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Lesetipps: Internet macht dumm? | IKEA-Wohnviertel | Olympia | Bayer spendet an Republikaner

Internet macht dumm [1]“! Mit so einer Schlagzeile ist man sich der Aufmerksamkeit gewiss, bringt sie doch knallig und verkürzt eine medientaugliche Aussage auf den Punkt. Dennoch, was Manfred Spitzer in seinen Studien herausgefunden hat, ist nicht immer direkt von der Hand zu weisen – „Auslagerung des Denkens auf Maschinen schadet dem Gehirn“. Klar, wer kritische Seiten und Blogs wie beispielsweise die meinige hier besucht, erweitert seinen Geist und sein Denken vielleicht eher, aber generell finde ich die Erkenntnisse durchaus interessant, wie er in einem Interview mit pressetext.de ausführt:

Unsere geistige Leistungsfähigkeit nimmt ab, weil wir zu häufig digitale Medien nutzen. Mit dieser Gesellschaftskritik lässt der renommierte Gehirnforscher Manfred Spitzer in seinem bei Droemer erschienenen Buch “Digitale Demenz – wie wir uns und unsere Kinder um den Verstand bringen” aufhorchen. Im pressetext-Interview legt der ärztliche Leiter der Psychiatrischen Universitätsklinik Ulm http://www.uniklinik-ulm.de [2]dar, wie Internet, Konsolen, Smartphones und Co das Gehirn schädigen.

(…) pressetext: Wie wirkt sich das auf die Lebensführung aus?
Spitzer: Eine Stanford-Studie zeigt, dass acht- bis zwölfjährige Mädchen sieben Stunden pro Tag online sind, doch nur zwei Stunden mit anderen Mädchen realen Kontakt haben – im Schnitt! Bei uns verbringen Jugendliche täglich doppelt so viel Zeit mit Medien als mit dem gesamten Schulunterricht. Als Folge werden wir oberflächlicher, gehen Dingen weniger auf den Grund, zudem wuchern Aufmerksamkeitsstörungen und Vereinsamung, da direkte Sozialkontakte durch Social Media abnehmen. Längst keine Ausnahme mehr sind Pärchen im Restaurant, bei dem jeder per Smartphone twittert, wie toll doch das Rendevouz ist. Miteinander kommunizieren die beiden jedoch kaum – das Rendevouz findet gar nicht statt.  (…)

Wirklich dumm bis bescheuert finde ich die Pläne des schwedischen Möbelkonzerns IKEA, in einigen Metropolen, darunter auch Hamburg, eigene Wohnviertel aus dem Boden zu stampfen (natürlich als Investitionsprojekt, also mit der Maßgabe, eine gute Rendite abzuwerfen). Irgendwie eine gruselige Vorstellung, wie auch die taz schreibt – „Oh wie schön ist Billybü [3]“:

Der Hamburger Immobilienmarkt ist ein sicherer Hafen für Investitionen. Das weiß auch der schwedische Möbelkonzern Ikea, der nun, so berichtete das Hamburger Abendblatt, möglichst in Innenstadtlage, einen kompletten Stadtteil aus dem Boden stampfen will. Die mit dem Projekt beauftragte Tochterfirma Inter Ikea sei auf der Suche nach einer geeigneten Fläche von mindestens fünf Hektar. Eine Retortenstadt als Antwort auf Wohnungsnot und explodierende Mieten in Hamburg? – Es folgte ein Sturm der Empörung. „Keiner braucht und will Instant-Städte von einem Investor“, sagte etwa die stadtentwicklungspolitische Sprecherin der Linken, Heike Sudmann.  (…)

(…) Die Stadt aus der Retorte als debile Stadtplanungsidee ist nicht gerade neu. Ähnlich „visionär“ war Mitte der 90er auch die Walt Disney Company, die im US-amerikanischen Bundesstaat Florida die Planstadt „Celebration“ hochgezogen hat. Das Leben der rund 11.000 Bewohner wird dort in einem 70 Seiten starken Buch geregelt. Und auch das Schulwesen läuft nach Disneys Ansichten. Nach der Finanz- und Immobilienkrise ist die Party in Celebration aber inzwischen vorbei. Der Disney-Konzern hat umgesattelt und baut nun Gated Communities von Ferienhäusern in Florida – Kaufpreise zwischen 1,5 und 8 Millionen Dollar.

Die megamanischen Unternehmensväter Disney und Kamprad treffen sich nicht nur im Geiste ihrer stadtplanerischen Fantasien: Disney, der in seinen Filmen die heile Welt schuf, schwärmte früher für Mussolini und Hitler. Und Kamprad war als Jugendlicher von Hitler und seiner Ideologie begeistert und schloss sich einer nazistischen Organisation an.

Apropos Konzerne und ihre Versuche, die Gesellschaft zu formen – wenig erstaunlich finde ich auch, was das Greenpeace Magazin berichtet, nämlich dass der Chemieriese Bayer erkleckliche Summen in den amerikanischen Wahlkampf des republikanischen Kandidaten Romney steckt. Vermutlich versprechen sie sich weiter ein positives Klima für ihr Gift und Gengedöns und weniger nervige Umweltauflagen, schließlich ist der Profit immer wichtiger als das Wohl der Menschen und der Natur – „Bayer spendet an Repubilkaner [4]“:

Der Leverkusener BAYER-Konzern gehört traditionell zu den wichtigsten ausländischen Spendern im US-Wahlkampf. Aktuell schlägt sich BAYER – wie in den vergangenen Wahlkämpfen – auf die Seite der Republikaner. Mit Spenden in Höhe von 261.000 Dollar ist das Leverkusener Unternehmen größter deutscher Förderer der Republikaner, gefolgt von der Deutschen Telekom mit 193.500 Dollar und der BASF mit 128.000 Dollar. Um es sich mit der Gegenseite nicht zu verscherzen, spendet BAYER den Demokraten 119.000 Dollar, die Telekom ist mit 149.000 Dollar dabei.

(…) Philipp Mimkes von der Coordination gegen BAYER-Gefahren (CBG): „Die amerikanische Politik befindet sich im Würgegriff von Lobbyisten und potenten Geldgebern. Fortschritte beim Umwelt- und Verbraucherschutz werden dadurch blockiert, das Allgemeinwohl bleibt auf der Strecke. Aus dem hehren Ideal der amerikanischen Verfassung One man, one vote ist ein schnödes One dollar, one vote geworden.“ Die CBG fordert ein Verbot von Konzern-Spenden an Parteien, Politiker und sogenannte „think tanks“.

Bei der Zwischenwahl im Jahr 2010 hatten BAYER, BASF und der Stromriese Eon gezielt Kandidaten gefördert, die den Klimawandel leugnen oder wirkungsvolle Klimagesetze blockieren. BAYER gehört auch zu den Unterstützern des amerikanischen Heartland-Instituts, das den Klimawandel leugnet und das am Aufstieg der reaktionären „Tea Party“ maßgeblich beteiligt war. Das Institut wirbt Spenden aus der Industrie ein und finanziert damit unter anderem Blogs und scheinbar neutrale Organisationen, die Zweifel am Klimawandel streuen sollen. (…)

Dass die Olympiade nicht viel mehr als eine große Werbeveranstaltung für die Sponsoren ist und der Sport, wenn man mal von den nationalistisch unterfütterten Jubelarien absieht, die ausbrechen, wenn ein Sportler eine Medaille für „sein Land“ holt, sollte klar sein. Sport dient der Belustigung der Massen und dem Abverkauf von Produkten. Auch hierüber bzw. welche Firmen überhaupt zu Olympiasponsoren auserkoren wurden, hat die taz etwas geschrieben – „Großkonzerne bei Olympia: Gesund, nachhaltig, zertifiziert [5]“:

(…) So erhielten Coca-Cola und McDonald’s beide Anteile der begehrten Monopollizenzen für das Catering im Olympiapark.

„McDonald’s und Coca-Cola als Sponsoren der Londoner Olympiade zu benutzen, setzt vollkommen falsche Zeichen“, sagt Professor Terence Stephenson, Sprecher der britischen Vereinigung der Medizinlehranstalten. „Ich frage mich, wie viele der Athleten wohl Appetit auf Cheeseburger, Pommes und Chicken Nuggets haben werden, bevor sie um eine Olympiamedaille kämpfen.“ Es sei traurig, ein Fest der größten athletischen Erfolge von Unternehmen sponsern zu lassen, die „mitverantwortlich für die Übergewichtsprobleme unserer Gesellschaft“ seien. (…)

Einige der großen Sponsoren, so gesteht auch Simon Lewis, hätten das Wahrzeichen der nachhaltigen Olympischen Spiele buchstäblich beschmutzt. Er zeigt auf die Ölfirma BP (British Petroleum) und den Energiekonzern EDF (Électricité de France). EDF und BP wurden nicht nur Sponsoren der Olympischen Spiele selber, sondern Sponsoren einer neugeschaffenen Kategorie „sustainability partners“ – Sponsorenpartner der Nachhaltigkeit. „Das ist einfach nur Greenwashing!“, urteilt Lewis. (…)

(…) Damit nicht genug der umstrittener Olympiasponsoren. Der Chemiekonzern Dow Chemicals sorgte sogar für einen spekakulären Rücktritt und Boykottdrohungen. Zu Dows Spenden gehören die Materialien für die Laufbahn, Polymerfasern für das Hockeyspielgelände und andere Baumaterialien. Als im Herbst 2011 beschlossen wurde, eine Umhüllung des Olympiastadions mit Hilfe von Sponsoren zu bauen, wurde Dow Chemicals als der beste Sponsor ausgewählt.

Auch Claudia Klinger macht sich in ihrem Blog so ihre Gedanken zu dem Sportspektakel – „Medaillenplan? Sportsoldaten? Na, wir haben es ja…“:

(…) Was denn wohl “Sportsoldaten” sind, hab’ ich mich beim Lesen des Artikels dann noch gefragt. Inwiefern dient es der Landesverteidigung (meinetwegen bis zum Hindukusch), dass das Verteidigungsministerium die Sportlerkarrieren ganzer Hundertschaften fördert? Offenbar ist das eine naive Frage, denn darum geht es nicht, wie die Süddeutsche erläutert: [6]

“In den wenigsten olympischen Disziplinen können Sportler von Prämien oder Sponsorengeldern leben. Die Anstellungen bei Bundeswehr, Bundespolizei und Zoll sind quasi das Vehikel, mit dem der Staat seinen besten Athleten ein bezahltes Vollzeit-Training finanziert. Dass manch einer seine pazifistischen Einstellungen überdenkt angesichts dieser Verlockung, liegt da auf der Hand.”

Diese braucht man offenbar gar nicht in Frage zu stellen. Luis Brethauer, 19-Jähriger Sportsoldat sagt: “BMX ist mein Lebensinhalt, und die Bundeswehr gibt mir die Möglichkeit, mich ganz diesem Lebensinhalt zu widmen.”

Na Glückwunsch! Wenn ein Harz4-Empfänger sagen würde, sein Lebensinhalt sei der Naturschutz und die Erhaltung der Artenvielfalt, würde ihm schnell die “Förderung” entzogen, weil sein ehrenamtliches Tun ihn ja von der Hatz nach dem Arbeitsplatz abhalten könnte. Dabei sehe ich dieses Engagement als weit gemeinnütziger an als ein “Leben für BMX”!

Die Städte driften der Pleite entgegen, können ihre Straßen nicht mehr reparieren, schließen ihre Bibliotheken und Jugendzentren, aber da ganz oben gehts um “Medaillenpläne”, koste es, was es wolle.

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