Stunden täglich in einem bizarren Akkord, dass nicht einmal Zeit zum Toilettengang bleibt, der aber eh hinfällig ist, weil sie auch nichts essen und trinken dürfen (dafür kriegen sie dann wegen der Mangelernährung Vitaminpillen von der mit deutscher Entwicklungshilfe finanzierten medizinischen Versorgung), Klamotten für Lidl und den europäischen Schnäppchenjäger nähen. (…)

Und dann waren wir wieder zurück beim “Lidl-Check” – beim Fazit der Sendung. Die Reporterin hätte nun freilich die Zuschauer auffordern können, Mistgabeln aus ihren Kellern und Garagen zu kramen und noch diese Nacht gegen die örtliche Lidl-Filiale zu ziehen, diesen gottverdammten Menschenschindern die Bude anzuzünden und sie zum Teufel zu jagen, aber das wäre natürlich etwas wild. Sie formulierte es lieber diplomatischer: “In Sachen Fairness bleibt viel zu tun.”

Genau. Und irgendwer wird das dann schon irgendwie irgendwann tun. Oder anders gesagt: Wir sind dafür, dass sich Lidl vorstellen könnTE, in Sachen Fairness noch viel zu tun. Sind wir doch alle, oder? Man ist ja kein Unmensch.

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Fernsehtipp: Der Lidl-Check

Heute Abend bringt die ARD ab 20:15 Uhr, also zu prominenter Sendezeit, „Der Lidl-Check“. Da die Discounter und ihr Treiben auch zu den wichtigen Themen in meinem Blog gehören, will ich Euch diese Doku nicht vorenthalten – wobei man halt nie so weiß, was am Ende herauskommt, denn wenn sich Fernsehsender mit Aldi, Lidl & Co. beschäftigen, werden meistens nur Teilaspekte betrachtet, also die miesen Arbeitsbedinungen oder Bespitzelungen o.ä. aber selten die fatalen Auswirkungen für die Umwelt und die Gesellschaft als Ganzes, die durch die Billigspirale ausgelöst werden. Aber vielleicht bildet die ARD-Sendung da heute eine löbliche Ausnahme!

Früher sorgte Lidl häufig für negative Schlagzeilen: zuviel giftige Pestizide in Obst oder Gemüse – Mitarbeiter, die bespitzelt wurden. Hat sich hier der Discounter, wie er von sich behauptet, wirklich verbessert? In Preisvergleichen, Produktverkostungen und Laboruntersuchungen sowie in Gesprächen mit ehemaligen und heutigen Mitarbeitern findet der Lidl-Check heraus, was von dem Discounter-Riesen zu halten ist.

Dazu schreibt news.de:

Ein Punkt im Lidl-Check ist deswegen nun auch die Fairness. Und es stellt sich heraus, dass die Arbeitsbedingungnen bei Lidl heute erheblich besser sind als ihr Ruf. Aber das Team vom WDR geht noch erheblich weiter, als nur den Umgang mit Verkäufern in deutschen Supermärkten zu untersuchen. Die Redakteure fahren bis Bangladesch, um die Arbeitskonditionen in Fabriken zu untersuchen, die Textilien für Lidl herstellen.Hauptsache billig

Kaum überraschend, dass das Check-Team dort schnell fündig wird: Während sich im Umgang mit deutschen Angestellten seit den Skandalen 2008 und 2009 einiges getan hat – Gehälter nach Tarif, bezahlte Überstunden und die Möglichkeit zur Gründung von Betriebsräten – sind die Bedingungen der Näherinnen in Bangladesch erschreckend schlecht. Der Mindestlohn liegt bei 30 Euro im Monat, mehr gibt es nur bei vielen Überstunden. Dabei arbeiten die meisten Beschäftigten schon regulär zwischen 10 und 16 Stunden pro Tag.

Gegenüber den verdeckt auftretenden WDR-Journalisten prahlen Fabrikbesitzer mit den billigen Produktionskosten – nirgendwo in der Welt würden Arbeiter weniger Lohn erhalten als hier. Dass man auch in Bangladesch von monatlich 30 Euro nicht leben kann und die meisten Näherinnen in Slums leben und Hunger leiden, ist den Lidl-Bossen offenbar egal. Hauptsache billig produzieren.

Aber das Team vom Markencheck versteift sich nicht auf die Produktionsbedingungen im Fernen Osten, sondern untersucht die deutschen Lidl-Supermärkte auch hinsichtlich Preisvorteil, Stressfaktor und Qualität. Die Redakteure gehen fair vor, vergleichen den Discounter mit seinem Hauptkonkurrenten Aldi und vermeiden es, das Thema reißerisch aufzuarbeiten.

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Written by Peter M. in: Discounter,Ernährung,Konzernkritik | Schlagwörter: , , , , ,

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