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Zott „gewinnt“ den Goldenen Windbeutel 2010 und die Komplett-Kommerzialisierung der Sozialen Netzwerke

monte-drink_windbeutel_186x4101 [1]Da trifft es auf jeden Fall den Richtigen – der überzuckerte Monte Drink von Zott hat die Wahl zum Goldenen Windbeutel 2010 [2], der dreistesten Werbelüge, „gewonnen“ – herzlichen Glückwunsch!

Das Ergebnis ist eindeutig: 81.451 Verbraucher beteiligten sich an der Wahl zur dreistesten Werbelüge des Jahres, und 37,5% stimmten für den „Monte Drink“ von Zott. Damit erhält die Großmolkerei aus dem bayerischen Mertingen den Goldenen Windbeutel 2010. Und das aus gutem Grund, denn Zott suggeriert Verbrauchern, bei Monte handele es sich um ein gesundes und ausgewogenes Produkt und einen „idealen Begleiter für Schule und Freizeit“. In Wahrheit aber steckt in dem „Milchmischgetränk“ vor allem eines: jede Menge Zucker. Umgerechnet 8 Stück Würfelzucker enthält ein Fläschchen Monte – mehr als die gleiche Menge Cola. Den Hersteller stört das nicht: Zott jubelt Eltern eine Zuckerbombe, die dazu noch mit Aroma und Zusatzstoffen aufgepeppt ist, als Zwischenmahlzeit für Kinder unter – unverschämter kann man nicht täuschen.

Am 23. April 2010 hat Zott anlässlich der Verleihung des Goldenen Windbeutels angekündigt, Rezeptur und Aufmachung von Monte Drink ändern zu wollen.

Die mittlereweile nicht mehr ganz so neuen großen Websites des Web 2.0-Zeitalters – allen voran Facebook, Twitter und Myspace – boomen wie nie zuvor. Es gehört immer stärker zum „guten Ton“, auch eine Facebookseite zu haben (wozu auch immer die gut sein soll). Im Hintergrund dieser ganzen Usereuphorie spielen sich allerdings die in unserem Wirtschaftssystem üblichen Prozesse ab: es geht um das kommerzielle Ausschlachten der Userinteressen, darum, möglichst früh einen möglichst großen Marktanteil zu sichern und auch in diesem Medium eine weitere Plattform zu entwickeln, die dem Abverkauf von Produkten und Images dient. Deshalb kann es gar nicht schaden, mal einen Blick auf die „andere Seite“ zu werfen, beispielsweise in den erfrischend offenherzigen Artikel „Kurzreklame: Das Vöglein Twitter wird flügge [3]“ in der Financial Times Deutschland. Natürlich erwartet man von der FTD keine Analyse der sozialen Komponenten des Internets, dennoch lese ich solche Texte mit großem Unbehagen und Befremden:

[…] Die Werbebranche erkennt langsam den Nutzen der bisher wenig profitablen Netzwerke, zu denen etwa auch Myspace gehört. […] Investoren sind daher überzeugt, dass den reichweitenstarken Netzwerken künftig ein Milliardengeschäft sicher ist. […]

Pepsi und Co. setzen verstärkt auf das sogenannte virale Marketing, auf eine Werbeform also, bei der sich Botschaften allein über die Kommunikation der Nutzer wie ein Lauffeuer verbreiten. “Auf Twitter und anderen Netzwerken geht es weniger um die direkte Produktwerbung als um Imagepflege” […]. Das seien teilweise neue Formen der Unternehmenskommunikation. […]

[…] Marktneuling Twitter, geschätzter Unternehmenswert bislang rund 1 Mrd. $, hat nun am Dienstag erste Pläne für das Onlinewerbegeschäft veröffentlicht – und dabei gleich eine Reihe namhafter Kunden präsentiert: Die weltweit größte Kaffeehauskette Starbucks , der größte US-Elektronikhändler Best Buy sowie die Fluggesellschaft Virgin America bezahlen Twitter ab sofort für den Vertrieb ihrer Botschaften. […]

Bei der Gelegenheit, als  kleiner Kontrast zur Totalreklame noch ein Fernsehtipp: heute Abend von 20:15–21:45 Uhr im ZDF der Doku-Spielfilm „Dutschke [4]“.

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