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Wie der Druck durch Werbung die freie Presse korrumpieren kann, Teil 1/2

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Vor einigen Wochen hatte ich schon einmal das amerikanische Center for the Study of Commercialism vorgestellt („The culture of Commercialism [2]“), das sich vor allem in den 90ern intensiv mit den Folgen und Schäden unserer Konsum- und Reklamegesellschaft auseinandergesetzt hat. So untersuchte es auch die Auswirkungen, die Werbung auf die Inhalte und die Freiheit der Presse und Medien hat (siehe auch meinen Beitrag „Werbung schadet, Teil 2b: Medienmanipulation durch Werbeentzug [3]“) – interessant sicher auch für alle, die immer noch glauben, dass „Werbung doch gar nicht so schlimm“ sei oder „nicht wirklich schaden“ würde. Ihre Studie „Dictating content: How advertising pressure can corrupt a free press [4]“ ist leider online nicht komplett verfügbar, lediglich gebraucht konnte ich noch ein Buchexemplar ergattern. Glücklicherweise existiert das Project Censored, eine Website, die „the news that didn’t make the News“, also die Nachrichten, die von den Mainstreammedien gerne unter den Tisch gekehrt werden, für eine wache Öffentlichkeit bereit hält. Dort findet man auch eine zusammenfassende Darstellung der Studie, die ich Euch hier in übersetzter Form biete.

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Wie der Druck durch Werbung die freie Presse korrumpieren kann

Zusammenfassung: Die freie Presse in Amerika ist nicht wirklich frei – auf jeden Fall nicht vom Einfluss der Werbetreibenden auf den Inhalt der Nachrichten. Während die Menschen die staatliche Kontrolle der Medien befürchten, kommt eine deutlich subtilere und dennoch durchdringendere Beeinflussung durch den Werbedruck zustande. „Den Inhalt diktieren. Wie der Druck durch Werbung die freie Presse korrumpieren kann“, eine Studie des Center for the Study of Commercialism, dokumentiert Dutzende von Beispielen von Zensur durch Werbung in den Medien.

518690_magazines_2 [5]Eine der rohesten Formen von Zensur wird definiert als „direkte wirtschaftliche Zensur“, die vorliegt, wenn ein Werbekunde den Massenmedien offen diktiert, was die Öffentlichkeit hören oder nicht hören soll. Zu den Beispielen zählt die Auswirkung auf Berichte über die Automobilindustre, die ihrer Bedeutung mit riesigen Werbebudgets Ausdruck verleiht. „Wir fassen keine Geschichten mehr an, die mit Autos zu tun haben“, sagt der Seattle-Reporter Herb Weisbaum. „Selbst eine einfache Konsumentenaufklärung darüber, worauf man beim Kauf eines neuen Autos achten soll, kann den Zorn der lokalen Autohändler erregen.“ Er ergänzt: „Geschichten werden abgesägt… verwässert; und am traurigsten: Geschichten werden gar nicht erst versucht, weil die Journalisten wissen, dass sie es sowieso nie auf den Sender schaffen.“

In ähnlicher Weise beeinflussen die Werbebudgets, die hauptsächlich auf lokaler Ebene von Maklern und Einzelhändlern ausgegeben werden, die Berichterstattung über deren Wirtschaftszweige. Der außergewöhnliche Einfluss von Tabakfirmen auf die Berichterstattung über das Rauchen und die Verbindung zu Krebserkrankungen, wird in der Studie ebenfalls dokumentiert.

Andere Formen von Medienverzerrung sind die Selbstzensur durch die Journalisten (wenn das Schreckgespenst einer möglichen negativen Reaktion eines Werbekunden einen Journalisten davon abhält, eine bestimmte Story auch nur vorzuschlagen); das Vermelden falscher Nachrichten (von Werbekunden erstellten Berichte oder News (Advertorials etc.) werden als seriöse, unverfälschte Nachrichten gesendet); Storys werden als Lockmittel gebracht (Geschichten, die bewusst aktuelle oder potentielle Kunden gut da stehen lassen); aufgeblasene/hohle Meldungen werden benutzt, um die Werbeeinnahmen zu erhöhen.

Redaktionelle Unabhängigkeit zu erreichen ist schwierig, wenn man den Druck, Werbeeinnahmen erzielen zu müssen, berücksichtigt. Und jene, die versuchen, journalistische Integrität zu wahren, gefährden ihren Job/ihren Lebensunterhalt. Den Journalisten zufolge, die verantwortlich für die „Dictating Content (den Inhalt diktieren)“-Studie sind: „Als wir Journalisten für diese Studie befragt haben, verlangten sie, gefangen im Kreuzfeuer zwischen Werbekunden und den Redakteuren, die Anonymität ihrer Aussagen zu wahren, weil sie Angst davor hatten, ihren Job zu verlieren oder auf eine schwarze Liste zu gelangen.“ Ein Redakteur bestätigte, dass er gefeuert wurde, nachdem er sich mit dem Herausgeber über den Einfluss der Werbung gestritten hatte; der Redakteur ergänzte, dass er seine Zukunft in der Branche aufs Spiel setzen würde, wenn er dies offiziell äußern würde.

Das Center for the Study of Commercialism  lud am 11. März 1992 200 Medienvertreter zu einer Pressekonferenz in Washington ein, um die Ergebnisse der Studie zu präsentieren. Keine einzige Radio- oder Fernsehstation schickte einen Reporter, und nur zwei Zeitungen, The Washington Post und The Washington Times, machten sich die Mühe, zu erscheinen. The Post brachte anschließend nichts darüber; The Times druckte eine Meldung ab, aber nannte die Werbetreibenden nicht, die in der Studie zitiert wurden. Die Pressekonferenz, die zeigen sollte, wie Werbung die Presse unterdrückt, unterstrich ihre Aussage damit deutlich.

– Amy Cohen, Project Censored

… Morgen geht’s weiter mit Teil 2 zu dieser hochinteressanten Studie. …

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