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Lesetipps: Bioplastik ist nicht „grün“ / Die Invasion der Nutzlos-Pillen / Banken erfinden Geld aus der Luft / „Map“


[1]Letzte Woche habe ich es endlich geschafft, mir den Dokumentarfilm „Plastic Planet [2]“ anzuschauen, Werner Bootes Reise in die Welt der Kunststoff-Herstellung und -Verwendung. Ich kann vor dem hervorragend gemachten Film nur warnen: er ist starker Tobak und letztendlich, wenn man das, was dort gezeigt wird, zu Ende denkt, sehr deprimierend, da man als einzelner quasi keinen Einfluss auf das hat, was die Industrie mit uns (und der Natur) anstellt. Nicht nur die gesundheitlichen Probleme, die sich bei der Verwendung von Plastik für den einzelnen Menschen ergeben können, finde ich extrem erschreckend, nein, vor allem auch die Schäden, die wir unserer Umwelt, den Tieren, zufügen, sind ungeheuerlich. Dass die Tiefsee bereits von Plastikpartikeln durchsetzt ist, an denen Fische verenden, war mir beispielsweise neu. Und dass es hunderte von Jahren dauert, bis dieses Plastik irgendwann einmal zersetzt ist, macht es um so schlimmer. Boote stellt gegen Ende seines Films eine Firma vor, die Bioplastik herstellt, also Plastik, das nicht aus Öl, sondern aus nachwachsenden, kompostierbaren Rohstoffen wie Maisstärke bestehtt. Dies erschien mir als kleiner Lichtblick, als Hoffnungsschimmer auf einen Ausweg aus dem jetzigen Dilemma. Tja. Dem ist aber leider nicht unbedingt so, wie Johannes Pernsteiner auf Pressetext.de feststellt – „Bio-Plastik ist nicht grün [3]“.Wieder einmal zeigt sich, dass der LOHAS-Ansatz, einfach nur Schädliches durch weniger Schädliches zu ersetzen und ansonsten so weiterzukonsumieren wie bisher, nicht nachhaltig funktioniert:

(…) Jedes Bioplastik hat ihre Tücken, so das Ergebnis. Alle Biopolymere überdüngen die Gewässer und zerstören die Ozonschicht. Zwei der Maisvarianten tragen maßgeblich zur Versäuerung der Umwelt bei, jene auf Maiskörner-Basis braucht zudem beträchtliche Mengen fossiler Treibstoffe. Selbst im Vergleich der krebserregenden Inhaltsstoffe liegt Bioplastik nur im Mittelfeld. Insgesamt am schlechtesten schnitt Hybrid-Plastik ab, das laut den Forschern alle möglichen Nachteile sowohl der Erzeugung als auch der Abbaubarkeit in sich vereint.

Besser vermeiden als ersetzen
Umweltexperten sehen die Suche nach dem am wenigsten umweltschädlichen Kunststoff mit Skepsis. “Die Frage sollte bereits lauten, ob wir diese kurzlebigsten Verpackungsstoffe überhaupt brauchen”, kritisiert Markus Meissner vom österreichischen Ökologieinstitut http://www.ecology.at [4] gegenüber pressetext. Bioplastik sei derzeit noch teuer, werde jedoch von Lebensmittelketten bereits für erste Produktverpackungen verwendet. “Man ersetzt ein Einwegprodukt durch ein anderes. Den ernormen Entwicklungsaufwand dafür sollte man besser für Abfallvermeidung und Wiederverwendung einsetzen”, so der Experte für Ressourcenmanagement. (…)

Apropos schädliche Produkte – leider ist ja auch vieles von dem, was uns die Pharmaindustrie so auftischt und mit Riesenetats in die Apotheken drückt, eher wertlos bzw. bringt nicht die versprochene Linderung. Bsher gab es mit dem IQWiG in Deustchland ein Prüfinstitut, die die Produkte vorher auf ihre tatsächliche Nützlichkeit hin untersuchte. Dies wird nun – FDP sei Dank – zukünftig nicht mehr in dem Maße der Fall sein, wie die taz in „Die Invasion der Nutzlos-Pillen [5]“ schildert. Wieder einmal ein Erfolg der Lobbyisten in Berlin…

(…) Die Kontrolleure des deutschen Medizin-TÜV bewerten anhand wissenschaftlicher Studien die Kosten und den Nutzen von Arzneimitteln, Therapien, Medizinprodukten. Ihre Gutachten sind ausschlaggebend dafür, welche Medikamente von den gesetzlichen Krankenkassen erstattet werden – oder eben nicht.

Man kann sagen, dass das IQWiG der mittelständischen Industrie Millionengeschäfte vermasselt. Man kann auch sagen, dass es die Interessen von 70 Millionen gesetzlich krankenversicherten Menschen vertritt. Je nach Standpunkt. (…)

(…) Bislang mussten die Hersteller dem IQWiG beweisen, dass ihr neues Medikament einen zusätzlichen Nutzen für die Patienten habe gegenüber herkömmlichen Medikamenten.

Künftig sollen es die Medizinkontrolleure sein, die der Pharmaindustrie nachweisen müssen, dass deren Arzneimittel “unzweckmäßig” seien. Gelingt das nicht, wandern die Medikamente automatisch in den Leistungskatalog der gesetzlichen Krankenversicherung. Der Nachweis der Nichtexistenz des Nutzens ist eine wissenschaftliche Unmöglichkeit, sagt der Leiter des IQWiG, Jürgen Windeler (…)

Da kann sich die Apotheker-Partei FDP also auf die Schulter klopfen, sie hat wieder einmal die Interessen ihres Klientels erfolgreich vor der Allgemeinheit verteidigt.

Themenwechsel – lange her, dass man etwas von der Finanzkrise gehört hat, oder? Nachdem jetzt alles wieder aufwärts geht – zumindest, wenn man darunter das Ansteigen des Wirtschaftswachstums versteht wie der Großteil der Mainstreammedien –, sind Gedanken zu den grundsätzlichen Problemen unseres Wirtschafts- und Geldsystems scheinbar nicht mehr so gefragt. Umso erstaunlicher, dass die österreichische Zeitung Der Standard unlängst ein Interview mit dem Wiener Wirtschaftswissenschaftler Franz Hörmann brachte, in dem dieser u.a. die Macht der Banken zur Geldschöpfung kritisierte. „Banken erfinden Geld aus der Luft [6]“:

(…) Für Franz Hörmann, Professor an der Wirtschaftsuniversität in Wien, ist die Zeit der Banken und des Geldes vorbei. Ein Paradigmenwechsel sowohl in den Wirtschaftswissenschaften, als auch in gesamtgesellschaftlicher Hinsicht, ist für ihn unumgänglich. Im Gespräch mit derStandard.at erklärt er, warum wir die Banken getrost ignorieren können, die freien Märkte “Blasenmaschinen zum Missbrauch für die Eliten” sind und noch in den nächsten drei Jahren der Zusammenbruch des gesamten Systems droht. (…)

(…) „Die heutige Krise geht von den Banken aus. Banken erfinden im Kreditprozess Geld. Wenn man aber Geld aus Luft erfindet und das, was vorher noch nicht existiert hat, verzinst weiter gibt und dinglich absichern lässt, dann ist das, wenn das Geschäftsmodell schief geht, in Wahrheit ein Enteignungsmodell. Das ist auch der Hintergrund des Bankgeheimnisses. Banken können überhaupt nicht offenlegen, wo beispielsweise die Zinsen für Sparbücher, Bausparverträge oder Sonstiges herkommen. Denn wenn sie das täten, müssten sie zugeben, dass das alles in Wirklichkeit verkettete Pyramidenspiele sind.“ (…)

Und zum Abschluss noch ein wenig Kunst – wie sehr Internbetdienste wie Google-Maps in unser Leben hereinreiche, thematisiert der Künstler Aram Bartholl in seinem Kunstprojekt „Map [7]“, das er in Berlin, Taiwan und Polen durchgeführt hat (via Kaufkrampf [8]):

(…) In the city center series ‘Map’ is set up at the exact spot where Google Maps assumes to be the city center of the city. Transferred to physical space the map marker questions the relation of the digital information space to every day life public city space. The perception of the city is increasingly influenced by geolocation services.

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