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Der neue Verpackungs-Schmu

Als ich vor einigen Wochen über die neue EU-Verpackungsverordnung berichtete [1], mutmaßte ich (und nicht nur ich), dass diese Aufweichungen der Richtlinien die Hersteller dazu animieren würde, eine gewisse Kreativität in Bezug auf Verpackungsgröße, geringerem Inhalt und gleichbleibendem Preis an den Tag zu legen. Nun schrieb mich gerade ein Leser an und wies mich auf die aktuelle Vorgehensweise bei der Zentis Fruchtkonfitüre hin – auf deren Website wird vollmundig vom „praktischen und formschönen 200-g-Schalenbecher“ geschrieben, allerdings lasse man die nicht unwichtige Information unter den Tisch fallen, dass der Becher bislang 225g enthielt. Ach so, der Preis sei natürlich gleich geblieben, trotz über 10% Gewichtsreduktion. Ich kann diese Information nun nicht aus eigener Anschauung verifizieren, da ich industriell gefertigte und gezuckerte Marmelade („50% Fruchtanteil“, na super…) seit vielen Jahren nicht mehr kaufe, aber so etwas passt eindeutig in die Strategien vieler großer Konzerne (siehe auch abgespeist.de [2]).

Ich habe auf jeden Fall gleich mal bei Zentis angefragt, wie es sich denn mit dem Preis der neuverpackten Marmelade verhalte, also ob dieser dementsprechend auch um 10% gesenkt werde, und erhielt jetzt diesen erklärenden Brief, den ich auszugsweise wiedergebe:

Mit der Reduzierung der Bechergröße haben wir auf den allgemeinen Trend zu kleineren Verpackungen reagiert.

(…) Neben dieser Aufwertung müssen aber auch die gestiegenen Rohstoffpreise der Vergangenheit, die gestiegenen Energiepreise sowie andere Preisfaktoren für die neue Frühstückskonfitüre beachtet werden. Alle Faktoren zusammen machten eine Verteuerung unumgänglich.

(…) Da die grundlegende Überarbeitung aber bereits feststand, haben wir uns dazu entschlossen, die Preiserhöhung erst mit der neu gestalteten Verpackung umzusetzen.

Naja, es ist aber schon ulkig, dass man mit der Preiserhöhung so lange wartete, bis man eh eine kleinere Verpackung auf den Markt bringt, wahscheinlich in der (vermutlich berechtigten) Hoffnung, dass der normale Kunde die kleinere Verpackung nicht als solche wahrnimmt. Die NDR-Sendung Markt brachte Anfang der Woche übrigens einen passenden Bericht zum Thema Preisgestaltung – „Neue Mogelpackungen: Schmu beim Grundpreis [3]“:

Seit dem 11. April 2009 ist diese 95-Gramm-Tafel nun erlaubt. Laut einer EU-Richtlinie müssen sich Lebensmittelhersteller nicht mehr an die bisher geltenden Verpackungsstandards für Grundnahrungsmittel halten. Diese Richtlinie wird in Deutschland in der sogenannten Verpackungsverordnung umgesetzt.

Wurde Milch bisher in den festen Größen 0,5, 0,75 oder 1 Liter verkauft, sind nun auch 0,85 oder 0,96 Liter möglich. Mehl oder Zucker können in 275-Gramm-Packungen, Butter in 75 Gramm, Wasser in 1,25 Liter-Flaschen verkauft werden. Gleiches gilt für Kaffee oder Schokolade. Einzig in der Spirituosen-Abteilung ist Verlass auf alte Größen. Die Verpackungsgrößen für Alkoholisches sind noch nicht freigegeben.  Verbraucherschützerin Silke Schwartau von der Verbraucherzentrale Hamburg befürchtet, dass “die Verpackungen alle verkleinert werden, ohne dass man das auf den ersten Blick erkennt. Das ist ein deutlicher Nutzen für den Anbieter, denn er verkauft weniger Ware für den gleichen Preis, und für uns eine versteckte Preiserhöhung.“

Beispiele dafür gibt es genug: Anbieter von Kosmetik-, Hygiene-, Putz- oder Süßwaren können schon seit Jahren freie Mengen wählen: Die ehemalige Pampers-Packung hatte zum Beispiel 44 Windeln, die neue hat nur noch 40. Der Preis ist gleich geblieben: 8,95 Euro. Beispiel Calgonit, Spezialsalz für den Geschirrspüler: Die alte Packung beinhaltet 1,8 Kilo Salz, die neue nur noch 1,5 Kilo. Beide kosten aber 5,99 Euro. Der alte Bärenmarke Schüttel-Shake hat einen Inhalt von 475 Milliliterb, der neue nur noch 400 Milliliter – beide kosten aber 76 Cent.

(…) Besonders wachsam sollten Kunden sein, die meist zu den gleichen Produkten greifen. Sie achten aus Gewohnheit meist weder auf den Preis noch auf die Packungsgröße. Doch auch für alle anderen Verbraucher gilt: Augen auf im Supermarkt. Um nicht auf Mogelpackungen reinzufallen, ist es wichtig, sowohl die Füllmenge als auch den Grundpreis zu kontrollieren.

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