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Ausbeutung von Waldarbeitern in Tschechien

Wenn man an Ausbeutung in der globalisierten Welt denkt, fallen einem vermutlich zuerst H&M- oder Nike-Fabriken in Bangladesh oder Technikfirmen wie die chinesischen Foxconn (Zulieferer von Apple & Co.) ein, in denen miese Bezahlung und Missachtung der Menschenrechte eher die Normalität als die Ausnahme zu sein scheinen. Dass es aber auch mitten in Europa solch schlimme Zustände gibt, macht man sich her nicht klar. Im WDR-Markencheck, in dem es um Ferrero ging [1], wurde schon über die Kinderarbeit in der Türkei bei der Haselnussernte für diesen Konzern berichtet. Und nun wurde ich darauf aufmerksam gemacht, dass in Tschechien ausländische Arbeiter mit falschen Versprechen angelockt werden und dann mit Hilfe obskurer Verträge um den Lohn ihrer Arbeit gebracht. Auch einige größere Medien berichteten schon über diese skandalösen Vorgänge, bei denen der Profit eines Holzkonzerns wichtiger ist als die Menschenwürde der Arbeiter.

Die Süddeutsche Zeitung schrieb dazu in „Einsam im Wald [2]“:

(…) Eine neue Form der Sklaverei macht sich breit, und in Tschechien haben jetzt Menschenrechts-Aktivisten und Anwälte zusammen mit betroffenen Migranten den weltweit bisher größten bekannten Fall dieser Art aufgedeckt. Schätzungsweise 1500 bis 2000 Frauen und Männer aus Vietnam, der Slowakei, der Ukraine, der Mongolei, Rumänien und Bulgarien wurden den Recherchen zufolge in den vergangenen zwei Jahren im tschechischen Staatsforst eingesetzt, um Bäume zu pflanzen und andere Waldarbeiten zu verrichten. Doch für die monatelange harte Arbeit, oft im Regen und in klirrender Kälte, haben sie bis heute keinen Lohn erhalten. Nach einer kärglichen Einstandszahlung wurden sie immer wieder vertröstet, bis sie entnervt die Arbeit aufgaben. Alle Beschwerden, auch Anzeigen bei der Polizei, waren lange vergebens. Erst jetzt beginnen die tschechische Behörden, gegen die skandalösen Missstände einzuschreiten. (…)

Die Internationale Arbeitsorganisation (ILO) in Genf kam schon 2008 zu dem Schluss, Menschenhandel, als eine Art von Zwangsarbeit verstanden, sei „ein wahrhaft globales Unternehmen“ geworden. Rund 2,4 Millionen Menschen seien weltweit davon betroffen. Verbrecher, die diesen Sektor als Geschäftsfeld entdeckt haben, seien die Risiken gering und die Einkünfte hoch, heißt es in einer ILO-Erklärung. Ihr Profit wird auf 32 Milliarden US-Dollar im Jahr geschätzt. (…)

Auch die Wiener Zeitung nahm sich in „Ausländer im Wald allein gelassen [3]“ des brisanten Themas an:

  • Anwalt: “Größter dokumentierter Fall von Menschenhandel innerhalb der EU.”
  • Behörden zeigen wenig Interesse, diese Vorgänge aufzuarbeiten.
  • Prag. “Das Schlimmste an der ganzen Sache ist”, sagt Herr Tuan, “dass ich mir den Westen niemals so vorgestellt hätte. Ich dachte, wo Demokratie und Freiheit herrschen, werden Leute mit Respekt behandelt und Arbeit bezahlt. Aber die Freiheit, die hier herrscht, ist die Freiheit, andere zu betrügen.” (…)

Mitten in Europa, in einer Union, die sich freiheitlich-demokratischen Traditionen verpflichtet sieht, wurde Herr Tuan im Auftrag des Staates betrogen, belogen und ausgebeutet. Mit ihm noch rund 1500 weitere Arbeiter aus fernen Ländern wie Vietnam oder der Mongolei, aber auch aus EU-Staaten wie der Slowakei oder Rumänien. Sie wurden gelockt, von findigen Subunternehmen der staatlichen Firma Lesy CR, der das Monopol über die tschechischen Wälder obliegt. (…)

Die offizielle Website der Kampagne mit Möglichkeit zur Unterstützung der Petition (unter dem Punkt „Sign appeal“) ist u.a. in englischer Sprache hier zu finden – Campaign for Treeworkers [4]

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