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„Ich will was anderes sehen!“ Schöne Anti-Reklame-Aktion in Finnland

Dass Werbung vielen Leuten auf den Wecker geht, habe ich ja nun schon des Öfteren im Konsumpf dargelegt. Manchem Reklamebombardement kann man reltaiv leicht entgehen – z.B. im Fernsehen (keine Privatsender schauen), Zeitschriften (auf werbefinanzierte Blätter verzichten oder schnell umblättern) und im Internet (AdBlocker –, andere nur bedingt. All die Werbeformen, die den öffentlichen Raum bevölkern, zupflastern und zustellen, begegnen einem leider auf Schritt und Tritt, sobald man die eigenen vier Wände verlässt. Natürlich bleibt einem einiges an Kaufpropaganda erspart, wenn man darauf „verzichtet“, in Shoppingmalls und Einkaufsstraßen zu flanieren, doch spätestens an der nächsten Bushaltestelle holen sie einen wieder ein – die Plakate mit den (ge)schön(t)en Menschen, den „lustigen“, „pfiffigen“ Sprüchen und dem Versuch, den Konsum anzukurbeln und Markennamen im Hirn der Passanten zu verankern.

Nicht ohne Grund formiert sich wachsender Widerstand gegen die Dauerbeschallung und das Eindringen der Marken & Konzerne in den öffentlichen Raum – Adbusting ist in manchen Städten wie Berlin inzwischen ein mittlerweile häufiger anzutreffendes Phänomen geworden. Auch in Finnlands Hauptstadt Helsinki fühlen sich die Menschen durch die Reklame belästigt, und so wurde eine Aktion namens „Haluan nähdä muutakin“ („Ich will etwas anderes sehen“) ins Leben gerufen, bei der Spenden gesammelt wurden, um einige Werbeflächen an Bushaltestellen für eine Weile zu mieten und mit der entsprechenden Anti-Werbungs-Botschaft zu versehen. Schöne Sache, zur Nachahmung empfohlen! Der Public Ad Campaign-Blog, auf dem ich diese Aktion fand („I want to see something else [1]“), bemerkt dazu, dass so etwas in den USA wohl nicht so einfach möglich gewesen wäre, weil die Firmen, die die Werbeflächen vermieten, da sehr empfindlich sind und ihre anderen Kunden nicht verprellen wollen. Soweit zur Macht der Wirtschaft über die freie Meinungsäußerung…

Zu dem finnischen Projekt existiert auch eine Website [2], deren englischen Begleittext ich hier mal eben übersetzen möchte:

I WANT TO SEE SOMETHING ELSE – Ich will was anderes sehen

„Außenreklame ist nicht verbraucht. Die Menschen sind ihr ausgesetzt“, „Wenn Menschen draußen unterwegs sind, werden sie uns dort finden. Wenn du im Freien bist, interagierst du permanent mit deiner Umgebung und bist offen für Anregungen“ (Website von JCDecaux Finnland) (Anm. PM: JCDecaux ist ein großer Anbieter von Reklameflächen)

“Haluan nähdä muutakin” (Ich will was anderes sehen) ist ein Projekt, das einen kleinen Teil der kommerziellen Außenmedien für die Menschen zurückerobert. Eine Woche lang werden 21 Bus- und Straßenbahnhaltestellen in Helsinkis Innenstadt eine nicht-kommerzielle Botschaft zeigen. 1458 Menschen haben an dem Projekt, diese Werbeflächen für eine Woche zu mieten, teilgenommen – mit insgesamt 5.896,62 € bzw. durchschnittlich 4,20 € pro Person. Die Aktion wurde über eine Facebokseite Anfang Dezember bekannt gemacht. Innerhalb von eineinhalb Monaten hat die Seite annähernd 6.000 Fans und es dauerte nur zwei Wochen, um die notwendige Geldsumme aufzubringen.

Der Text auf dem Plakat ist auf Finnisch und bedeutet: „Ich will etwas anderes sehen – 1458 Menschen wollten diesen Platz von seiner kommerziellen Verwertung für eine Woche befreien“. Zusätzlich zeigt das Plakat 1311 Botschaften der Teilnehmer – in denen sie erzählen, was sie statt dessen im öffentlichen Raum sehen möchten. Die „Bus/Straßenbahn-Haltestellen-Ausstellung“ findet vom 24.-30. Januar 2011 statt.

Das Projekt wurde von Elissa Eriksson ins Leben gerufen und ist Teil ihrer Abschlussarbeit an der Aalto University of Art and Design.

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