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KiK – Der Menschenrechts-Diskont

Dass ich von Discountern, den Pestbeulen des kapitalistischen Systems, nichts halte, ist bekannt. Zu stark befeuern sie die Spirale abwärts aus Qualitätsschwund, Ressourcenverschwendung, Preisverfall und Arbeitsdruck. Zu den ganz besonders schlimmen Exemplaren gehört natürlich KiK, der sog. „Textil-Diskont“, für dessen Billigklamotten sich eine Verona Pooth nicht zu blöd ist, Reklame zu machen. Geld schlägt Moral, wie so oft. Bereits vor zwei Jahren berichtete der NDR ausführlich in der KiK-Story [1] über die desaströsen Verhältnisse der Arbeiter in den asiatischen Fabriken, die für KiK schuften, und auch die entsprechenden Ausbeutungstendenzen in Europa. Wo jeder Cent aus dem Produktionsprozess gequetscht werden muss, da ist kein Platz für Rücksichtnahme oder Menschlichkeit.

Zwei Jahre später hat sich das NDR-Magazin Panorama wieder des Themas angenommen und geschaut, ob und was sich in der Zwischenzeit bei KiK getan hat. Nicht viel, das kann ich schon mal vorab verraten. Der heimische Konsument wird mit wohlklingenden Floskeln und einem Code of Conduct eingelullt und in Sicherheit gewiegt, damit er beim Kauf einer Jeans für wenige Euro nicht ins Grübeln kommt, sondern beherzt seiner Shoppinglust frönen kann. „Alles so wahnsinnig billig hier, wie toll, da nehme ich noch gleich drei Hosen mehr mit, auch wenn mein Schrank schon überquillt…“ Wer auch nur kurz einmal sein Hirn einschaltet, müsste natürlich von selbst drauf kommen, dass bei solchen Preisen kaum etwas für faire Arbeitsbedingungen oder umlwetverträgliche Produktion übrig bleiben kann; von vernünftiger Qualität mal ganz zu schweigen. Da die Sachen ja so „billig“ sind, macht es dem Kunden offenbar auch nichts, die Klamotten nach kurzer Tragezeit gegen was Neues auszutauschen. So funktioniert die Marktwirtschaft halt. Vor allem die Schlussequenz von „Tod in der Fabrik: der Preis für billige Kleidung [2]“ ist erschreckend, denn sie zeigt a) das KiK wirklich der schlimmste von den Kleidungsproduzenten ist, was das Preisdrücken angeht, und b) dass letztlich aber alle Modeketten die Niedriglöhne in den armen Regionen der Welt ausnutzen, um ihre Gewinne zu sichern.

Es ist nicht viel, was bleibt: Rehana zeigt uns ein Familienfoto mit ihren vier Töchtern. Sie haben von einem besseren Leben geträumt, wollten hart arbeiten für eine Zukunft ohne Armut. In langen Schichten nähten sie Jeanshosen für deutsche Textilmärkte. Doch dann kam das Feuer. Am 11. September 2012, kurz vor 19.00 Uhr, brach ein Brand aus, der schnell alle Fabrikräume ergriff.

Die Menschen wollten fliehen, doch sie konnten nicht. Wahrscheinlich sind auch Rehanas Töchter in Panik zu den Fenstern gerannt, haben die Notausgänge gesucht. Doch die Fenster waren vergittert, die Türen nach Angaben vieler Arbeiter offenbar verschlossen. Fast täglich [3] erschüttern uns neue Details aus unseren Nähstuben in Fernost.

Abgebrannte Fabriken, Aufpasser, die die Türen verriegeln, schlampiger Brandschutz. Gewiss, auch die örtlichen Brandbekämpfer haben jämmerlich versagt. Doch es ist vor allem die Gier westlicher Konzerne, die offenbar die Preise drücken und den Druck an die Zulieferer weitergeben. Effizienter Brandschutz ist häufig das Letzte, was auf der Liste der Fabrikbesitzer steht.

Fast 700 Tote seit dem Jahr 2000

Rasch ist man um Schadensbegrenzung bemüht. Opfer werden entschädigt, Fehler eingeräumt. Doch es ist unübersehbar, dass etwas nicht stimmt mit der Geschäftsaufteilung zwischen Deutschland und den Produktionsländern. Jahrelang sollten Zertifikate den Kunden Sicherheit vorspielen. In bunter Werbung wurde das Bild von Kontrolle und Verantwortung bemüht.

Doch die Überprüfungen, die sogenannten Audits, sind meistens allenfalls Momentaufnahmen – fast immer angekündigt. Die Zertifizierer, die die Papiere ausstellen, sind häufig weit über die Welt verstreute Großunternehmen. Brandschutzkontrolle mit Fernsteuerung. Nach Untersuchungen von Instituten sind fast 700 Menschen [4] in den vergangenen Jahren bei Fabrikbränden allein in Pakistan und Bangladesch ums Leben gekommen. Sie produzierten billige Kleidung und bezahlten einen hohen Preis dafür.


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